Wie wir Afrika plündern – Teil 2: Die Sache mit dem Frittenöl

Sina Trinkwasser ist eine deutsche Unternehmerin, der ich sehr gerne zuhöre. Sie hat in Stuttgart eine Textilfirma gegründet (manomama.de) und sich ihre Mitarbeiterinnen nach genau den Kriterien ausgesucht, die in der Personalvermittlung als K.O.-Kriterien gelten: alt, ungelernt, schlechte Deutschkenntnisse, wenn möglich behindert.
Sie hat mir erzählt, wie sie auf der Suche nach neuem Material durch Tansania gefahren ist: „Da waren links und rechts Sonnenblumenfelder so weit das Auge reicht“. Das ging so sicher zwei Stunden lang, wenngleich das Auto nicht schnell gefahren ist. Auf die neugierige Frage, was denn mit all diesen Sonnenblumen passieren würde, meinte der Fahrer nur: Daraus wird Frittenöl für Deutschland, Holland und Belgien.

Die Firmen, denen diese Sonnenblumenfelder gehören, gehören entweder keinen Afrikanern oder sind Scheinfirmen, die erst recht wieder Europäern gehören. Die Bewirtschaftung erfolgt großteils maschinell, die Wertschöpfung im Land ist minimal, die Gewinne gehen (abzüglich der Bestechungsgelder für den District Governor, behaupte ich) auch ins Ausland.

Was war denn dort, bevor die Sonnenblumen gepflanzt wurden? Nun, da war auch etwas. Vor allem war dort jemand – nämlich Kleinbauern, die nachhaltigen Ackerbau und Viehzucht betrieben haben. Und was ist mit denen passiert? Die Antwort ist einfach: die wurden von dort vertrieben. Meist funktioniert das so, dass die Distriktverwaltung kommt und die Bauern nach ihrer Landbesitzurkunde fragt. So etwas ist dort aber unbekannt und daher haben sie keine. Sie haben ja bisher nie eine gebraucht, das Weideland gehörte quasi allen und die Landparzellen denjenigen, die sie bebaut haben.

Dann bekommen sie ein paar Wochen Zeit um ihr Land zu verlassen. Das Land wird von einer großen Firma gekauft und dann meist eingezäunt, damit die rundherum verbliebenen Bauern es nicht betreten können. Dieser Vorgang nennt sich „land grabbing“ und geschieht in ganz Ostafrika, also vor allem in Äthiopien, Kenia, Tansania und Uganda und wird von den Indern, Chinesen, Amerikanern und Europäern betrieben.

Noch ein Beispiel: Ich fahre ja seit vielen Jahrzehnten nach Kenia und kenne daher viele Regionen dieses schönen Landes. Eine ganz besonders faszinierende ist das Hochland rund um den Mount Kenia, den zweithöchsten Berg Afrikas. Aufgrund der Klimakrise gibt es seit ein paar Jahren leider fast keinen Gletscher mehr und auch sonst hat sich einiges geändert. Die größte Veränderung jedoch findet man am Fuß dieses majestätischen Berges. Dort befindet sich eine Hochebene auf ca. 2.000 Meter Seehöhe. Im Nordwesten ist Savanne, im Norden in eine Halbwüste übergehend, im Süden und Südwesten fruchtbares Land und Reste von Waldgebieten.
Seit Urzeiten leben dort Menschen, die vor allem Ackerbau und Viehzucht betreiben. Der Ackerbau funktioniert aufgrund der zahlreichen Bäche, die vom Berg herunter fließen.
Seit ein paar Jahren sieht es dort aber ganz anders aus. Riesige Gewächshäuser flankieren den Berg. In ihnen wachsen Blumen für Europa. Diese Blumenzucht ist sehr bewässerungsintensiv und so wurden viele Bäche in die riesigen Blumenfarmen geleitet. Diese gehören reichen Kenianern aus der Hauptstadt Nairobi, die man in den Nobelvierteln der Stadt in Luxuslimousinen und teuren Sportwagen herumfahren sehen kann.
Und die Bauern, die dort vorher gelebt haben? Die Antwort auf diese Frage kann ich mir an dieser Stelle hoffentlich bereits ersparen. Ich hoffe nur, dass niemand glaubt, die billigen Blumen aus dem Holland-Blumenmarkt würden in Holland wachsen. Zur Entschuldigung bekomme ich in Diskussionen zu hören, dass die Gewächshäuser dort ohne Beheizung rund um´s Jahr Blumen produzieren könnten, während man das bei uns im Winter mit entsprechendem Energieaufwand tun müsste.
Brauchen wir echt frische Schnittblumen im Winter? Und was ist mit den Umweltkosten, die beim Transport entstehen? Dieser geschieht mit Diesel-LKW, die das Zeug nach Nairobi bringen. Von dort geht es mit dem Flugzeug nach Amsterdam und sonst wohin, und zwar – unter anderem – in den Frachträumen der Ferienflieger. Das ist übrigens der eigentliche Grund für die Gepäckbeschränkung.