Beim Kudlicka, Teil 2

In letzter Zeit komme ich öfter in der Österleingasse vorbei. Samstag Vormittag hat das schon fast was von einer Kommune, die Zangler und Schrauber und Spezialisten stehen vor dem Geschäft und fachsimpeln, was das Zeug hält.
Im Laden geht alles seinen gewohnten Lauf, nur der alte Kudlicka sieht nicht mehr so ganz frisch aus. Es ist diese Mischung aus grantig und freundlich, aus autoritär und kollegial, die ihn auszeichnet.
Vor ein paar Tagen war er nicht besonders gut gelaunt, aber auch nicht so schlecht, dass man beim Eingang umdrehen und besser ein andermal vorbei kommen sollte (diese Tage gibt es). „Wissen Sie, wie Sie das machen müssen?“ fragte er und wie meistens verneinte ich. Schließlich kann ich immer noch was lernen und er hat fast immer einen guten Trick auf Lager. Diesmal war es eine Art Plastik-Verhüterli, das er mir zeigte. Mit dem könne man den Simmerring über die Kurbelwelle bringen ohne ihn zu beschädigen oder zu verbiegen. (das hat ausgezeichnet funktioniert)
Heute war er ausgesprochen gut gelaunt und telefonierte gerade mit irgendwem, es ging um seine Gesundheit und er meinte, er stopfe alles an Medikamenten in sich hinein, was man ihm geben würde.
Dann wurde am anderen Ende um die Adresse gefragt. „Österleingasse“ meinte Kudlicka und dann kam am die Frage, wie lange er denn offen hätte: „Bis ich zusperre“ und dann musste er über seine Antwort selber lachen. Aber da er gut gelaunt war, verriet er dem Anrufer noch, dass er bis 13 Uhr da wäre.

Ich hatte Glück und brauchte nur zwei Kronenmuttern und ein paar Splinte, die er aus dem Lager draußen holte. Er hat eine Menge Zahlungsschmähs im Talon und nach einigen Besuchen glaubt man, schon alle zu kennen.
Diesmal bekam ich einen Euro Retourgeld und er drückte mir nur Luft in die Hand. Ein schelmisches, fast jugendliches Lachen entwischte ihm, als er mein kurz verdutztes Gesicht sah. Dann bekam ich meinen Euro und zog von dannen.

Nun ist es tatsächlich so, dass es viele Dinge einfach nur mehr bei ihm gibt, vor allem die gebrauchten Originalteile, die in ihrer Qualität den modernen Nachbauteilen weit überlegen sind. Der SIP-Scootershop in Deutschland hat auch eine Menge Ersatzteile, aber es ist ein himmelhoher Unterschied zwischen einem Versandhaus und dem Kudlicka. Nicht nur dass man einfach hinfahren und kaufen kann, die unzähligen Tipps und Tricks, die schnellen Spontanreparaturen auf seinem Verkaufstisch und vor dem Laden – all das ist unersetzbar und schon gar nicht kopierbar.

Wer die Ära Kudlicka miterlebt, kann sich glücklich schätzen.

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