Meine Eudora geb ich nicht her

Als ich vor inzwischen 27 Jahren in die Edelhofgasse gezogen bin hat mir meine Schwester eine Eudora-Waschmaschine empfohlen. Die Wahl fiel auf die „Sparmeister 701“ – eine kleine Waschmaschine, für eine Person aber völlig ausreichend. Robuste Mechanik, meine Schwester hatte die gleiche. Allerdings nicht so lange wie ich, das liegt auch daran, dass sie einen Haushalt mit vier Personen zu waschen hatte.

Im Laufe der Jahre musste ich einmal den Antriebsriemen erneuern und einmal die Trommeldichtung. Beides kann von einem einigermaßen technisch begabten Mensch selbst gemacht werden, die Kosten halten sich in Grenzen und man bekommt auch die meisten Ersatzteile noch, obwohl Eudora vor etlichen Jahren aufgeben musste und gekauft wurde. Seitdem existiert zwar noch der Name, die Maschinen sind aber Standardware aus Fernost.

Meine Eudora rennt noch und vielleicht ist das ja auch der Grund für die Pleite – die Maschinen halten zu lange und das wird in einem auf Wachstum ausgerichteten Wirtschaftssystem bestraft, und zwar mit der höchsten Strafe, der Vernichtung.
Wer „zu gute“ Produkte erzeugt, verkauft weniger und müsste daher teurer anbieten. In einer Geiz-ist-geil-Gesellschaft, die ständig nach neuen Produkten verlangt, lässt sich aber kein höherer Preis durchsetzen, denn es gibt zu wenige KonsumentInnen, denen Langlebigkeit auch einen höheren Preis wert ist.
Zudem bekommen wir alle seit Jahrzehnten eingeredet, dass wir alles besitzen müssen, was uns die bunte Konsumwelt anbietet. Da wir nicht uneingeschränkt Geld zur Verfügung haben, müssen die Dinge billig sein, damit wir sie uns kaufen können. Daher kann die Qualität nicht stimmen, was aber in diesem System nicht weiter schlimm ist, weil sie sowieso nicht lange halten müssen.
Der Kreislauf funktioniert deswegen, weil Umweltkosten nie mit einberechnet werden. Ansonsten gäbe es nicht nur Eudora noch, sondern viele andere Unternehmen, die auf Qualität gesetzt haben.
Weder die Ausbeutung der Natur noch die von Menschen wird einberechnet und somit werden sie zu Gewinnfaktoren. Das heißt, je umweltschädigender und sozial ausbeuterisch ich agiere, desto mehr Gewinn mache ich. Da Gewinn in einem Wirtschaftssystem wie dem unseren inzwischen der einzige Faktor ist, der wirklich zählt, haben wir hier einen Systemverstärker. Wer nicht mitspielt, wird letztlich vom Konsumenten abgestraft.

Als ich noch lange nicht grün oder gar politisch engagiert war, habe ich im Fernsehen eine Szene aus einer Wiener Vorstadtserie gesehen. Sie hieß „Mozart und Meisel“ und spielte in der „Wildsau“, einem Heurigen an der Mauer vom Lainzer Tiergarten, zu dem ich heute noch manchmal hinfahre. Ich kann mich an nicht mehr viel erinnern, aber die eine Szene ist extrem lebendig vor meinem geistigen Auge: Das Lokal wird renoviert und ein Yugo sieht die alten Sessel, die sich vor dem Lokal stapeln. Er nimmt sie und will sie wieder ins Lokal bringen, als der Wirt (gespielt von Andreas Vitasek) kommt und sagt, dass sie weggeschmissen werden. Der Yugo darauf: „Wieso wegschmeissen? Sind doch gut!“
Die Antwort des Lokalbesitzers: „Sind alt. Alt nix gut, nur neu gut.“

Das sagt eigentlich alles, die Serie lief übrigens 1987 und unser Wirtschaftssystem ist in den vergangenen vierzig Jahren immer mehr in diese Richtung gegangen, was im derzeitigen Trend zum „Fast Shopping“ sichtbar wird. Dabei gehen vor allem Jugendliche in Geschäfte und kaufen Dinge, die sie nach dem Kauf sofort entsorgen. Ohne sie ein einziges Mal verwendet zu haben. Die Sachen werden manchmal getauscht, manchmal verkauft, meist aber einfach weggeschmissen. Sie sind schon bei der Erzeugung genau genommen Müll, haben auch keinen Verwendungsanspruch und somit auch keine Qualität, dafür kosten sie wenig.
Was die Jugendlichen danach machen? Sie gehen wieder ins Geschäft um sich das nächste Kauferlebnis (Dauer des Adrenalinschubes angeblich sieben Sekunden) zu holen.
Die Dinge es Fast-Shoppings werden übrigens nicht mehr konsumiert, also ge- oder verbraucht, sondern nur mehr gekauft und dann entsorgt. Es sind eigentlich keine Konsumgegenstände mehr und somit kann man auch nicht mehr von einer Konsumgesellschaft sprechen, das Wort „Wegwerfgesellschaft“ dürfte es eher treffen. Ob wir letztlich damit uns selbst wegwerfen, sollte diskutiert werden.

Begonnen hat dies mit „alt nix gut, nur neu gut“.
Ich konnte schon damals nichts damit anfangen und erinnere mich noch an den Widerstand, den ich empfunden habe. Vielleicht war das die Geburtsstunde meines grünen Engagements.
Somit will ich auch keine neue Waschmaschine so lange die alte gut funktioniert. Die neuen können eigentlich nichts wirklich besser. Sie haben 100 Programme, ich komme seit Jahrzehnten mit 2-3 aus. Sie haben tolle Digitalanzeigen, dadurch wird die Wäsche aber nicht sauberer. Sie brauchen auch nicht weniger Strom, das ist so wie bei den Kühlschränken ein Marketingschmäh, der nach der Methode der Abgastests funktioniert: ein spezieller Testzyklus, der mit dem Realbetrieb genau gar nichts zu tun hat.

Seit ein paar Jahren hüpft meine Eudora beim Schleudern. Das hat langsam begonnen und ich habe mir damals eine spezielle Matte gekauft, die unter die Maschine gelegt wird. Das hat eine Zeit lang geholfen, in den letzten zwei bis drei Jahren musste ich mich aber beim Schleudervorgang immer öfter auf die Maschine setzen, was zwar einer Art Ganzkörpermassage gleich kommt, letztlich aber nicht Sinn der Sache ist und mir auch immer mehr auf die Nerven ging.

Glücklicherweise kenne ich den Sepp Eisenziegler vom RUSZ (Reparatur- und Servicezentrum in 1140, www.rusz.at), den ich für sein Engagement bewundere. Er hat mir schon vor längerer Zeit gesagt, dass ich den Rüttelsensor austauschen soll. Der hilft das Schütteln zu verringern.
Als er neulich bei einer Veranstaltung zu Gast war, habe ich ihn darauf angesprochen und die Telefonnummer eines Betriebes bekommen, der Ersatzteile für alte Eudora-Waschmaschinen hat.(Haushaltsgeräte Hildegard Maier, Hasenweg 2, A-8141 Premstätten, service_eudora@aon.at, 0664 1360849, 0316 252800)
Dort bekomme ich nicht nur den Rüttelsensor (heißt offiziell „Unwuchtregler), sondern auch noch eine gute Beratung. Herr Maier meint, dass ich nachschauen soll, ob auch die Rollen kaputt sind. Daran hätte ich gar nicht gedacht, aber sie sind tatsächlich vollkommen hinüber und das macht viel aus, meint Herr Maier. Also kaufe ich auch die Rollen und komme inkl. Versand auf Gesamtkosten von Euro 85,80-

Um 200 Euro bekommt man schon eine neue Waschmaschine, muss diese 200 Euro aber alle drei Jahre investieren, denn so lange hält so eine Waschmaschine – wenn man Glück hat. Reparieren kann man die nicht, nämlich gar nicht, das ist bei der Konstruktion nicht vorgesehen bzw. es ist vorgesehen, eventuelle Reparaturmöglichkeiten schon von vornherein zu unterbinden. Daher wird verklebt statt geschraubt, dann hat sich die Sache erledigt und ein Ersatzteillager braucht auch niemand. Wenn innerhalb der Garantiezeit etwas kaputt wird, tauscht man die Waschmaschine gegen eine neue und die alte wird weggeworfen, auch wenn nur ein Widerstand um 0,15- Euro kaputt ist.

Was ich noch vergessen habe: Die neuen Waschmaschinen machen die Wäsche nicht sauberer. Das ist ebenfalls ein Marketingschmäh, ähnlich wie der mit den Waschmitteln.

Nach ein paar Tagen bekomme ich die Teile und schiebe meine Waschmaschine ins Wohnzimmer, wo ich sie auf ein altes Tuch lege, um nichts zu beschädigen.
Für die gesamte Reparatur braucht man einen Kreuzschraubendreher, ein 5-Cent-Stück, einen Durchschlag und einen Hammer. Weil sich eine der Rollenachsen ein wenig verklemmt hat, dauert die Reparatur eine Stunde, ansonsten wäre es in 30 Minuten erledigt gewesen.

Spannend war der erste Waschvorgang. Glücklicherweise ist alles gut gegangen, die Maschine hüpft nicht mehr und ich bin gespannt, wie lange sie noch halten wird. Sepp hat mir geraten, sie möglichst lange zu behalten, weil die Mechanik ziemlich schwer kaputtzukriegen ist und er mit der modernen Elektronik fast aller Marken (Miele hat angeblich noch eine qualitativ hochwertige Produktlinie, alle anderen sind mehr oder weniger Schrott schon beim Kauf) sehr schlechte Erfahrungen gemacht hat.

wasch.jpg

Bild 1: Die Rückseite der Waschmaschine lässt sich mit einem Schraubendreher und einem 5-Cent-Stück abschrauben. Dann kommt man überall gut dazu.

rollen.jpg

Bild 5: Hier sieht man den Unwuchtregler und die alten Rollen, deren Gummis schon brüchig und eckig waren.

6 Gedanken zu „Meine Eudora geb ich nicht her

  • 4. August 2020 um 12:30 Uhr
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    Vielen Dank für diese tollen Tipps! Meine geliebte Sparmeister hat das gleiche Leiden. Werde mir neue Rollen (sind auch komplett hinüber) und einen Unwuchtregler bestellen.
    DANKE!!!

  • 28. Januar 2021 um 08:48 Uhr
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    Hallo Herr Dr. Schwarz,

    vielen Dank für Ihren interessanten Blog über Ihre Sparmeister.

    Ich darf darauf hoffen, dass Sie mein Kommentar nicht als Werbemaßnahme interpretieren sondern ich möchte ein paar Ihrer Aussagen aus unserer Sicht kommentieren.

    Wir haben die Arbeit von der Familie Maier immer sehr geschätzt und Sie haben uns in Sachen Reparaturen als auch Ersatzteile immer sehr geholfen. Herr Maier war ein Eudora Techniker der ersten Stunde. Seit Ende 2020 sind Frau Maier und Herr Maier in ihrer wohlverdienten Pension. Zuletzt haben Sie den zentralen Vertrieb für Eudora Ersatzteile inne gehabt. Jedoch nicht nur, um auf den Punkt zukommen, für alte Eudora Geräte, sondern für alte als auch neue Eudora Geräte.

    Ja es stimmt, das Eudora Werk in Wels gibt es leider nicht mehr. Die Werkzeuge und Maschinen wurden aber danach alle von einer Firma aus unserem Nachbarland Tschechien übernommen und dort werden die Geräte mit diesen Werkzeugen und Maschinen bis heute produziert. Somit sind unsere Kernprodukte die Kompaktwaschmaschinen Euronova und Babynova seit 25 Jahren unverändert und weiterhin im Einsatz. (bis auf die elektronischen Änderungen um aktuellen EU-Vorgaben bezüglich Energie und Wasserverbrauch zu entsprechen).

    Seit der Schließung des Werkes in Wels im Jahr 2004 wurden auch immer wieder größere Waschmaschinen mit mehr als 6 kg Fassungsvermögen, also Geräte welche nie in Wels produziert wurden, angeboten. Hier wurden Kooperationen mit Herstellern aus Italien, Schweden und der Türkei eingegangen. Aber nie aus Fernost. Insbesondere zwischen 2008 und 2014 mit den Geräten aus Schweden hatten wir eine sehr gute Zeit. Das waren wirklich schwedische Panzer :)

    Zum Schluß dürfen wir Ihrer Kernaussage zu 1000 % zustimmen. Geben Sie Ihre Sparmeister 701 niemals her!

  • 2. Februar 2022 um 19:03 Uhr
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    Hab auch eine 701er. Einfach TOP! Im Keller gefunden hat jemand entsorgt weil die Türdichtung defekt war. In Graz beim Kundenservice um 12,90.- eine besorgt und sie läuft und läuft und läuft……….!
    FRAGE! Weiß jemand wann das Gerät gebaut wurde? Müsste vor 1989 gewesen sein. Meine Bekannte hatte damals die Goldkind und die war ja glaube ich moderner. Freue mich auf Antwort. Fred aus Wien

  • 2. Februar 2022 um 21:16 Uhr
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    Hallo Fred!
    Ich hab meine 1991 gekauft und da war sie neu, aber kein neues Modell. Meine Schwester hatte sie schon 2-3 Jahre, insofern liegst du mit 89 sicher nicht falsch.
    Meine rumpelt allerdings inzwischen wieder recht heftig, keine Ahnung, ob und wie ich sie nochmal repariere.

  • 3. Januar 2023 um 12:57 Uhr
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    Ja Eudora war a Träum,ich habe meine Spuehlmaschine mini 5005 noch immer im Einsatz,das tollste Geraet seit Erfindung der Spuehlmaschine,den Programmschalter kann man mit einem Typ Microschalter reparieren.Der Techniknobelpreis Fuerteventura Eudora ??

  • 28. Oktober 2023 um 13:35 Uhr
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    Toller Beitrag, danke dafür!
    Wir haben mit unserem kleinen Häuschen auch eine Eudora Sparmeister 701 übernommen und sie läuft sogar noch, weshalb wir sie gern behalten und benutzen würden! Das einzige Problem ist, dass die Maschine nicht richtig schleudert, zumindest ist die Wäsche nach dem Waschgang noch klatschnass…
    Hat jemand hier zufällig eine Idee, woran das liegen könnte und wie man das ggf repariert bekommt? Wir sind in Tirol, in der Nähe von Innsbruck…
    Danke und viel Spaß mit euren Maschinen weiter!

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