Neues vom Plastikfisch

Wer die Doku „Die Pangasius-Lüge“ gesehen hat, verzichtet freiwillig auf den südostasiatischen Zuchtfisch. Ich mache das schon länger, weil er einfach keinerlei Geschmack hat und ich dem Hype rund um den Billigfisch sowieso nicht folgen will.

Vor kurzem sah ich im Hofer-Prospekt, dass dort tiefgefrorener Pangasius angeboten wird. Leider steht auf der Packung nicht drauf, woher der kommt oder sonst irgend eine Information. Ist das ein Zuchtfisch aus den grauenvollen Anlagen im Mekong-Delta?

Die Recherche war schwierig, weil Hofer verkauft ihn, dahinter steckt eine Marke, die wiederum einer Firma gehört, die wiederum zu einem Konzern gehört etc.

Nach einiger Zeit dachte ich mir, ich hätte den Hersteller und schrieb ihn an: Woher denn der Fisch käme und wie das so aussehe.
Hier die Antwort:

Von: „Klaas H van Eerde | Seafood Connection“
Datum: 19. April 2011 10:39:57 GMT+02:00
An:
Betreff: Almare pangasius Filets

Sehr geehrter Herr Schwarz,
 
Wir haben Ihre Mail von 14.4.2011 über Hofer empfangen.
 
Wir sind einer der größten Hersteller/Importeur für Fisch in Holland. Es ist unser besonderes Anliegen, dass unsere Kunden jederzeit mit unseren Produkten zufrieden sind. Wir legen größten Wert auf eine gleichbleibende hochwertige Produktqualität und Produktsicherheit. Vorbeugende Sicherheitsmaßnahmen und laufende Qualitätskontrollen sind für uns eine Selbstverständlichkeit. Unsere Produktionsbetriebe arbeiten nach dem HACCP Konzept (Hazard Analysis and Critical Control Point, deutsch: Gefahrenanalyse kritischer Kontrollpunkte) und sind nach dem International Food Standard zertifiziert.
 
Der Pangasius wächst in Aquakultur heran. Wir beziehen unseren Pangasius ausschließlich aus eigenen Aufzuchtbetrieben, die alle nach dem international anerkannten Global-Gap zertifiziert sind. Dieser Standard richtet seinen Fokus auf eine nachhaltige Aufzucht, insbesondere auf Lebensmittelsicherheit, Tierschutz, Umweltstandards sowie eine soziale Gefahrenanalyse. Global GAP ist ein Standard welche durch WWF erkannt wird als Vorläufer von ASC, eine Zertifizierung Programm für Nachhaltige Aquakultur von WWF wie die MSC für Wildfang. Auch nachhaltiges Futter gehört zu den beiden Programmen wobei nicht nur den Bestandsteil Fischmehl (<10%) aber auch den andere Ingredienzen beurteilt werden.
 
Wir garantieren, dass die an Hofer gelieferten Filets 100% frei von Zusatzstoffen sind. Nur dadurch kann der arteigene Geschmack des Pangasius garantiert werden. Die Freiheit von Antibiotika und Zusatzstoffen wird bereits im Ursprungsland regelmäßig kontrolliert. Für jede produzierte Charge wird ein Nachweis über die Freiheit von Antibiotikarückständen sowie sonstigen Zusatzstoffen (Zitronensäure, Phosphate etc.) geführt. Darüber hinaus veranlassen wir im Rahmen unserer Sorgfaltspflicht eigene Untersuchungen zur Rückstandsanalytik. Des weiteren werden die von uns gelieferten Pangasius-Filets zusätzlich quartalsmäßig durch ein unabhängiges, staatlich akkreditiertes und von Hofer KG vorgegebenes Institut in Österreich untersucht. Dieses Labor prüft neben den sensorischen Eigenschaften auch die Angaben auf der Produktverpackung.
 
Wir hoffen, dass Ihr Vertrauen in unsere Produkte weiterhin bestehen bleibt und verbleiben
mit freundlichen Grüßen,
Klaas-Hessel van Eerde
Sales Director Europe

Zur Erklärung: Der „International Food Standard“ klingt eher nicht nach einer kritischen Zertifizierung, sondern eher nach einem Industriestandard, den sich die Industrie deswegen selbst gibt, weil er ihr alle gewünschten Freiheiten ermöglicht.
Auch das international anerkannte „Global Gap“ ist mir unbekannt. Die Recherche ergibt die Seite www.globalgap.org – klingt prinzipiell gut.

Letztlich weiß ich trotzdem nicht, ob die Hofer-Pangasius-Filets aus einem der wenigen guten Aufzuchtsbetriebe kommen.

Jö, wieder Bahnfahren!

Es war wieder einmal soweit und eine fröhliche Geschäftsreise mit der Bahn stand am Programm. Sonntag 10:36 von Wien Wbhf. in ca. sieben Stunden nach Hanau (wer´s kennt… für die anderen: zwischen Würzburg und Frankfurt, quasi irgendwo dazwischen, mehr muss man darüber wirklich nicht wissen), um dann am nächsten Tag eine Präsentation (ca. 1,5 Stunden) durchzuführen. Danach ging es mit einem Kollegen per Auto nach Augsburg und von dort mit dem Zug wieder zurück nach Wien, Planankunft 23:44.

So viel zur Theorie. Wie eigentlich immer (ich bin eine Art Bahn-Glückskind) standen mir folgende Herausforderungen zur geschätzten Auswahl (Mehrfachnennungen möglich):
1.) die Mama mit dauerkreischendem Kleinkind
2.) die feucht-fröhliche Pensionistentruppe „Noch ´n Korn, noch ´n Bier“ aus Wuppertal
3.) die Handy-Tussi mit einer Fülle Reserveakkus im Taschl
4.) die zwei Omas, die nur einmal pro Stunde (wenn sie kurz hüsteln oder länger pinkeln müssen) nicht den Schlapfen offen haben.
5.) der anschlussfreudige Knechter mit sich wiederholenden Lebensgeschichten und -geschichteln
6.) der dicke Herr mit weißen Socken, Sandalen und Gilet, dessen ihm Zugemutete das erste Mal seit der Hochzeit vor 40 Jahren alleine zuhause ist, somit hilflos, und ihn alle fünf Minuten anruft, um zu fragen, ob es ihn eh noch gibt.

Ich wählte diesmal 6.) und die XL-Variante von 4.), die darin bestand, dass eine der Omas die ganz kurzen Quasselpausen mit einem durchgehenden „ach ja… ach jeh… ach ja… ach je… usw.“ zu füllen pflegte.
Leider kann man in einem ICE die Fenster nicht öffnen, ich hätte für nichts garantieren können.

Irgendwie stieg ich nicht ungern aus im hessischen Hanau und freute mich schon ganz doll auf die Rückfahrt.
Dem Bahn-Gott sei Dank fand diese schon am nächsten Tag statt und ich durfte zum Auftakt erfahren, dass der Hauptbahnhof in Augsburg irgendwie der älteste noch erhaltene in Deutschland ist. („A scho wos“ sagt der gelernte Wiener in diesem Moment).

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Bild: Augsburg, Hauptbahnhof

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Bild: Augsburg, Hauptbahnhof

Damit verknüpft ist die Besonderheit, dass es auf diesem Bahnhof keinerlei Sitzgelegenheiten mehr gibt, nicht eine einzige Bank, keine Sessel, nichts.
Das ist schon für mich bei einer Wartezeit von 2,5 Stunden nicht sehr angenehm – was aber machen dann alte Leute? Ob das Abmontieren sämtlicher Sitzgelegenheiten die Volksgesundheit fördern soll? Oder den Umsatz der dort vertretenen Fast-Food-Ketten McDonalds, Burger King und Subway? Bei denen gibt es nämlich Sitzgelegenheiten. Was es hingegen nicht gibt, sind WCs. Ja, die geneigten LeserInnen haben richtig gehört, keine WCs. Diese wiederum gibt es nur am Bahnhof und sie sind eine Art olfaktorisch bedenkliches Profit-Center.

Sogar mir als Nichtraucher erschienen die geschlossenen (!) Raucherkabinen am Bahnsteig als Schildbürgerstreiche – übrigens der einzige Ort am Bahnsteig, an dem man vor Wind und Wetter geschützt ist.

Ich hatte diesmal Glück und ca. eine Stunde Aufenthalt in Salzburg, daher konnten mich die 28 Minuten Verspätung des EC 117 nicht schrecken. Abfahrt war auf Gleis 3, zumindest so lange, bis sich ca. 3 Minuten vor der Abfahrt alle Zustiegswilligen dort versammelt hatten. Dann wechselte die Anzeige urplötzlich auf Gleis 4, inklusive der gewohnt unverständlichen Ansage (wie mein Freund Peter B. gerne bemerkt, können die Menschen auf den Mond fliegen, schaffen es aber nicht, hörbare Lautsprecherdurchsagen zustande zu bringen).
Also trippelten die so Bewegten die Treppen hinunter, den Gang entlang und auf der anderen Seite wieder hinauf. Für sportliche jungen Männer mit leichtem Gepäck recht erfrischend, nicht ganz so angenehm für die alte Dame mit dem schweren Koffer und den Blinden mit Stock. Aber auch sie schafften es.

Als der Zug schon in der Ferne zu sehen war, wechselte die Anzeige (Ätsch!) abermals auf zwei Bahnsteige weiter.
Die Deutsche Bahn hat offensichtlich einen Volksgesundheits-Auftrag, den sie mittels spontaner Bewegungsimpulse zu erfüllen gedenkt. Oder sie hat einen ausgeprägten Hang zu dem Teil der darwinistischen Evolutionstheorie, in der es um „survival of the fittest“ geht – nur die Schnellsten, Stärksten überleben.
Mit anderen Worten: Der Blinde gab gleich auf und die Oma schaffte es nur mehr bis in den Gang, hätte in ihrem augenblicklichen Zustand aber ohnehin nicht mehr Bahnfahren sollen.

Aus meiner Liste fasste ich diesmal 1a aus, Mutter mit zwei Gören.
Das war fast zu angenehm, aber ich hatte ja noch die Chance auf den Railjet von Salzburg nach Wien. Die Bahn ist immer für Überraschungen gut, soviel ist sicher (oder auch: da fährt die Eisenbahn drüber!).
Hoppala, der Railjet war sogar pünktlich. Ich war gespannt, da ich noch nie mit so einem vielbeworbenen Spezialzug gefahren war: Ein Flugzeug auf Rädern, das klingt schon sehr geil.
De facto erweist sich der Railjet als eine Art ICE für Arme, also ein ganz normaler Zug mit ein wenig Schnick-Schnack: Sitze wie im Flugzeug, allerdings mit absolut ausreichend Beinfreiheit, dafür von der Breite eher für Schmalhans Küchenschabe. Dazu ein fetziger Außenanstrich und die zweite Klasse heißt „Economy“.
Im Ruheabteil, in dem ich aufgrund der späten Stunde einen Platz ergattern konnte, ist Bahn sei Dank das Handytelefonieren untersagt, interessanterweise aber auch das Tragen von Kopfhörern. Der tiefere Sinn dieser Anweisung wurde mir nicht ersichtlich.
Es gibt ein exzellentes Leselicht und hin und wieder klappert eine Angestellte vorbei, die eine Nespresso-Maschine auf ihrem Wagerl hat.
Da die weitere Fahrt problemlos verlief, kann ich diese kleine Geschichte hier beenden. Weitere werden folgen, da bin ich mir sicher.