Thomy überredet mich zu einem frühmorgendlichen Strandlauf, der mir durchaus gut tut. Neben dem Hotel ist ein Felsvorsprung und dahinter beginnt ein weiterer Strandabschnitt, schnurgerade und nicht nur für Hotels. Einige Jugendliche spielen Fußball, wir sind aber die einzigen Läufer.

Bild 105: Strand
Zu dieser Zeit ist die Sonne noch nicht so heiß und wir laufen den ganzen Strand zwei Mal auf und ab. Das dauert ca. eine halbe Stunde und danach haben wir uns ein Bad im indischen Ozean verdient.
Am Strand gibt es ein gewisses Angebot an Aktivitäten. Kamelreiten gehört etwa dazu.

Bild 106: Kamelreiten
Das anschließende Frühstück enthält wieder deutsche Elemente, aber es gibt die internationale Mischung aus Bacon & Eggs, Eiomlett, Früchten, Toastbrot, Käse und Wurst. Das Buffet hält auch Müsli bereit und Joghurt sowie noch einiges mehr. Die Qualität ist gut, einzig die salzige Butter passt nicht zur Marmelade, gar nicht.
Leider gibt es unter den Gästen nur wenig Kontakt. Die Ehepaare sitzen zu zweit an einem Tisch, es gibt eine Gruppe (wie wir später erfahren lauter Damen einer gemeinnützigen Organisation aus Nairobi) und einige kleine Gruppen wie zwei befreundete Pärchen etc.
Ich habe nicht herausfinden können, warum sich die Leute nicht zu anderen an einen Tisch setzen, aber da es scheinbar nicht üblich ist, tun wir es auch nicht.
Da auch Thomy nicht nur am Pool hocken will, beschließen wir einen kleinen Spaziergang in den Ort. Es ist schon ca. 11 Uhr und die Sonne knallt gnadenlos runter. Es ist hier nicht üblich das Hotel zu verlassen, schon gar nicht zu Fuß. Daher kommen sofort ein paar Tuk-Tuk-Fahrer und bieten an uns zu führen. Sie sind sehr erstaunt, dass wir ablehnen und lieber zu Fuß gehen wollen.
Das ist aber gar nicht leicht. Es gibt keinen Schatten und eigentlich auch keinen Gehsteig. Wir befinden uns in einem reinen Touristenort und da braucht man keine Gehsteige, da ohnehin niemand zu Fuß auf der Straße geht. Wir drehen trotzdem eine Runde, aber es ist eher deprimierend. Es gibt keinerlei Infrastruktur, zumindest nicht in dem Teil von Nyali, in dem wir uns befinden. Nur Hotels und Privathäuser bzw- -villen, die alle mit einer hohen Mauer und viel Gitterwerk umgeben sind. Auch auf der Hauptstraße ist es alles andere als gemütlich, es gibt hier auch nichts zu sehen. Wir kehren verschwitzt ins Hotel zurück und ich ruhe mich aus. Das soll sich den ganzen Tag nicht mehr ändern – so denke ich. Doch dann kommt ein Anruf von Frank, der mir mitteilt, dass es leider Probleme mit dem Toyota gibt. Der Zoll lässt ihn nicht auf´s Schiff, weil die Bestätigung für die bezahlte Roadlicence fehlt. Zuerst verstehe ich überhaupt nicht, was er meint, doch dann erklärt er es mir und ich erinnere mich dumpf an das Gespräch mit Chris vor zwei Wochen, wo er mir erklärt hat, dass es sein kann, dass sie die Roadlicence verlangen.
Da es eine solche nicht gibt, ist guter Rat teuer. Ich rufe Chris an und der meint, wir werden wohl den Zoll bestechen müssen. Dann rufe ich meinen Bruder an und erwische ihn gerade am Sessellift. Er ist etwas ungehalten über die Störung und wir fangen ein wenig zu streiten an. Er meint, er könne jetzt auch nicht helfen und ich solle mir was einfallen lassen.
Also überlege ich wie viel wir dem Zoll anbieten können. Mein Gefühl sagt zwischen 100 und 200 Dollar. Ich rufe Frank an und biete ihm das an. Er stimmt mir zu und ruft mich wenig später zurück. Es kostet 150 Dollar.
Jetzt stellt sich nur die Frage, wie ich ihm das Geld zukommen lassen kann. Er schlägt M-pesa vor, doch ich habe keinen Account.
Das muss ich ein wenig erklären: Da es in Kenia nur wenige Banken gibt und diese vor allem in Nairobi und Mombasa, mussten sich die Menschen hier etwas einfallen lassen, um Geld transferieren zu können. So wurde M-Pesa erfunden, das „M“ steht für „Mobil“ und „Pesa“ heißt Geld auf Swahili.
Die Kenianer besitzen ein sehr gut ausgebautes Mobilfunknetz und fast jeder hat ein Handy. Es gehört hier zum guten Ton und ist natürlich auch ein Statussymbol, die Leute hier sind noch verrückter auf das Zeug als wir in Europa.
Also hat man die Technik, und darauf baut M-Pesa auf. Man kann Geld einfach von einer M-Pesa-Station zur nächsten Schicken und es gibt in Kenia inzwischen ca. 40.000 solche Stationen: im Supermarkt, an der Tankstelle, im Hotel, an einer Bar – einfach überall gibt es sie. Man braucht nur angemeldet sein und kann mittels eines SMS-Codes Geld schicken. Das funktioniert hervorragend und ist scheinbar auch vor größeren Betrügereien gesichert. Es ist weit verbreitet und jeder kennt es. Den Nachteil haben die Banken, die jetzt erst recht niemand mehr braucht, und den Vorteil hat der Mobilnetzanbieter Safaricom.
Ich marschiere zur Rezeption und jetzt zeigt sich, dass wir in einem wirklich guten Hotel sind. Die Kassierin meint, dass sie jetzt gleich Feierabend hätte und ohnehin ins Dorf hineinfahren würde. Sie könnte über ihren M-Pesa-Account das Geld an Frank schicken – einfach als SMS an sein Handy. Er kann es dann sofort abheben und dem Zoll geben.
Also gebe ich ihr die Dollar und sie führt die Transaktion durch. Es geht sehr einfach und blitzschnell.
Ebenso schnell erhalte ich die SMS von Frank, dass die Transaktion geklappt hat. Bei uns in Österreich funktioniert so etwas nicht, nämlich nicht anders oder schlechter, sondern gar nicht. Die Kenianer sind uns in diesem Punkt weit voraus.
Ich bitte Frank noch, dass er mir Bescheid gibt, wenn der Toyota durch den Zoll ist. Auf diesen Anruf warte ich bis heute und Frank weiß nicht, dass meine Mordpläne auch bis heute aufrecht sind. Die angenehme Entspanntheit ist gewichen, aber ich denke mir, dass ich jetzt sowieso nichts mehr ändern kann und dass es zu erwarten war, dass wir irgendwo noch was zahlen müssen, das ist in Afrika einfach so.
Stunden später rufe ich selbst Frank an und erfahre, dass alles geklappt hat. Zufriedenheit stellt sich ein und ich marschiere zum Strand, um mir die dort befindliche Tauchbasis anzusehen. Ein netter Angestellter erklärt mir, wie es hier abläuft: Man würde, sofern mehr als 3 Leute angemeldet wären, mit einem Motorboot zu einem Tauchplatz fahren und dort zwei Tauchgänge machen, mit einer recht kurzen Oberflächenpause von ca. 45 Minuten. Die Länge der Tauchgänge wäre aber auch auf 45 Minuten begrenzt, was mir persönlich einfach zu wenig ist. Ich empfinde das als Abzockerei und da ich sowieso nicht vor hatte hier tauchen zu gehen, stört es mich auch nicht weiter.
Sie würden mich sogar ohne Breviet und ohne Logbuch tauchen lassen – hier merke ich wieder, dass ihnen einfach die Touristen fehlen. Das trifft ein Land wie Kenia schon sehr hart, denn hier ist sehr viel vom Tourismus abhängig.
Am Strand spricht mich eine nette Kenianerin an und fragt, ob ich nicht eine Massage möchte. Ich bin etwas unschlüssig, wobei 12 Euro für eine Stunde Massage ein echt fairer Preis ist.
Als ich zögere und meine, dass ich das Geld bei Thomy im Safe hätte, schlägt sie vor, dass ich jetzt gleich zur Massage mit gehe und ihr das Geld morgen gebe. Wir könnten jetzt gerade noch vor der Flut über den Strand gehen und sie würde mich dann später über die Straße zum Hotel bringen.
Ich bin einverstanden und wir marschieren über den Strand, der jetzt schon sehr belebt ist. Heute ist Samstag und die Jugend aus Mombasa vergnügt sich hier – man macht ein kleines Picknick, spielt Ball oder vergnügt sich im Wasser. Das ist eine Szenerie, die mir komplett neu ist. Bisher kannte ich Strände nur mit Weißen, allerdings war ich schon seit zwanzig Jahren in Kenia nicht mehr hier im Süden am Strand und weiß außerdem nicht, ob sich das in Diani Beach auch so geändert hat.
Es ist eine Art neue Mittelschicht entstanden und diese pflegt auch die Gewohnheiten der europäischen Mittelschicht. Dazu gehört ein Strandausflug am Wochenende.
Die Massage ist angenehm, wenn auch nichts Besonderes. Ich erfahre von der Masseuse ihre Lebensgeschichte (mehrere Kinder, den Mann hat sie rausgeschmissen, nachdem er mit der Putze was angefangen hat etc.) und marschiere dann wieder den inzwischen gut gefüllten Strand zurück zum Hotel. Die Flut ist inzwischen recht hoch und ich überlege, ob ich die heikle Stelle am Felsvorsprung riskieren kann, vor allem, weil ich das Handy in der Hand halte.
Ich riskiere es und es geht gut. Ich bin um die Erfahrung reicher, wie sich ein Europäer an einem Strand mit lauter Afrikanern fühlt. Irgendwie seltsam.
Ich treffe wenig später noch die Masseuse und gebe ihr das Geld, danach ist noch ein wenig Entspannung bis zum Abendessen angesagt, das sich vom Vortag nicht wesentlich unterscheidet.
Das Entertainment ist auch nicht sehr aufregend, diesmal interessieren sich noch weniger Gäste für das, was sich da in der Mitte abspielt. Wir trinken den bewährten Gin Tonic und posten Fotos auf Facebook.
Dann neigt sich auch dieser Tag dem Ende zu und wir gehen ein letztes Mal in Kenia schlafen, hoffentlich nicht für lange Zeit.