Kalymnos – die Kletterinsel

Urlaubsmäßig ist es bei mir heuer auf 4 Tage Kroatien und 7 Tage Griechenland beschränkt – immerhin, das war auch schon weniger.
Das hat mit meiner privaten Situation zu tun, aber auch mit meiner zunehmenden Unwilligkeit zu fliegen. Das wiederum hat nicht nur Umweltschutzgründe, mir geht das ganze Brimbori schlicht und einfach auf die Nerven, die langen Wartezeiten, die Verspätungen, die depperten Kontrollen (wie klein muss die Nagelschere sein, damit ich sie mitnehmen darf etc.) und vor allem die unwürdige Quetscherei in immer enger werdenden Sitzen. Wobei Kurzstrecken ohne Zwischenaufenthalte einigermaßen erträglich sind.

Das alte Problem bleibt bestehen: Ohne Flugzeug ist die Reichweite einfach massiv eingeschränkt und Zugreisen sind auch nicht immer angenehm, von langen Autofahrten ganz zu schweigen.

Mein Ziel ist maximal 1x jährlich und idealerweise gar nicht. Und ich sehe Fliegen nach wie vor als Luxus an, der im Sinne des Begriffs nur eingeschränkt verfügbar ist.
Um die Diskussion abzukürzen: Fliegen ist kein Menschenrecht. Schon gar keines, das Menschen immer überall uneingeschränkt zur Verfügung stehen muss. Fliegen sollte massiv teurer werden, mein Flug nach Kos hat 190 Euro gekostet, der gefühlt passende Preis sollte 500 sein. Dann müsste man Fluglinien auch nicht alle paar Jahre mit Millionen an Steuergeld „retten“ und wenn junge Menschen mit wenig Geld von Australien nach Kalymnos zum Klettern fliegen wollen, müssen sie ein wenig länger darauf sparen, so wie ich das in meiner Jugend auch tun musste, ohne dass mir Lebensqualität verloren ging. Oder sie kaufen sich beim jährlichen Handy eines um 700 statt um 1.400 Euro und schon geht das mit dem Flug.
Für mich wäre auch ein CO2-Kontingentsystem denkbar, bei dem man Flugkilometer durch Umweltschutz anderswo anspart, die man dann verwenden kann.
Das würde auch zu einer Bewusstseinsentwicklung führen, die ich derzeit noch nicht erkennen kann, wenn ich auf die übervollen Flughäfen und die ständig steigenden Flugzahlen schaue.

Mein Urlaub war schnell gebucht, mein lieber alter Freund Rudi hatte mir eine Griechenlandwoche schmackhaft gemacht und da ich schon lange nicht mehr dort war, konnte ich nicht widerstehen. In seinem kleinen Appartement gibt es zwei Betten und ich freute mich schon auf das Gezirpe der Zikaden in sommerlichen Wäldern, die ich durchwandern wollte. „Wenn Du willst, nehme ich dich ein oder zwei Mal zum Klettern mit, da kannst du dir das anschauen“ meinte Rudi.
Als ich aus Interesse und um mir gleich Wanderrouten schmackhaft zu machen die Insel googelte, war ein leichter Schock nicht zu vermeiden: Das ist ein Steinhaufen, da gibt es keine Handvoll Bäume auf der ganzen Insel. Also nix mit Wandern, schon gar nicht im August.
Somit war auch völlig unklar, was ich dort tun könnte. Natürlich gibt es nette Strände, aber ich bin kein Sonnenlieger. Dazu kam noch ganz aktuell ein fetter Sonnenbrand, den ich mir am Wochenende zuvor in Kroatien geholt hatte. Sonne war also eine ganz schlechte Idee.

Glücklicherweise kenne ich seit meiner Romreise die Alaska-Regel („Repariert wird etwas erst, wenn es kaputt ist“) und dazu die alte Regel meines lieben Freundes Hans („Man soll sich auf Sorgen keinen Vorschuss nehmen“).
Also beschloss ich die Woche einfach auf mich zukommen zu lassen. Irgendwas Nettes würde sich schon ergeben.

Die Anreise mit dem Roller zum Flughafen habe ich schon ausführlich in früheren Postings beschrieben, das funktionierte wie immer. Da ich nur mit Handgepäck flog, war die Anreise- und Wartezeit gering und weil es sich um einen Billig-Urlaubsflug handelte, musste wir mit diesen elenden Bussen zum Flugzeug fahren. Egal.
Nicht ganz egal war mir die Ansage des Piloten, dass sich aufgrund von Flugzeugstau in der Luft unser Abflug um ca. 30 Minuten verspäten würde, „sofern wir nicht Glück haben und früher drankommen“.
Das Glück war uns schließlich hold und wir konnten tatsächlich wenige Minuten später abfliegen. Dank des Wassertricks (Leere Wasserflaschen durch die Kontrolle bringen, danach am WC mit frischem Wiener Wasser anfüllen) hatte ich auch was zu Trinken an Bord, bei der AUA bekommt man nur einen kleinen Becher Wasser und immerhin eine Mozartkugel, deren Verzehr ich mit dem Prädikat „unverzüglich“ weiterempfehle, sonst hat man nämlich immer Schokoladegatsch in der Hose oder sonstwo.

Nach Kalymnos kommt man nur mit der Fähre von Kos. Der Flughafen befindet sich nur ca. zehn Fahrminuten vom Hafen, wo ich ein Zimmer für eine Nacht gebucht hatte. Das geht heute alles problemlos online, in diesem Fall über booking.com und die Kommunikation mit dem Vermieter klappte über Whatsapp.
Nicht ganz so einfach ist der Transport. Der Bus vom Flughafen zum Hafen von Mastichari kostet zwar nicht viel, aber die Busfahrer sind mit den Taxifahrern verbandelt und scheuchen einen gerne vom Bus weg hin zu den Taxis – so ist das Rudi letztes Jahr passiert.
Ein Taxi zu bekommen ist aber auch nicht einfach, weil man sich ganz hinten in einer langen Schlange anstellen muss.
Ich wollte mir ein Taxi mit anderen teilen und ging daher die Schlange von vorne an durch mit der Frage, ob jemand zum Hafen fährt und weniger bezahlen möchte.
Kurze Zeit später hatte ich ein nettes junges Pärchen gefunden, die über die Kostenersparnis erfreut waren und außerdem noch das Nachbarzimmer in meiner Unterkunft hatten. In einer kleinen Taverne direkt am Strand, keine Gehminute vom Hotel, haben wir dann noch gemeinsam Abend gegessen und ich fand den Urlaubsauftakt absolut gelungen. Inklusive
Mythos-Bier und hervorragendem Tzatsiki.

Am nächsten Morgen zur Fähre gehen, ein Ticket um 8 Euro kaufen und eine Stunde Überfahrt genießen oder überstehen – je nachdem. Für mich war es durchaus Genuss, man hat die Auswahl zwischen Oberdeck mit Sonne bzw. etwas Schatten oder einem klimatisierten Salon. Alles verläuft ohne Hektik und die Fähre war pünktlich.

Am Hafen in Kalymnos erwartete mich Rudi mit seinem Motorroller. Das ist auf der Insel das perfekte Fortbewegungsmittel, außer man hat Kinder dabei oder extrem viel Gepäck zu schleppen. Die Kosten sind ebenso überschaubar (in meinem Fall 15 Euro pro Tag für eine brandneue Piaggio Liberty 125) wie die Administration. Führerschein vorzeigen, einen Wisch unterschreiben und losfahren – komplizierter wird es nur bei einem Unfall, den Rudi letztes Jahr leider hatte. Aber auch da war die Rollerrückgabe einfach, über die paar Kratzer wurde großzügig hinweggesehen und auch Rudis Rücktransport mit dem ÖAMTC-Schutzbrief war perfekt organisiert.
Den Verkehr kann ich am besten mit „südländisch-anarchistisch-entspannt“ beschreiben. Griechen haben fast ausnahmslos keinen Helm auf, traditionell auch bei schweren Maschinen. Die meisten Menschen haben aber Roller, fahren flott, aber nicht völlig verrückt. Schutzkleidung gibt es nicht, maximal einen Helm.
Ich hatte ordentliche Motorradhandschuhe und einen Nierengurt aus Wien mitgenommen, ausleihen könnte man sich das dort nicht. Den Leihhelm muss ich als besseren Witz bezeichnen, stürzen will ich mit sowas nicht. Beim Fahren habe ich außerdem die festen Wanderschuhe angezogen – besser als nix.

Roller.JPG

Bild: Bei einer Inselumrundung

Wir sind auf einer griechischen Insel, das ist die Erklärung für all das und noch viel mehr, etwa für die kreative Befestigung der Nummerntafel bei diesem Motorrad:

Blumen.jpg

Bild: Enduro vor Bougainville mit strafzettelreduzierender Taferlbefestigung

Wobei – die Rechnung geht für den Fahrer möglicherweise nicht auf, denn die Insel ist klein und wahrscheinlich kennt man sich sowieso.
Gestraft werden laut Rudi nur die Touristen, die im Ort Masouri gerne gegen die Einbahn fahren, wobei man zu ihrer Entschuldigung sagen muss, dass es keine Beschilderung gibt. Gelten tut sie trotzdem. Und die Einheimischen fahren sowieso gegen die Einbahn, was zu kurzen, aber gepflegten Staus und Schimpforgien führt, wobei sich in erster Linie die gegen die Einbahn Fahrenden aufregen, warum sie nicht weiterfahren können. Wir hatten bei solchen Szenen erste Reihe fußfrei in der Taverne.

Rudi fährt nach seinem Unfall dieses Jahr noch etwas vorsichtig, wir kamen ohne Probleme bis zu seiner Unterkunft, sehr nett gelegen mit Blick hinunter aufs Meer.

Balkon.jpg

Bild: Feiner Blick mit griechischer Flagge und Pinien.

Um dorthin zu kommen, muss man kleine, kurvige Straßen fahren. Ohne Roller oder Auto geht gar nichts. Für die Griechen ist das ganz normal und kein Problem, die Nachbarn fahren sogar die zwei Gehminuten hinunter zum Strand mit dem Motorroller. Vereinzelt gibt es zwar schon E-Autos, generell ist Umweltschutz aber eher ein Fremdwort. Es gibt keinerlei Mülltrennung und der Strom für die Insel kommt von einem Dieselkraftwerk.
Solarmodule gibt es nur vereinzelt und ich bin erstaunt, wie all die Klimaanlagen mit dem einen Kraftwerk betrieben werden können. Sollte es einmal eine Ölkrise geben, steht die Insel still.

oel.jpg

Bild: Ölhafen mit Tanklastern

Kraftwerk.jpg

Bild: Dieselkraftwerk

Immerhin müssen sie nicht von einem Tankschiff mit Wasser versorgt werden. Laut unserer Zimmerwirtin kommt es aus den Bergen, ist aber salzig.

Meine Fähre ging um 9 Uhr und nach einer kurzen Einkaufstour in den Supermarkt und der Abholung meines Leihrollers ging es zum ersten Kletterplatz, dem „Arginonta Valley“. Die Insel ist DAS Paradies für Sportkletterer und bietet über 5.000 gebohrte Routen. Die sind alle in einem dicken Buch verzeichnet und gut beschrieben. Dieses Buch ist sozusagen die Bibel und alle haben es. Wer will, kann sich alle Routen auch online ansehen, aber es gibt nicht immer überall Empfang und außerdem geht ein guter Teil der Einnahmen in die Pflege und den Ausbau der Routen.

Karte.jpg

Bild: Jedes Klettergebiet auf der Insel ist genau beschrieben, auch der Zustieg, der manchmal lange, steil und schwierig ist, oder aber nur wenige Minuten dauert, wie im erwähnten Arginonta Valley. Man fährt mit dem Roller oder Auto zum Beginn des Zustiegs und geht mit der Ausrüstung dann zum jeweiligen Klettergebiet. In diesem Fall heißt es „Secret Garden“ und hat Schatten ab ca. 10 Uhr. Das ist immer eine sehr wichtige Info, weil man in der Sonne im Sommer nicht klettern kann. Der Stein heizt sich auf und wird rutschig und außerdem ist es generell nicht aushaltbar.
Daher kann man manche Gebiete am Vormittag klettern und andere am Nachmittag.

Zustieg.jpg

Bild: Zustieg zu „Poets“, das am Vormittag bekletterbar ist. Oben sind mehrere Wände sichtbar und es geht steil bergauf. Jeder hat einen Kletterrucksack, in dem sich das Seil, die Expressen, der Gurt und die Kletterschuhe sowie noch jede Menge anderes Zeugs befinden.

Wenn man dann bei der Wand angelangt ist, schaut man sich im Buch an welche Route man klettern möchte. Es gibt so viele, dass immer genügend frei sind. Die Routen liegen oft nur 2 Meter auseinander und manchmal tummeln sich schon eine Menge Leute an und in der Wand.

Wand.jpg

Bild: Am Fuß einer Wand. Manche bereiten sich vor, andere klettern und werden von unten gesichert. Diese Wand heißt „Alani“ und hat relativ leichte Routen, die auch für Kinder geeignet sind.

Routen.jpg

Bild: Eine Seite aus dem Buch. Man sieht die Routen einer Wand. Als Info gibt es eine Nummer, einen Namen, den Schwierigkeitsgrad, die Länge und eine kurze Beschreibung der Besonderheit. Das ist sehr professionell aufgezogen.
Dieses Bild stammt vom Klettergebiet Noufaro, die Wand heißt „Noufaro Main“ und die Route, die ich geklettert bin, heißt „Via Vai“, ist eine leichte Traverse und eine „leichte 6a“. Mehr dazu später.

An diesem Nachmittag war alles neu für mich. Wir trafen uns mit Andrea, einem sehr netten Italiener, mit dem Rudi schon einige Tage lang geklettert war. Da ich ja nicht geplant hatte klettern zu gehen und das ja auch überhaupt nicht beherrschte, war ich in erster Linie Zuseher. Das fand ich aber durchaus interessant, in eine neue Welt hineinzuschnuppern. Die Klettercommunity ist ähnlich wie andere Sportgemeinschaften, etwa beim Flaschentauchen, Surfen, Fallschirmspringen etc.
Es gibt wie überall Fanatiker, Mitläufer, Angeber, Profis und noch vieles mehr. Sportklettern unterscheidet sich vom Alpinklettern erheblich. Kern dieses Sports ist das Besteigen von Routen, in der Halle oder eben wie hier auf Felswänden. Um das irgendwie schaffen zu können, muss man es lernen und das geschieht in erster Linie in der Halle beim „Bouldern“. Dort lernt man die Technik, also wie man den Körper richtig bewegt, dreht, verspannt und vieles mehr. Dabei gilt: Je besser die Technik, umso weniger Kraft braucht man.

Ich hatte noch gar keine Technik und dazu auch nicht die notwendige Ausrüstung. Rudi hatte aber einen zweiten Klettergurt und so durfte ich bei einer Route, die Rudi und Andrea vorher hinaufgeklettert waren, mein Glück versuchen.
Als Minimaltechnik reicht zu wissen, dass man (zumindest in den unteren Schwierigkeitsgraden) mit den Beinen steigt und die Hände nur zur Stabilisierung verwendet. Allein das bewirkt, dass man schon doppelt so weit kommt wie ohne diese Technik. Ich kletterte also unter Anweisung hinauf („da links ist ein Griff… nein, noch ein bissi weiter links… ja, sehr gut… und jetzt den rechten Fuß noch etwas weiter nach oben… genau!“) und schaffte immerhin ca. 70% der Route „Terra Nullius“, einer leichten 5a.

Ich muss jetzt ein paar Worte über das Sicherungsprinzip verlieren. Jede dieser Routen ist „gebohrt“, d.h. es sind in gewissen Abständen Stahlstifte in die Wand betoniert, an deren Ende eine Öse ist. Wenn der erste hinaufklettert (das nennt man den „Vorstieg“), hängt er sich mit dem Seil, das an seinem Klettergurt befestigt ist, über sogenannte „Quick Draws“ in die jeweils nächste Öse ein. Diese Quick Draws (auf Deutsch werden sie „Expressen“ genannt) bestehen aus zwei Karabinern, die mit einem massiven Kunststoffband verbunden sind.
Der Kletterpartner (oder die Partnerin) steht unten und hält das Seil möglichst straff. Wenn man hinunterfällt, dann maximal den Weg bis zur oberst eingehängten Öse und den gleichen Weg natürlich noch einmal.
Das Seil dehnt sich noch ein wenig und federt den Sturz zusätzlich ab. Das ist so ausgereift, dass es bei vielen Millionen Besteigungen auf Kalymnos in den letzten 15 Jahren nur einen einzigen tödlichen Unfall gab.

Beginn.jpg

Bild: Andrea sichert Rudi, der gerade Vorstieg geht und in diesem Moment zu einem Quick Draw greift, von denen er ausreichend viele am Klettergurt hängen hat, um bis nach oben zu kommen. Auf der Route daneben kämpft sich gerade ein Kind hinauf – es ist unglaublich, was die zu leisten vermögen. Sie sind meistens komplett angstfrei und viele entwickeln sich später zu hervorragenden Kletterern.

In meinem Fall war die Angelegenheit sogar noch einmal sicherer, weil ich nicht als Erster hinaufsteigen musste, sondern schon ein Seil hatte, das ganz oben („Top“) der Route in einen Karabiner eingehängt wurde. Ich konnte also gar nicht hinunterfallen, was mir das Gefühl kompletter Sicherheit gab. Daher konnte ich auch komplett angstfrei klettern. Das nennt man „Top Rope“-Klettern und es wird für Kinder verwendet und Anfänger wie mich.

4.jpg

Bild: Rudi sichert mich auf den ersten Metern – hier am Bild sind noch gut die Wanderschuhe erkennbar, mit denen ich die Route versucht habe.

Am Abend waren wir mit einer ganzen Gruppe aus Italien verabredet, das Lokal „Kokkinidis“ im Ort Masouri ist sehr empfehlenswert. Rudi und ich waren insgesamt vier Abende dort, das Essen war immer hervorragend und auch leistbar, wir zahlten zu zweit zwischen 45 und 60 Euro inklusive Getränk.

Feta.jpg

Bild: Gebackener Feta in Honig – köstlich!

Gruppe.jpg

Bild: Die nette Gruppe. Links Magdalena mit ihrem Mann Fabio (ihr Sohn Alessandro sitzt im Kinderwagen), meine Wenigkeit, die Freundin von Andrea, rechts hinten dann Andrea, Rudi, Alfredo, Adriana und Ferruccio. Bis auf die Freundin von Andrea und mich sind alle hervorragende Kletterer.

Am nächsten Tag gingen wir Kletterschuhe ausborgen, weil Rudi meinte, das wäre dann eine ganz andere Erfahrung für mich. 25 Euro für fünf Tage erschienen mir wohlfeil und so fuhren wir wieder ins Agrigonta Valley, um erneut unser Glück in den Routen zu versuchen.
Der Unterschied ist gewaltig. Mit den Schuhen war die Route vom Vortag nicht viel schwieriger als Stiegensteigen und so ging ich meine erste Route bis „zum Top“.

Noch ein paar Worte zu den Schwierigkeitsgraden: In Kalymnos wird die französische Skala verwendet, die von 1 bis 9 geht.
Bei 1 muss man das erste Mal die Hände verwenden, in Kalymnos wird ab 4 gezählt, alles darunter macht keinen Sinn im Sportklettern.
5 ist für Anfänger, wobei es dann überall noch die Unterscheidung in a, b und c gibt und manchmal kommt noch ein „+“ dazu.
Mit der Minimaltechnik lässt sich 5c meistens gerade noch schaffen, alles drüber hinaus nicht mehr.
Der Unterschied liegt in der Häufigkeit und Art der Tritt- und Griffmöglichkeiten. Ab 6 kommen dann noch Überhänge dazu. Wer 7 klettern kann, ist schon ziemlich gut, 8 ist nur mehr für sehr gute Kletterer und 9 lässt sich am besten mit „überhängende Rauhfasertapete“ beschreiben. Es ist mir rätselhaft, wie man da überhaupt hinaufkommen kann.
Kletterer kann man gut an ihren Händen erkennen. Die Knöchel sind deutlich verdickt und die Fingerspitzen sehen aus wie Kochlöffel – etwas übertrieben gesagt. Sie müssen sich mit den Fingern in und auf winzigsten Kuppen, kleinsten Leisten und wo auch immer festhalten. Die Kletterpatschen sind vorgespannt und unterstützen den Halt auf fast glatter Wand. Sie sind so eng, dass manche Kletterer sie beim Abseilen bereits lockern oder halb ausziehen. Meine waren glücklicherweise für Anfänger und im Vergleich noch einigermaßen bequem.

Hang.jpg

Bild: Ferrucio klettert Vorstieg an einem Überhang und wird von Adriana gesichert. Er ist ein unglaublich kräftiger Kletterer, Adriana hat dafür eine besonders gute Technik und steht ihm um nichts nach.

Ferro.jpg
Bild: Ferrucio hat den Überhang geschafft und klettert nun die Route weiter. Seine Hand ist weiß von der Kreide, die in dem Beutel hinten am Gurt zu finden ist und den Fingern mehr Halt gibt.

Gesichert wird mit einem Sicherungsgerät, das zugleich auch zum Abseilen verwendet wird. Am gebräuchlichsten ist das sogenannte „Gri Gri“ der Marke Petzl, das auch Rudi hat. Es ist sehr hochwertig, aber nicht ganz leicht zu bedienen. Für Routiniers kein Problem, ich musste aber ordentlich schwitzen, vor allem beim Abseilen, denn zwischen Stop und zu schnell ist nur ein winziger Bereich, in dem man den Hebel bedienen muss.

Start.jpg

Bild: Start zu einer Route. Die Sicherung des Seils am Gurt ist gut zu erkennen, auf der Matte für das Seil sieht man das kleine, orange Sicherungsgerät (aufgeklappt).

Ein letztes Wort zur Technik. Für mich war es besonders anstrengend Rudi beim Vorstieg zu sichern – eh nur bis Schwierigkeitsgrad 5, bei dem er nicht wirklich abstürzen kann. Der Grund liegt darin, dass ich ja ständig hinaufschauen muss, um ihm mehr Seil zu geben oder das Seil auf Spannung einzuholen. Nach einiger Zeit tut der Nacken dann schon ordentlich weh. Daher gebührt großes Lob dem Erfinder der Umlenkbrille, die man aufsetzt und die den geraden Blick nach oben hin umlenkt. Das ist sehr einfach und sehr entspannend.

Brille.jpg

Bild: Rudi mit Umlenkbrille. Die gibt es erst ein ein paar Jahren. Millionen Sportkletterer sind dankbar.

Da man auf der Insel sonst nicht viel machen kann, gingen wir halt jeden Tag klettern. Rudi war sowieso nur dafür auf Kalymnos und ich fügte mich dem Schicksal. Letztlich war das die richtige Entscheidung, denn es machte großen Spaß und ich konnte eine neue Sportart kennenlernen. Ob ich sie weiter pflegen werde, weiß ich noch nicht. Der nächste Schritt wäre ein Boulderkurs, um die Technik zu lernen.
Dafür spricht, dass der Sport sehr gesund ist, weil man immer den ganzen Körper trainiert. Dagegen spricht der Aufwand, der noch schwer abschätzbar ist. Regelmäßiges Training ist erforderlich, um halbwegs anspruchsvolle Routen klettern zu können.
Wobei – eine tolle Route hab ich auch geschafft, die schon erwähnte Via Vai mit Schwierigkeitsgrad 6a konnte ich bis zum Top klettern. Okay, es war eine eher leichte 6a mit nur zwei schwierigen Stellen, aber trotzdem, das Gefühl so etwas geschafft zu haben, war schon toll.

13.jpg

Bild: Ich in einer 6a („Mostass“), die ich allerdings nicht bis ganz nach oben geschafft habe, auch weil dort oben ein Hornissennest war. Eine aus dem Schwarm hat mich in die Schulter gestochen und dann habe ich die Route abgebrochen. Ganz oben im Bild unter dem Überhang Fabio, der die Route daneben bis oben geklettert ist.

Rudi klettert seit 18 Jahren und ist ziemlich gut, er schafft Routen bis 7c, je nach Form. Der Fels auf Kalymnos ist hart und sehr gut zu klettern. Es gibt scharfe Stellen und sogenannte „Tuffa“.

Rudi.jpg

Bild: Rudi klettert eine schwierige Route mit sogenannten „Verschneidungen“, die er zwar kann, aber nicht besonders gern mag. Hier braucht man eine Mischung aus guter Technik und Kraft, sonst geht nicht viel.
Die Routen an dieser Wand sind unterschiedlich schwer, viele davon ordentliche Knacker.

Namen.jpg

Bild: Am Fuß der Wand steht jeweils der Name und meistens auch der Schwierigkeitsgrad der Route. Diese hier sind auch für gute Kletterer echt schwer.

Einziger Wermutstropfen dieses Urlaubs war ein enormer Sonnenbrand am Rücken, den ich mir beim Klettern geholt habe. Wahrscheinlich wäre er nicht so schlimm geworden, wenn ich nicht schon mit einem noch nicht abgeheilten Sonnenbrand aus Kroatien (das Wochenende davor) gekommen wäre.
Trotz langem Hemd, breitkrempigem Hut etc. erwischte es mich. Ähnlich wie in Kroatien hatte ich total aufgepasst und erst die Italiener klärten mich auf: Es ist die Reflexion vom Meer, die so brutal wirkt. Ich wusste das nicht, es erklärt aber sowohl den Sonnenbrand aus Kroatien wie auch den auf Kalymnos. Obwohl das Meer oft ein paar hundert Meter von den Kletterwänden entfernt ist, wirkt es sich stark aus. Die Wände sind zwar im Schatten, das nützt aber nur bedingt, Einschmieren mit hohem Sonnenschutzfaktor ist unabdingbar.

Schatten.jpg

Bild: Eine Wand im Schatten, das Meer weit weg – alles nutzlos

Auch sehr nett war eine Runde um die Insel mit dem Motorroller. Da Kalymnos recht klein ist, kann man das in zwei bis drei Stunden bewältigen.

Runde.jpg

Bild: Rudi mit seinem Roller auf dem Pass zwischen Arginonta-Tal und Vathy-Tal. Er hatte nach seinem Unfall doch etwas Angst vor den Straßen, die er als rutschig erlebt hat. Ich kann das nicht bestätigen, der Asphalt war überall sehr griffig, die Unebenheiten halten sich in Grenzen, die Insel lässt sich mit dem Roller gut befahren.

Da und dort lässt sich ein kleiner Abstecher in eine Bucht machen, nicht immer ist der Anblick dort nur malerisch.

Dreck.jpg

Bild: Die Menschen werfen ihren Dreck einfach ins Meer. Der Großteil besteht aus Wasserflaschen und anderem Plastik. Die Strände sind allerdings nicht so verschmutzt wie an anderen Küsten, zumindest nicht mit großem Unrat, das Mikroplastik ist ja nicht so einfach festzustellen.
Die meisten Badebuchten sind aber ganz nett und das Wasser ist sehr klar.

Bucht.jpg

Bild: Badebucht hinter Emporion mit ein paar Segelschiffen.

Wie schon gesagt, ist die ganze Insel mehr oder weniger kahl. Die einzigen nennenswerten Bäume sind im Vathy-Tal in Form von Olivenplantagen. Ansonsten gibt es Buschwerk und Gestein, somit ist auch wenig Landwirtschaft möglich, dafür gibt es Ziegenherden, aber auch die in nicht allzu großer Zahl.

Vathy.jpg

Bild: Das Vathy-Tal, immerhin ein wenig fruchtbar.

Auf unserer Rundfahrt haben wir auch Fischzucht entdeckt. Und der Hafen von Vathy ist wirklich malerisch. Dort gibt es noch alte Fischerboote und kleine Tavernen.

Hafen.jpg

Bild: Hafen von Vathy mit Fischerbooten

Am Abend des vorletzten Tages sind wir dann einer weiteren Empfehlung gefolgt und ins Psiris gegangen. Diese Taverne erfüllt alle Klischees, die man sich nur vorstellen kann: Direkt am Hafen, alles in den Farben blau und weiß gehalten, eine resolute Kellnerin und eine Art alter Seebär, der jedem Gast auf die Schultern klopft.

Psiris2.jpg

Bild: Psiris, wie aus einem Prospekt

Das Essen entsprach auch genau unseren Erwartungen: Günstig und gut. Wir aßen als Spezialität des Tages ein Menü aus Vorspeise (Oktopusbällchen und Tsatsiki) danach jeder eine Dorade plus einen Griechischen Salat, dazu gab es einen halben Liter Wein sowie Wasser und Brot.

Wein.jpg

Bild: Unsere Vorspeise. Im Hintergrund ist keine Fototapete, das ist der echte Sonnenuntergang.

Das alles um ca. 40 Euro. Und sie stellten uns dann noch eine Karaffe Wein gratis dazu. Das Lokal war vor allem von Griechen besucht. Etwas später kam noch ein Pope mit Anhang, Kinder spielten zwischen den Sitzen und wir hatten nicht den Eindruck, dass man darauf wartet, dass der Tisch für die nächsten Gäste frei wird. Es war ein sehr gemütlicher Abend zum Sitzenbleiben und noch ein Achterl griechischen Wein trinken. Oder einen Ouzo zum Abschluss.

Pope.JPG

Bild: Der griechisch-orthodoxe Priester

Klettern, Essen, Schlafen – so verliefen letztlich die Tage. Auch der letzte Abend war erfreulich, uns wurde die „Ägaische Taverne“ empfohlen, wie die meisten Lokale liegt sie an der Straße durch Masouri – der schon erwähnten Einbahn. Die ist tagsüber, vor allem aber am Abend sehr belebt, in erster Linie von Touristen. Man kann meistens nur in Schrittgeschwindigkeit durchfahren, was aber auch nur wenige Minuten dauert. Dort liegen auch die Sportgeschäfte für die Kletterer, es gibt jede Menge Hotels und Pensionen, in gewisser Weise ist das der Hotspot der Insel. Neben Vathy und Kalymnos als namensgebender Hauptort gibt es auf der Insel nur mehr einige sehr kleine Orte. Ohne Tourismus gäbe es auf der Insel eigentlich gar nichts, bis auf ein paar Fischer und einige Ziegenhirten.
So wird es von abertausenden Kletterbegeisterten jedes Jahr aufgesucht – Nicolo und Chiara sind Kletterlehrer aus Bologna, das Pärchen ist schon das neunte Mal auf der Insel und sie werden wohl auch in Zukunft wieder herkommen. Da es im Sommer nicht regnet und die Felsen auch durch die Klimakrise nicht kaputt gehen, dürfte die Situation auch die nächsten Jahrzehnte stabil bleiben, da der Klettersport nicht besonders teuer ist: Die gesamte Ausrüstung lässt sich mit weniger als tausend Euro besorgen und die Kletterrouten sind – zumindest bisher – gratis. Es gibt zwar in Europa Klettergärten, für die man Eintritt bezahlen muss, aber immer genügend kostenfreie Alternativen. Seile, Schuhe und andere Verschleißteile müssen von Zeit zu Zeit erneuert werden, die Kosten sind aber im Vergleich mit anderen Sportarten wie Skifahren, Tauchen oder Golfspielen gering.

Wie wird es weitergehen? Hoffentlich werden die Griechen in den nächsten Jahren auch die Notwendigkeit des Umweltschutzes entdecken und vor allem ihre Energieversorgung sowie Mobilität entsprechend verändern. Technisch ist das alles bereits ausgereift, es fehlt am Bewusstsein und in Folge am politischen Willen.
Dann steht einer guten Zukunft nichts entgegen, auch für die Insel Kalymnos, diesem durchaus sympathischen Steinhaufen.

Zurück zum letzten Abend. Wir hatten glücklicherweise am Vortag reserviert, die Ägaische Taverne ist extrem gut besucht. Hier merkt man den Versuch der Transformation, weg von der klassischen griechischen Taverne hin zum Nobellokal. Glücklicherweise ist das noch nicht ganz gelungen, aber im Gegensatz zum Vortag hatten wir hier nicht das Gefühl verweilen zu wollen. Das Essen war hervorragend, Rudi hatte Fisch, ich Lammkoteletts. Das Tsatsiki davor war reichlich und das Beste, das ich seit vielen Jahren bekommen hatte.
Über die Plastikblumen und den fast echten Olivenbaum muss man hinwegsehen, die Bedienung war höflich und freundlich.

Taverne.jpg

Bild: Die Ägaische Taverne, nicht mehr in blau-weiß, sondern mit etwas moderneren Möbeln, dafür fast doppelt so teuer wie das Psiris. Trotzdem waren die 80 Euro für zwei Personen noch im Rahmen eines guten Preis-Leistungsverhältnisses.

Am nächsten Tag gingen wir noch einmal klettern, ich brachte Leihschuhe und Leihroller zurück und Rudi führte mich zur Fähre. Für die Rückreise habe ich noch einen kleinen Tipp: Wenn man auf Kos ankommt, kommt man am Anfang des Piers zu einem Kreisverkehr. Dort fahren nicht nur die Taxis ab, es gibt auch einen Bus zum Flughafen, der statt 20 Euro nur 2,60 kostet und genauso schnell ist. Die Abfahrtszeiten variieren zwar ein wenig und es kommen viele Busse vorbei, der richtige hat aber (auch) „Airport“ auf seiner Anzeigetafel stehen. Für das übrige Geld kann man in einer der beiden Tavernen noch einen Abschiedsdrink nehmen.
Unser Rückflug startete pünktlich und so ging ein interessanter Urlaub gut zu Ende.

Telendos.jpg

Bild: Die kleine Nachbarinsel Telendos in der Abendsonne.

Lovely Days – Das Festival 2006 und 2025

Es ist erstaunlich, wie stark meine Erinnerungen an das erste Lovely Days Festival 2006 noch ist. Immerhin ist das schon 19 Jahre her.
Damals fand es im VAZ in St. Pölten statt, direkt neben der Traisen, und es waren zwei heiße, wunderschöne Sommertage. Das Lineup war großartig, Brian Ferry als Höhepunkt des ersten Tages war großartig, am zweiten Tag dann Billy Idol, gefolgt von The Who.
Wir waren eine große Partie, mein Bruder mit dem Wohnwagen und ich bin mit der Vespa hinausgefahren. Mit Parka, damals schon Alt-Mod, aber was für eine Gelegenheit!

Es gab eine Art Woodstock-Atmosphäre, manche Besucher badeten nackt in der Traisen, verliebte Pärchen, entspannte Stimmung und großartige Musik.
2006 hatte ich noch kein Weblog, daher darf ich hier einen kleinen Rückblick machen.

DAS ERSTE LOVELY DAYS 2006

Days.jpg

Bild: Blick in der Abenddämmerung auf die Bühne

Busse.jpg

Bild: Die Campingbusse könnten tw. schon in Woodstock gestanden sein. Okay, genau genommen nur der gelbe T2

Es war das einzige Mal, dass das Festival zwei Tage lang dauerte, am 21. und 22. Juli waren insgesamt 20.000 Menschen dort.
Ich erinnere mich noch, dass es sehr heiß war und die Leute mittels Schläuchen mit Wasser gekühlt wurden – zumindest die, die vorne standen.
Der Preis war damals 99 Euro für beide Tage – so viel zahlt man heute für einen Tag – allerdings war damals das Camping inkludiert, heute kostet das – in unserem Fall – 40 Euro extra.
Dies war das Line-up:

Freitag

13.15 Ten Years After
14.30 Canned Heat
15.50 The Stranglers
17.30 Donovan
19.10 Bap
20.55 Robert Plant
23.00 Roxy Music Feat. Bryan Ferry, Phil Manzanera, Andy Mackay, Paul Thompson

Samstag

13.15 Country Joe McDonald
14.30 Iron Butterfly
15.50 Willi Resetarits & Die Extracombo
17.20 Manfred Mann’s Earth Band
19.05 Gary Moore
20.55 Billy Idol
23.00 The Who

Was für eine irre Mischung – darunter diverse Bands, die tatsächlich in Woodstock gespielt hatten, oft allerdings nicht mehr in der Originalbesetzung, schließlich war es ja schon 37 Jahre her. Aber alleine Canned Heat und Country Joe McDonald zu erleben war es wert, dorthin zu fahren.
Ich erledigte das stilgerecht mit der damals noch recht neu aufgebauten Vespa Sprint.

Vespa.jpg

Bild: Mit Parka auf der Vespa

Wir hatten jede Menge Verpflegung mit und da der Campingplatz gleich neben dem Festivalgelände war, konnte man in den Pausen das eigene, gute Bier trinken.
Ich kann mich nicht an alle Gruppen wirklich erinnern, aber wir haben uns fast alles angesehen. BAP passten zwar – historisch gesehen – eigentlich überhaupt nicht hinein, Willi Resetarits auch nicht, aber sie waren trotzdem großartig.

Mann.jpg

Bild: Manfred Mann´s Earth Band

Joe.jpg

Bild: Country Joe McDonald

Iron1.jpg

Bild: Iron Butterfly – damals gab es schon die ersten Grauhaarigen

Iron2.jpg

Bild: Iron Butterfly – Nostalgie, aber immer noch guter Rock

Markus.jpg

Bild: Links Alex, rechts Markus – Festivaljunkies

Highlight am ersten Tag war eindeutig Bryan Ferry, den ich mit ziemlich harter Rockmusik nicht so in Erinnerung hatte – in den 1980ern war er eher für Schmusesongs bekannt.

Da wir alle am zweiten Tag nicht viel zu tun hatten und es wirklich sehr heiß war, beschloss ich einen kleinen Vespa-Ausflug zur Traisen. Das waren nur ein paar hundert Meter, aber ich musste durch eine Siedlung durchfahren und hatte nur eine Badehose an. Hätte mich dort die Polizei aufgehalten, wäre der alte Spruch „Schau i aus als ob i an Ausweis mit hätt?“ angebracht gewesen.

Baden.jpg

Bild: Viele junge Leute baden in der Traisen. Viel war an diesen Tagen nicht erlaubt, die Polizei drückte jedenfalls ein Auge zu

Es war an dem Tag aber alles extrem entspannt, die Traisen kühl bis kalt und die perfekte Erfrischung.
Mein Bruder war mit dem Wohnwagen da und hatte noch ein großes Vorzelt, die Freundespartie aus Klosterneuburg war ebenfalls gut ausgestattet und so ließ es sich aushalten, mit gut gekühlten Getränken und Grillfleisch.

Grill.jpg

Bild: Die Vegetarier dürften daheim geblieben sein

Wagen.jpg

Bild: Auf so einem Festival ist ein Wohnwagen natürlich unglaublich praktisch. Selbst in der prallen Sonne lässt es sich mit einem Vorzelt gut aushalten, vor allem, wenn dahinter der Kühlschrank zu finden ist

Zelt.jpg

Bild: Das klassische Festival-Bild, mit Tschik, Bierdosen und guter Laune

Peters.jpg

Bild: Links der 2022 verstorbene Peter Bachmann, einer meiner besten Freunde. Rechts daneben mein Bruder Peter mit kühlendem Handtuch am Kopf. Es war, wie schon geschrieben, sehr heiß.

Uschi.jpg

Bild: Noch einmal Peter, daneben Uschi, damals wie heute eine echte Festival-Prinzessin

Auch die Gruppen am zweiten Tag waren großartig, gut in Erinnerung ist mir noch Billy Idol, der damals fast nur Haut und Knochen war, aber wie ein Irrer auf der Bühne herumsprang und akrobatische Einlagen lieferte.
Höhepunkt war aber naturgemäß The Who, für die waren wir alle dort, die wollte ich wieder einmal sehen, die kommen nicht oft nach Österreich und schon gar nicht auf so ein Festival.

Pete.jpg

Bild: Pete Townshend rechts, Roger Daltrey links

Roger.jpg

Bild: Roger Daltrey
Am nächsten Morgen lagen zwar überall noch Alkoleichen herum, ich beschloss aber bald nach Wien zurück zu fahren. Dummerweise sprang die Vespa nicht an und als ich fluchend den Fehler suchte, kamen Freunde ohne Zahl und versuchten mir zu helfen.

Mods.jpg

Bild: Unsere Mod-Vergangenheit lässt sich nicht leugnen, wobei die Parkas haben wir nur wirklich sehr kurz angezogen, genau genommen nur für das Foto.

Irgendwie fanden wir das Problem und ich machte mich auf den Heimweg.
Ungefähr zehn Kilometer nach St. Pölten dann ein lauter Knall und der Motor war aus. Ich war not amused, es war schon wieder heiß und ich wollte einfach nur nach Hause. Also Seitenbacke runter und dann sah ich schon die Bescherung: Die Zündkerze war nicht mehr dort, wo sie sein sollte, dafür hatte ich eine Beule in der Backe.
Damals war ich „zangelmäßig“ noch nicht so versiert wie heute und rief daher Hannes an, der mir die Vespa aufgebaut hatte. Der ging sogar ans Telefon und konnte mich schon kurz danach beschwichtigen.
Was war passiert? Als hundert Köche den Brei verdarben, hatte ich zwar die Kerze wieder hineingeschraubt, aber in der Ablenkung vergessen sie festzuziehen. Bei der Fahrt drehte sie sich dann Stück für Stück raus, bis der letzte Gewindegang erreicht war, dann schoss der Druck des Kolbens die Kerze raus.
Ob ich damit heimfahren könnte, war meine Frage an Hannes. Er meinte, wenn das Gewinde vom Zylinderkopf nicht kaputt ist, brauche ich die Kerze nur wieder hineinschrauben und dann weiterfahren.
Genauso war es auch und so ging das Festival noch versöhnlich zu Ende.

2007 war ich dann noch einmal am Lovely Days in St. Pölten, dann wurde es nach Wiesen verlegt, das auch ein sehr feiner Ort für dieses Festival war.
Ich war ein paar Mal dort, einige Jahre auch nicht, bis es endgültig nach Eisenstadt abwanderte. Dort hatte ich mehrere Jahre hintereinander geplant hinzufahren, liebe alte Freunde zu treffen um mir zum fünften Mal Ten Years After anzuhören.

An Wiesen habe ich noch eine Szene in Erinnerung: Ich liege auf einer Decke irgendwo auf der Wiese, neben mir ein gutes Bier, über mir ziehen Schäfchenwolken und Uriah Heep spielen „Free me“ („So long, Easy Rider, I´m gonna miss you for a while…“).
Das wird für mich immer das Bild vom Lovely Days bleiben.

In Eisenstadt war ich fast zehn Jahre dann doch nicht dabei. Bis heuer. Aber das ist schon die nächste Geschichte.

LOVELY DAYS 2025

Mein Bruder hat einen neuen alten VW-Bus T3 und das ist doch eine gute Gelegenheit wieder einmal auf ein Lovely Days zu fahren.
Diese klassischen Rock-Festivals gibt es inzwischen immer seltener, auch weil sich die klassischen Rock-Bands schon längst aufgelöst haben oder nur mehr in Fragmenten vorhanden sind.
Die neuen Musikgruppen sind ganz anders, oft von Profis entworfen wie die Boygroups in den 1990ern.
Die Art der Musik hat sich natürlich stark geändert, von Rap über Hiphop bis zu modernen, glattgeschliffenen Popsongs ohne Kanten und Charakter, vergleichbar mit dem Heineken oder Corona, die mit Bier nichts mehr zu tun haben, dafür aber überall getrunken werden.

Dagegen ist nichts zu sagen, es ist aber eine andere Welt. Am Lovely Days gibt es diese Welt noch, auch wenn sie inzwischen grauhaarig geworden ist.
Die anderen beiden Oldie-Festivals im Schlosspark Esterhazy heißen „Butterfly Dance“ (Soul, Funk, Reggae, HipHop, Jazz) und „Remember Forest Glade – when we were wild and young” (90er-Jahre Gruppen) und haben ein ähnliches Publikum.
Dieses ist mitgealtert, da und dort konnte ich aber auch die nächste oder übernächste Generation sehen. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass die meisten Besucherinnen und Besucher Großeltern waren.
Warum auch nicht, die sind oft zahlungskräftig und so ein Festival geht ins Geld.
Dafür wird ja auch einiges geboten. Es gab ausreichend WC-Anlagen (leider die Plastikklos, diesmal in der ungarischen Ausführung) und Fress-Standln mit dem üblichen Angebot. Umweltschutz hat sich als Thema insofern durchgesetzt, als die Plastikpfandbecher inzwischen Standard sind. Es ist sowieso verboten irgendeine Form von Essen oder Trinken ins Gelände mitzunehmen, man wird ausgiebig durchsucht. Ich schätze, ein Packerl Mannerschnitten würden noch durchgehen, sonst aber nichts.

Essen.jpg

Bild: Die klassischen Fress-Standln

Das ist einerseits verständlich, denn die Gastronomie will auch Geld verdienen, andererseits natürlich ärgerlich, weil normales Leitungswasser bekommt man nur in Plastikflaschen und an heißen Tagen geht das ordentlich ins Geld.
Wenn einem das ausgeschenkte Bier nicht schmeckt (ich trinke z.B. kein Villacher, andere mögen kein Ottakringer), dann kann man noch Wein trinken, dort wird aber auch das billigste Zeug ausgeschenkt, denn die meisten Menschen ordern Spritzer und es ist ihnen vollkommen egal, was da drin ist. Die Gastronomie will wiederum ihren Profit maximieren und kauft daher automatisch den billigsten Wein ein, den sie finden kann. Da es noch dazu keinerlei Verpflichtung gibt die Herkunft anzugeben und das Ausschankpersonal verständlicherweise keine Ahnung hat, was sie da ausschenken, ist die Sache ziemlich klar: Es gibt Rotwein und Weißwein, basta.
Als Camper hast du immerhin die Wahl zwischen den Auftritten zum Campingplatz zu gehen und dort dein eigener Gastronom zu sein.
Wir hatten gutes Bier in gut gekühlten Flaschen und es gab Käsekrainer mit Erdäpfelsalat. Da wir nicht wegen jedem Bier rauf- und wieder runterrennen wollten, konsumierten wir auch im Gelände, ich finde diese Mischform ganz praktisch.

Camping.jpg

Bild: Um 13 Uhr eingetroffen, da ist genug Zeit um den Bus ordentlich hinzustellen und sich ein erstes Festival-Bier aufzumachen

Der Campingplatz ist ein alter Sportplatz und hat immerhin Plastikklos zu bieten. Als wir ankommen, sind die meisten schon da. Wir finden aber einen guten Platz, wobei das ziemlich egal ist, der Platz ist ja nicht groß und eine Wahl zwischen Schatten und Sonne gibt es nicht. Die meisten Camper sind mit Wohnmobilen da, einige auch mit Auto und Zelt. Ältere Pärchen haben aufgebaut als wollten sie einen ganzen Monat bleiben, uns gegenüber hat eine lustige Steirerpartie ein großes Hauszelt aufgestellt, unter dem sie sich schon am frühen Nachmittag ein gepflegtes Besäufnis geben.
Sie sind aber alle entspannt und nett und ich darf mir ein Ladegerät für das Handy ausborgen.
Camper wissen, dass sie sich arrangieren müssen, man ist sich platzmäßig ja sehr nahe. Kleine Unstimmigkeiten („da kannst di net hinstellen, da kommen wir ja nimmer raus“) werden schnell beseitigt und es geht generell sehr friedlich zu.

Mein Bruder hatte die Gelegenheit einen sehr gut erhaltenen VW T3 zu kaufen und diesen probieren wir jetzt aus. Conclusio: Er ist immer noch sehr praktisch, keine Rakete, aber gemütlich und robust. Das gleiche Modell (nur Afrika-tauglich mit Allrad) holt mein Bruder gerade aus Kenia zurück, wo der brave Bus 38 Jahre lang gute Dienste geleistet hat.

Bus.jpg

Bild: Der Bus, gut ausgestattet und mit praktischem Schlafdach

Es gibt Camper von ganz winzig bis riesengroß, vom schwarz angesprayten Bus bis zum weiß blitzenden Luxuswohnmobil.

Zurück zum Festival. Hier ist das Lineup:

Lineup.jpg

Bild: Lineup mit Zeiten

Mein Bruder bleibt noch ein wenig beim Bus, während ich hinunter zum Festivalgelände gehe, um mir ein wenig Harri Stoja anzusehen. Es ist superheiß und es gibt dort nur für die ersten 30 Gäste den Schatten, den das Bühnendach spendet. Harri spielt wirklich gut, ich bleibe trotzdem nicht allzu lang, die Sonne knallt einfach zu stark runter.

Harry.jpg

Bild: Harri Stojka

Das Gelände im Eisenstädter Schlosspark ist gut geeignet, riesig groß und leicht ansteigend. Es gibt vorne einen reinen Stehbereich, durch den quer ein kleines Biotop verläuft, das mit Gittern abgesichert ist.
Dahinter gibt es den Deckenbereich, wo man sich mit Freunden und Bier hinknotzen und der Musik lauschen kann. Großteils gibt es auch noch gute Sicht auf die Bühne, wobei die beiden Videoleinwände eine große Hilfe sind, eh wie bei allen Konzerten, wenn man nicht ganz vorne steht. Die gibt es ja inzwischen seit über 30 Jahren, sie sind aber besser und größer geworden.

Platz.jpg

Bild: Das Festivalgelände mit Bühne und Videowalls

Im Deckenbereich geht es zu wie in Caorle am Strand. Man findet einen Platz und reserviert ihn sich mit einer Decke. Dieser Bereich ist auch noch ausgeschildert und umrahmt, es geht also ganz geordnet zu. Mich als alten Gruppendynamiker interessiert sowas, denn das ist in dieser Form erst entstanden. In Wiesen hat noch jeder irgendwo seine Decke aufgelegt, hier muss alles auf den Meter genau geordnet sein. Weiter vorne sind Decken verboten – wahrscheinlich ist das irgendwann ausgeartet und hat zu Konflikten geführt.
Am schlechtesten haben es eigentlich die Sitzplatzgäste erwischt. Die Tribüne ist voll in der Mittagssonne und sie haben dafür 150 Euro gezahlt. Die Tribüne ist auch nicht gut besucht, zumindest jetzt unter Tags noch nicht.

teuer.jpg

Bild: Tribüne in der prallen Sonne

Im hintersten Bereich geht es am lockersten zu, da haben alle viel Platz, es gibt da und dort einen Baum und es geht eher zu wie im Schwimmbad, Kinder laufen herum und irgendwo weiter unten spielt Musik.

Viele Gäste haben schlauerweise Strohhüte auf, was gut gegen die Sonne hilft und trotzdem luftig ist. Mein Bandana tut es auch, manche schlauen Leute waren früh dort und haben sich einen der wenigen Schattenplätze unter den wenigen Bäumen geschnappt.
Von The Doors Alive sehen wir nur die letzten drei Nummern, The Sweet sehe ich mir dann gemeinsam mit meinem Bruder komplett an, wir finden einen Halbschattenplatz am Rand und machen es uns gemütlich. Den Deckenplatz, den ich ursprünglich hatte, geben wir wieder auf.
Jede dieser alten Bands hat noch ein Urspungsmitglied, meistens ist es der Gitarrist. Die sind alle schon in die Jahre gekommen, bei The Sweet ist es Andy Scott als einzig noch Lebender, die anderen, derzeitigen Bandmitglieder sind halb so alt.

Sweet.jpg

Bild: The Sweet spielen, es ist früher Nachmittag, die Stimmung ist gut

alt.jpg

Bild: Andy Scott

Die alten Nummern (natürlich inkl. Ballroom Blitz) klingen wie früher oder fast wie früher. Bei all diesen Bands wurde dafür gesorgt, dass die Nachfolgenmitglieder ungefähr so spielen wie ihre Vorgänger. Das klappt eigentlich überall ganz gut, The Sweet zuzuhören macht durchaus Spaß, klingt aber natürlich immer nach Vergangenheit, Jugend und den unbeschwerten Tagen, denen man melancholisch ein wenig nachtrauern darf, während die Haare auf der Bühne und im Publikum jedes Jahr grauer werden.

In einigen Jahren wird das alles komplett zu Ende sein, auch die letzten Gründungsmitglieder aller alten Bands werden in Pension oder gestorben sein, die Bands werden sich sinnvollerweise auflösen und die klassische Rockmusik wird nur mehr über den Lautsprecher hörbar sein.
So ist es halt, aber mich interessiert trotzdem, warum diese Zeit so abgeschlossen erscheint. Es waren etwas mehr als zwei Jahrzehnte, von 1962 bis 1985, danach kam nichts mehr. Scheinbar ist diese Art der Musik ein Kind ihrer Zeit, als die E-Gitarren und Verstärker erfunden wurden und die Musik sich vom Rock´n Roll, Blues und Folk weiterentwickelte.

Natürlich haben die Bands auch damals schon von alten Nummern da und dort abgekupfert, aber der Großteil wurde neu komponiert, entwickelt, erfunden, erschaffen. Das war auch in der Elektronikmusik der 1980er ähnlich, wenngleich hier die Synthesizer schon einiges an Kreativleistung ersetzten. HipHop und Rap waren auch noch eigenständig und neu, danach jedoch kann ich mich nicht erinnern, substanziell Eigenständiges gehört zu haben.
Die Rolling Stones oder The Who waren keine am Papier konzeptionierten Bands, sondern da haben sich Musiker gefunden und gerockt.
Alle heutigen Rockbands klingen entweder nach gestern oder belanglos. Das werden junge Menschen wahrscheinlich anders sehen, aber ich kann das Neue halt nicht erkennen. Vielleicht wird eine der neuen Rockgruppen auch in fünfzig Jahren noch auf der Bühne stehen, ich kann es mir halt nicht vorstellen.
Inzwischen gibt es die erste komplett virtuelle Band. Die Musiker sind im (oder vom) Computer generiert, ihre Musik ebenfalls und sie haben hohe Zugriffsraten im Internet. Das mag mögen, wer will.

Mothers Finest haben wir uns nur zum Teil angehört, bei Slade ist der einzige noch aktive Musiker aus der Originalbesetzung Dave Hill, grauhaarig und bald seinen achtzigsten Geburtstag feiernd. „Cum on feel the noize“ durfte nicht fehlen.

decke.jpg

Bild: Suchbild: Wer findet meinen Bruder Peter? (Auflösung: Das ist der Blick vom Schotterweg in den obersten Bereich. Mein Bruder knotzt direkt vor dem kleinen Baum in Bildmitte auf einer Decke.

Baum.jpg

Bild: Jetzt liege ich unter dem Baum auf der Decke und schaue in den blauen Himmel mit Schäfchenwolken – ähnlich wie vor vielen Jahren beim Lovely Days in Wiesen

hinten.jpg

Bild: Hinter einem Schotterweg beginnt der hinterste Bereich, wo jede Menge Platz ist und auch das nächste Getränkestandl ist nicht weit.

Bei Melissa Etheridge waren wir bereits im hintersten Bereich, aber irgendwie noch weit genug vorne, um die Show gut mitzuerleben. Ich ergatterte sogar einen Platz in einer der wenigen Hängematten, die dort vorzufinden waren.

liegen.jpg

Bild: Ich liege in der Hängematte und schaue Melissa Etheridge. Das Leben ist schön an diesem Abend

„Bring Me Some Water“ als Highlight, aber die ganze Show war kraftvoll und engagiert, kurz ihr Geld wert.
Manche der Bands haben sogar kürzlich erst ein neues Album herausgebracht, aber nichts davon ist wirklich interessant, außer für eingefleischte Fans der jeweiligen Gruppe.
Die Leute wollen die alten Hits hören, sonst nichts.

Billy2.jpg

Bild: Um 23 Uhr beginnt Billy Idol

Das gilt natürlich auch für Billy Idol, den Höhepunkt des Festivals, der wie alle anderen pünktlich begann.
Das ist das Wesen dieser Festivals: Pünktlich beginnen, zwischen 70 und 90 Minuten spielen, dann Umbaupause. Da gibt es keine Zugaben oder maximal eine, alles ist durchgeplant.

Billy.jpg

Bild: Billy in Action

Bei Billy war interessant, wie er sich verändert hat. Vor 19 Jahren war er ein kraftvoller, wilder Hund, scheinbar noch in einer Drogenphase, daher Haut und Knochen.

Billy4.jpg

Bild: Billy 2025

Diesmal langsamer, klarerweise nicht mehr so kräftig, routiniert und mit Botox unter der Haut oder zumindest dem einen oder anderen Lifting.
Der Hauptfaktor war für mich die Nostalgie, keine Frage. Musikalisch gibt es natürlich ein bemüht, aber irgendwie ist es auch ein trauriger Abgang, der sich da vollzieht. Sein Gitarrenkollege Steve Stevens spielte eine ganze, verdächtig lange Akustiknummer, während Billy wahrscheinlich Erholung nötig hatte.

Billy3.jpg

Bild: Steve Stevens beim Solo

Für sein Alter spielte Billy aber alle Nummern noch sehr anständig runter – von „Mony Mony“ über „White Wedding“, „Eyes Without A Face“ bis zu „Hot In The City“ war alles dabei, was wir früher gerne hörten.

Und so ist es auch eine halbe Stunde nach Mitternacht mit der letzten Nummer einfach zu Ende, die Leute verlassen schnell das Gelände, unter Tags mussten eine Handvoll Medizinfälle versorgt werden, die meisten wegen der Kombination aus Sonne und Alkohol.

Ansonsten war alles friedlich, routiniert und nett. Es war gut, dort gewesen zu sein. Ob ich mir noch weitere Lovely Days ansehen werde, hängt vom Zufall ab. Ich fürchte, die wirklich interessanten Gruppen habe ich bereits abgefrühstückt. Aber wer weiß, vielleicht taucht noch der eine oder andere Grauhaarige auf, den ich mir gerne ansehe.

Künstliche Intelligenz oder die Rechenleistung einer Maschine?

Gleich vorweg meinen Dank an Christian Pohl, der mich auf Fehler bzw. fehlende Elemente in diesem Artikel hingewiesen und freundlicherweise auch gleich die Elemente mitgeliefert hat.

Die Ursprünge der „KI“ lassen sich mindestens 250 Jahre zurückverfolgen, als 1769 am kaiserlichen Hof von Maria Theresia eine Maschine vorgestellt wurde, die Menschen im Schach besiegen konnte. Es war eine Art Blechroboter, dem ein Turban aufgesetzt war – daher wurde er „Schachtürke“ genannt.
Es handelte sich aber um keine künstliche Intelligenz und genau genommen nicht einmal um einen Roboter, sondern um einen Schwindel – in der Maschine saß ein Mensch, der gut Schach spielen konnte.
Erst ein halbes Jahrhundert später flog der Betrug auf und seitdem spricht man davon, dass etwas „getürkt“ ist.
So lange halten sich Worte, aber das ist ein anderes Thema.

Bei der heutigen Faszination um die „AI“ (also „artificial intelligence“) oder „KI“ („künstliche Intelligenz) sitzen wir möglicherweise einem ähnlichen Schwindel auf: Wir glauben, dass analoges Denken (und in Folge Intelligenz – was auch immer das sein mag) durch digitale Rechenvorgänge nachgemacht werden kann.
Dazu müssen wir verstehen, was der Unterschied ist. Ich war 1984 der erste Jahrgang in unserem Gymnasium, der das Freifach „Informatik“ belegen durfte. Das war auch deswegen eine Herausforderung, weil wir dazu einen kleinen Computer brauchten, der eine Menge Geld kostete. Es war ein „Texas Instruments Pocket Computer“, etwa so groß wie ein heutiges Handy, mit einer einzigen LCD-Bildschirmzeile, wie ein Taschenrechner. Und er konnte „Basic“ programmieren – das war auch das, was wir lernten.
Vor allem aber lernten wir die Basis der Informatik, nämlich wie ein Computer funktioniert. Ohne jetzt hier auszuschweifen, die Grundlage von allem bildet bis heute das „digitale System“, also die Darstellung von allem im Schema „Null“ oder „Eins“. Diese 0/1-Kombination nennt man ein „Bit“ und 8 davon sind ein „Byte“. Ein Kilobyte sind allerdings nicht 1.000 Byte, sondern 1.024.
Ein Megabyte sind dann 1.048.576 Byte usw.
So haben wir es gelernt und das gilt bis heute.

Die Aufeinanderfolge von Bits ergibt eine Rechenoperation, also „drei Mal Null, dann zwei Mal Eins, dann zwei Mal Null“ bedeutet etwas anderes als „ein Mal Null, dann 4 Mal Eins“.
Ein Computer beherrscht verschiedene Rechenoperationen, etwa „wenn – dann“. Wenn er also „drei Mal Null“ vorgesetzt bekommt, macht er etwas. Wenn er aber „vier Mal Null“ vorgesetzt bekommt, macht er etwas anderes.
Die Rechenoperation lautet „Wenn du drei Mal Null liest, dann mach „A“, wenn du aber vier Mal Null liest, dann mach „B“.
Ich habe das mit einem kleinen, analogen Bild dargestellt.

Kugeln.jpg

Das ist ein „Kugelautomat“. Von oben rollt über die schräge Fläche eine Kugel runter und fällt in den Behälter. Das funktioniert bis zur dritten Kugel. Wenn eine vierte Kugel kommt, leitet sie der Automat in den nächsten Behälter.
Somit haben wir eine Wenn-Dann-Funktion: Wenn die vierte Kugel kommt, dann leite sie in den anderen Behälter.
So funktionieren Computer – ein wenig vereinfacht dargestellt, aber hoffentlich verständlich.
Das analoge Bild wurde von mir mit einer Digitalkamera fotografiert und dann auf den Computer überspielt.
Dort habe ich das Bild dann verkleinert, also „runtergerechnet“. Es setzt sich ja aus einer bestimmten Anzahl winziger Punkte zusammen, die entweder schwarz oder weiß sind – also Null oder Eins.
Der Computer nimmt das Bild und legt darüber ein Raster, also so etwas wie ein Gitter. Dann sieht er sich an, in welchem Rasterfeld es weiß ist und in welchem schwarz.
Er merkt sich den Wert für jedes Bild (dazu hat er einen Speicher) und stellt dies in einer Folge von Null-Eins-Werten dar: Im ersten Gitterfeld findet er einen schwarzen Punkt – und gibt diesem den Wert Null, im zweiten einen weißen, daher der Wert Eins, im dritten wiederum einen schwarzen, daher Null usw.
Die Folge der ersten drei Felder lautet also Null – Eins – Null (0-1-0).
Um das ganze Bild darstellen zu können, muss der Computer also nur eine ausreichend lange Aufeinanderfolge von Nullen und Einsen erzeugen, in diesem Fall 3,4 Megabyte. Wenn ich auf meinem Rechner die Info über das Bild ansehe, dann zeigt er mir das:

Bildinfo.png

Wenn ich das Bild jetzt herunterrechne, vergrößert der Computer in Wahrheit nur das Raster, weil ich für die Darstellung dieser Zeichnung einfach nicht so ein feines Raster brauche. Das nennt man dann die „Auflösung“.
Das obige Bild hat jetzt nur mehr 283 Kilobyte, also 281.634 Byte.
Das spart Speicherplatz und in Summe Energie, weil der Computer für jede Rechenoperation Strom braucht.
Wenn man solche Bilder vergrößert, sieht man das Raster. Das nennen wir dann „Pixel“. Wenn im Fernsehen – das heute ja digital ist – die Bilder auf einmal so seltsame Vierecke zeigen, dann nennen wir das „verpixelt“ und meinen damit, dass der Computer, der für die Erzeugung verantwortlich ist, nicht schnell genug rechnen kann oder die Informationen nicht bekommt, um die Bilder (Videos sind nichts anderes als viele Standbilder hintereinander) so darzustellen, dass wir sie im Kopf ins Analoge zurückrechnen können.

Ein paar Ergänzungen für Neugierige, die noch etwas tiefer in die Materie hineinschauen wollen: Die Bild-Logik funktioniert nur bei s/w-Bildern, bei Farbbildern kommt dann klarerweise zum Bit 0/1 pro Bildpunkt die Farbinformation dazu. Bei den ersten Computern war diese Farbinformation auf die Hälfte eines Bytes, also 4-Bit, beschränkt, was zu max. 16 (=2 hoch 4) Farben führte. Bei den späteren grafischen Benutzeroberflächen (z.B. erste Windows-Versionen 1.0 und 2.0) wurde schon ein ganzes Byte (=2 hoch 8) dafür verwendet, was zu 256 Farben führte, später 2 Byte (Windows 3.0) für 65536 Farben, heute haben wir generell einen Farbraum von 3 Byte, also 24-bit, mit über 16 Millionen Farben, was gemeinhin als True-Color bezeichnet wird.

Kommen wir zurück zur Künstlichen Intelligenz. Sie ist nichts anderes als genauso ein Rechner, wie ich ihn für dieses Bild verwende. Sie bekommt Informationen, die sie in digitale Null-Eins-Codes übersetzt, ähnlich wie das analoge Bild in ein Raster übersetzt wurde, in dem man dann Nullen und Einsen findet.
Die Künstliche Intelligenz ist ein Programm, das eine bestimmte Menge von Rechenoperationen wie unsere mit „Wenn-Dann“ beherrscht. Sie kann sehr viele Operationen mit sehr vielen Daten in sehr kurzer Zeit durchführen.

Sie kann aber nicht mehr als das.
Sie kann nicht denken, außer wir sehen das menschliche Denken als eine Art digitale Operation, die in einem Rechner namens Gehirn durchgeführt wird.
Wenn das so ist, dann müsste man wahrscheinlich bei einem Computerprogramm tatsächlich von Intelligenz sprechen.
Das wird aber nicht nur von mir bezweifelt, denn es fehlt noch eine wichtige Komponente, das „Verstehen“.
Hier streiten sich Philosophen, Neurowissenschafterinnen, Informatiker, Biologen, Psychologinnen und noch viele andere darum, was das wirklich ist.
Die KI-Hardliner meinen, das Verstehen ist nur eine Kombination von Daten, quasi das Ergebnis von Rechenoperationen: Wenn die vierte Kugel in das neue Gefäß fällt, dann hat der Computer sozusagen „verstanden“, dass in das erste Gefäß nur drei Kugeln passen.

Ganz so einfach ist es natürlich nicht, aber letztlich bleibt immer die Frage: Ist unsere Welt in Wahrheit digital, also nichts anderes als eine unfassbar große Anzahl an Nullen und Einsen?

Es gibt Zweifel an der Begrenztheit der KI, wie ich sie eben dargestellt habe. Dabei ist wichtig anzumerken, dass wir wahrscheinlich erst am Anfang einer interessanten Entwicklung stehen und auch die besten Expertinnen und Experten noch nicht wissen, in welche Richtung sich die KI (samt allem, was daraus gemacht wird) entwickelt.
Möglicherweise entsteht hier doch mehr als ein einfaches Computerprogramm und es ist zu früh zu behaupten, dass wir die Wahrheit bereits kennen.

Sehen wir uns die Elemente an, die seitens KI entwickelt wurden:

Lernfähigkeit:
KI kann aus Daten lernen, ohne dass jeder Einzelfall manuell programmiert werden muss. Zum Beispiel:
Klassisches Programm: „Wenn E-Mail Betreff enthält ‚Rechnung‘, dann verschiebe in Ordner X.“
KI: „Ich habe Millionen E-Mails gesehen und erkenne, dass dies mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Rechnung ist.“

Generalisierung:
KI kann neue, unbekannte Situationen behandeln, wenn sie genügend ähnliche Muster zuvor gelernt hat.

Verarbeitung unstrukturierter Daten:
KI kann Bilder, Sprache oder Texte interpretieren – etwas, das für klassische Programme kaum möglich ist.

Probabilistische Entscheidungen:
Statt Ja/Nein entscheidet KI oft auf Basis von Wahrscheinlichkeiten – z.?B. „Zu 87?% ist dies ein Hund.“

Skalierbarkeit & Anpassungsfähigkeit:
Ein KI-Modell lässt sich für viele Aufgaben anpassen (Transfer Learning, Fine-Tuning) – von Chatbots bis zur medizinischen Diagnostik.

Das alles kann die KI, weil sie in der Lage ist, zusätzlich zu ihren programmierten Algorithmen statistische Daten und Modelle zu verwenden, um Muster zu erkennen. Diese Muster dienen dann als Vorlage für den „Lernprozess“, dh. zukünftige Entscheidungen (Wenn-Dann) werden aufgrund dieser gelernten Muster angepasst – was einer Verhaltensänderung entsprechen kann.
Die Entscheidungen sind daher nicht völlig deterministisch, sondern hängen vielmehr vom Trainingsprozess und der damit errechneten Wahrscheinlichkeiten ab.

An dieser Stelle vermuten Fachleute, dass es sinnvoll ist, von einer gewissen Intelligenz zu sprechen.
Selbst Philosophen, die gerne das letzte Wort haben, müssen hier eingestehen, dass sie es einfach nicht wissen.
Es zahlt sich also sicher aus, an der Diskussion dranzubleiben, vor allem, wenn es um die Fragen nach Bewusstsein geht – übrigens die letzte, alles entscheidende Frage in der ganz großen Diskussion.
Ich möchte auch hier nur ein Element herausnehmen, die Lernfähigkeit.
Dazu sehen wir uns obigen Satz noch einmal an:

KI: „Ich habe Millionen E-Mails gesehen und erkenne, dass dies mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Rechnung ist.“

Wahrscheinlichkeitsberechnung ist ein Programmteil, das konnten Computer schon in recht frühen Phasen ihrer Entwicklung. Spannender ist der Begriff „erkennen“, denn hier müssen wir uns genauer ansehen, was das bedeutet.
Wenn ich erkenne, dass das, was mir auf der Straße entgegenkommt, ein Auto ist, dann ist das eine Art Rechenoperation in meinem Gehirn: Es hat abgespeichert, dass bestimmte Formen den Begriff „Auto“ bekommen. Wenn ich jetzt ein Auto sehe, vergleicht das Gehirn die Form mit Formen, die es kennt und ordnet diese Form zu. Das ist für uns lebenswichtig, denn wir müssen Formen, die wir erkennen, einordnen können, um damit umgehen zu können.
Die ursprüngliche Rechenoperation „Wenn diese Form, dann Auto“ muss aber programmiert werden – sowohl im Computer, wie auch im Gehirn. Im Gehirn funktioniert das übrigens indem uns irgendwann gesagt wird, dass diese Form „Auto“ genannt wird.
Bis daher ist das eigentlich noch recht banal und der Unterschied zwischen „intelligenten Menschen“ und „unintelligenten Rechnern“ noch nicht erkennbar.
Spannender wird es, wenn wir darüber hinausdenken: Was bedeuten Autos für Menschen? Wir wissen etwa, dass sie als Statussymbole verwendet werden, um Emotionen auszulösen. Diese Funktion fließt in die Entwicklung von Autos mit ein, die dann eine „aggressive Front“ bekommen, wo etwa die Scheinwerfer wie Augen gestaltet werden, die zu Sehschlitzen verformt sind, weil wir diese Form von aggressiven Gesichtsausdrücken kennen.
Kann das die KI auch „erkennen“ und wenn ja, was macht sie draus?

Ich glaube, dass ihr diese Erkennungsoperationen programmiert werden müssen und dass sie dies nicht von selbst entwickeln wird. Aber wissen kann ich das nicht.
Bleibt die KI ein Computerprogramm, das einfach nur besser, weil komplexer ist?
Und die Frage nach Bewusstsein ist damit natürlich noch nicht einmal angeschnitten. Wir wissen ja nicht einmal, was es beim Menschen genau ist, wie es funktioniert und wie es sich entwickelt hat. Wie sollen wir dann wissen, ob es sich in Computern bzw. Netzwerken entwickelt?

Kommen wir zurück zur Ausgangsfrage.
Ich bin der Ansicht, dass alle Menschen, die über Künstliche Intelligenz mitdiskutieren, zuerst einen Test machen sollten, ob sie wissen, wie Computer überhaupt funktionieren. Zumindest die Grundfunktionen sollten bekannt sein.
Sie müssen nicht wissen, wie Quantenphysik funktioniert und auch nicht mit der Diskussion vertraut sein, ob unser Gehirn nicht in Wahrheit ein Quantencomputer ist. Aber was ein Bit und ein Byte und eine Rechenoperation ist, sollten sie wissen.
Sonst passiert nämlich das, was wir derzeit in den Sozialen Medien sehen können. Menschen lassen sich von KI-Bildern oder auch von ChatGPT-Texten in die Irre führen. Derzeit ist das noch recht einfach erkennbar, denn die KI-Bilder weisen noch sichtbare Fehler auf, das wird sich aber im Laufe der nächsten Jahre ändern.
Es ist aber erschreckend, wie viele Menschen heute schon glauben, dass KI-Bilder echte Fotos sind, auch wenn sie wirklich schlecht gemacht sind. (Am besten lässt sich so ein Bild übrigens erkennen, wenn man die Hände der darauf dargestellten Menschen ansieht. Das kann die KI meistens noch nicht gut errechnen.)

Es wirkt fast so, als wünschen sich die Menschen getäuscht zu werden. Das hat ja eine lange Tradition, wenn ich an das „Heumarktcatchen“ denke, heute besser bekannt unter dem amerikanischen Namen „Wrestling“, wo Menschen sich bewusst täuschen lassen. Sie vergessen während der Kämpfe gerne, dass diese nicht echt sind. Ist es die erwünschte Ablenkung von ihrem realen Leben? Auch Filme mit Schauspielern stellen kein reales Leben dar, sondern eine Art künstliche Abbildung davon, verzerrt, idealisiert, geschönt.
Mich erinnert das an die Aussage einer älteren Frau, die über ihr Leben befragt wurde und auf die Frage nach ihren Hobbies antwortete „Fernschauen“. Auf die Frage, was sie gerne fernschaut, meinte sie „Serien“ und auf die Frage, welche Serien: „Reich und schön“.
Sie selbst war arm und schiach. Menschen (mich natürlich eingeschlossen) lassen sich gerne in „unechte Welten“ verführen, ganze Unterhaltungsindustrien leben nur davon. Ob das „ferne Welten“ in Science-Fiction-Filmen sind oder kleine Videos am Handy – das ist alles die gleiche Masche.

Das alles könnte man jetzt als nette Freizeitbeschäftigung einstufen, wenn nicht handfeste Gefahren davon ausgehen würden.
Schon heute werden im Internet gefälschte Bilder und Videos verbreitet, um Menschen dadurch Schaden zuzufügen. Fotos wurden auch früher schon gefälscht, das war aber nicht einfach und nur mit entsprechender Ausrüstung zu schaffen. Durch das Computerprogramm Photoshop hat sich hier schon einiges verändert, aber auch das musste man noch bedienen können.
Heute gebe ich Befehle in ein Programm ein und lasse mir ein Bild vom Computer erstellen. Das kann jeder Mensch mit einem Handy und einer App vom Wohnzimmer aus.
Ich bin übrigens der Meinung, dass es eine Kennzeichnungspflicht für KI-Bilder geben sollte. „AI-generated“ oder so ähnlich, mit einem Symbol ähnlich dem © für Copyright.

Jetzt stellt sich die Frage nach sozialer Korrektur. Es gibt dazu einen alten Spruch: „Es gab immer schon in jedem Dorf einen Trottel, nur heute hat er Internet.“
Wenn der Trottel im Dorf etwas gesagt hat, seine Meinung verbreiten wollte, dann war allen klar: Das ist ein Trottel. (Das Wort stammt übrigens von „trotten“, was langsam gehen heißt. Gemeint war das Herumwanken, nicht gerade gehen können, was oft mit nicht gerade denken können einhergeht.)
Wenn eine relevante Mehrheit etwas gesagt hat bzw. eine Meinung gebildet hat, dann wussten alle, dass sie sich diese Meinung anhören bzw. auch sich ihr anschließen sollten. Die Quantität erzeugte sozusagen Wahrheit.
Heute treffen tausende Trottel im Internet zusammen und entwickeln eine Meinung. Davon lassen sich viele Menschen täuschen, weil was viele sagen, ist ja laut ihrer Erfahrung die Wahrheit.
„Scheiße schmeckt gut – Milliarden Fliegen können sich nicht irren“ heißt der Spruch, der diesen Fehler aufdecken soll.
Er war in der Geschichte schon oft ein Thema, denn auch früher hatte die Mehrheit nicht unbedingt Recht. Für Sokrates hat das eine wichtige Rolle gespielt, denn er wurde von der Mehrheit der Volksversammlung zum Tod durch den Schierlingsbecher verurteilt – übrigens wegen Aufhetzung der Jugend (und noch ein paar anderer Delikte).
Die Abstimmung ging recht knapp aus, was Sokrates dazu veranlasste, das Urteil zu akzeptieren und den Schierlingsbecher zu trinken, seiner Nachwelt aber eine Botschaft zu hinterlassen: Er empfiehlt, die Suche nach der Wahrheit nicht durch die Suche nach der Mehrheit zu ersetzen.

Das ist auch für unsere Diskussion über KI ein wichtiges Thema, denn wenn die Computerprogramme ihre Entscheidungen aufgrund von Wahrscheinlichkeiten treffen (siehe obiges Element der „probabilistischen Entscheidungen“), dann treffen sie diese aufgrund von Quantitäten (87 ist größer als 18) und nicht aufgrund dahinterliegender Qualitäten.
Ob sie diese als solche erkennen können, ist die nächste spannende Diskussion. Sie ist praxisrelevant, denn es gibt immer mehr Menschen, die dem KI-Programm „ChatGPT“ eine Frage stellen, wenn sie etwas nicht wissen, und die Antwort als Wahrheit einstufen. Das ist aus mehreren Gründen bedenklich, etwa weil es für diese Antworten keinerlei Quellenangaben mehr gibt. Das KI-Programm durchsucht das Internet und stellt aus den dort gefundenen Informationen eine Antwort zusammen. Die ist manchmal gut und manchmal schlecht.
Sich darauf zu verlassen ist auf jeden Fall schlecht.

Menschen treffen für wichtige Entscheidungen zusammen und diskutieren diese. Dabei versuchen sie die Wahrheit zu finden, was oft eine schwierige Aufgabe ist. Die Meinungen der Trottel können aber meistens recht schnell entdeckt und dann richtig eingestuft werden, auch weil es pro Dorf im Regelfall nicht allzu viele davon gibt.

Im Internet bzw. den sozialen Medien ist das anders, da gibt es diese Korrektive gar nicht, spätestens in geschlossenen Gruppen entsteht die dort herrschende Wahrheit aufgrund der Meinungen (und Interessen, oft auch Emotionen wie Ängsten) von Trotteln.
Wir sprechen in diesem Fall von sogenannten „Blasen“, in denen Menschen agieren und denken und wo die Realität außerhalb der Blase keine Rolle mehr spielt.
Wenn die Menschen aus so einer Blase dann geballt auf die Realität, sprich die soziale Öffentlichkeit losgelassen werden, gibt es Probleme.

Punkto KI stellt sich hier die Frage, ob sie auch außerhalb ihrer „programmierten Blase“ existieren kann und was das bedeutet. Kann sie die Meinung von Trotteln erkennen, wenn diese eine Mehrheit bilden? Ist ihr dann klar, dass es sich nicht um die Wahrheit handelt, auch wenn die Wahrscheinlichkeit hoch ist?
Gut funktionierende soziale Gefüge können das. Ein gutes Beispiel ist der Hofnarr. Dieser hatte am Hof Narrenfreiheit, d.h. er konnte dem Herrscher widersprechen, ohne dass seine Meinung (und er selbst) sofort eliminiert wurde.
Das war immer dann wichtig, wenn die Mehrheit falsch lag und es daher ein Korrektiv brauchte.
Welches qualitative Korrektiv hat die KI?
Das ist vor allem dann wichtig, wenn sie Entscheidungen trifft, nach denen gehandelt wird. Können Kampfdrohnen gute von schlechten Menschen unterscheiden? Und wenn ja, auf welcher Basis?
Es kommt wohl darauf an, wie sie programmiert wurden. Sobald wir aber Entscheidungen zulassen, die nicht mehr auf der direkten Programmierung basieren, sondern auf Schlüssen, die von der KI der Drohne selbst gezogen wurden, wird es heikel.

Dies ist nur ein Aufriss eines großen und komplexen Themas, mit dem wir uns beschäftigen müssen.

Sinn und Unsinn eines Waffenverbots

Ein heißes Thema, hat doch vor ein paar Tagen ein 21-jähriger Mann knapp ein Dutzend Menschen an einer Schule in Graz erschossen.
Viele Medien berichteten von einer „Tragödie“ und hier liegt bereits der erste, schwere Fehler vor, denn das war keine Tragödie.
Um eine solche handelt es sich, wenn aus einer Verkettung diverser Umstände ein Unheil zustande kommt. Jemandem fällt auf der Straße von oben ein Blumentopf auf den Kopf, der sich durch einen Windstoß gelöst hat.
Einem LKW platzt ein Reifen und das entgegenkommende Auto mit der Familie auf Urlaubsfahrt wird zerstört, die Familie kommt dabei um.
Das sind Tragödien.

Im Falle von Graz handelt es sich um einen geplanten und durchgeführten Mord an vielen Menschen. Das ist schlicht und einfach etwas anderes. Dieses Verbrechen wird untersucht und es wird auch viele, wahrscheinlich auch verschiedene Erklärungen dafür geben. Eine davon hat die Zeitschrift „Falter“ parat: Der Mörder hatte die Tat genau geplant, sein Vorbild war das „School-Shooting“ in Columbine in den USA 1999. (Mir ist das noch gut in Erinnerung, auch durch den Film „Bowling for Columbine“ von Michael Moore.) Die Tat wird als erweiterter Suizid beschrieben und der Täter von Graz war in den einschlägigen Internet-Gruppen aktiv.

Abseits aller Interpretationen tauchen aber zwei Fragen auf:

1.) Welche Rahmenbedingungen müssen geändert werden, damit es in Zukunft gar nicht dazu kommt?
2.) Sind die Verantwortlichen bereit, die Verantwortung über die notwendigen Maßnahmen zu übernehmen?

Weil in Österreich (und nicht nur hier) schon seit Jahrzehnten über solche Maßnahmen diskutiert wird, braucht es keine neue Diskussion darüber, was genau getan werden muss. Es braucht Entscheidungen und danach eine brauchbare, eine wirkungsvolle Umsetzung.
Dafür braucht es keine wie auch immer geartete Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, denn diese haben ihr Sicherheitsmanagement durch das System der repräsentativen Demokratie an die entsprechenden Institutionen delegiert, die jetzt gefälligst ihren Allerwertesten in Bewegung setzen sollten, um endlich zu handeln.

Kommen wir zu den Rahmenbedingungen, von denen ich deswegen schreibe, weil nur sie sinnvoll verändert werden können.
Damit meine ich erstens das Bildungssystem, zweitens die gesellschaftliche Ordnung und drittens das Waffengesetz.

1.) Das Bildungssystem

Die Modelle liegen klar vor, sie sind den Verantwortlichen bekannt und könnten schnell umgesetzt werden. Dass es dafür ein paar Entscheidungen braucht, ist klar.
Es geht dabei in erster Linie um die Schaffung eines Systems, das möglichst wenig Außenseiter produziert. Damit gäbe es deutlich weniger junge Menschen, die aus dem leistungsorientierten, mit der 50-Minuten-Einheit gänzlich veralteten Unterrichtssystem hinausfallen.
Der Amokläufer von Graz war so einer, der niemandem wirklich aufgefallen ist und wenn, dann wurde dem keine Bedeutung zugemessen – wie etwa die Einstufung der Stellungskommission.
Aber auch die Schule hat ihn nicht aufgefangen, sondern ausgestoßen. Zum Auffangen fehlen die systemischen Voraussetzungen, letztlich sogar das Interesse der zuständigen Behörden an solchen Personen. Die Schulen tun hier meist ihr Möglichstes, das sichtlich nicht genug ist.
In Gaza werden seit Jahrzehnten junge Terroristen, radikale Moslems und verzweifelte Jugendliche ohne Perspektive produziert. Oft in der Form, dass alle drei Eigenschaften zusammenkommen.
Das dortige Bildungssystem sieht die Radikalisierung im Lehrplan geradezu vor, wie etwa den tiefen, bei diesen Menschen erst erzeugten und dann gut gepflegten Hass auf Israel und alles, was von dort kommt.

Bei uns sieht das zwar etwas anders aus, die Grundstruktur ist aber gleich. Auch hier verlangt das System nach Unterordnung unter eine bestimmte Ideologie, auch hier werden die Kinder und Jugendlichen radikalisiert, und zwar nicht zum Islam, sondern zum Kapitalismus. Der Gott heißt Geld und er will genauso oft angebetet werden wie Allah.
Statt sich auf einem Gebetsteppich nach Mekka zu wenden, sollen sich die Menschen mit ihrem Geldbörsl in einen Konsumtempel begeben und dort beten in Form von kaufen.

Dadurch werden Menschen erzeugt, die ihr Glück nur mehr (oder fast nur mehr, es betrifft ja nicht alle und nicht alle gleich stark) im Kaufrausch finden oder zu finden glauben.
Nach dem Rausch folgt immer die Ernüchterung und in manchen Fällen die Askese, der Konsumrausch gleicht aber sehr präzise anderen rauschartigen Suchtzuständen.

Der Wechsel im Bildungssystem würde auf einer Hinterfragung dieses Glücksbegriffs aufbauen und alternative Glücksbegriffe zur Verfügung stellen. Das könnten etwa funktionierende Sozialgemeinschaften sein, aber auch individuelle Strategien, wie man sich in unserer Welt besser zurechtfinden kann.
Hätte so etwas den Amoktäter von Graz aufgehalten? Die Antwort darauf werden wir nie finden, weil sich die Zeit nicht zurückdrehen lässt und der junge Mann tot ist.

Wenn wir uns allerdings die Defizite ansehen, die sich in der Biographie solcher Amokläufer finden, können wir die Frage durchaus mit „Ja“ beantworten. Sie sind stets einsam, haben keine funktionierenden Sozialbeziehungen wie etwa Freundeskreise oder familiären Halt.
Sie haben aber auch keine alternativen Strategien, wie sie trotzdem mit solchen Lebenssituationen umgehen können.
Sie wissen nicht, wie man zur notwendigen Gelassenheit kommt oder das eigene Tun reflektiert.
Sie wissen nicht, wie man das notwendige Selbstbewusstsein aus dem eigenen Sein heraus definiert und erlebt.
Sie wissen nicht, wie man erkennen kann, wenn man selbst Hilfe braucht und wie man diese findet und anspricht.
(Diese Liste kann jederzeit entsprechend erweitert werden.)

Daher kippen sie in selbst konstruierte Ersatzrealitäten, aus denen Ersatzwelten entstehen. Diese sind mit der echten Realität nicht kompatibel und korrespondieren auch nicht damit. Sie eröffnen einen fiktiven Raum, in dem diese Menschen sich mächtig fühlen in ihrer Ohnmacht, in dem sie endlich handlungsfähig sind.
Die allseits beliebten Videospiele sind vielleicht nicht der Auslöser für Wahnsinnstaten, sicher aber Teil des Substrats, in dem diese entstehen.

Wenn sie die Fiktionen aus ihrer fiktiven Welt dann mit der realen Welt konfrontieren, kommt es zum Bruch, der sie endgültig in eine Welt holt, in der sie nicht leben können. Daher flüchten sie meist durch Selbstmord, wie auch im Grazer Fall.

Mir geht es hier aber nicht um eine Vorlesung in Kriminalpsychologie, sondern um die Analyse der Schwachstellen einer Gesellschaft.

In einem neuen Bildungssystem gäbe es ein Fach namens Sozialkunde, in dem Gesellschaft und ihre Ausprägungsformen zur Debatte stehen würden. Ergänzt würde dieses Fach durch das ohnehin schon lange diskutierte Fach Ethik.
Es gäbe in so einem System aber auch verstärktes Augenmerk auf eine Gemeinwohlbildung, die gegen die Vereinzelung kämpft. Es gäbe Netzwerke, in denen Außenseiter hängen bleiben bevor sie sich selbst aus der Gesellschaft ausschließen und dann oft Suizid begehen.
Es wäre ein System, in dem Primär- und Sekundärsozialisation enger aufeinander abgestimmt wären, also Eltern und Schule intensiver kooperieren.
Von so einem Bildungssystem würden alle profitieren, nicht nur die beschriebenen Außenseiter.
Warum es derzeit nicht zur Debatte steht, sollte Teil einer wichtigen Debatte sein.

2.) Die gesellschaftliche Ordnung

Das Bildungssystem alleine reicht nicht, wir müssen auf mehreren Ebenen anpacken. Auf der sozialen Ebene braucht es ein dichtes, aber gut durchdachtes System, das Kinder und Jugendliche auffängt.
Das fängt bei guten Dorf- und Grätzlgemeinschaften an und hört bei Gemeinschaftsgärten noch lange nicht auf.
Leider ist das ein zweischneidiges Schwert: Ich will auf der einen Seite den Menschen so viel persönliche Freiheit geben, dass ich sie nicht ständig überwache. Damit ist es in einer Gesellschaft auch möglich Außenseiter zu sein, ohne ständig dafür am Pranger zu stehen. Wenn das jedoch ausartet, tauchen Phänomene auf wie wir sie in Großstädten und der dortigen Anonymität finden: Menschen, die erst nach Wochen gefunden werden, weil es aus der Wohnung stinkt. Menschen, die niemandem abgegangen sind, deren Tod oft nur durch Zufall auffällt.
Das Netz ist weitmaschig und lässt viele Menschen durchrutschen. So sehr das individuelle Freiheit bedeutet, so sehr begünstigt es aber auch Entwicklungen wie die des jungen Mannes in Graz. Dazu kommt noch die vollkommene Unkontrolliertheit des Internets, in dem mehr oder weniger alles möglich ist. Staatsschutz und Polizei bemühen sich zwar nach besten Kräften, ihnen sind aber aufgrund des Datenschutzes und anderer Hürden nur allzu oft die Hände gebunden.
Ein weiterer Bestandteil des teuflischen Cocktails sind die modernen Familien- und Beziehungsformen. So frei sie auch machen, so dunkel sind ihre Kehrseiten. Auch der Attentäter von Graz wuchs scheinbar ohne Vater auf und so wirklich dürfte sich niemand um ihn gekümmert haben.
Die derzeit wirkenden und sich verstärkenden Kräfte der sozialen Differenzierung in immer reichere und immer ärmere Menschen müssten gestoppt werden, etwa damit Eltern nicht gezwungen sind aus finanzieller Not die Erziehung ihrer Kinder hintanstellen zu müssen.

Auch hier stehen wir vor der Situation, dass es die notwendigen Entwürfe längst gibt, dass sich die zuständigen Politiker aber nicht trauen entsprechende Handlungen zu setzen, sofern sie nicht ohnehin eine andere Agenda haben.
Die Freiheit, die so vehement an jeder Ecke gefordert wird und inzwischen zu einem ziemlich inhaltsleeren Schlagwort verkommen ist, in das jeder seine eigenen Interessen hineinpackt, diese Freiheit zeigt uns gerne ihre weniger schöne Seite, nämlich die Rechnung in Form der Verringerung sozialer Sicherheit.
Das führt uns zum nächsten Punkt.

3.) Die dringend notwendige Reform des Waffengesetzes.

Das Problem liegt hier in den aktuellen Narrativen, die sehr stark von denen der USA geprägt sind. Das darf uns nicht verwundern, schließlich lesen wir sein unserer Kindheit Karl May und versuchen derzeit möglichst viel von der US-amerikanischen Kultur zu übernehmen, von Halloween bis American Football, von Burger bis zu zerrissenen Jeans (dazu mehr in einem anderen Blog).
Ein Teil davon ist der Umgang mit Waffen.

Niemand würde es einfallen einen Panzer oder ein U-Boot im Vorgarten zu parken, um im Notfall zur Verteidigung bereit zu sein.
Gegen wen und was eigentlich?
Das ist die entscheidende Frage. Die Geschichte, die hier von der NRA (National Riffle Association) erzählt wird, ist folgende:

„Freie Menschen müssen sich jederzeit gegen böse Menschen verteidigen können. Dazu brauchen sie Schusswaffen, etwa um sich gegen Einbrecher zu verteidigen, die sie und ihre Familie bedrohen.
Außerdem müssen sie sich im Falle eines Putsches mit der eigenen Waffe verteidigen können, das ist ein wichtiges demokratisches Grundprinzip, um sich gegen Feinde des Systems behaupten zu können.“

Will man in der Geschichte was weiterbringen, muss man diese Narrative ernst nehmen, analysieren und hinterfragen.
Die Erzeuger und Verbreiter dieser Geschichte wollen das natürlich um jeden Preis verhindern, denn dabei geht es um sehr viel Geld. Wirklich sehr, sehr viel.

Die beste Verteidigung des eigenen Lebens besteht darin, keine Angreifer zu erzeugen. Aber genau das macht unsere Gesellschaft. Einbrecher und Räuber sind nicht als solche geboren, sondern von der Gesellschaft erzeugt worden.
Mit anderen Worten: Jeder böse Mensch hat eine Mutter, die ihn liebt. Wenn dem nicht so ist, dann hat die Gesellschaft dafür gesorgt, dass dem nicht so ist.
Und dann kann sie auch für das Gegenteil sorgen, wenn sie es will.

Derzeit produziert unsere Gesellschaft Individuen, die aus den Auffangnetzen hinausfallen in die Leere, die sie wild um sich schlagen lässt, bis sie alles angreifen, was sie angreifen können, nur um etwas zu spüren, um etwas angreifen zu können.
Dieses Hinausfallen passiert etwa durch das Aufgehen der Schere zwischen Arm und Reich – ein erklärtes Ziel des Kapitalismus. Das Trickle-Down-Prinzip, das dem widersprechen soll, wirkt bei genauer Betrachtung als Verhöhnung.
Die Schaffung und Begünstigung von Eliten auf der einen sowie die Erzeugung von gesellschaftlichem Abfall auf der anderen Seite ist kein Zufall, sondern Teil des derzeitigen neolibertären Systems und seiner Hegemonie, gegen die schwer angekämpft werden kann.

Die zufriedenste Gesellschaft gab es in der Nachkriegszeit, wo es nur sehr wenige Reiche gab und dadurch auch nur sehr wenige Arme – das eine definiert sich immer über das andere.

Ein entsprechendes Waffengesetz wird also nur gebraucht, wenn davor schon viele Ebenen versagt haben. Dann allerdings ist es notwendig.

Bleiben wir noch kurz beim Narrativ, das besagt, dass Menschen sich verteidigen können sollen. Gemeint ist damit interessanterweise immer das Verteidigen mit einer Schusswaffe, obwohl etwas anderes (eine gute Kampfsporttechnik etwa) wesentlich wirkungsvoller wäre.
Warum also Schusswaffen?
Das wird gerne mit der Notwendigkeit und Richtigkeit und Wahrheit von Tradition argumentiert.
Und so etwas ist immer zu hinterfragen, denn meistens stecken dahinter handfeste Interessen von bestimmten Menschen, in diesem Fall von der Waffenlobby der USA, die an jedem Opfer eines Amoklaufs Millionen verdienen, weil sich Menschen aus Angst heraus noch mehr Waffen kaufen. Da knallen nach jedem School-Shooting die Champagnerkorken in den Vorstandsetagen.

Aber was steckt hinter der behaupteten Wirksamkeit von Selbstverteidigung durch Schusswaffen?
Das nahezu immer sofort angeführte und eigentlich auch einzige Beispiel ist der Einbruch, gegen den man sich mit einer Schusswaffe wehren kann.
Dabei wird das Bild eines Einbrechers gezeichnet, der – meist in der Nacht – in ein Einfamilienhaus einsteigt und nicht nur leise und heimlich die Wertgegenstände stiehlt, sondern auch die eigene Familie bedroht.
Also hat der Familienvater als Oberhaupt und Beschützer das Recht und die Notwendigkeit sich gegen so einen Bösewicht zu verteidigen. Er zieht die Waffe und verjagt den Einbrecher. Sollte das nicht funktionieren, schießt er ihn nieder – selbstverständlich nur, um seine Familie zu verteidigen, die durch die Anwesenheit des Einbrechers quasi automatisch gefährdet ist.

Sieht man genauer hin, bricht diese Geschichte sehr schnell in sich zusammen. Sehen wir uns die Details einmal an.
Die Situation ist eine, die bei allen Beteiligten sehr viel Stress verursacht. Der Mann liegt im Bett und hört, wie jemand ins Haus einsteigt. Wenn er es nicht hört, passiert weiter nichts, außer dass etwas Schmuck oder Bargeld gestohlen wird.
Wenn er es hört, muss er handeln. Dazu steht er auf und geht zum Waffenschrank, der sich idealerweise im elterlichen Schlafzimmer befindet. Diesen muss er erst aufsperren und kann hoffen, dass er den Schlüssel findet, der ja nicht direkt daneben sein kann, weil die Waffen sonst nicht gut gesichert sind und von den Kindern missbraucht werden können – diese Beispiele gibt es gerade in den USA immer wieder, wenn ein Fünfjähriger seine dreijährige Schwester erschießt.
Er muss den Schlüssel also erst irgendwo im Haus organisieren und dabei kann er dem Einbrecher begegnen, der ja weiß, dass sich Menschen im Haus befinden und entsprechend hellhörig ist.
Wenn er dem Einbrecher begegnet, muss er diesen davon überzeugen, dass er ihm genügend Zeit gibt, um sich seine Waffe zu holen.
Das wird wohl schwierig.
Wenn er es schafft den Schlüssel zu holen, muss er lautlos und ohne Licht (das würde der Einbrecher ja sofort bemerken) die Waffe herausholen und ebenfalls ohne Licht und lautlos laden. Sofern sich die Munition auch im Waffenschrank befindet, was ja nicht ungefährlich ist.
Dann muss er noch seinen enorm hohen Adrenalinspiegel in den Griff bekommen. Schließlich passiert so etwas ja nicht jeden Tag und nahezu niemand ist auf so eine Situation geschult, vom regelmäßigen Training ganz zu schweigen.
Es gibt ja einen Grund, warum Profis (Polizei, Militär) regelmäßig trainieren und sich auf emotionale Extremsituationen akribisch vorbereiten – mit den bekannten Misserfolgen, aber immerhin.
So ein Training hat aber fast niemand von den Millionen Waffenbesitzern in den USA und bei uns auch nicht.
Also muss der Mann (es könnte auch die Frau sein, aber in der Geschichte ist es immer der Mann, schließlich handelt es sich um die Normfamilie mit entsprechender Klischeeordnung) es irgendwie schaffen, kaltblütig den Einbrecher zu finden und zu stellen, das alles in entsprechender Dunkelheit.
Mit viel Glück gibt der Einbrecher auf, weil er die Waffe sieht und selbst keine hat. Oder er hat auch eine und dann kommt ein Duell, bei dem der Ausgang eher ungewiss ist. Dann muss der Mann den Einbrecher (oder auch mehrere) mit gut gezielten Schüssen niederstrecken.

Die Forschung zeigt, dass es dieses Szenario so gut wie nie gibt. Das lässt sich auch bei uns einfach überprüfen: Kennen Sie jemand, dem so etwas widerfahren ist? Nur einen einzigen Fall?
Schließlich gibt es in Österreich weit mehr als eine Million Schusswaffen und es wird auch genügend eingebrochen. (Derzeit gibt es in Österreich ca. 1,5 Mio Waffen, zumindest offiziell. Tendenz stark steigend.)

Die Forschung zeigt auch, dass bei Einbrüchen mehr oder weniger immer ganz andere Dinge geschehen, etwa wenn Menschen die Waffen griffbereit unterm Kopfpolster haben und in der Hektik und Aufregung sich selbst oder die Partnerin oder die Kinder erschießen.
Meist wird in der Panik einfach in die Nacht hineingeballert. Dass dabei durch Zufall genau der Einbrecher (oder mehrere) getroffen wird, ist unwahrscheinlich und kommt statistisch gesehen auch fast nie vor.
Oft nimmt auch der Einbrecher dem Mann die Waffe ab – er selbst hat auch den USA meist keine dabei – und erschießt dann den Mann oder die Familie oder beide.

Gerne wird an dieser Stelle auf einen Nebenschauplatz ausgewichen und behauptet, allein das Gefühl, eine Waffe zur Selbstverteidigung daheim zu haben, wäre schon die Lösung.
Aber hier dürfen wir fragen: Wofür?
Wäre nicht zur Bewältigung der eigenen Angst eine Psychotherapie gescheiter? Dass die Menschen, bei denen oft ein ganzes Waffenarsenal gefunden wird, eine solche dringend brauchen würden, ist offensichtlich.

Wenn auch das nichts hilft, weichen die Befürworter von privatem Waffenbesitz gerne auf die Sammlerleidenschaft aus. Die Menschen wollen ja niemand erschießen, sie sammeln nur einfach gerne Waffen. Vielleicht ein seltsames Hobby, aber freie Menschen dürfen sich in einer freien Gesellschaft freie Hobbies aussuchen, oder?
An dieser Stelle wird gerne ein etwas seltsamer Freiheitsbegriff strapaziert, denn was ist mit der Freiheit der Opfer von Graz, etwa mit ihrem Recht auf Leben und Unversehrtheit?
Sind die einfach Kollateralschäden des Freiheitsbegriffs? Müssen sie sterben, damit sich Sammler nicht einschränken müssen und sammeln dürfen, was auch immer sie gerade wollen?
Ist das nicht ein bissi pervers?

Werner Kogler von den österreichischen Grünen fordert daher „Freiheit von Waffen“, also die Freiheit, in einer Gesellschaft leben zu dürfen, die nicht durch Waffen bzw. ihre Besitzer bedroht ist.

Wann hat eigentlich das letzte Mal eine Frau in einer Schule ein Schusswaffenmassaker angerichtet?
Fällt Ihnen auch kein Fall ein? Es gibt sie übrigens, aber extrem selten.
Hat das möglicherweise eine Bedeutung oder ist es nur statistischer Zufall und demnächst kippt der Zufall in die andere Richtung und es laufen nur mehr Frauen Amok?
Oder geht es hier um einen pervertierten Männlichkeitsbegriff?

Eine der Lieblingswaffen von Waffenliebhabern ist die Pumpgun. Wenn man sieht, wie Männer diese wie einen riesigen, super hart eregierten Penis in den Händen halten und jeder Ladevorgang wie überdimensioniertes Masturbieren aussieht, liegt der eine oder andere Verdacht nahe, dass es da doch noch um etwas ganz anderes geht als um Selbstverteidigung gegen Einbrecher.
Schon in meiner Militärzeit fand ich es immer als eine Mischung von lustig und seltsam, wenn wir auf Befehl („Habt acht!“) den ganzen Körper steif werden lassen mussten und dann das Gewehr präsentieren mussten („Prä-sen-tiert das Gee-wehr!“).

Ist das alles reiner Zufall? Das zu glauben fällt mir sehr schwer. Schusswaffen dürften wohl doch eine Kompensation für fehlende Männlichkeit sein, ähnlich wie riesige und/oder starke Autos. („Einst drückte ihn der forsche Pimmel – heut hat er einen Porsche-Fimmel.“)

Warum das so ist, kann in der entsprechenden Fachliteratur nachgelesen werden. Hier und jetzt ist wichtig, was wir tun können.
Ist ein Waffenverbot die Lösung des Problems? Und wie will man ca. 1,5 Millionen Waffen aus dem Verkehr ziehen?
Es ist klar, dass das nicht so einfach und gar nicht schnell geht. Wir werden keine gänzlich waffenfreie Gesellschaft herbeizaubern können, selbst wenn wir es wirklich wollen.
Also müssen wir an Stellschrauben drehen und hoffen, dass es die richtigen sind. Aus der Kriminologie ist bekannt, dass sich die Anzahl der Morde mittels Schusswaffen reduzieren lässt, wenn man den Zugang erschwert.
In Österreich ist dieser Zugang derzeit ausgesprochen einfach: Ein paar einfache Fragen beantworten, ein paar Tage warten und schon kann man sich seine Pistole abholen – oder auch zehn davon.
Gewehre sowie Schrotflinten bekommt man überhaupt wie einen Laib Brot im nächsten Waffengeschäft, sofern man 18 Jahre alt ist.

Natürlich müssten sich bei einem Schusswaffenverbot für Privatpersonen die Bösewichte ihre Waffen am Schwarzmarkt organisieren, aber wer hat dazu schon Zugang? Ich z.B. nicht.
Die echten Wahnsinnigen wird das nicht abhalten, aber viele andere wohl schon.
Als Folge von Graz wird derzeit diskutiert die Altersgrenze für gefährlichere Waffen (Kategorie B) von 21 auf 25 Jahre anzuheben und die psychologischen Tests zu verschärfen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass das viel hilft, aber immerhin, es wird wenigstens nicht gar nichts getan.
Und man möchte Schulen zu Sicherheitszonen machen: Bewaffnete Sicherheitskräfte, der nächste Schritt sind dann hohe Mauern mit Stacheldraht, eventuell noch Panic-Rooms und ähnliches.
Wie so oft nähern wir uns den USA-Zuständen an. Dort wurde vorgeschlagen, die Lehrerinnen und Lehrer entsprechend schwer zu bewaffnen, so dass sie im Falle eines Amoklaufs zurückschießen können.

Das sind wohl keine guten Ideen. Wer möchte sein Kind in der Früh in eine Schule gehen lassen, die wie ein Hochsicherheitsgefängnis aussieht? Wobei die meisten Kinder heute schon mit panzerartigen Fahrzeugen bis vor die Schultüre gefahren werden, weil der Schulweg aufgrund der vielen panzerartigen Fahrzeuge, mit denen die Kinder in die Schule gefahren werden, zu gefährlich geworden ist.

Wir leben in einer seltsamen Welt, in der der Wert der Bequemlichkeit gepaart mit diversen Ängsten zur treibenden Kraft wird.

Wenn wir uns dagegen wehren, ist die einzig sinnvolle Maßnahme das Verbot von privatem Waffenbesitz, selbstverständlich mit Ausnahmen. Jäger mit einer entsprechenden Ausbildung und gültigem Jagdschein dürfen Jagdwaffen besitzen und natürlich auch transportieren und verwenden.
Sportschützen dürfen Waffen besitzen, die sich für das Sportschießen eignen. Diese sollten allerdings gut verwahrt im Schützenverein bleiben bzw. an der Schießstätte.
Und Menschen, denen die Ästhetik von Waffen gefällt und die diese daher sammeln, sollen das natürlich auch dürfen. Allerdings müssten die Waffen dann für das Schießen unbrauchbar gemacht werden. Dafür sind sie ja ohnehin nicht da und das beeinträchtigt weder Ästhetik noch Haptik.

Das würde die Waffenindustrie natürlich nicht toll finden, die ist aber auch nicht zuständig für das Leid der Menschen, an dem sie kräftig mitwirken. Da geht es ausschließlich um Gewinne bzw. deren Maximierung. Die Industrie hat generell keine Verantwortung für solche Themen, sie haben in unserem Wirtschaftssystem nur Rechte, aber keine Pflichten. Es ist diesen Unternehmen somit auch kein Vorwurf zu machen, denn selbst auferlegte Moral ist in der kapitalistischen Wirtschaft kein Kriterium.
Die Psychopathen dieser Welt finden ein Waffenverbot übrigens auch nicht super, wir sollten aber keine politischen Entscheidungen treffen, die deren Krankheiten fördern bzw. ausleben lassen.

Parkhaus statt Wald – die Schande von Melk

Diese Geschichte entstand aus der Empörung über eine Entwicklung, die ich zutiefst verabscheue und mich daher aufrege. Sollte ich über etwas falsch informiert sein, dann tut mir das leid und bitte um entsprechende Hinweise, damit ich korrigieren kann.

Vorweg: Erstaunen darf einen das nicht, schließlich befinden wir uns in Niederösterreich und dort wird seit Jahrzehnten eine sehr klare Verkehrspolitik gefahren: Weg vom öffentlichen Verkehr, hin zum privaten PKW.
Das hat bisher auch hervorragend funktioniert, man hat auf allen Ebenen ganze Arbeit geleistet: Bahnlinien wurden stillgelegt, Busverbindungen ausgedünnt, dafür wurden Straßen und Kreisverkehre ausgebaut.
Diese Verkehrspolitik der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts passt zwar überhaupt nicht mehr ins 21. Jahrhundert, das stört aber weder die niederösterreichische Bevölkerung noch deren politische Vertretung. In anderen Bundesländern ist es übrigens nicht viel anders, Niederösterreich sticht nur noch ein wenig hervor.

Das hat Auswirkungen auf vielen Ebenen und ich möchte das anhand eines Beispiels erklären.
In der Kleinstadt Melk gibt es nicht nur ein riesiges Stift, das seine Macht nicht nur optisch ausübt, sondern auch eine Politik, die erstaunliche Entscheidungen trifft.
Mitten im Zentrum gibt es ein Grundstück mit einem alten, nicht mehr bewohnten Haus plus einen verwilderten Garten. Dort wuchert und gedeiht es, letztlich ist so etwas wie ein kleiner Wald gewachsen.

melk1.jpg

Bild: Links angeschnitten sieht man das Dach des alten, leer stehenden Hauses. Daneben und dahinter wuchert der Garten, der auch seit Jahren sich selbst überlassen ist. Das hohe Haus dahinter ist ein Amtshaus.

melk2.jpg

Bild: Hier ist das alte Haus im Bild, dahinter der bereits existierende Parkplatz und dahinter die hohen Wohnhäuser. Die Anhöhe links oben hinten im Bild ist bereits Teil des Stift Melk.

Wie man dies bewertet, hängt von der Perspektive ab. Es ist entweder ein Kleinod oder ein Schandfleck.
Dahinter steckt die Frage, ob man an den Klimawandel glaubt oder nicht. Das ist nämlich die Basis für die Entscheidung, was mit diesem Grundstück passieren soll.
Sehen wir uns die Positionen an.

1.) Gerade in Zeiten der Klimakrise sind kleine, grüne Inseln inmitten von dicht verbautem Gebiet extrem wertvoll und müssen erhalten werden. Dort ist Rückzugsort für eine Vielzahl an Tieren, die Bäume und Sträucher sorgen für ein Mikroklima, besonders für Abkühlung an den immer zahlreicheren superheißen Sommertagen. Je weniger man dort tut, desto besser kann es sich entwickeln.

2.) So ein Grundstück im Zentrum ist ökonomisch wertvoll und muss daher bestmöglich verwertet werden. Weder das alte Haus noch der Garten bringen Geld, daher müssen sie so schnell wie möglich geschliffen werden. Die Wirtschaft in Melk, aber auch die Anrainer brauchen zusätzliche Parkmöglichkeiten, um in die Stadt kommen zu können. Es gibt zwar gleich daneben einen Busbahnhof und den Bahnhof, aber die meisten Menschen wollen mit dem eigenen PKW überall hinfahren können und müssen daher auch überall Parkmöglichkeiten haben.

Es ist nicht schwer zu erraten, welche Position in Melk gewinnt. „Österreich ist DAS Autoland“ hat der ehemalige Bundeskanzler Nehammer betont und der ist aus Niederösterreich und somit aus der ÖVP, quasi DER Autofahrerpartei schlechthin.

Somit wird in Melk ein Parkhaus gebaut, wo jetzt noch Bäume wachsen. Dass Österreich das Land mit dem höchsten Bodenversiegelungsgrad ist, muss man in Niederösterreich ja nicht so ernst nehmen. Dass die Menschen rundherum aus ihren Wohnungen in Zukunft statt in einen Grünen Wald auf Blechkisten in einem Betonbunker schauen, hat für ihre Lebensqualität scheinbar weniger Auswirkungen als die Aufgabe von ein wenig Bequemlichkeit in Form eines Parkplatzes vor der Haustüre. Vielleicht finden sie es auch einfach schöner.
Schließlich sind wir in Niederösterreich.