BMW i3 – und Du fährst nie wieder einen Verbrennungsmotor

Ich tu das natürlich trotzdem, aber in einer alten Vespa und wenn ich mir ein Auto ausborge.
Aber zur Sache: Ich durfte den BMW i3 probefahren, ein reines Elektroauto. Es gibt zwar einen Range Extender für die Leute mit „Range Anxiety“, dann hat das Ding aber fast überhaupt keinen Kofferraum mehr und außerdem braucht das wirklich fast niemand.

Die Größe entspricht etwa einem VW Golf und BMW hat sich bemüht so viel wie möglich ein wenig anders zu machen, sozusagen als Zeichen, dass man da auch wirklich in einem anderen Auto sitzt. Die hinteren Türen gehen z. B. nach hinten auf, wie beim alten Puch 500, wo sie als „Selbstmördertüren“ bekannt waren.

1

Hinten ist beim BMW ausreichend Platz, vorne natürlich auch. Ein zerklüftetes Armaturenbrett, bei dem sich die Konstrukteure vorgenommen haben, möglichst viel Besonderheiten einzubauen, etwa bei den verwendeten Materialien. Da sieht ein Teil aus wie Holz, aber nicht lackiert, sondern irgendwie anders behandelt. Die Kunststoffe wirken auch anders, bleiben aber Plastik, letztlich.

2

Leider leider könnte man mir das Auto nicht verkaufen, erstens brauch ich kein eigenes Auto und zweitens hat er ein „Keyless Go“ System, d.h. man kann den Schlüssel eingesteckt lassen oder irgendwo ins Auto legen. Damit habe ich extrem schlechte Erfahrungen gemacht und so etwas wäre für mich ein Ausschließungsgrund, egal was die Kiste sonst noch kann.

Der BMW kann einiges, etwa sehr flott fahren. Damit sind wir auch schon beim eigentlichen Punkt. Der Wagen hat eine unfassbar brutale Beschleunigung. Die meisten wirklich kräftigen Autos dürfen sich hier hinten anstellen, unter 200 PS braucht man es gar nicht versuchen. Du steigst auf das „Gas“pedal und er reisst ohne irgend ein erkennbares Loch an, es drückt dich in den Sitz wie bei einem Flugzeug, Überholmanöver sind eine Sache von wenigen Augenblicken.

6

Natürlich sind bei so einem modernen Auto auch Fahrwerk und Bremsen entsprechend gut, man kann den i3 wirklich schnell bewegen. Die schweineteuren und speziell für dieses Auto gefertigten Reifen zeigten zumindest bei meiner Probefahrt keine Schwächen, trotzdem hat die Physik hier ihre Grenzen. Echte Asphaltschneider sind es nicht, aber ein Satz neuer Reifen verpasst dir beim Blick auf das Konto einen Satz heiße Ohren.

7

Ein sehr nettes Instrument ist die Verbrauchsanzeige. Da gibt es so eine blaues Band in Form eines Halbkreises und ein weißer Strich, der eigentlich kein Strich ist, sondern nur eine Weißfärbung der blauen Dioden, zeigt dir den Verbrauch an. Linke Hälfte Rekuperation, rechte Hälfte Verbrauch. Je nach Fahrweise und Topographie wandert bzw. hüpft der weiße Strich hin und her, mal auf die linke Seite und mal auf die rechte. Er ist dezent gemacht, so dass man hinschauen kann, aber nicht muss. Trotzdem befindet er sich in der Mitte der Anzeige, das ist nun einmal so bei Elektroautos. Es ist erstaunlich wie viel er rekuperiert, beim Bremsen, aber oft auch einfach beim Dahinfahren leicht bergab, manchmal sogar in der Ebene. Das bewirkt, dass man in bergigem Gelände nicht mehr verbraucht als in der Ebene. In die Berge fahren verkürzt sozusagen nicht die Reichweite.

Das ist natürlich eine elende Sache, die meisten Menschen achten bei so einem Fahrzeug nur auf die Reichweite, selbst wenn sie 100 km beträgt und man ohnehin nur 10 km fahren möchte. Das hat die Industrie den Leuten sehr gut eingeschärft: die Angst vor dem Stehenbleiben. BMW nimmt das eher locker und spendiert dem i3 ein Navi, das die Elektrotankstellen und deren Entfernung anzeigt. Wenn man dann in einen Sparmodus schaltet, hat man gute Karten.

Trotzdem bleibt die Tatsache, dass einem der Energieverbrauch der Mobilität wieder bewusst wird. Beim derzeit immer noch unglaublich billigen Verbrennungskraftstoff interessiert das die meisten Menschen schlicht und einfach gar nicht. Beim Elektroauto denkt man daran und das ist vielleicht gar kein Nachteil.

Der Startschlüssel ist ein Knopf, das ist derzeit sehr modern. Schalten tut man mit einer Wippe und wenn man die Kiste abstellt, schaltet er automatisch in den Parkmodus.

3

Dann kann man noch eine Handbremse per Knopfdruck aktivieren. Anfahren tut er mit viel Drehmoment, also im Zweifelsfall ruckartig. Und er hat einen sehr guten Einschlag. Interessant ist das Geräusch, es unterscheidet sich beim Fahren nämlich nicht wirklich von einem modernen PKW. Bei dem sind die Motorgeräusche auch schon fast zur Gänze weggedämmt. Innen merkt man fast keinen Unterschied, außen natürlich schon, da ist er fast lautlos.

Das Design ist modern, vorne unter der Abdeckklappe, die man gerne „Motorhaube“ nennen möchte, befindet sich die Ladeeinheit. Hinten ein Kofferraum, der allerdings wirklich sehr bescheidene Ausmaße hat, ca. wie der Einser-Golf, vielleicht sogar noch kleiner.

4

Man kann den BMW daheim an die ganz normale Steckdose anschließen oder mit einer Schnelllade-Einheit bei einer entsprechenden Stromtankstelle.

5

Fazit: Ein gutes Auto, brauchbar für Menschen mit dem Ladebedürfnis eines VW Polo (also für die meisten) und normalen Fahrten von unter 100 km (auch das betrifft die meisten Fahrten). Ungelöste Probleme sind sicher der Ressourcenverbrauch bei der Herstellung (v.a. von der Batterie) und dass bis auf den Schadstoffausstoß keinerlei Mobilitätsmodernität zu erkennen ist.

Welcome to the Hotel California!

Also eigentlich war ich ja gar nicht in Kalifornien, sondern in Mayerling. Das ist der Ort, an dem sich schon Kronprinz Rudolf die Kugel gegeben hat und seine Mary Vetsera hat er gleich mitgenommen in die ewigen Jagdgründe.

Ich war dort um zu arbeiten, genauer gesagt um eine Klausur zu moderieren. Mayerling im Mai – leider zu den Eisheiligen, was aber wenig Auswirkungen hatte, denn die Klausur fraß sowieso die gesamte Zeit auf.

Ich war vor zehn Jahren schon einmal dort, im damals brandneu eröffneten Hotel Hanner. Das war irgendwie ein bizarrer Besuch, denn es gab dermaßen viele Störfälle, dass wir eine halbe Stunde des Seminars opferten, um die gröbsten Schnitzer des Hotels zu sammeln. Ich habe sie später der Wirtin geschickt und bekam sogar einen Essensgutschein für zwei Personen, den ich leider mangels passender Begleitung nie eingelöst habe.

Ich war gespannt, was daraus geworden war. Die Lage ist malerisch, im hügeligen Alpenvorland, eigentlich noch mitten im Wienerwald bzw. seine südlichen Ausläufern.

1

Es wurde inzwischen umbenannt, und zwar in „Relais & Chateaux Hanner“ – was auch immer das zu bedeuten hat. Das „Chateau“ ist jedenfalls das Schloss, das in diesem Fall noch ein „X“ dazu bekommen hat. Ein „Relais“ ist eigentlich eine Staffel (im Sinne von Staffellauf). Die Verbindung bedeutet eigentlich gar nichts, aber „Relais & Chateaux“ ist ein Marketingprogramm verschiedener Hotelrestaurants auf der ganzen Welt („500 von Charme geprägte Hotels und Gourmet-Restaurants, um die Welt zu entdecken“). Der Hanner ist Teil davon.
Marketing und der schöne Schein ist alles. Oder aber man findet folgenden Balkon „charmant“:

2

Ich gehöre nicht zu diesen Menschen, sehr wohl aber zu der Gruppe, die gutes Essen zu schätzen weiß. Und wir haben die beiden Tage (2 x Mittag, 1 x Abend, 1x Frühstück) sehr gut gegessen. Selbstverständlich gibt es Brüstchen an Schäumchen, das ist nun einmal so in der Gourmet-Küche. Ein wenig Chi-Chi mit Verzierungen hier und kleinen Häppchen dort. Winzige Portionen, extrem aufwändig zubereitet, wenngleich ich fairnesshalber sagen muss, dass ich nie hungrig geblieben bin. Am Abend lag das an meinem Tischnachbarn, der kein Fleisch isst. Ich durfte es erben und mir einwerfen.
Die Küche hat ihren guten Ruf eindeutig zu Recht, wenngleich die Bedienung ein wenig zu wünschen übrig lässt. Das Servierpersonal ist in eine Art schwarzen Shogun-Dress gekleidet, aber nur selten zu Gesicht zu bekommen, vor allem zwischen den Mahlzeiten.
Punkto Essenszeiten erwies sich das Hotel als flexibel, auch hier darf Lob nicht fehlen.

Als ich vor zehn Jahren meine Liste abgab, war einer der Punkte die Beschilderung der Zimmer und Stockwerke. Die gab es damals nur auf Englisch und auf meine Frage, ob hier auch Gäste willkommen wären, die nicht Englisch sprechen, gab es großes Schweigen. Aber sie haben gelernt, zumindest was diesen Punkt betrifft:

3

Damals war alles unfassbar erschlagen von Design. An jeder Ecke etwas noch Originelleres als in der Ecke daneben. Mit den Ecken haben sie es sowieso, keine Ahnung warum. Und leider manchmal störend, etwa wenn die Funktion eine schwere k.o.-Niederlage gegen das Design erlebt. Beispiele dafür sind zahlreich und an jeder Ecke zu bestaunen. Hier etwa die Duschecke:

4

Man kann es auf dem Bild nicht ganz erkennen, aber die Dusche ist in eine Ecke gebaut, und zwar absichtlich, denn man hätte es dort auch anders bauen können. So muss sich der Duschwillige in eine Ecke zwängen, um etwas Wasser abzubekommen. Das übrigens lauwarm war, und zwar auch in anderen Zimmern. Dafür war der Duschkopf enorm designed.
Dem Fass den Boden schlägt seit zehn Jahren die Glasscheibe zwischen Bett und Dusche aus. Vielleicht war ja der Architekt seinerzeit unsterblich verliebt, jedenfalls müssen seitdem die Gäste ihren Frauen oder Männern beim Duschen zusehen, in manchen Zimmern auch beim Sche…, denn da ist das Klo ins Bad integriert.

Wer das eckige Duscherlebnis hinter sich bringt, darf im Anschluss daran gleich kneipen. Da es zwischen Dusche und dem restlichen Bad keinerlei Hindernis für das Wasser gibt, schwimmt alles binnen einer Minute und rinnt auch nicht so schnell wieder ab.

5

Als Ausgleich gibt es zwei Duschgels. Das eine in einer kleinen Flasche, das andere in einer Art Seifenspender direkt unter der Dusche. Man kommt also duschwillig ins Bad, sieht die Fläschchen, reisst eines auf und sieht anschließend den Duschgelspender.

6

Mein Lieblingsdesignfehler ist der um 90 Grad vesetzte Spiegel zum Rasieren. Normalerweise hängt er oberhalb des Waschbeckens und erlaubt eine Genussrasur. Im Hanner hängt er einen knappen Meter entfernt ums Eck. Rasieren ist nur mehr was für Zirkuskünstler.

7

Wieder einmal gilt der alte Spruch: Man sollte Architekten dazu zwingen eine Zeit lang in den Gebäuden zu wohnen, die sie selbst entworfen haben.
Ich konnte auch diesmal wieder eine Verbesserungsidee deponieren: Es wäre fein, wenn es am Frühstückstisch einen Behälter gäbe, in den man den Teebeutel und andere Tischabfälle hinein werfen könnte. Er wurde dankend angenommen und ich freue mich schon darauf, wenn ich in zehn Jahren wieder zu Gast bin.

Wie Amazon den Buchmarkt aufmischt

So heißt eine Doku, die vor ein paar Tagen auf arte lief. Das Thema ist mir zwar nicht neu, aber die Aspekte, die in der Sendung besprochen wurden, werfen doch einen neuen Blick auf ein heikles Thema: Wie entwickelt sich der Buchmarkt?

Die folgenden Ausführungen sind vor allem für AutorInnen und Bücherfreunde interessant.

Amazon bietet Menschen, die gerne Bücher schreiben, diese aber mangels Interesse der Verlage nicht publizieren können, eine neue Möglichkeit. Bisher konnten sie mehr oder weniger nur Plattformen wie Book On Demand nützen, um ihre Bücher in Eigenfinanzierung drucken zu lassen. Das wurden und werden durchaus sauber produzierte Werke, für deren Vermarktung der Autor/die Autorin jedoch selbst sorgen muss.
Meistens scheitert es daran.

Nun gibt es die Möglichkeit auf einer Internetplattform, die von Amazon zur Verfügung gestellt wird, ein Buch zu produzieren und zu veröffentlichen. Es handelt sich dabei um ein E-Book, das sich Amazonkunden runterladen und dann auf einem Reader oder Computer lesen können. Das ist relativ neu.
Sehr neu ist der Preis, der in der Bücherwelt wie eine Bombe einschlägt. Romane werden etwa um 1,49- Euro angeboten. Das ist ca. ein Zehntel des ansonsten schon billigsten Preises.

Selbst die günstigsten Taschenbücher, die mit sehr niedrigen Druckkosten weil hohen Auflagen erzeugt werden, können da nicht mithalten.

Wie sieht es aber mit der Qualität aus? Sind diese Bücher zwangsläufig schlechter als andere, die von Verlagen produziert werden? Schließlich entscheiden hier wie dort letztlich die Leserinnen und Leser und das tun sie auch online. Allerdings tut es weniger weh, wenn man um 1,49 Euro Mist gekauft hat als um 14,90 Euro.

Amazon bietet seinen Autoren bis zu 70% Rendite – ein Verlag bietet normalerweise zwischen 5 und 12%, in Ausnahmefällen bis zu 30%. Das lockt die Kunden, die in diesem Fall Autorinnen und Autoren sind.
Ein Verlag bietet eine Vielzahl von Leistungen: Lektorat, Produktion des Buches (Layout, Cover, Druck) sowie Vermarktung (Lagerung, Logistik, Versand, Werbung). Das sind meist Leistungen, die ein Autor nicht erbringen kann oder/und will.

Die meisten dieser Leistungen bieten Self-Publishing-Plattformen nicht an. Aber man braucht sie auch nicht. Gerade mal Covergestaltung und Lektorat sowie ein gewisses Layout sind notwendig, letzteres aber schon sehr eingeschränkt. Lagerung, Logistik und Versand fallen weg oder werden durch die Internetplattform von Amazon erledigt. Selbst die Covergestaltung kann man günstig kaufen oder selbst machen – vielleicht nicht in der Qualität eines Verlages, aber auch hier gibt es bessere und schlechtere und manchen Konsumenten ist das auch nicht so wichtig – Hauptsache der Preis stimmt.

Nun kann man einwenden, dass der Buchmarkt mit minderwertigen Büchern überschwemmt wird. Aber stimmt das auch? Setzen sich hier ebenfalls die guten gegen die schlechten Bücher durch?
Wie immer (oder meistens) entscheiden die Leserinnen und Leser, was sie lesen bzw. kaufen wollen und was nicht. Das Problem des klassischen Buchhandels ist tatsächlich der Preis, denn das Lesen auf einem Reader ist für viele Menschen (mich eingeschlossen) keine wahre Freude. Ich glaube, dass nicht viele Menschen E-Books kaufen, weil sie kein Buch aus Papier wollen. Sie nehmen es eher in Kauf und genießen vielleicht noch die Zusatzvorteile, etwa dass man sich sehr viele Bücher auf einem relativ kleinen Gerät speichern und dann z.B. im Urlaub auswählen kann.

Die Preissensibilität betrifft nicht nur die Bücherwelt, sondern sehr viele Bereiche. Menschen kaufen sich lieber ein billiges Auto als gar keines. Wir haben gelernt gute Konsumenten zu sein. Das trifft auch dann zu, wenn wir weniger Geld zur Verfügung haben. Wir wollen deswegen auf keinen noch so kleinen Teil des Konsums verzichten. Wir kaufen die Markenware dann im Outlet statt in der Stadtboutique, aber wir kaufen nach Möglichkeit die gleiche Menge wie früher.
Dazu kommt noch, dass wir strategisch planen: Wer bei Büchern spart, hat für andere – wichtigere – Dinge mehr Geld.

Amazon tut dies nicht aus Menschenfreundlichkeit. Sie wollen viel Geld verdienen und haben ausschließlich den Profit auf ihrer Interessenliste. Am meisten Profit macht man als Monopolist und wenn man die gesamte Wertschöpfungskette unter Kontrolle hat. Idealerweise lagert man teure bzw. komplizierte Vorgänge und Teile der Wertschöpfungskette jedoch aus: Dies schafft Amazon, indem es die Autorinnen einige Verlagsarbeiten selbst machen lässt, wie etwa die Coverproduktion.

Mit ihrem Angebot decken sie das alles ab: Der Reader „Kindle“ kann nur bei Amazon gekaufte Bücher darstellen.
Aber Amazon hat ein verlockendes Angebot für die Autoren: Viele haben schon schmerzlich erfahren, wie weh es tut, wenn man von einem oder gar vielen Verlagen abgelehnt wird, oft mit irgendwelchen standardisierten Erklärungen. Amazon lehnt niemand ab. Hier ist jede und jeder willkommen und kann mit viel Hilfe und wenig Aufwand ein Buch veröffentlichen – oft ein Traum hoffnungsfroher Schreiberlinge.

Nun geraten aber die Verlage immer mehr unter Druck. Sie sind in den letzten Jahren schon geschrumpft und mussten harte Zeiten durchmachen. Oft müssen sie mit einem erfolgreichen Buch drei oder vier Ladenhüter finanzieren. Die öffentlichen Druckkostenzuschüsse werden auch weniger und der Markt wird riskanter. Pro Jahr erscheinen allein im deutschen Sprachraum über 100.000 neue Bücher. Da wird der Weg ans Licht schon wegen der schieren Menge immer länger und der Markt wird schwieriger. Dazu kommt noch, dass eine Handvoll großer Verlage (allen voran Bertelsmann) die kleinen unter Druck setzen und sich langsam oder auch schnell einverleiben. Die Verlage sind gar nicht mehr in der Lage sich mit den zugesandten Manuskripten genau auseinander zu setzen.
All das wird durch die neue Entwicklung noch verschärft. Zudem verändert sich auch der Konsument: die gut betuchte ältere Dame, die gerne durch Buchhandlungen streift und die Empfehlungen der netten Buchhändlerin gerne und oft in Kauf umsetzt, wird seltener. Die meisten Menschen haben Internet und kennen Amazon, die Schwelle ist niedrig, hier einzukaufen. Noch dazu dient es der Bequemlichkeit, man macht einen Knopfdruck und bekommt blitzschnell ein Buch zugeschickt. Dank der Kreditkarte kann man später zahlen, was ein weiterer Vorteil ist, den nicht alle Buchhandlungen bieten können.

Als ob das noch nicht genug wäre – aber es geht weiter: über Amazon finden Autoren ihr Zielpublikum. Ich kann mich selbst als Beispiel nehmen. Vor der Publikation meines ersten Vespa-Buches stand ich vor dem Problem den richtigen Verlag zu finden. Da ich zuvor schon zehn Bücher bei sechs Verlagen publiziert hatte, war mir die Schwierigkeit bewusst: ich müsste nicht nur einen Verlag finden, der sich das Buch zutraut, sondern auch einen, der den Zugang zum Markt hat.
Verlage haben nämlich nur einen eingeschränkten Zugang, der über einige Kommunikationskanäle geht: Sie können Werbung machen und die Info über eine Neuerscheinung damit mehr oder weniger breit streuen. Sie können Kataloge für Buchhandlungen herausbringen und Agenten durch die Lande schicken. Danach wird die Suppe aber schon sehr dünn. Verlage sind darauf angewiesen, dass Buchhändler ihre Werke präsentieren und bewerben. Sie müssen darauf hoffen, dass sie mit beschränkten Werbemitteln einen Erfolg erzielen. Das wird immer schwieriger, weil die Werbebudgets ständig sinken.

Amazon ist hier viel entspannter: Sie haben eine Unzahl Kunden und keinerlei Platzprobleme bei der Lagerung, speziell bei E-Books. Sie können ein Buch über Jahre im Angebot lassen ohne ein einziges Exemplar verkaufen zu müssen, während Verlage gezwungen sind, unverkäufliche Bücher schnell auszusortieren und dann auch noch für die Vernichtung zu zahlen.
Aber Amazon hat noch ein weiteres Plus zu bieten: Sie erreichen das Zielpublikum wesentlich besser, zumindest in vielen Fällen. Nehmen wir mein Vespa-Buch. Die meisten Exemplare verkaufe ich über Amazon, weil mein Buch dort gesucht wird. Die Menschen aus dem gesamten deutschen Sprachraum loggen sich ein und suchen nach dem Stichwort „Vespa“, wenn sie einem vespa-begeisterten Menschen ein Buch über seine Leidenschaft schenken wollen. So finden sie mich. Sie könnten natürlich auch in eine Buchhandlung gehen und dort fragen und viele tun das auch. Der Buchhändler kann aber auch nur im VLB (Verzeichnis Lieferbarer Bücher) im Internet nachsehen und findet dort eine Liste. Da er selbst meist kein Spezialist ist, kann er nicht einmal eine Empfehlung geben. Bei Amazon hingegen findet man Online-Kritiken.

Amazon wirkt nicht nur übermächtig, sie sind es auch. Die enorme Größe gibt ihnen nicht nur theoretisch eine Marktmacht, sondern auch praktisch, und das auch noch weltweit. Sie können mit ihrer Kriegskasse so ziemlich jeden Gegenspieler umbringen. Das funktioniert vor allem in den USA gut, die fast durchwegs monetär gesteuert werden. Ganze Landstriche sind bereits von Buchhandlungen befreit worden und wenn Amazon etwas nicht bekommt, setzt es einfach so viel Geld ein, bis der gewünschte Erfolg vorhanden ist.
Kritiker vergleichen Amazon bereits mit Nestlé oder Monsanto, aber sie sind meiner Ansicht nach einfach ein Produkt ihrer Zeit. Wenn wir Amazon nicht wollen, dann müssen wir in Buchhandlungen gehen und Bücher aus Papier lesen. Allerdings dringt Amazon auch schon in diesen Markt ein. Und für Autoren wie mich haben der klassische Buchhandel sowie die Verlagslandschaft derzeit leider kein Angebot. Ich werde weiterhin im Eigenverlag publizieren, und zwar ausschließlich mit gedruckten Büchern. Zumindest glaube ich das derzeit.

Die Omi ist nicht mehr

Heute um 17 Uhr ist meine Großmutter gestorben. Sie wurde 92 Jahre alt und hatte ein über weite Strecken bewegtes Leben.

oma

Als mein Onkel gestern eine Mail schrieb und meinte, sie hätten die Omi jetzt von der künstlichen Ernährung abgehängt und sie würde Morphium bekommen, war klar, dass es dem Ende zu geht. Die letzten Wochen hatte sich ihr Zustand verschlechtert, bis vor einer Woche gab es jedoch noch Hoffnung, dass sie sich erholen und wieder nach Hause zurück kehren könnte. Zugegeben – keine große Hoffnung, aber immerhin.

Die Omi war kein Fall für ein Pflegeheim. Sie musste nach ihrer Scheidung lernen alleine zurecht zu kommen und erarbeitete sich eine tadellose Selbständigkeit. Über dreißig Jahre wohnte sie in ihrer netten kleinen Wohnung in Dornbach und bis vor zwei Jahren fuhr sie engagiert und flott Auto. Sie hörte nicht mehr allzu gut, aber ihre Augen waren noch okay und sie fuhr auch nicht mehr so schnell wie früher, als wir sie die „flotte Omi“ nannten.
Als sie Anfang des Jahres ins Krankenhaus musste, war dies zwar beunruhigend, aber nicht tragisch. Eine Stomatitis machte ihr das Essen schwer und daher magerte sie noch mehr ab, als sie sowieso schon war. Einige Krankheiten, zuletzt ein hartnäckiger Virus vor einem Jahr, machten ihr zu schaffen. Aber wie war ein robuster Typ und erholte sich wieder.

Ich ging ihr die letzten paar Jahre ein bis zwei Mal die Woche einkaufen und zur Bank, sie nannte mich neckisch ihren „Finanzminister“. Pünktlich um acht Uhr in der früh rief sie mich an und gab mir die Einkaufsliste durch. So war ich auch weitgehend gut informiert darüber wie es ihr jeweils ging, wenngleich lange Gespräche nur mehr sehr selten waren. Der kleine Schmattes, den ich jedes Mal bekam, war mir mehr wert als nur die Geldsumme – immer wieder trank ich den einen oder anderen Spritzwein auf sie und ihr Wohl.

Sie sorgte bis zuletzt großteils für sich selbst, wenngleich sie eine Putz- und Haushaltshilfe hatte und nette Nachbarn, die ihr Besorgungen erledigten. Im Pflegeheim fühlte sie sich nicht wohl, das war nicht ihre Welt. Aufgrund ihrer Sturheit, die sie durchaus immer wieder an den Tag legte, konnten wir bis zuletzt nicht wissen, wie es mit ihr weitergehen würde.

Sie war Jahrgang 1922 und wuchs als Tochter eines Ottakringer Fleischhauers auf. Sie heiratete jung und bekam ihren Sohn mit 19. Ihr Mann, der Toni, war Fliegeroffizier und zu dieser Zeit (1941) schon als Hauptmann bei der deutschen Luftwaffe tätig, zuletzt als Staffelkommandant einer Aufklärungseinheit. 1943 kam meine Mutter zur Welt und nicht lang danach wurde er über Russland abgeschossen, bei einem Flug, der bei Nebel stattfinden sollte. Er wusste, dass er davon nicht zurück kehren würde.
Die widerlichen Nazis nutzten seinen Tod für ihre üble Propaganda – meine Großmutter hatte da sicher keine leichte Zeit.

Dann kam noch ihr Bruder verwundet aus dem Krieg zurück und rückte nach der Genesung wieder ein. Auch er wurde umgebracht – der nächste Schlag für eine junge Frau mit gerade mal ein wenig mehr als zwanzig Jahren und zwei Kindern.
Sie heiratete noch einmal – den Mann, den ich als „Opi“ kennenlernte. Er war auch mein Taufpate und ein sehr guter Zahnarzt. Als er sechzig Jahre alt war angelte er sich eine neunzehnjährige Zahnarztassistentin und gründete eine neue Familie.

Auch das war keine leichte Zeit für die Omi. Sie zog in ihre kleine Wohnung und machte den Führerschein. Ich erinnere mich noch an ihr erstes Auto, einen „DAF 66“. Das war ein Kleinwagen mit Automatik, den sie aber nicht lange hatte – ich glaube, sie fuhr ihn kaputt.

Sie war das, was man sich unter einer Omi vorstellt. Wenn wir Kinder krank waren, dann kam die Omi und brachte Süßigkeiten. Ich erinnere mich noch als ich Scharlach hatte und ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Die Quarantänestation war eine grausliche Erfahrung, die Verwandten durften nur durch eine Glasscheibe mit uns Kontakt haben, also Sichtkontakt.
Wenn es uns schlecht ging, dann war die Omi da, hielt unsere Hand und sprach uns Trost zu. Das konnte sie wirklich gut und sie brachte am liebsten Ildefonso mit – für uns ein stets willkommenes Geschenk.
Gestern hab ich eine halbe Stunde ihre Hand gehalten, um mich zu verabschieden. Ich weiß nicht, ob sie mich noch registriert hat, die Hand hat sie jedenfalls gespürt.

Niemand weiß, was mit uns nach dem Tod geschieht. Dass wir unsere Verstorbenen treffen, ist vielleicht nur ein Wunschglaube, aber ich wünsche ihr, dass sie ihren Toni wieder trifft und auch den Sepp, ihren Bruder. Beide hat sie schließlich verdammt lang nicht mehr gesehen.

Die folgenden Bilder umspannen einen Zeitraum von 1964 bis 2013:

Omi ca. 1964:

omi_1964

Brigitte, die beste Freundin meiner Mutter, Omi, und meine Mutter, ca. 1964:

brigitte_omi_mutti

Mutti und Omi in der Sommerfrische, auch ca. 1964:

omi_1964_3

Meine Wenigkeit und Omi, 1967:

omi_1966

Mutti und Omi, wieder ca. 1964:

omi_1964_2

Meine Wenigkeit und meine Schwester im Wagerl – Omi führt uns spazieren, ca. 1969:

omi_1969

Das war Omis 91. Geburtstag im April 2013 am Hohen Lindkogel:

omi_91er

Das ist 14 Jahre früher, April 2000:

omi_Lindkogel_2000

Auch das ist der Geburtstag 2000:

omi_Mai_2000

Noch einmal 1964 – hier sieht man die Ähnlichkeit mit meiner Mutter und auch mit meiner Schwester:

omi_1965