Kleine Wunder

In Namibia wird an die Menschen das so genannte BIG (Basis Income Grant) ausgezahlt – umgerechnet 8 Euro. Dieses Geld steht jedem Menschen ab seiner Geburt zu, jedoch leider nicht in ganz Namibia, sondern nur in einem Ort namens Otjivero. Mittels einer Karte und des Fingerabdrucks kann man sich das Geld jeden Monat auszahlen lassen. Nicht alle geben es für vernünftige Dinge aus.

Hochgerechnet würde es 5,7% des Namibischen Budgets kosten und mit sofortiger Wirkung 30% aller Menschen aus der Armut emporheben.

Interessant ist die Grundidee dahinter: Jeder Mensch hat von Geburt an ein Recht zu leben. Diejenigen, die vorher schon da waren, sind die einzigen, die ihm dieses Recht geben oder verweigern können. Sie bilden zusammen die Gemeinschaft und die ist es auch, die das BIG auszahlt. Da der Staat in Namibia jedoch in seiner Entwicklung noch nicht so weit ist, übernimmt eine evangelische Kirche plus europäischen Sponsoren das BIG.

Das Problem: Es handelt sich hier wiederum um Almosen, die von den Reichen an die Armen verteilt werden. Die haben kein Anrecht darauf. Der evang. Bischof kommentiert das so: Es sollte nie Geld für die Armen zuerst durch die Hände von Reichen gehen.
Das hat was.
Aber was ist die Alternative? Die Reichen sind ja eben deswegen reich, WEIL sie das Geld haben. Das führt uns zur „Im-Zentrum-Diskussion“ von neulich. Mit dem Mörtel und mit dem Chef von Berndorf. Alle dort versammelten Reichen stellten sich als totale Wohltäter dar, sozial bis in die Knochen, jeden Cent re-inverstierend, natürlich zum Wohl der gesamten Menschheit. Nur sie selbst wären geknechtet und würden ohnehin schon fast alles in Form von Steuern abgeben. Jetzt noch 0,3 % mehr Grundsteuer? Unmöglich! Sie wären sofort pleite, denn in Wahrheit wäre all das Geld, das sie haben, ja bei genauer Betrachtung nur Schulden und sie würden… ach egal, die Reichen wollen sich nichts wegnehmen lassen, das ist ja nicht neu.

Gestern hat Christian Felber im Club 2 die Idee eingebracht, Vermögen von über einer Million Euro mit 1 % zu besteuern. Wilde, etwas hilflos wirkende Aufregung – das könne man doch nicht machen, die hätten sich das alles hart erarbeitet und das würde letztlich zu einer vollkommen ungerechten Umverteilung (bei diesem Wort heulen manche Menschen noch viel viel mehr auf) führen. Selbstverständlich wäre das ab-so-lut indiskutabel, niemals, wir geben nichts her (der Niki Lauda sagt es uns eh täglich in der Werbung: Ich habe doch nichts zu verschenken!). Und außerdem. Und überhaupt. Da könne ja jeder kommen!

Und dann war ich gestern noch in einer Arbeitsgruppe, in der ein Banker (Bank Austria, Bereich Lobbying) meinte: Die meisten Unternehmer wären ohnehin komplett altruistisch und würden sich maximal ein paar Cent da und dort für eigene Bedürfnisse aus dem Topf nehmen, den Rest des Profits jedoch in Lohnerhöhungen ihrer Mitarbeiter investieren. Fazit: lauter Heilige, weder gierig noch sonst irgendwas. Und es gäbe auch keine reichen Griechen, die ihr Geld in die Schweiz gebracht hätten – vielleicht ein paar kleinere Beträge, aber sonst nicht, das wäre doch aufgefallen!

Je mehr ich darüber nachdenke, desto interessanter wird es: Eat the Rich! Das ist immer noch ein Ausweg, wenn man sonst nichts mehr zu Fressen hat, auch wenn die wahrscheinlich nicht sehr gut schmecken. Leider betrifft das auch mich, denn im Vergleich zum Mörtel bin ich arm wie eine Kirchenmaus (punkto Geldvermögen und Grund etc.), aber im Vergleich mit den meisten Menschen auf dieser Welt bin ich reich. Und ich will keine Mauern bauen, um das zu schützen, was ich angehäuft habe.

Da muss es eine bessere Lösung geben. Gegen das bedingungslose Grundeinkommen spricht bei uns vor allem, dass dieses Geld dann nicht mehr durch die Hände der Reichen fließen würde und sie eines starken Machtmittels beraubt würden. Verständlich, dass sie das nicht wollen.

Was heißt das jetzt? Wir werden auf das eine oder andere spannende Ereignis warten müssen, nach dem uns sowieso keine Alternative mehr bleibt. Scheinbar brauchen wir Menschen das, ohne starken Leidensdruck gibt es keine Veränderung.

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