Wie wir an Afrika verdienen

Es ist manchmal erschütternd zu sehen, mit welcher Dreistigkeit Europa in Afrika vorgeht. Ein Dokumentarfilm („Konzerne als Retter?“) hat dieses Thema aufgegriffen und anhand von 7 Projekten gezeigt, wie das funktioniert.

1.) Erdäpfel für Kenia
Auf den ersten Blick klingt das gut: Durch Ertragssteigerung soll der Hunger bekämpft werden. Erdäpfel sind nahrhaft und werden von 800.000 Kleinbauern in Kenia angepflanzt. Wenn man verbessertes Saatgut unter die Bauern bringt, so lässt sich die Erntemenge deutlich steigern und die Bauern bekommen erstens mehr Geld und zweitens sind größere Mengen vorhanden.

Also fördert man über eine Gesellschaft für Zusammenarbeit dieses Projekt, an dem vor allem gewinnorientierte Unternehmen aus Deutschland beteiligt sind. Ein Betrieb in Kenia erzeugt das potente Saatgut, das jedoch 25 Euro pro Sack kostet und somit nur für wohlhabende Bauern in Frage kommt.
Da es sich dabei um holländische und andere europäische Erdäpfelsorten handelt, müssen diese mit Düngemittel und Pestiziden versorgt werden. Das und die notwendigen industriellen Großmaschinen liefern deutsche Hersteller.
Gefragt sind vor allem Sorten, die sich für die Weiterverarbeitung zu Fast Food eignen (Pommes).

Fazit: Zur Hungerbekämpfung oder um Kleinbauern zu fördern eignet sich dieses Projekt nicht, für das Entwicklungshilfegelder eingesetzt werden.

2.) Dr. Oetker
Über einen Hilfsfonds werden zwei Millionen Euro Entwicklungshilfegeld in eine Firma investiert, die in Nairobi von einem Deutschen betrieben wird und in Deutschland erzeugte Pizzae, Tiefkühlbeeren und Torten nach Kenia importiert.
Dazu braucht man eine lückenlose Kühlkette und somit wird das Geld für Kühlmaschinen bzw. Kühlhäuser ausgegeben.
Abgesehen davon, dass die Umweltbilanz einer solchen importierten Tiefkühlpizza katastrophal ist, kann sich nur die kenianische Oberschicht diese Pizzae leisten. Man könnte sie auch in Kenia erzeugen, aber dann würde Dr. Oetker nicht so viel daran verdienen.
Immerhin hat der Deutsche 25 Arbeitsplätze geschaffen.

3.) Baumwolle
Sambia ist das viertärmste Land der Welt mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 52 Jahren. Die Armut ist groß, gefördert wird mit Entwicklungshilfegeld jedoch der Anbau von sogenannten „Cash Crops“, das sind Feldfrüchte, die man nicht essen kann, wie etwa Baumwolle. Die Zusammenarbeit der deutschen Entwicklungshilfegesellschaft GEZ mit profitorientierten Firmen verhindert den Aufbau staatlicher Strukturen. Die Lehrer, die Bauern punkto Baumwollanbau schulen, kommen von den Firmen, die an der Baumwolle für den Export interessiert sind und den Bauern Dünger und Pestizide verkaufen wollen.

Dagegen wäre ja noch nichts einzuwenden, aber nachhaltig ist das natürlich nicht, da keine festen Strukturen aufgebaut werden, sondern die Bauern kurzfristig mehr Einkommen haben, wenn die Weltmarktpreise entsprechend sind. Ihre Abhängigkeit von ausländischen, ausschließlich profitorientierten Konzernen (wie dem südafrikanischen NWK) maximiert sich dadurch. Wenn die Firmen nicht mehr genug verdienen, ziehen sie weiter, in ein anderes Land oder auf einen anderen Kontinent.

Die Firmen geben den Kleinbauern Kredite für Maschinen, Saatgut und Pestizide und sie kaufen ihnen die Ware ab.
Die Bauern selbst können weder Entwicklungshilfegelder beantragen noch haben sie sonst irgend einen Einfluss bzw. Rechte. Sie spielen keine wirkliche Rolle, was man auch daran erkennen kann, dass sie ohne Schutzkleidung arbeiten müssen. Die gibt es nur für ausgewählte Bauern im Einzelfall. Zynischerweise werden sie aber darauf hingewiesen, dass sie Schutzkleidung tragen müssen.

Erhaltung der Bodenqualität, Artenvielfalt, Gesundheit der Bauern – all das ist in den Businessplänen nicht vorgesehen. Das zeigt auch das nächste Beispiel:

4.) 20.000 Hektar Palmölplantagen
Wo Palmfrüchte angebaut werden, wächst keine Nahrung. Wir sind schon wieder in Sambia, ein Land, das sich offensichtlich gut zur Ausbeutung eignet. Dort hat die Firma „Zambeef“ 35 Mio. Euro von Entwicklungshilfebanken bekommen.
Die Versprechen für die vorher dort ansässige Bevölkerung wurden nicht eingelöst – weder die Schule gebaut, noch die Krankenstation noch sonst etwas.
Das ist verständlich, denn das würde Geld kosten, das den Gewinn schmälert. Und wenn die Menschen, denen man es versprochen hat, nicht die Macht haben das Versprechen einzuklagen, wäre es aus betriebswirtschaftlicher Sicht vollkommen falsch es zu bauen.
Das Land wird von der Regierung an die Firmen vergeben – wer vorher dort gewohnt hat, muss weg und hat Pech, auch wenn ihm das Land rechtlich zustehen würde. „Landgrabbing“ nennt man das übrigens.

Ökologische Richtlinien spielen bei der Plantage mit 430.000 Ölpalmen ebenfalls keine Rolle und die DEG (Deutsche Entwicklungshilfe Gesellschaft) ist keinerlei Rechenschaft schuldig, was sie mit dem Geld tut.
Das größte Problem ist hier das der Monokultur. Sie macht die Pflanzen anfällig für Schädlinge, da die Resilienz durch die Biodiversität nicht mehr gegeben ist.

Schwierig wird es, wenn man die Finanziers betrachtet. Beliebt ist z.B. der ATIF-Fonds, nach außen hin geschaffen um die Armut zu verringern. Wenn man sich die Investoren wie z.B. die Deutsche Bank ansieht, dann kommt der Verdacht auf, dass es hier um Gewinnmaximierung geht. Die Deutsche Bank ist schließlich keine Caritas, sondern ausschließlich auf Profit ausgelegt. Der Fonds sitzt in Luxemburg um keine Steuern zahlen zu müssen und finanziert private Großunternehmen.
Das Modell des Fonds: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren. Und das alles unter dem Deckmantel der Entwicklungshilfe und angeblichem „Private Public Partnershop“.

5.) Tanzania und der Kaffee
Auch hier werden die Bauern ausgebeutet.
Ein Beispiel, wie das konkret aussieht:
Der Konzern OLAM schenkt den Kleinbauern Kaffee-Setzlinge. Sie bauen jetzt statt Maniok oder Bananen den Kaffee an, den man aber nicht essen kann. Zusätzlich müssen sie beim Konzern Dünger und ev. einen Generator zur Bewässerung kaufen, weil Kaffee im Gegensatz zu dem, was vorher angebaut wurde, viel mehr Wasser braucht. Und Nahrung müssen sie auch kaufen. OLAM borgt ihnen aber gerne Geld.
Die Schulden steigen jedes Jahr, weil Kaffee erst nach vier Jahren Ertrag bringt. Die Bauern bekommen aber keinen Vertrag mit OLAM, d.h. sie haben keine Abnahmegarantie und schon gar keinen Preis.
Wenn die Ernte schlecht ist und die darauf folgende Ernte auch, stellt OLAM die Kredite fällig und bekommt das Land der Bauern. Wenn die Ernte gut ist, sinkt der Preis und die Bauern können die Kredite ebenfalls nicht zurück zahlen. OLAM bekommt das Land der Bauern, mit bereits erntefähigen und bewässerten Kaffeesetzlingen.
Toll, nicht?
Und das Beste: OLAM musste nicht einmal selbst investieren, weil sie das Geld aus einem Entwicklungshilfefonds bekommen haben. Eine Win-Win-Win Situation, nämlich für OLAM, OLAM und OLAM.

Und die Bauern? Die müssen von dort weggehen. Zum Beispiel nach Europa. Hier gelten sie dann als „Wirtschaftsflüchtlinge“, die sich bei uns bereichern wollen.

6.) Die Gewürzbauern von Sansibar
Es gibt aber auch positive Beispiele: Auf Sansibar werden Bauern mittels Förderungen geschult, damit sie z.B. die Zertifizierungen ihrer Gewürze selbst machen und sie dann verkaufen können. Hier erhält zwar auch die DEG die Förderungen, macht damit aber sinnvolle Projekte. 3x im Jahr kommt ein Berater nach Sansibar, der den Bauern Mikroorganismen mitbringen, die ihnen den Einsatz von Pestiziden ersparen bzw. dafür sorgen, dass sie weniger Gift und vor allem keinen teuren Kunstdünger brauchen.
Die Bauern können so bessere und mehr Produkte erzeugen und bekommen auch einen guten Preis. Sie bleiben eigenständig und verdienen so viel, dass sie ihre Kinder in die Schule schicken können. Das ist echte Investition in die Zukunft.

Dass die Industrie die Nahrungsprobleme dieser Welt löst, ist wohl ein Märchen. Die Welt wird zu 2/3 von Kleinbauern ernährt. Zugleich sind auch 2/3 der Hungernden dieser Welt Kleinbauern.
Vielleicht wäre es an der Zeit das Leben dieser Menschen zu entwickeln oder sie zumindest nicht auszubeuten.

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