Kenia von Nord bis Süd – Tag 9: Maasai Mara, endlich!

Auf diesen Tag habe ich mich seit vielen Jahren gefreut, denn die Mara ist für mich einer der magischsten und schönsten Orte der Welt.
Die Nacht war angenehm und auch völlig sicher, denn einer der Maasai hat die ganze Nacht im Lager patrouilliert und aufgepasst, dass uns und unserem Auto nichts passiert.
Ich kann das Semadep-Safaricamp uneingeschränkt empfehlen. Für uns war es auch deswegen so spannend, weil es den Rhythmus umgedreht hat: bisher haben wir immer schweineviel Geld für die Übernachtung in den Parks bezahlt und konnten die 24 Stunden nie ausnützen, außer im Marsabit und dort hat es sich nicht so ganz ausgezahlt.

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Bild 68: Esszimmer, Maasai-Stil

Jetzt haben wir draußen übernachtet und fahren um 10 Uhr Vormittags in den Park. Wenn wir in ein paar Tagen nach Nairobi fahren, so werden wir kurz vor 10 Uhr den Park verlassen und damit die Eintrittsgebühren voll auskosten.

Dann ist es soweit, wir brechen auf und sind nur kurze Zeit später am Parkeingang. Dort hat sich einiges verändert, das System wurde komplett auf Computer umgestellt, alles ist jetzt im Park vernetzt und jedes Gate weiß, wer bei einem anderen Gate hinein fährt usw.
Außer das System stürzt ab, dann weiß niemand gar nichts. Und genau das ist der Fall als wir hinkommen.
Meine Geschwätzigkeit kommt mir wieder einmal zu gute, denn ich erzähle wie lange ich schon hierher komme und noch einiges mehr. Der Game-Ranger ist erfreut und meint, das Computerproblem soll für uns kein Nachteil sein. Dann schreibt er uns einen Zettel als Quittung für die bezahlten drei Tage (sportliche 70 Dollar pro Tag und Nase) samt seiner Telefonnummer. Da sollten wir anrufen, wenn es bei einer Kontrolle Probleme gibt. Auf die heikle Frage, wo wir denn hinfahren würden, nennen wir das Makindo-Camp, das ist ein neues Privatcamp auf unserem ehemaligen Flussschlingenplatz. Er ist zufrieden und wir hoffen, dass er nicht dort anruft. Alle Game-Ranger haben inzwischen Handys und sind genauso verrückt danach wie die Leute bei uns. Telefoniert wird ständig.
Wir machen uns aber jetzt einmal keine unnötigen Sorgen und fahren in den Park.
Nach kurzer Zeit kommt links die Abzweigung zur Mara Research Station. Wir haben beschlossen, tatsächlich in die Gegend vom Makindo-Camp zu fahren, denn dort gab es in der Vergangenheit immer viel zu sehen. Hinter der Research-Station führt ein Weg über einen Hügel und wir können den Weg abkürzen und müssen nicht über die im Zentrum des Parks gelegene Keekorok-Lodge fahren. Außerdem ist der Weg über den Berg zugleich auch schon ein Game-Drive.
Zu meinem Erstaunen ist die Station scheinbar aufgegeben worden. Alles befindet sich schon im Verfall und die Szenerie ist ein bisschen gespenstisch, wie aus einem Endzeitfilm.
Wir fahren weiter und nehmen oben an der Kuppe die linke Abzweigung statt der rechten. Es ist lange her, dass ich hier das letzte Mal gefahren bin und ich kann mich nicht genau erinnern, wo es lang geht.
Nach einiger Zeit wird klar, dass wir die falsche Abzweigung genommen haben. Das spielt aber keine Rolle, da wir es nicht so wahnsinnig eilig haben und genau genommen ohnehin nur da sind um herumzufahren und Tiere zu sehen.
Die gibt es in dieser Ecke allerdings nicht gerade reichlich, momentan sieht alles wie ausgestorben aus.

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Bild 69: Eine Furt – wie tief ist sie? Am besten klärt man das, indem man einfach durch watet.

Das ändert sich auch nicht als wir weiterfahren und uns der Weg immer weiter Richtung Ololaimutiak-Gate führt. Dort wollen wir zwar nicht hin, aber in dem Tal dorthin führt die große Straße, die uns wieder dorthin bringen wird, wo wir eigentlich hin wollen.
Nach einer längeren Fahrt über Wege, die nur sehr selten befahren werden, kommen wir an die Straße. Vorher jedoch entdecken wir auf einem kleinen Hügel eine Bande Mangusten – allesamt neugierig ohne Ende, aber auch scheu. Sie verschwinden immer wieder in ihrem Bau und kommen sofort wieder heraus. Das alleine macht den Game-Drive schon erfolgreich, denn die habe ich noch nie zuvor gesehen.

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Bild 70: Mangusten

Die alte Abzweigung zu unserem ehemaligen Zeltplatz finden wir zwar nicht, aber um den Hügel, der dort liegt, kann man auch von der anderen Seite herumfahren und dieser Weg ist nicht zu verfehlen.
Das Glück ist uns hold und wir entdecken in einer besonders schönen Ecke, an die ich mich noch gut erinnere, eine riesige Herde Elefanten. Ich zähle fast vierzig, später erfahren wir, dass es 47 Stück sind.
Wir fahren weiter und sind irgendwie erstaunt, dass die Mara menschenleer wirkt. Wir sind bisher nur einem einzigen Auto begegnet, und das war auf der Hauptstraße.
Jetzt erreichen wir das Makindo-Camp, das aber ebenfalls sehr ausgestorben wirkt. Plötzlich kommen doch zwei Ranger und wir wechseln ein paar Worte. Dann geht es auf dem alten Weg den kleinen Fluss bergauf. Wir finden die alte Furt und sehen auf der anderen Seite den kleinen Wald mit der Quelle, von der wir früher das Wasser geholt haben.

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Bild 71: Furt

Als wir weiter oben über den steinigen Teil des Weges humpeln und ich mich daran erinnere, wie wir uns früher mit dem Bus da drüber gequält haben, sehen wir auf der anderen Seite des Flusses doch einen Minibus voller Touristen.
Und er hat Probleme, und zwar mit einem Elefanten, der die Annäherung des Minibusses gerade gar nicht leiwaund findet und langsam Fahrt aufnimmt. Der Minibusfahrer wendet ganz ganz schnell und haut ab. Der Elefant verfolgt ihn aber länger als das normalerweise üblich ist. Wir können das von der anderen Seite aus beobachten und wissen: das Mittagessen für die Touristen fällt heute eher aus, denn die Elefanten verspeisen gerade ihr Mittagessen auf dem einzigen Weg, der zum Camp hinunter führt. Sorry, Leute, don´t mess with an Elephant!
Die Safari ist toll und wir sehen jede Menge Tiere: Elefanten, Strauße, Elen-Antilopen, Büffel, Gazellen etc.
Hier nur zwei besonders schöne Bilder:

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Bild 72: Elen-Antilope

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Bild 73: Büffel, mit Vögeln

Dann fahren wir zur Keekorok und machen kurz davor noch ein kleines Picknick mit Käsesandwich. Da wir meist gut frühstücken brauchen wir zu Mittag nur einen kleinen Imbiss, Bananen oder ein Sandwich.
Dann fahren wir in die Keekorok-Lodge, die älteste Lodge im Park. Sie wurde damals an den wildreichsten Fleck in der ganzen Gegend gebaut und ist bis heute ein wichtiger Punkt im Park. Bei ihr gibt es auch eine Autowerkstatt, einen Airstrip mit Linienflug von und nach Nairobi, eine Tankstelle und einen kleinen Shop. Wir haben in den frühen Mara-Jahren die Keekorok vor allem in der Regenzeit als Zufluchtsort verwendet, etwa wenn wir nach tagelangen Regenfällen einfach nicht mehr campen konnten. Die Lodge ist natürlich nicht billig, aber wie gesagt, manchmal hat man einfach genug.
In der Lodge gibt es eine Terrasse, auf der man einen guten Drink einnehmen kann. Dort kann man mit etwas Glück wilde Tiere beobachten, die auf wenige Dutzend Meter herankommen. Wir waren allerdings jetzt am Nachmittag da um uns mit meinem Vater zu treffen. Und ich war sehr gespannt, wie die Wirtschaftskammer-Wahlen ausgegangen waren, wir hatten am Vorabend, als das Ergebnis bekannt gegeben wurde, leider keinen Internet-Account, obwohl ich mit James rund um das Camp auf der Suche nach Empfang marschiert war. Eigentlich auch eine bizarre Szene: ein Maasai und ein Österreicher marschieren mit hoch gehaltenen Handys quer durch die nächtliche Savanne, auf der Suche nach ein wenig Internet-Empfang.
Hier haben sie ihn, zwar nur rund um die Rezeption, dafür gratis. So darf ich erfahren, dass wir ordentlich abgeräumt haben. Ein guter Tag, allein schon wegen der Freude, die ich jetzt haben darf.
Ein Bitterlemon später trifft mein Vater ein und wir fahren gemeinsam Richtung Löwenplatz. Diese Fahrt über die Plains erfolgt auf einer neuen Piste, die zur Ashnil-Lodge führt, einer Nobellodge, die sie unweit von unserem Zeltplatz gebaut haben, direkt am Mara-Fluss, mit Swimmingpool und viel Luxus für reiche Leute.
Das mit den Zeltplätzen muss ich kurz erklären. Die Maasai Mara ist war früher ein Game Reserve und ist jetzt ein National Reserve. Das spielt aber keine Rolle, denn so wie in vielen Nationalparks ist es streng verboten aus dem Auto auszusteigen. Man könnte ja spontan gefressen werden und manchen Touristen – vornehmlich US-Amerikanern – ist das auch schon gelungen.
De facto passiert es nicht und schon gar nicht, wenn man sich auskennt und ein paar wichtige Regeln beachtet. Eine lautet etwa „Alle Tiere sind entweder schneller als du oder stärker als du. Die meisten sind beides.“ Eine andere lautet „Bei Elefanten stellt man den Motor nicht ab.“ Das ist zwar mühsam beim Filmen und die Touristen wollen keine Motorengeräusche auf ihren Kameras, aber einem guten Fahrer ist das wurscht. Wenn nämlich ein junger Elefantenbulle sich gerade ein wenig in Szene setzen will und deinen Kleinbus angreift, hast du schlechte Karten, wenn der Motor beschließt genau jetzt nicht mehr zu starten. Elefanten erwarten, dass du als Zeichen des Friedens das Feld räumst. Wer das tut, wird – wie im Minibus-Beispiel von vorhin – noch ein wenig verfolgt, dann aber in Ruhe gelassen.
Wer bei einem Elefantenangriff stehen bleibt, will den Elefant herausfordern. Und dann geht es halt darum, wer stärker ist.
Diese und noch viele andere Regeln muss man kennen, dann kann man sich, die nötige Erfahrung vorausgesetzt, auch in einem Wildreservat gefahrlos bewegen. Ein gewisses Restrisiko bleibt immer, aber das gibt es sonst ja auch.
Trotzdem ist es streng verboten aus dem Auto auszusteigen und natürlich erst recht wild zu campen. Die offiziellen Camps und alle Lodges betonen das auch ständig, damit gar niemand auf die Idee kommt es zu versuchen. Um das zu unterstreichen, rennen überall in den offiziellen Camps Wildhüter herum, die eigentlich Menschenhüter sind, und fuchteln mit großen Schießgewehren eindrucksvoll herum. Es kann sogar passieren, dass man in Camps, wo nicht jedes Zelt – wie üblich – ein eingebautes Klo hat, in der Nacht am Weg zum Häusl von einem schwer bewaffneten, künstlich sich todernst gebenden Typen begleitet wird, den du eigentlich nur siehst, wenn er grinst.

Mein Vater campiert seit 1975 in der Maasai Mara und wurde schon mehrfach angezeigt, vertrieben, verhaftet und hat Geld ohne Ende zahlen müssen. Das hat leider alles nichts genützt und er campiert immer noch wild, obwohl er nicht einmal aus dem Auto aussteigen dürfte.
Irgendwann haben die Game Ranger aufgegeben ihm das campieren abgewöhnen zu wollen. Jetzt wollen sie nur mehr Geld und bekommen es auch. Offiziell campen wir daher auf einer Special Campsite der Ashnil Lodge und werden rund um die Uhr bewacht. De facto sind wir ganz allein und brennen rund um die Uhr. Der Chief Game Warden ist kein armer Mann mehr.

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Bild 74: Game Ranger kreuzen unseren Weg

Also fahren wir zu unserer Campsite und legen aber trotzdem wert darauf, dass uns niemand beobachtet, wenn wir vom markierten Weg wegbiegen und uns in die Büsche schlagen. Unser Zeltplatz liegt gut versteckt und kann eigentlich nur vom Flugzeug aus gesehen werden. Und der Chief Game Warden weiß natürlich auch wo wir sind, denn er muss ja jedes Mal kassieren kommen. Er tut das übrigens allein, wahrscheinlich damit er mit niemandem teilen muss.
Am Weg über die Plains sehen wir ein Löwenpärchen, das schläfrig unter einem Baum liegt. Ein super Willkommensgruß der Maasai Mara, wir bedanken uns ganz artig und fahren weiter, denn wir müssen heute noch ein ganzes Camp aufbauen.

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Bild 75: Löwen im Schatten unter einem einsamen Baum

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Bild 76: Löwenpärchen

Am Zeltplatz (wir haben ihn „Löwenplatz“ genannt) ist alles wie immer. Der kleine Zufluss zur Mara hat wenig Wasser, daneben befindet sich jedoch eine Art Pool mit kühlem Wasser, der also scheinbar von unten gespeist wird. Eine Art Quelle, die aber nicht immer brauchbar ist, weil manchmal ein Nilpferd drinnen liegt. Da Nilpferde schneller, stärker und auch gewichtiger sind als unsereiner, sind in so einem Fall die Besitzverhältnisse klar.

Wir haben Glück, der Tümpel ist leer und wir gehen schwimmen, was nach einem heißen Tag im Auto durchaus erfrischend ist.

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Bild 77: Der Löwenplatz

Danach bauen wir die Zelte auf und kochen ein gutes Abendessen. Mein Vater hat Judy als Unterstützung dabei und zahlt ihr fürs Kochen und Abwaschen und den Rest der häuslichen Tätigkeiten.
Er hat sich vor vielen Jahren einen Puch Pinzgauer gekauft und nach Afrika bringen lassen. Das Ding hat einen riesigen Wohnmobil-Aufbau mit Standhöhe und ist feuerrot. Damit ist er in der gesamten Mara bekannt und heißt „the man with the house“, weil sich die Afrikaner stets wundern, dass er alles mit sich herumführt, was sie selbst in ihren Häusern haben. Wahrscheinlich führt er sogar mehr mit sich herum als die meisten überhaupt besitzen.
Für manche Zwecke ist dieses Auto aber sehr brauchbar, etwa zum Kochen oder auch zum Schlafen. Man kann auch auf´s Dach klettern und schauen, ob man oben einen Internet-Empfang zustande bringt.
Wir haben es diesmal nicht geschafft, das ist von irgendwelchen Faktoren abhängig, die jedes Mal anders sind.

Nach einem guten Abendessen genießen wir noch die hereinbrechende Nacht und gehen wie immer sehr früh schlafen, hier sogar noch früher, meist so gegen 22 Uhr.
Das bedeutet aber auch, dass ich immer spätestens um vier Uhr in der Früh aufwache. Dann ist es draußen meist ganz still, weil auch die lautesten Nachttiere irgendwann eine Pause einlegen. Allerdings vergeht die Zeit bis zum Sonnenaufgang manchmal nur sehr langsam und in der Nacht geht man nicht aus dem Zelt, außer Thomy, der leider die Scheisserei bekommt und teilweise mehrmals pro Nacht mit dem Spaten durch die Gegend rennt. Da wir kein Klo haben, muss man die Dinge vergraben.
Diesmal gibt es Abwechslung, denn um 23.45 Uhr kommt ein Gewitter. Ich liege in meinem alten Marechal-Zelt, das ich vor knapp dreißig Jahren von meinem Vater zur Matura bekommen habe. Es ist immer noch gut in Schuss, hat aber keinen wasserfesten Boden, weil es eines dieser Zelte ist, die für Rucksackreisen konzipiert wurden. Starker Regen ist ein Problem, aber wie viel wird es diese Nacht regnen? Der Donner zeigt, dass es sich um ein echtes Gewitter handelt und ich rechne damit, dass es schnell vorbei ist.
Wir befinden uns in der Trockenzeit und da pflegen Gewitter den trockenen Boden nicht zu überlasten. In meinem Zelt wird es nur kritisch, wenn ganze Bäche über den Boden rinnen. Außerdem hat mir Thomy Asyl im Toyota angeboten, wenn es zu schlimm werden sollte.
Also liege ich da und horche dem Regen zu. Ein Gewitter folgt immer einem bestimmten Muster: es beginnt mit einem scharfen Wind, den das Gewitter sozusagen vorausschickt. Dann weiß man: Sachen einpacken, alles wetterfest machen. Wenn der Wind schwächer wird, fallen die ersten schweren Tropfen. Dann geht es meist sehr schnell, das hängt jedoch davon ab, wo das Zentrum des Gewitters ist. Meist ist so etwas sehr lokal und eben nicht von allzu langer Dauer.
Die schweren Tropfen verdichten sich und es kommt zu einem heftigen Regenguss, der bei uns gerne mit dem Modewort „Starkregen“ beschrieben wird. In Afrika gilt das wirklich, hier sind die Naturereignisse meist etwas stärker ausgeprägt.
Der Donner kommt näher, dann zieht das Gewitter langsam vorbei, der starke Regen dauert aber noch eine Zeitlang an. Er wird zu einem gleichmäßigen Rauschen, das irgendwann, meist so nach einer halben Stunde oder einer ganzen, so etwas wie Lücken bekommt. Da wird es kurz schwächer, dann wieder normal, noch einmal schwächer und noch ein wenig schwächer. Dann weiß man, es neigt sich dem Ende zu. Diesmal gab es noch das, was ich einen „Nachschlag“ nenne: es hat schon aufgehört oder fast aufgehört. Man kann nicht unterscheiden, ob es noch Regen ist oder nur mehr von den Bäumen tröpfelt. Doch dann fängt es wieder an, allerdings nicht sehr stark. Diese Phase dauert meist noch ein paar Minuten und ziemlich plötzlich hört es dann ganz auf.
Das merkt man, weil die Nachttiere wieder anfangen Geräusche zu machen, also die Frösche und die Grillen und jede Menge anderer Tiere, die man nicht kennt und auch niemals zu Gesicht bekommt und von denen man aufgrund der Geräusche keinerlei auch noch so blasse Ahnung oder Idee hat, wie sie aussehen könnten. Von Insekt bis Nilpferd ist sozusagen alles möglich. In dieser Nacht hören wir nur die üblichen Hippos, Löwen und Hyänen, allesamt nicht allzu weit weg.
Nachdem der Regen endgültig aufgehört hat, leuchte ich mit der Lampe in die Apsis hinaus und entdecke, dass alles trocken geblieben ist. Beruhigt kann ich einschlafen und mich auf den zweiten Tag Masai Mara freuen.

Kenia von Nord bis Süd – Tag 8: Fahrt in die Maasai Mara

Ein gutes Frühstück hilft den Tag gut zu beginnen. Am Morgen ist es noch so frisch, dass die Kapuze durchaus angesagt ist. Generell war es hier aber am wärmsten, weil wir tief unten im Rift Valley sind.

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Bild 55: Frühstückstoast

Am Vormittag steht noch ein ausführlicher Game Drive am Programm. In Nakuru kann man sich nicht verfahren und der Park ist so klein, dass man alle wichtigen Wege an einem Tag abfahren kann. Uns genügen heute die Süd- und Ostseite. Wieder einmal ist erstaunlich, wie wenige Touristen im Park sind und Overlander wir unsereiner trifft man gar nicht mehr. Wir begegnen nur sehr selten Safaribussen, ein Fahrer grüßt uns sehr freundlich und meint, wir hätten uns in Sweetwater schon getroffen. Ich kann mich zwar nicht direkt an ihn erinnern, aber unser Toyota ist so auffällig, dass es schon stimmen wird.
Außer den üblichen Giraffen und Antilopen gibt es nicht allzu viel Aufregendes zu sehen. Bis auf die Nashörner natürlich, diesmal sehen wir 14 Stück und im Nakuru haben sie auch noch die Hörner. Aufgrund der Kleinheit und Abgeschlossenheit des Parks dürften sie es hier schaffen die Tiere vor den Wilderern zu beschützen.

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Bild 56: 3 Rhinos beim Grasen

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Bild 57: 6 Rhinos auf einem Bild – das gibt es wahrscheinlich nur in Nakuru

Es ist schon wieder zehn Jahre her dass wir auf dem Lookout-Hill an der Ostseite des Parks waren. Die Auffahrt ist einfach zu bewältigen, auch diese Straße haben sie gut ausgebaut und teilweise ganz neu angelegt. Von oben hat man einen sehr schönen Blick über den Park und die im Norden anschließende Stadt.
Die vor einigen Jahren gebaute Picknick-Site ist bereits wieder dem Verfall preisgegeben.

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Bild 58: Blick vom Lookout-Hill Richtung Nakuru

Der gesamte Park wird durch den See bestimmt und geformt. Die Überschwemmung hat einen guten Teil davon vernichtet, wo früher eine Wegkreuzung war, flattern jetzt die Flamingos.

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Bild 59: Wegkreuzung mit Flamingos

Wir verlassen den Park zu Mittag und folgen den Tipps des netten Fahrers von gestern. Die Fahrt hinauf nach Mau ist langwierig, denn nach einer kurzen Anfahrt auf perfekter Asphaltstraße muss man den Rest auf einer so genannten „D-Road“ bewältigen. Das ist nach A, B und C die unterste Kategorie, in der Regenzeit oft gar nicht fahrbar und auch jetzt, in der Trockenzeit, empfiehlt sich ein Geländewagen, ein LKW oder zumindest ein sehr robustes Auto mit genügend Bodenfreiheit.

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Bild 60: eine sehr wellige Straße

Der Weg ist insofern interessant, als man dort durch mehrere kleine Dörfer und Siedlungen fährt und einen Teil Kenias sehen kann, den man als normaler Tourist nicht zu Gesicht bekommt. Alles ist von klein strukturierter Landwirtschaft geprägt, recht dicht besiedelt und wie überall ist man als „Muzungu“ nach wie vor eine Attraktion, zumindest für die Kinder.

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Bild 61: Landwirtschaft am Mau-Escarpment

Ab Mau, dem Ort, nach dem das Mau-Escarpment benannt ist, erwarten wir eine gute Straße bis Narok, werden aber leider enttäuscht. Nach wenigen Asphaltkilometern wird die Straße immer schlechter und irgendwann einmal wirklich katastrophal. Mehr als 10 bis 15 Kilometer in der Stunde sind nicht drin und wir merken wieder einmal, dass man sich auf Zeit- oder Straßenzustandsangaben der Kenianer nicht verlassen darf. Wir befürchten, dass die Fahrt nach Narok ewig dauern wird, können es aber ohnehin nicht ändern und quälen uns halt voran.

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Bild 62: eine Hauptstraße

Doch plötzlich beginnt wieder eine Asphaltstraße, und zwar eine der ganz feinen. Die Geschwindigkeit steigert sich von 20 auf 90 km/h und wir sind guter Dinge Narok noch einigermaßen früh zu erreichen. Das ganz schlechte Stück ist übrigens etwa 35 Kilometer lang und man sollte 1,5 bis 2 Stunden dafür einplanen.
Selbst wenn dieses schlechte Stück einmal asphaltiert werden sollte, wird das aufgrund der hügeligen Topographie noch lange dauern.

Narok hat sich verändert, so wie die meisten Dörfer und Städte in Kenia. Es ist massiv gewachsen und ausgesprochen belebt. Was zu Beginn meiner Afrikareisen ein größerer, verträumter Ort mit gerade einmal einer Tankstelle war (die legendäre „Kobil“ an der Ortseinfahrt, mit den kleinen Souvenirbuden im Zebra-Look), ist jetzt eine Stadt mit jeder Menge Tankstellen, Hotels und Supermärkten. Der neueste und größte davon ist „Tuskys“ und dürfte erst kürzlich eröffnet haben. Er befindet sich im Areal eines riesigen Einkaufszentrums, das noch nicht ganz fertig ist und irgendwie seltsam neu wirkt. Tuskys selbst ist vergleichbar mit Uchumi und Nakumatt, jedoch verkaufen sie hier keinen Alkohol, warum auch immer. Vielleicht wollen sie sich nicht der Gefahr eines Al-Shabab-Attentats aussetzen oder die Besitzer sind selbst Muslime.
Gaskartuschen bekommen wir zwar keine, aber wir können unsere Lebensmittelkisten wieder auffüllen. Der Supermarkt wirkt auch steril und unpersönlich. Tanken müssen wir nicht, weil wir inzwischen wissen, dass wir mit dem Auto nach Mombasa fahren und es dort einschiffen werden. Die Beförderungsrichtlinien schreiben vor, dass die Tanks maximal zu 25% gefüllt sein dürfen und wir wissen noch nicht, wie streng das überprüft wird. Da wir bisher nur den kleineren, vorderen Tank verwendet haben, müssen wir jetzt bald beginnen den hinteren leer zu bekommen, der ja noch randvoll ist. Zumindest nach dezidierter Aussage meines Bruders.
Die Straße ab Narok ist ebenfalls schön, zumindest bis Ewaso Ngiro und dann noch ein paar Kilometer. Dann sehen wir weiter vorne bereits die Staubsäulen aufsteigen und wissen: heute gibt es wieder eine volle Panier!
Die Oase, die ich seit dreißig Jahren fotografiere, wenn ich vorbei komme, existiert nicht mehr. Sie ist schon seit ein paar Jahren eingezäunt, verändert, kultiviert und vor allem privatisiert worden. Scheinbar gehört sie jetzt jemandem, davor war sie Allgemeingut und hat denen gedient, die sie brauchten.
Als das Sekenani-Gate naht, schauen wir nach der Campingmöglichkeit, die uns der nette Fahrer versprochen hat, angeblich auf der linken Seite, ca. 1,5 Kilometer vor dem Parkeingang.
Tatsächlich stehen hier auf einmal mehrere Schilder, die alle auf irgend einen Campingplatz hinweisen. Und ein ca. 10-jähriger Bub steht auch da, mit seinen Kumpanis, und kommt sofort hergelaufen. In tadellosem Englisch fragt er, ob wir eine Campsite suchen und als wir bejahen, schlägt er uns eine vor. Er würde uns gerne dorthin bringen und sie sei auch gar nicht weit.
Wir sind etwas skeptisch und fragen, ob es dort Wasser und Duschen gibt. Er meint, dass es sogar „Hot shower“ gäbe und wir werden neugierig. Also setzen wir ihn ins Auto (sein Freund muss allerdings dableiben, was diesen gar nicht freut) und er führt uns quer durch Büsche und kleine, trockene Wasserläufe einen langgezogenen Hang hinauf.
Nach wenigen Minuten kommen wir tatsächlich bei einem Camp an und sind schon sehr gespannt.
Der Empfang ist herzlich, wir dürften die einzigen Gäste sein, was uns wiederum etwas zögern lässt. Ist das ein guter Ort? Rundherum stehen einige Maasai und kommen uns begrüßen. Der Bub heißt Emanuel (in seinem englischen Namen, in Kenia hat jeder auch noch einen Stammesnamen, aber den hab ich mir nicht gemerkt und genau deswegen haben sie ja auch englische Namen) und führt uns herum, um uns alles zu zeigen. Das Camp liegt sehr nett ungefähr auf halber Höhe eines Hügels. Unten auf der anderen Seite der Straße sieht man die riesige Lodge, die vor einem Jahr von den Chinesen gebaut wurde. Der Gürtel an Lodges rund um die Maasai Mara wird seit Jahren immer dichter.
Dann kommt James und er hat eine Kanga um plus Laufschuhe, was irgendwie witzig aussieht. Er ist der Älteste und stellt sich als eine Art Chef oder Organisator vor. Es handelt sich um ein Entwicklungsprojekt der Maasai und das Camp ist von einer Gemeinschaft mehrerer Dörfer finanziert und gebaut worden. Es handelt sich um eine Art Genossenschaft, denn sie betreiben es auch gemeinsam.

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Bild 63: James, mit Kanga, Turnschuhen und Laptop

Der Name ist „Semadep Safari Camp“ (eine Abkürzung von Sekenani Maasai Development Project) und natürlich findet man es inzwischen auch auf Facebook und im Internet, etwa auf Tripadvisor oder hier: http://semadepmaracamp.com
Neben dem eigentlichen Camp gibt es auch noch die Möglichkeit ein Maasai-Dorf zu besuchen bzw. dort sogar einige Tage zu leben. Sicher ein Erlebnis der anderen Art, vor allem wenn man Fliegen mag.
Das ist sicher auch der einzige Nachteil: die Fliegen. Sie sind blitzschnell, sehr lästig und es gibt sie in großer Zahl überall dort, wo es Maasai gibt.
Das Camp liegt in einem Akazienwald, den man sich allerdings afrikanisch vorstellen muss. Schatten spenden die Akazien wenig bis gar nicht, aber die gesamte Atmosphäre ist trotzdem eine fantastische. Die Erbauer mussten sehr auf´s Geld schauen, das merkt man natürlich. Trotzdem ist alles sehr sauber und ordentlich und insgesamt auf einem Nivau, das für alle normalen Bedürfnisse ausreicht.
Es gibt eine Art zentrale Hütte mit einer Kochstelle und ein paar Tischen. Davor befindet sich eine Terrasse mit einer großen, gemauerten Feuerstelle. Das ist der schönste Ort im Camp und man blickt von dort hinunter in die weite Ebene, in der sich leider die Chinesen-Lodge unübersehbar befindet.

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Bild 64: Blick vom Semadep-Camp auf die gar nicht so weit entfernte Chinesen-Lodge

Macht nichts, es ist trotzdem ein sehr schöner Ort, den man von der Straße aus nicht erahnen würde. Es gibt eine Handvoll Zelte und sie bauen auch gerade zwei gemauerte Häuser für all jene, die nicht in einem Zelt schlafen wollen. Die Zelte sind alte, ausgemusterte Safarizelte, die sie wahrscheinlich günstig bekommen haben. Sie sind aber in Ordnung und haben davor eine kleine Terrasse und hinten einen gemauerten Waschraum. Das ist in den Luxuscamps auch nicht anders, nur sind dort die Fliesen halt schöner und die Wasserhähne vergoldet. Der Unterschied liegt aber vor allem im Preis und in der Frage, wer das Geld bekommt: hier bekommen es die ansässigen Maasai, dort bekommt es meistens ein internationaler Hotelkonzern. Der Tourist hat die Wahl: hier zahlen wir 30 Euro die Nacht, im Luxuscamp das fünf- bis zwanzigfache.

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Bild 65: Hütte mit Zelt drinnen

Und es gibt noch einen großen Unterschied: in den Luxuscamps ist man von Land und Leuten möglichst abgeschirmt – hier findet man das Gegenteil. Wir sind mit jeder Menge Neugier konfrontiert und auch mit Fremdheit. Unser Leben muss den Maasai so fremd erscheinen wir ihres uns. Da wir heute noch rechtzeitig vor Sonnenuntergang da waren, konnte ich mir eine Rasur gönnen.
Im Nassraum gibt es leider noch keinen Spiegel, daher wird es eine Safari-Rasur, also im Seitenspiegel vom Toyota.
Und es wird eine Rasur mit Publikum. Emanuel, zwei seiner Freunde und noch zwei Maasai – ich schätze sie auf Anfang zwanzig – sind höchst interessiert wie sich ein Muzungu rasiert.
Sie beobachten jeden Handgriff ganz genau und finden es höchst amüsant. Dazu muss man sagen, dass den Maasai nur sehr wenig Bart wächst, sie kennen diese Art der Rasur nicht wirklich, weil sie keine brauchen.

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Bild 66: Rasur mit Maasai-Publikum

Die Betten im Zelt sind übrigens tadellos, nur die Pölster verdienen es irgendwie nicht so genannt zu werden.
Die Dusche ist nach einigen Anfangsschwierigkeiten tatsächlich warm und insgesamt gar nicht schlecht.
Als Abendessen gibt es heute Spaghetti mit einer verfeinerten Fertigsauce und Fruchtsalat. Da wir zu viele Spaghetti gekocht haben, laden wir Emanuel auf eine Portion ein, sind uns aber nicht ganz sicher, ob sie ihm wirklich schmecken oder er sie nur aus Höflichkeit isst.
Danach sitzen wir noch mit James und den Maasai rund um ein Feuer und genießen den lauen Abend in der Savanne. Thomy zeigt den Kindern Videos von seinem Sohn Moritz und dessen ersten Abenteuern im Schnee. Sie sind begeistert, haben aber keinen blassen Schimmer was Schnee ist.
Sie können es sich einfach nicht vorstellen, und das ist nicht verwunderlich. Was für uns selbstverständlich ist, ist ihnen völlig unbekannt und unbegreiflich.
Ich sitze noch länger mit James zusammen und gebe ihm ein paar Marketing-Tipps, wie er das Camp noch attraktiver machen könnte: ein schönes und attraktives Hinweisschild auf der Straße, eine Beschilderung des Weges hinauf zum Camp und noch einiges mehr. Der wichtigste Tipp jedoch sind die Haken, die wie immer überall fehlen. Das wäre ein USP! In ganz Kenia findet man Haken nur in den Häusern der dort lebenden Europäer.
Emanuel hat auch noch ein Anliegen: er möchte gerne auf die Highschool gehen, hat aber nicht das Geld dazu. Die Primary School von 6 bis 14 ist in Kenia seit einigen Jahren gratis, die Secondary School jedoch nicht. Er hat auch schon ausgerechnet, was die vier Jahre kosten würden: 1.500 Euro. Das kostet die Ausbildung eines Jugendlichen in Kenia. Eigentlich nicht viel Geld, möchte man meinen, für den Vater von Emanuel jedoch unerschwinglich.

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Bild 67: Emanuel

Ich finde das vor allem deswegen sehr schade, weil er sehr begabt sein dürfte. Sein Englisch ist jetzt schon sehr gut und auch sonst wirkt er recht aufgeweckt.
Was könnte einmal aus ihm werden? Vielleicht ein Arzt, möglicherweise ein Politiker, vielleicht auch ein Ingenieur? Wenn er die Secondary School nicht machen kann, wird er auf jeden Fall einen anderen Weg gehen müssen.
Ich bin noch am überlegen eine Sammelaktion zu starten. Davor sind noch einige Einzelheiten zu klären: wie kommt er zu dem Geld und wie kann sicher gestellt werden, dass es für seine Schulausbildung verwendet wird?
Mit solchen und noch vielen anderen Gedanken und Eindrücken geht auch dieser Tag zu Ende.

Kenia von Nord bis Süd – Tag 7: Nakuru

Die Nacht kalt, der Morgen klar und der Aufbruch dauert wieder lang. Unter meinem Zelt haben wieder die Termiten eine arbeitsame Nacht hinter sich und das Frühstück mundet. Wir beschließen bis zu Mittag einen ausführlichen Game-Drive zu machen und schätzen, dass wir so ziemlich den ganzen Park abfahren können.
Die Schimpansen sind immer noch da und wir können zusehen, wie ein Führer ihnen Zuckerrohrstangen über den Fluss zuwirft. Sie gestikulieren sehr klar und bestimmt und wirken auf die uns schon bekannte Art menschlich.

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Bild 44: Schimpanse, nicht sehr glücklich

Sie leben dort in einem relativ großen Gehege und in relativer Freiheit. Trotzdem sind sie natürlich an die Menschen gewöhnt und betteln ständig um Futter. Es wird ihnen beigebracht das zu tun, was uns Spaß macht.

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Bild 45: Stehender Schimpanse hinter Elektrozaun

Mir macht es keinen großen Spaß und nach einiger Zeit machen wir uns wieder auf den Weg.
Hier eine Auflistung der Tiere, die wir gesehen bzw. gehört haben:
Büffel
Giraffen
Elefanten
Nashörner
Löwen (in der Nacht gehört)
Hyänen (in der Nacht gehört)
Hippos (in der Nacht gehört)
Paviane
Schakale
Thompson-Gazellen
Impala-Gazellen
Wasserböcke
Warzenschweine

Elefanten stehen bei einer Brücke, Zebras kann man fast angreifen – ein Zoo, nur größer.

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Bild 46: Zebra

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Bild 47: Elefantenherde bei einer Brücke

Nach einiger Zeit kommen wir zu den Rhinos. Das ist auch ein abgesperrtes Areal, an dem wir wieder von einem Angestellten empfangen werden. Er ist ähnlich abgebrüht-routiniert wie der Kollege bei den Schimpansen und führt uns zu Baraka, einem alten, blinden Nashorn. Das können wir dann füttern und streicheln, ein Erlebnis, das man nicht jeden Tag hat. Im Gegensatz zu Pferden nehmen Nashörner das Futter sehr sanft mit ihrer langen, sehr biegsamen Oberlippe und zerkauen es dann genüsslich. Das ist witzig und wir filmen und fotografieren ohne Ende.

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Bild 48: Thomy und das blinde Nashorn

Dann fahren wir weiter über die Plains und entdecken unter einem einsamen Baum einen Nashorn-Friedhof. Seit 1999 sind hier über 12 Nashörner gewildert worden, mitten im gut bewachten Privatpark. Sie haben dort alle einen Gedenkstein mit Name und Lebensdaten. Und es steht dabei, ob und wie ihnen das Horn gewildert wurde.

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Bild 49: Der Nashörner-Friedhof

Wir fahren weiter und sehen dann doch noch Nashörner in „freier Wildbahn“. Sie liegen dort irgendwo auf den Plains herum, nur wenige Meter hinter ihnen ist jedoch eine Ranger-Station. Ich bin leider nicht optimistisch und fürchte, dass sie in ein paar Jahren nur mehr in Zoos existieren und in ein paar Jahrzehnten ausgestorben sein werden. Chinesen glauben nun einmal fest an das Potenzmittel aus Nashorn.

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Bild 50: Thomy hat keine Angst vor Nashörnern

Etwas bedrückt fahren wir weiter und verlassen am frühen Nachmittag den Park. Eine noch unbekannte Schotterpiste führt uns Richtung Westen. Wir haben uns erklären lassen, welche Abbiegungen wir wo nehmen müssen, um auf die Hauptstraße nach Nyahururu zu kommen, die uns dann weiter nach Nakuru führen sollte.

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Bild 51: Abschiedsgruß vom Mount Kenya, so ist er bei gutem Wetter vom gesamten Park aus zu sehen.

Das ist wieder eine Route, die keine Touristen fahren, daher gibt es keine gute Beschilderung (also genauer gesagt gar keine) und wir müssen nach einer sehr groben Karte fahren und nach ein paar Landmarkierungen wie dem Aberdare-Gebirge, an dessen Nordende wir hinkommen wollen.
Wir verfahren uns und landen mitten in irgend einem Ort. Dort deutet der eine geradeaus und der andere in die Gegenrichtung.
Irgendwie finden wir die Hauptpiste wieder und kommen an die Hauptstraße, wenn auch ganz woanders als geplant. Das waren 65 km Piste und dieser Streckenabschnitt hat jede Menge Zeit gekostet, aber dafür haben wir eine andere Gegend gesehen und sind jetzt auf der hervorragenden Asphaltstraße Richtung Nyahururu. Dazwischen gibt es wieder einen Police-Check, aber auch diesmal wollen sie uns nur ein „safe journey“ wünschen und wir sind entzückt.
Eigentlich wollen wir uns in Nyahururu die Wasserfälle ansehen, so wie ich das in den Jahren und Jahrzehnten zuvor immer wieder gemacht habe. Doch diesmal ist die Aussicht versperrt, hohe Gitter zeigen an, dass man diese Attraktion kommerzialisiert hat. Es kostet Eintritt, den wir aber nicht zahlen wollen. Dazu hat man noch eine Unmenge an Souvenirständen aufgestellt und die betreibenden Damen sind auch sofort zur Stelle, um uns unbedingt etwas verkaufen zu wollen.
Wir lehnen dankend ab und fahren weiter. Diesmal erwischen wir die richtige Abzweigung nach Nakuru und müssen feststellen, dass die Straße zwar asphaltiert, aber in einem ziemlich schlechten Zustand ist.
Ich bin sie das letzte Mal im Jahr 2000 gemeinsam mit Thomy gefahren und habe sie in guter Erinnerung. Aber das ist eben 15 Jahre her. Also quälen wir uns eher langsam Richtung Nakuru und kommen daher erst am späten Nachmittag dort an. Wir sind etwas in Eile, weil wir heute noch an das Südufer und somit auch an die Südspitze des Nakuru-Nationalparks wollen.
Doch zuerst müssen wir den Weg zum Eingang finden. Auch Nakuru ist gewachsen und der Verkehr ist entsprechend. Mit einmal Fragen finden wir jedoch die richtige Straße, die mitten in der Stadt Richtung Nationalpark führt. Der Park liegt direkt neben der Stadt, und damit meine ich WIRKLICH direkt daneben. Hohe Häuser, dann ein hoher Zaun und direkt dahinter grasen die Zebras.
Am Eingang angekommen müssen wir feststellen, das dieser nicht mehr existiert. Der Nakuru-See ist auf ein vielfaches seiner ursprünglichen Größe angewachsen und hat ca. ein Viertel des Parks überschwemmt. Überall stehen abgestorbene Bäume und das ehemalige Gate musste aufgegeben werden.

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Bild 52: überschwemmtes Gate

Weiter oben Richtung Stadt wurde ein neues Gate gebaut und dort lässt man uns auch die wohlfeilen 80 Dollar pro Person und Nacht bezahlen. Die Campsite ist auch nicht mehr so billig wie vor zehn Jahren, als wir hier Zwischenstop am Weg nach Ruanda gemacht haben, und kostet jetzt 30 Euro, das Auto hingegen nur 350 KHS (3,50 Euro). Residents zahlen übrigens nur 12 Euro Eintritt und Citizens überhaupt nur 300 KHS.
Wir bekommen eine Plastikkarte und die Kommunikation mit der netten Dame vom Kenya Wildlife Service ist nicht einfach, weil sie hinter einer zentimeterdicken Panzerglasscheibe sitzt – warum auch immer.
Alles ist vollelektronisch und irgendwer hat sehr viel Geld damit verdient. Eine Verbesserung kann ich nicht erkennen.
Dann machen wir uns schleunigst auf den Weg, denn bei Dunkelheit Zelt aufbauen und Kochen ist nur mäßig lustig. Im gesamten Park wurden neue Straßen angelegt, weil etwa die Hälfte der alten Straßen jetzt überflutet ist. Die Szenerie ist bizarr und irgendwie pervers: der See ist so voll wie noch nie, aber rundherum herrscht Dürre.
Am Baboon-Cliff lungern tatsächlich einige Paviane herum und ich fange mit einem der Safari-Auto-Fahrer eine Plauderei an.

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Bild 53: Pavian wartet auf – was auch immer

Er kennt sich sehr gut aus und schildert mir genau den Weg, den wir morgen Richtung Narok fahren müssen. Wir erfahren, dass es am Südostende des Parks einen weiteren Ausgang gibt, den wir auch nehmen können. Damit ersparen wir uns jede Menge leere Kilometer. Außerdem verrät er uns, dass kurz vor dem Sekenani-Gate linkerhand einige Campingplätze vorhanden seien, günstig und gut.
Das sind sehr wertvolle Infos für uns, denn so können wir uns einen ganzen Tag Parkeintritt sparen. Zufrieden setzen wir unsere Fahrt fort und kommen rechtzeitig auf der Makalia-Falls Campsite an.

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Bild 54: Makalia Falls Camp Site

Dort empfängt uns ein netter Typ und erklärt, dass wir sehr willkommen wären und dass er es begrüßen würde, wenn wir die neu erbauten Duschen möglichst ausführlich nutzen könnten, denn sie hätten aus irgend einem Grund zu viel Wasser.
Nun, das wird uns nicht schwer fallen. Die Duschanlagen sind großzügig und brandneu, es gibt sie erst seit weniger als einem Jahr und sie sind sauber und gut. Lediglich Haken gibt es keine, wie überall in Afrika.
Der Wasserfall ist genauso trocken wie vor zehn Jahren, als wir auch im Februar da waren. Sonst hat sich der Platz bis auf die neuen Duschhäuser nicht verändert und wir sind – ähnlich wie damals – auch diesmal alleine auf der sehr großen Campsite.
Der nette Herr hilft uns noch beim Zeltaufbau und bekommt ein gut gekühltes Cola, bevor er sich in den Gameranger-Posten zurück zieht.
Es gibt auch hier keine Gelsen, aber jede Menge Fliegen, die glücklicherweise nach Einbruch der Dunkelheit verschwinden.
Die Nacht wird deutlich wärmer als die vorherigen Nächte, das liegt auch daran, dass wir uns jetzt ganz unten im Rift Valley befinden. Zu hören gibt es diesmal Löwen, Hyänen und Hippos, aber auch Zivilisationslärm, schließlich befinden wir uns in einem kleinen Park, der rundherum von Siedlungen und Dörfern umgeben ist.

Kenia von Nord bis Süd – Tag 6: Sweetwater

Eine kühle Nacht, ein gutes, englisches Frühstück (schwarzer Tee, Toast und Orangenmarmelade) und schon geht es wieder auf die Reise. Allerdings dauert es ein wenig. Wir hatten zwar vor zeitig wegzukommen, aber dann brauchen wir doch wieder 1,5 Stunden: Zelt abbauen, das Termitennest unter dem Zelt entdecken, die klebrige, feuchte Erde vom Zeltboden entfernen, alles trocknen, das Frühstücksgeschirr abwaschen, alles einpacken, Camping zahlen, Auto kontrollieren und noch vieles mehr.
Das mit dem Zeltboden muss ich noch genauer schildern. Ich weiß zwar nicht warum, aber Termiten lieben Zeltböden. Sobald eines wo steht, bauen sie sofort darunter ein Nest, und zwar innerhalb einer Nacht. Da sie dünne Zeltböden auch gerne durchbeißen (allerdings nicht so gern wie Ameisen, das ist aber eine andere Geschichte), empfiehlt es sich immer eine robuste Plane unter das Zelt zu legen. Das hat außerdem den Vorteil, dass die scharfen Dornen, die man vorher nicht entfernt hat, nicht den Zeltboden durchbohren. Das ist besonders bei Zelten wichtig, die sehr leicht sind und daher keinen dicken Boden habe. Dazu kommt noch, dass diese Böden meist auch nicht wasserfest sind und auch hier hilft die Plane dann zumindest bei leichtem Regen.
Die Fahrt zurück nach Isiolo verläuft unspektakulär, ist aber nicht weniger interessant als zwei Tage zuvor die Hinfahrt. Die Menschen sind genauso interessant wie die Landschaft, dort gibt es keine Touristenfolklore, keine Verkleidungen, keine peinlichen Vorführungen – dort ist das Leben so wie es ist. Die Menschen sind von verschiedenen Stämmen, meist Rendile oder Samburu, fast alle groß und schlank.

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Bild 34: Frau mit Baby

Die Straße führt uns wieder hinunter in die Ebene und ist durchaus fahrbar – „Maram Road“ eben, kein Problem für LKW und robuste Autos. Für hiesige Verhältnisse ist das eine exzellente Straße.

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Bild 35: Maram Road

Es fahren hier ausgesprochen wenige Autos, meistens große LKW, die entweder nach Marsabit oder Moyale fahren, wahrscheinlich nicht nach Äthiopien. Sie alle geben dir eine gepflegte Packung Staub mit auf die Reise, ein Gruß von der Straße sozusagen.

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Bild 36: LKW

Die Landschaft verändert sich ständig, obwohl sie auf den ersten Blick eintönig wirkt, aber das ist ein Irrtum. Gerade noch rote Staubpiste mit Hügeln, jetzt auf einmal eine weite Ebene mit seltsamen Pflanzen.

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Bild 37: weißes Gras

Kennen Sie „M-Pesa“? Das ist eine kenianische Erfindung, die es bei uns nicht gibt und mit der in Kenia ein enormer Entwicklungsschub verbunden ist. Die Menschen besitzen dort keine Smart-Phones und es gibt keine Banken. Sie müssen aber genauso wie wir Geld an andere Leute schicken, an Verwandte oder Geschäftspartner. Also haben die Kenianer ein Überweisungssystem erfunden, das mittels SMS funktioniert. Man registriert sich beim Telekomanbieter „Safaricom“ und dann kann man in über 40.000 Stellen im ganzen Land Geld einzahlen oder ausgezahlt bekommen. Eine SMS mit einem Bestätigungscode, den man zugeschickt bekommen hat, reicht vollkommen aus. Einfach, schnell, unbürokratisch – so etwas gibt es bei uns nicht. Wir haben „Apps“ auf unseren Telefonen mit Riesendisplay und Android oder sonst welchen komplizierten Systemen. Aber Geld einfach mittels SMS überweisen, das können wir nicht. Dort kann man es im hinterletzten Eck in der Mitte von Nirgendwo.

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Bild 38: M-Pesa Station irgendwo am Straßenrand

Das Land ist trocken und man fragt sich unwillkürlich, wovon die Menschen hier leben. Ich muss zugeben: ich weiß es auch nicht, aber sie schaffen es. Ein paar sind Viehhirten, andere vielleicht bei einer Straßenbaufirma angestellt. Wahrscheinlich haben die meisten gar keinen Job, zumindest nicht so einen, wie wir ihn kennen. Es gibt hier im Norden auch Hungersnöte und Elend, das darf nicht verschwiegen werden. Und doch geht es irgendwie, die Menschen hier kennen aber auch die Genügsamkeit und wissen, wie man mit wenig auskommt.
Die moderne Technik hat aber auch hier Einzug gehalten, auf der ärmsten Wellblechhütte sieht man ein Solarzellenmodul, mit dem sie hier meistens Licht erzeugen.

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Bild 39: Wellblechhütte mit Solarmodul

Manche haben nicht einmal eine Wellblechhütte und ich bin mir gar nicht sicher, ob das nicht meistens sogar angenehmer ist. In so einer Blechhütte wird es echt heiß, bei Regen bietet sie aber mehr Schutz als die traditionellen Behausungen.

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Bild 40: einfache Hütten, mit Autoreifen

An der schon bekannten Tankstelle in Isiolo nehmen wir Alexej mit, einen netten jungen Russen, der seit letzten Oktober alleine unterwegs ist und immer dorthin reist, wo es ihn gerade hinspült und wo er ein Visum bekommt. Bisher führte ihn sein Weg in den Iran, nach Afghanistan, Äthiopien und Kenia. Wohin er weiter will, weiß er noch nicht, vielleicht bis Südafrika.
Noch bevor der lange Anstieg Richtung Nanyuki kommt, befindet sich der Eingang zu Lewa Down, einem privaten Wildreservat, das ich schon lange einmal besuchen wollte.
Wir fahren hin und erkundigen uns freundlich nach den Preisen. Ein eher desinteressierter und etwas abweisend wirkender Mann am Tor meint, er müsse nachfragen und greift zum Handy. Dann fragt er wo wir herkommen und telefoniert weiter.
Und dann durfte ich eine vollkommen neue Erfahrung machen. Das passiert mir nach dreißig Jahren Afrika nicht mehr so oft und schon gar nicht so unerwartet.
Der Torposten meint, wir dürfen nicht in den Park fahren. Also heute sicher nicht und morgen vielleicht, sein Boss hätte diese Entscheidung getroffen und es tue ihm zwar leid, aber da ginge gar nichts.
Ich bin baff. Lewa ist ein sauteurer Park, das wusste ich schon. Dass sie aber kein Geld verdienen wollen, das ist mir neu. Thomy ist noch mehr enttäuscht und wir steigen wieder in das Auto, ganz zart traumatisiert. Wir können uns keinen plausiblen Grund vorstellen und wir haben auch keinen erfahren. Plötzlicher unglaublicher Reichtum? Arroganz? Was auch immer es war, wir werden es nie erfahren. Später hörten wir dann die Theorie, dass man den Wildtieren irgendwie ihre Ruhe lassen möchte und daher nur ein kleines Kontingent pro Tag erlauben würde.
Auch das leuchtet mir nicht ein, Kenia hat derzeit ein veritables Touristenproblem und die meisten reisen aufgrund der Al-Shabab-Anschläge lieber nach Tanzania. Das ist ein außenpolitisches Problem Kenias, weil sie sich an der somalischen Grenze engagieren und das nimmt ihnen die Al-Shabab-Terroristentruppe übel. Leidtragend ist der Tourismus und damit ein wichtiger Teil der kenianischen Wirtschaft. Die SWISS streicht ihre Nairobi-Flüge und fliegt jetzt lieber nur nach Dar es Salam. Blöd für uns und alle anderen Nairobi-Reisenden.
Aber was hat das mit Lewa zu tun?
Wie auch immer, wir fahren weiter und setzen unseren Russen auf eigenen Wunsch am Stadtrand von Nanyuki ab, weil dort ein Äquator-Schild ist, zu dem er unbedingt hin will. Wir fahren weiter Richtung Sweetwater, einem anderen Privatpark am Laikipia-Plateau, in dem es angeblich ein Schimpansen-Weisenhaus gibt. Thomy ist ganz verrückt nach Schimpansen, das habe ich vor drei Jahren schon deutlich mitbekommen.
Der Parkeingang befindet sich nicht weit von Nanyuki und uns zieht es am gleichen Tag ein zweites Mal die Patschen aus: der Parkeintritt beträgt sportliche 95 Dollar pro Mann und noch einmal 90 Euro für das Camping. Dafür ist das Auto nicht teuer, das ist uns aber nur ein geringer Trost.
Also berufen wir ein großes Palaver ein und diskutieren, ob uns der Park den teuersten Eintritt aller Zeiten wert ist. Angeblich kann man ein Rhino streicheln und die Schimpansen wirklich zu Gesicht bekommen.
Wir entscheiden uns hinein zu fahren, außerdem wäre die Fahrt nach Nakuru jetzt schon ein wenig weit.
Der Park ist recht klein, zumindest der für die Touristen zugängliche Teil. Man merkt sofort, dass man in einem Privatpark ist: die Wegweiser, die an jeder Kreuzung stehen, sind gepflegt und die Wege in erstklassigem Zustand. Von überall hat man einen Blick auf den Mount Kenya, was tolle Fotomotive ermöglicht. Wir haben Glück und der Berg ist längere Zeit frei von Wolken. Erste Tiere sind zu sehen, der Park ist flach und hat Baum- und Buschbestand. Außerdem befindet er sich am Ewaso Ngiro, einem Fluss, der in den Bergen entspringt und dann eine weite Schleife durch den Samburu zieht und dann weiter Richtung indischer Ozean fließt.
Obwohl es schon später Nachmittag ist, fahren wir noch bei den Schimpansen vorbei. Dort gibt es einen Parkplatz und wir werden schon von einem Führer empfangen, der uns herum führt. Er betet seinen Spruch runter und erzählt uns von den Schimpansen-Waisen, die aus mehreren Ländern Afrikas stammen und meist traumatisiert hier ankommen. Es gibt zwei Gruppen, eine mit 15 und die andere mit 21 Tieren. Alle Weibchen werden sterilisiert, damit keine Kämpfe ausbrechen. Die gibt es übrigens manchmal zwischen den beiden Gruppen, daher leben sie auf je einer Seite des Flusses. Die Wächter überprüfen immer wieder, ob es eh keine umgestürzten Bäume gibt, auf denen die Schimpansen über den Fluss kommen könnten.
Sie sind ein trauriger Anblick, die Anlage schaut aus wie ein Affen-KZ: überall meterhohe Elektrozäune, dahinter hocken sie und betteln. Die Führer schmeißen ihnen ein paar Nüsse hin und ich fühle mich nicht sehr wohl.

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Bild 41 – Schimpanse hinter Gittern

Es ist gut, dass es das gibt, keine Frage, aber irgendwie ist der Unterschied zu frei lebenden Schimpansen schon gewaltig. Sie haben dort ein Gehege mit viel Auslauf, aber das lässt sich nicht mit der freien Wildbahn vergleichen. Wir wollen morgen noch einmal herkommen und fahren weiter.
Der gesamte Park wirkt wie ein riesiger Zoo. Die Tiere sind meist überhaupt nicht scheu und wir machen noch einen kleinen Game-Drive, bevor wir zu unserem Zeltplatz fahren.
Auch dieser ist genau ausgeschildert und gehört für diese Nacht uns. Er ist sehr schön gelegen, direkt am Fluss, mit Feuerstelle und einem Tankwagen-Anhänger, aus dem man frisches Wasser zapfen kann.
Auch Raubtiere gibt es, denn als wir nach dem Aufstellen des Zelts noch einen kurzen Game-Drive machen, ist die zurück gelassene Wasserflasche aufgebissen. Affen oder Hyänen, beide lieben Plastikflaschen mit Wasser.
Am Zeltplatz gibt es das dümmste Klo Afrikas. Es ist ein Wellblechhütterl mit einer knarzenden, windschiefen Türe, die man nicht zumachen kann. Es gibt so etwas wie eine WC-Muschel, aber darunter keine Grube, so dass alles, was man hinein platziert, unten wieder raus und einem auf die Füße rinnt. Für 95 Dollar. Und 90 Euro Campinggebühr (ja schon für uns beide, okay).

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Bild 42: Das dümmste Klo

Zum Abendessen gibt es Salat und Bier und wir sind zufrieden. Der Zeltplatz ist wirklich schön und ruhig. Die Nacht ist wieder sehr kühl, schließlich befinden wir uns wieder auf fast 2000 Metern Seehöhe und die Berge sind nicht fern.

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Bild 43: Thomy am Ewaso Ngiro

Kenia von Nord nach Süd – Tag 17: Der Abschied

Wieder ein Strandlauf am Morgen – ein guter Tagesbeginn. Heute gönnen wir uns ein besonders üppiges Frühstück, denn es ist nicht sicher, ob wir ein gutes Abendessen haben werden. Ich habe immer noch Erholung notwendig und bleibe die größte Zeit am Zimmer bzw. setze mich ein wenig zu Thomy an den Pool. Es ist angenehm, wenn es einmal nichts zu tun und zu organisieren gibt. So vergeht der Tag und um 17 Uhr kommt Amos, um uns abzuholen.
Das Zahlen im Hotel gestaltet sich unkompliziert, sie nehmen Euro, Dollar oder Kenia-Schillinge bzw. Kreditkarte – je nachdem, was man gerade hat bzw. womit man zahlen will. Bis zur Stunde ist nicht sicher, ob wir mit der früheren oder späteren Maschine fliegen werden, Kenia Airways streicht manchmal einen Flug, wenn er nicht voll genug ist.
Der Flughafen von Mombasa besitzt innen kein Restaurant, wer einmal durch den Eingang und die dortige Kontrolle gegangen ist, kann sich an einem kleinen Buffet gerade mal ein Eis oder ein Sandwich kaufen. Ansonsten ist der Flughafen angenehm, weil klein und recht entspannt.
Auch der Flug verläuft ohne besondere Vorkommnisse und wir haben die frühere Maschine. Nun geht es nur noch darum, ob die Swiss auch pünktlich ist und vor allem ob ich es schaffe einen Gangplatz zu bekommen. Das ist mir ausgesprochen wichtig und da man Plätze bei der Swiss nur kostenpflichtig reservieren kann, heißt es abwarten und hoffen.
Alles klappt gut und wir schaffen es noch in Nairobi ein gutes Abendessen zu bekommen. Etwas versteckt liegt hinter einer Ecke eine Art Sportcafé mit jeder Menge Bildschirmen, wo man aber ganz brauchbar essen kann.
Ich weiß nicht genau wovon es abhängt, ob ich in einem Flugzeug schlafen kann oder nicht. Selbstverständlich spielt der Platz eine Rolle, ich habe zwar einen Gangsitz, es ist aber in der Touristenklasse generell extrem eng. Leider schaffe ich es diesmal nicht zu schlafen und bin mehr oder weniger die ganze Nacht lang wach. Der Flug geht von 00:20 bis 06:50 Uhr (Zeitverschiebung einberechnet) und das ist eine zähe Angelegenheit, wenn man nicht schlafen kann.
Irgendwann ist es aber vorbei und auch der Heimflug von Zürich nach Wien verläuft unspektakulär. Wien hat uns wieder, alles ist gut gegangen, der Urlaub war nicht nur ein voller Erfolg, sondern auch einfach sehr schön.