Die Nacht kalt, der Morgen klar und der Aufbruch dauert wieder lang. Unter meinem Zelt haben wieder die Termiten eine arbeitsame Nacht hinter sich und das Frühstück mundet. Wir beschließen bis zu Mittag einen ausführlichen Game-Drive zu machen und schätzen, dass wir so ziemlich den ganzen Park abfahren können.
Die Schimpansen sind immer noch da und wir können zusehen, wie ein Führer ihnen Zuckerrohrstangen über den Fluss zuwirft. Sie gestikulieren sehr klar und bestimmt und wirken auf die uns schon bekannte Art menschlich.

Bild 44: Schimpanse, nicht sehr glücklich
Sie leben dort in einem relativ großen Gehege und in relativer Freiheit. Trotzdem sind sie natürlich an die Menschen gewöhnt und betteln ständig um Futter. Es wird ihnen beigebracht das zu tun, was uns Spaß macht.

Bild 45: Stehender Schimpanse hinter Elektrozaun
Mir macht es keinen großen Spaß und nach einiger Zeit machen wir uns wieder auf den Weg.
Hier eine Auflistung der Tiere, die wir gesehen bzw. gehört haben:
Büffel
Giraffen
Elefanten
Nashörner
Löwen (in der Nacht gehört)
Hyänen (in der Nacht gehört)
Hippos (in der Nacht gehört)
Paviane
Schakale
Thompson-Gazellen
Impala-Gazellen
Wasserböcke
Warzenschweine
Elefanten stehen bei einer Brücke, Zebras kann man fast angreifen – ein Zoo, nur größer.

Bild 46: Zebra

Bild 47: Elefantenherde bei einer Brücke
Nach einiger Zeit kommen wir zu den Rhinos. Das ist auch ein abgesperrtes Areal, an dem wir wieder von einem Angestellten empfangen werden. Er ist ähnlich abgebrüht-routiniert wie der Kollege bei den Schimpansen und führt uns zu Baraka, einem alten, blinden Nashorn. Das können wir dann füttern und streicheln, ein Erlebnis, das man nicht jeden Tag hat. Im Gegensatz zu Pferden nehmen Nashörner das Futter sehr sanft mit ihrer langen, sehr biegsamen Oberlippe und zerkauen es dann genüsslich. Das ist witzig und wir filmen und fotografieren ohne Ende.

Bild 48: Thomy und das blinde Nashorn
Dann fahren wir weiter über die Plains und entdecken unter einem einsamen Baum einen Nashorn-Friedhof. Seit 1999 sind hier über 12 Nashörner gewildert worden, mitten im gut bewachten Privatpark. Sie haben dort alle einen Gedenkstein mit Name und Lebensdaten. Und es steht dabei, ob und wie ihnen das Horn gewildert wurde.

Bild 49: Der Nashörner-Friedhof
Wir fahren weiter und sehen dann doch noch Nashörner in „freier Wildbahn“. Sie liegen dort irgendwo auf den Plains herum, nur wenige Meter hinter ihnen ist jedoch eine Ranger-Station. Ich bin leider nicht optimistisch und fürchte, dass sie in ein paar Jahren nur mehr in Zoos existieren und in ein paar Jahrzehnten ausgestorben sein werden. Chinesen glauben nun einmal fest an das Potenzmittel aus Nashorn.

Bild 50: Thomy hat keine Angst vor Nashörnern
Etwas bedrückt fahren wir weiter und verlassen am frühen Nachmittag den Park. Eine noch unbekannte Schotterpiste führt uns Richtung Westen. Wir haben uns erklären lassen, welche Abbiegungen wir wo nehmen müssen, um auf die Hauptstraße nach Nyahururu zu kommen, die uns dann weiter nach Nakuru führen sollte.

Bild 51: Abschiedsgruß vom Mount Kenya, so ist er bei gutem Wetter vom gesamten Park aus zu sehen.
Das ist wieder eine Route, die keine Touristen fahren, daher gibt es keine gute Beschilderung (also genauer gesagt gar keine) und wir müssen nach einer sehr groben Karte fahren und nach ein paar Landmarkierungen wie dem Aberdare-Gebirge, an dessen Nordende wir hinkommen wollen.
Wir verfahren uns und landen mitten in irgend einem Ort. Dort deutet der eine geradeaus und der andere in die Gegenrichtung.
Irgendwie finden wir die Hauptpiste wieder und kommen an die Hauptstraße, wenn auch ganz woanders als geplant. Das waren 65 km Piste und dieser Streckenabschnitt hat jede Menge Zeit gekostet, aber dafür haben wir eine andere Gegend gesehen und sind jetzt auf der hervorragenden Asphaltstraße Richtung Nyahururu. Dazwischen gibt es wieder einen Police-Check, aber auch diesmal wollen sie uns nur ein „safe journey“ wünschen und wir sind entzückt.
Eigentlich wollen wir uns in Nyahururu die Wasserfälle ansehen, so wie ich das in den Jahren und Jahrzehnten zuvor immer wieder gemacht habe. Doch diesmal ist die Aussicht versperrt, hohe Gitter zeigen an, dass man diese Attraktion kommerzialisiert hat. Es kostet Eintritt, den wir aber nicht zahlen wollen. Dazu hat man noch eine Unmenge an Souvenirständen aufgestellt und die betreibenden Damen sind auch sofort zur Stelle, um uns unbedingt etwas verkaufen zu wollen.
Wir lehnen dankend ab und fahren weiter. Diesmal erwischen wir die richtige Abzweigung nach Nakuru und müssen feststellen, dass die Straße zwar asphaltiert, aber in einem ziemlich schlechten Zustand ist.
Ich bin sie das letzte Mal im Jahr 2000 gemeinsam mit Thomy gefahren und habe sie in guter Erinnerung. Aber das ist eben 15 Jahre her. Also quälen wir uns eher langsam Richtung Nakuru und kommen daher erst am späten Nachmittag dort an. Wir sind etwas in Eile, weil wir heute noch an das Südufer und somit auch an die Südspitze des Nakuru-Nationalparks wollen.
Doch zuerst müssen wir den Weg zum Eingang finden. Auch Nakuru ist gewachsen und der Verkehr ist entsprechend. Mit einmal Fragen finden wir jedoch die richtige Straße, die mitten in der Stadt Richtung Nationalpark führt. Der Park liegt direkt neben der Stadt, und damit meine ich WIRKLICH direkt daneben. Hohe Häuser, dann ein hoher Zaun und direkt dahinter grasen die Zebras.
Am Eingang angekommen müssen wir feststellen, das dieser nicht mehr existiert. Der Nakuru-See ist auf ein vielfaches seiner ursprünglichen Größe angewachsen und hat ca. ein Viertel des Parks überschwemmt. Überall stehen abgestorbene Bäume und das ehemalige Gate musste aufgegeben werden.

Bild 52: überschwemmtes Gate
Weiter oben Richtung Stadt wurde ein neues Gate gebaut und dort lässt man uns auch die wohlfeilen 80 Dollar pro Person und Nacht bezahlen. Die Campsite ist auch nicht mehr so billig wie vor zehn Jahren, als wir hier Zwischenstop am Weg nach Ruanda gemacht haben, und kostet jetzt 30 Euro, das Auto hingegen nur 350 KHS (3,50 Euro). Residents zahlen übrigens nur 12 Euro Eintritt und Citizens überhaupt nur 300 KHS.
Wir bekommen eine Plastikkarte und die Kommunikation mit der netten Dame vom Kenya Wildlife Service ist nicht einfach, weil sie hinter einer zentimeterdicken Panzerglasscheibe sitzt – warum auch immer.
Alles ist vollelektronisch und irgendwer hat sehr viel Geld damit verdient. Eine Verbesserung kann ich nicht erkennen.
Dann machen wir uns schleunigst auf den Weg, denn bei Dunkelheit Zelt aufbauen und Kochen ist nur mäßig lustig. Im gesamten Park wurden neue Straßen angelegt, weil etwa die Hälfte der alten Straßen jetzt überflutet ist. Die Szenerie ist bizarr und irgendwie pervers: der See ist so voll wie noch nie, aber rundherum herrscht Dürre.
Am Baboon-Cliff lungern tatsächlich einige Paviane herum und ich fange mit einem der Safari-Auto-Fahrer eine Plauderei an.

Bild 53: Pavian wartet auf – was auch immer
Er kennt sich sehr gut aus und schildert mir genau den Weg, den wir morgen Richtung Narok fahren müssen. Wir erfahren, dass es am Südostende des Parks einen weiteren Ausgang gibt, den wir auch nehmen können. Damit ersparen wir uns jede Menge leere Kilometer. Außerdem verrät er uns, dass kurz vor dem Sekenani-Gate linkerhand einige Campingplätze vorhanden seien, günstig und gut.
Das sind sehr wertvolle Infos für uns, denn so können wir uns einen ganzen Tag Parkeintritt sparen. Zufrieden setzen wir unsere Fahrt fort und kommen rechtzeitig auf der Makalia-Falls Campsite an.

Bild 54: Makalia Falls Camp Site
Dort empfängt uns ein netter Typ und erklärt, dass wir sehr willkommen wären und dass er es begrüßen würde, wenn wir die neu erbauten Duschen möglichst ausführlich nutzen könnten, denn sie hätten aus irgend einem Grund zu viel Wasser.
Nun, das wird uns nicht schwer fallen. Die Duschanlagen sind großzügig und brandneu, es gibt sie erst seit weniger als einem Jahr und sie sind sauber und gut. Lediglich Haken gibt es keine, wie überall in Afrika.
Der Wasserfall ist genauso trocken wie vor zehn Jahren, als wir auch im Februar da waren. Sonst hat sich der Platz bis auf die neuen Duschhäuser nicht verändert und wir sind – ähnlich wie damals – auch diesmal alleine auf der sehr großen Campsite.
Der nette Herr hilft uns noch beim Zeltaufbau und bekommt ein gut gekühltes Cola, bevor er sich in den Gameranger-Posten zurück zieht.
Es gibt auch hier keine Gelsen, aber jede Menge Fliegen, die glücklicherweise nach Einbruch der Dunkelheit verschwinden.
Die Nacht wird deutlich wärmer als die vorherigen Nächte, das liegt auch daran, dass wir uns jetzt ganz unten im Rift Valley befinden. Zu hören gibt es diesmal Löwen, Hyänen und Hippos, aber auch Zivilisationslärm, schließlich befinden wir uns in einem kleinen Park, der rundherum von Siedlungen und Dörfern umgeben ist.