Eine afrikanische Reise zweier guter Freunde… Stück für Stück werde ich hier in meinem Weblog davon berichten.
Der Ärger von Thomy war groß als er am ersten Abend im Busch seine nagelneue LED-Campinglampe nicht finden konnte – nur die Batterien waren da, jede einzelne ihn verhöhnend.
Wahrscheinlich hatte er sie in der Hektik beim Umräumen am Flughafenparkplatz in Wien Schwechat aus der Tasche genommen und dann im Auto liegen gelassen.
TAG 1 – DIE ANREISE
Aber ich greife vor. Unsere Reise begann eigentlich erst am Freitag, den 20. Februar 2015 um 05:30 Uhr, als mein Bruder uns abholte und auf den Flughafen führte.
Der Transferflug nach Zürich ging pünktlich und war gänzlich unspektakulär. Wir hatten schon in Schwechat den Luis getroffen, einen in Nairobi lebenden Steirer, seines Zeichens Automechaniker und seit einiger Zeit auch Tour-Operator.
Gemeinsam grinsten wir über die Kuhglocken, die Alphorntöne und die Jodler in der U-Bahn des Flughafens Zürich-Kloten und flogen dann mit dem Langstreckenflug LX 292 nach Nairobi.
Das Ticket gab es diesmal um wohlfeile Euro 490,- und es war damit billiger als der Direktflug mit der AUA vor 23 Jahren. Erkaufen muss man sich diesen günstigen Preis durch enge Sitzreihen. Manche bezweifeln, dass die Sitze im Laufe der letzten Jahre immer kleiner, schmäler und enger beieinander sein würden, aber die Alternative dazu bestünde in der Annahme, dass ich in den letzten zwanzig Jahren ständig gewachsen wäre und das ist auszuschließen.
Trotzdem verging dieser Flug irgendwie ohne spezielle Knechtereien, was durchaus nicht selbstverständlich ist.
Dieser Tagflug startet um 09:25 und ist um 19:05 in Nairobi, inklusive zwei Stunden Zeitverschiebung wegen der Winterzeit, im Sommer ist das nur eine Stunde. Dafür gibt es keinen Jetlag und das ist eine Erklärung für den Reiz dieser Urlaubsdestinationen.
Moderne Kommunikationsmedien haben die Sache vereinfacht und erschwert zugleich. Für mich liegt die Herausforderung darin auf Langstreckenflügen einen Gangsitz zu ergattern. Diesmal bekamen wir vom Computer die Plätze „A“ und „B“ zugeteilt und so hatte Thomy seinen Fensterplatz und ich meinen Gangsitz, alles war perfekt.
Keine brüllenden Kleinkinder und keine Mammys, die ihre dicken Hintern kaum durch die doch recht engen Gänge quetschen können – alles verlief einfach wunderbar.
In Nairobi wartete die nächste Hürde auf uns: das Visum. Man kann sich dieses auch in Wien ganz gemütlich auf der High-Commission holen, aber ich hatte so viel zu tun, dass diese Option nicht gegeben war. Die Kosten sind übrigens annähernd gleich.
Der Trick besteht nun darin, möglichst schnell aus dem Flugzeug draußen zu sein um sich nicht an einer langen Schlange anstellen zu müssen.
Ich kämpfte brav und tauschte noch mit Luis Plätze, weil er zehn Reihen vor uns saß. Diese Taktik bewährte sich und ich war mit der ersten Gruppe draußen. Auf Thomy könnte ich auch noch später warten, jetzt ging es einmal ab Richtung Passkontrolle.
Als ich an einem Bus vorbei kam und mir ein Typ das Wort „Business-Class“ zuwarf, ergriff ich die Chance und stieg einfach ein.
Die neue Ankunftshalle ist leider ein Provisorium, da der Flughafen bzw. ein Teil davon vor einiger Zeit abbrannten und angeblich überhaupt neu gebaut werden soll. Das Provisorium soll allerdings gar keines sein, sondern schon die endgültige Lösung. Gerüchten zufolge hat ein pleite gegangener Betreiber Brandstiftung begangen, aber wie immer konnte man ihm das nicht beweisen.
Ich war somit als einer der ersten beim Visum-Schalter und erledigte gleich die Prozedur: freundlich in die Kamera schauen, Finger auf den Scanner – nicht nur in USA werden die Fingerabdrücke genommen, auch hier in Nairobi und das schon seit einigen Jahren. Dann konnte ich noch ausverhandeln, dass Thomy direkt nach vorne gehen und ich einstweilen auf der Seite warten könnte. Das ersparte uns die lange Schlange.
Nach einiger Zeit waren wir draußen und in der glücklichen Lage alle Gepäckstücke vorzufinden – 4 x 23 kg sind erlaubt, auch bei der SWISS, was unserer Charity-Sache sehr zugute kam. Ein paar rundliche Damen am Zoll wollten unser Gepäck durchstöbern, gaben sich aber mit der Erklärung, dass es sich um gebrauchtes Gewand handeln würde, sofort zufrieden.
Wie immer ließen wir uns von Amicabre Travel abholen. Ich habe bei denen aufgrund guter geschäftlicher Kontakte immer einen guten Preis, auch wenn diesmal das Ziel ein anderes war. Luis fuhr gleich mit uns mit und wir verhandelten einen Aufpreis von KHS 1.000 (umgerechnet 10 Euro) für seinen Weitertransport nach Westlands.
Ah, wie gut das tut: Wärme, die würzige afrikanische Abendluft, selbstverständlich durchsetzt mit Dieselgestank und Motorenlärm, aber das gehört einfach dazu. Ich freue mich jedes Mal auf den Moment, wenn der Fahrer nach der Security-Kontrolle auf den Highway hinaus beschleunigt und ich weiß: Afrika!
Leider wird dieser magische Moment seit ein paar Jahren immer mehr durch den ständig ansteigenden Verkehr entwertet. Früher fuhr man fast ohne Stop quer durch die Stadt und bis zu uns nach Lake View. Das geht jetzt gerade noch zwischen Mitternacht und fünf Uhr früh, zu allen anderen Zeiten steht man mehr oder weniger lang im Stau. Nairobi ist in den letzten dreißig Jahren mindestens doppelt so groß bzw. einwohnerreich geworden, hat aber keine neuen Straßen und schon gar kein Verkehrskonzept bekommen. Nahezu alle Haupt- und viele Nebenstraßen sind heillos verstopft und in den Stoßzeiten geht überhaupt nichts mehr, da braucht man auf jeden Fall länger als wenn man zu Fuß geht.
Das kann unglaublich nerven, vor allem wenn es für Flüge entscheidend ist. Sie bauen an einer Außenringautobahn in Form von mehreren Teilstücken („Bypass“), die jedoch erst in wenigen Fragmenten fertig gebaut sind. Die Chinesen sind hier eifrig am Werk, sie bauen sehr schnell und angeblich in schlechter Qualität. Das wäre noch nicht schlimm, denn die bisherigen Straßen haben auch nie lange gehalten und jetzt wird wenigstens zügig gebaut. Trotzdem steckt da kein Konzept dahinter, es gibt keinen öffentlichen Verkehr in Form von U-Bahn oder Straßenbahn, lediglich die Matatus (Kleinbus-Sammeltaxis) stehen in Nairobi zur Verfügung und natürlich ständig im Stau.
Die Stadt hat über vier Millionen Einwohner und platzt aus allen Nähten. Ich weiß nicht, ob man sich in ein paar Jahren überhaupt noch wird bewegen können, auf jeden Fall verleidet es mir langsam den Urlaub, da ich dieses Problem ständig mit einplanen muss.
An diesem Abend war es jedoch relativ egal. Wir kamen gut voran und der Stau vor dem ersten Roundabout dauerte nicht länger als 10 Minuten, dann konnten wir nach links Richtung Langata abbiegen.
Vorbei am Wilson Airport ging es Richtung Jungle Junction, unserem heutigen Endpunkt. Leicht wehmütig musste ich auf der linken Seite das Carnivore erblicken, einst ein unverzichtbares Highlight eines Kenia-Urlaubs. Das Carnivore ist ein spezielles Restaurant, das nicht nur bei Touristen bekannt und beliebt war. Dort bekam man viele Jahre lang „Game-Meat“, also afrikanisches Wild serviert: Kuhantilope, Zebra, Krokodil, Strauß, Impala-Steak und noch vieles mehr. All das wurde über riesigen Feuerstellen an dicken Eisenstäben gegrillt und dann direkt auf den Stäben zu den Tischen gebracht. Man konnte dem Kellner zeigen, wie viel und was er runtersäbeln sollte und zahlte eine Pauschale für den ganzen Abend.
In der Mitte des Tisches stand ein Rondeau mit Saucen, an dessen Spitze eine Fahne steckte. Wenn man mit dem Essen fertig war, nahm man die Fahne herunter und zeigte so den Kellnern, dass sie kein weiteres Fleisch vorbei bringen mussten. Dann ging man nach nebenan in den „Simba-Club“ und genehmigte sich einen Dawa oder zwei (die kenianische Form des Caipiroska). Das waren stets tolle Abende.
Leider wurde die Qualität vor ein paar Jahren immer schlechter, es gab immer weniger Wild und heute gibt es angeblich gar nichts mehr – vielleicht noch Strauß, aber den gibt es sonst auch überall auf der Welt. Die Preise stiegen dafür enorm an und ich führe meine Freunde daher nicht mehr dorthin, wenngleich es ein wenig schmerzt. Dazu kommt noch, dass die Heimfahrt quer durch die Stadt aufgrund des Verkehrs nicht mehr funktioniert. So ändern sich die Zeiten und nicht immer zum Vorteil.
Am Weg nach Langata zeigte sich, dass die Veränderungen auch hier nicht Halt gemacht hatten. Riesige Über- und Unterführungen, wo vor einiger Zeit noch eine eher verträumte, wenn auch sehr befahrene Landstraße lag. Alle sieht anders aus, die legendäre Senke wurde begradigt und die scharfe Rechtskurve bei den Bomas ist jetzt ein Geflecht aus Unterführungen.
Wir fuhren zu Chris Handschuh (ja, der heißt wirklich so) und seinem außergewöhnlichen Ort namens „J-J´s“. Das ist ein Globetrotter-Treff, wo mein Bruder den Toyota abgestellt hatte. Chris ist ein Deutscher, der gut vernetzt ist und bei dem die Overlander (so nennt man die Menschen, die meist mit eigenen Autos Afrika durchqueren und an vielen Orten kürzer oder länger verweilen) ihre Autos bzw. Motorräder für eine Zeit abstellen. Er hat ein riesiges Grundstück, auf dem jede Menge Geländewagen stehen, manche expeditionstauglich und abfahrtsbereit, andere schon mit einer dicken Staubschicht.

Chris bietet auch Accomodation an und wir hatten das letzte Doppelzimmer gebucht, mit riesigem Bad und gutem Moskitonetz. Der Spaß kostete Euro 55 für die Nacht inklusive Frühstück (statt 48 wie im Prospekt, aber das war uns an diesem Abend egal).
Da wir spät dran waren (ca. 21.30) und ohnehin nicht mehr hungrig, freuten wir uns auf das erste kalte Tusker-Bier. Bei Chris gibt es free WLAN und so konnten wir erste Nachrichten nach Hause und nach Facebook schicken. Eine Handvoll anderer Gäste war auch da, eine Schwedin hing an ihrem Laptop und ein netter Däne kam mit mir ins Plaudern. Ich erzählte ihm davon, dass wir das Auto meines Bruders nach dem Urlaub nach Mombasa bringen würden, um es dort nach Europa zu verschiffen. Und dass wir noch keine gute Spedition hätten.
Darauf meinte er, warum wir es noch nicht mit Roll-on-Roll-off versucht hätten und gab mir einen Internet-Kontakt, den ich umgehend an meinen Bruder weiterleitete. Das Problem bestand darin, dass der Toyota ein Hochdach besitzt und daher in keinen normalen Container passt. Man muss einen oben offenen nehmen und der ist sauteuer, weil er speziell – nämlich ganz oben – gestapelt werden muss. Außerdem ist die Fracht dann nicht sicher, schon vor über zwanzig Jahren haben sie uns den Puch Pinzgauer aufgebrochen und alles rausgestohlen, was nicht niet- und nagelfest war.
Das Tusker-Bier war mit 170 KHS (1,70- Euro, alles durch 10 dividieren) günstig und man konnte es sich mittels Stricherlliste selbst aus dem Kühlschrank nehmen. Zu guter Letzt gönnten wir uns noch eine Dusche und ich lernte wieder was dazu: Derzeit ist gerade die Elektro-Dusche in Mode. Das ist ein Duschkopf mit eingebautem Heizmodul. Er wird einfach statt dem normalen Duschkopf montiert und braucht nur eine Stromzuleitung (die in diesem Fall abenteuerlich verkabelt war, mit offenen Blockklemmen im Nassbereich… Afrika!).
Besonders gut funktioniert dieses System leider nicht, denn das Wasser ist entweder – je nach Schalterstellung – brennheiß oder kalt und die Menge entspricht dem üblichen afrikanischen Tröpferlbad. Da wir das aber gewohnt sind, machte es nichts aus.
Es gibt in Afrika kein Erdgas und daher muss alles mit Strom betrieben werden. Das hat Vor- und Nachteile, weil die Menschen einerseits leichter auf alternative Stromsysteme umsteigen können und nicht an ein Gasnetz gebunden sind, andererseits lässt das Angebot an großen Wind- Solar oder Erdwärmekraftwerken noch auf sich warten und daher muss alles mit Strom aus einigen wenigen Wasserkraftwerken bzw. einigen kalorischen Kraftwerken versorgt werden. Das führt dazu, dass die Atomlobby in Afrika einen Boom erhofft, etliche Länder haben schon die Verträge für den Bau neuer Atomkraftwerke unterschrieben und lassen sich das natürlich brav von Europa und USA über die Weltbank finanzieren.
Das ist verständlich, denn für den radikalen Ausbau alternativer Energieformen fehlen Know-How, Geld und politischer Wille. Die Weltbank sponsert nur zu gerne Atomkraftwerke, weil sie nichts anderes als eine Interessensvertretung der großen, weltweit tätigen Energiekonzerne und der daran verdienenden Banken ist.
Die Europäer haben zudem in Afrika immer weniger zu reden, die neue Kraft sind Indien und China und deren Umweltfreundlichkeit mag jeder selbst einschätzen.
Trotzdem muss ich anmerken, dass ich schon seit ein paar Jahren keine Power-Cuts mehr erlebt habe. Das war noch vor zehn und speziell vor zwanzig Jahren an der Tagesordnung, dass der Strom hin und wieder einfach abgedreht wurde: Am Tag bekamen die Fabriken den Strom, in der Nacht die Privathaushalte. Die meisten vermögenden Menschen bauten sich einen Generator in den Keller, der ihnen ein notwendiges Minimum an Strom liefern konnte, etwa für den Kühlschrank.
Besonders schlimm war das immer in der Trockenzeit, weil sie da für die Stromerzeugung zu wenig Wasser hatten. Die vorhandenen Staudämme samt Turbinen waren außerdem nur zu einem Teil im Einsatz, weil die notwendigen Gelder durch die überall verbreitete Korruption verschwunden waren und die Baufirmen daraufhin ihre Tätigkeit einstellten. Ich weiß das aus erster Hand, weil ich seinerzeit einen der österr. Bauingenieure kannte.