Kenia von Nord nach Süd – Tag 2: Die Vorbereitungen

Die erste Nacht schlafe ich meistens schlecht, weil die Klimaumstellung nicht sofort funktioniert. Diesmal war es aber ganz okay und das Frühstück wartete schon. Ich liebe afrikanisches Frühstück, es hat immer einen leichten englischen Kolonialtouch (Tee, Toast) und es gibt frische Früchte.
Leider war über meinem Fruchtsalatteller Joghurt, worauf ich mangels Joghurtleidenschaft diesen wieder zurück schicken musste. Ich hatte es zwar vorher gesagt, aber die Botschaft war nicht bis zur Küche durchgedrungen.
Das stellte die Logistik vor ernsthafte Probleme, denn offensichtlich hatten sie die letzte Banane in meinen Fruchtsalat geschnitten und konnten jetzt keinen neuen mehr zubereiten. Ich hätte ihn auch ohne Bananen genommen, aber das konnte ich der Kellnerin nicht kommunizieren, weil ich es erstens nicht wusste und sie sich zweitens eine halbe Stunde lang nicht blicken ließ. Ich konnte recherchieren, dass sie in der Zwischenzeit irgendwie versuchten eine Banane aufzutreiben. Da Warten für die Afrikaner kein nennenswertes Problem darstellt, war diese Lösung wohl einfacher als mir einfach zu sagen, dass die Bananen aus wären.
Also bekam ich mit Verzögerung meinen Fruchtsalat und war zufrieden. Die Moskitos hatten sich aufgrund der Trockenzeit in der Nacht in Grenzen gehalten und das Auto von Peter stand startbereit da. Also nicht ganz startbereit natürlich, wir mussten noch den Wassertank füllen, was mittels eines im Hof von Chris herumliegenden Schlauches und Thomys Improvisationsgeschick problemlos gelang – immerhin fasst dieser 140 Liter, das dauert eine Zeit.
Die kleine Hürde zuvor (wo sind die verdammten Schlüssel für den Wassertank, am Schlüsselbund sind sie nicht und am zweiten auch nicht) nahmen wir mit Bravour und auch das Gepäck war schnell eingeladen.
Dann ging es um das Carnet, das ist sozusagen das Herzstück des Autos und das wichtigste Dokument für die Fahrt. Es wird in Österreich von der Hilfsbehörde ÖAMTC ausgestellt und besteht aus einer Unzahl von Blättern, von denen bei einem Grenzübertritt jeweils eines herausgerissen wird. So kann man etwa quer durch Afrika fahren, was mein Bruder vor nicht langer Zeit auch getan hat (Nairobi-Kapstadt und retour). Mindestens einmal im Jahr muss man aber eine Grenze überschreiten und außerdem gilt ein Carnet nur für ein Jahr. Also brachte ich ein neues mit, das von Chris abgestempelt wurde. Das Besondere ist die Erlaubnis, die Chris für diesen hochoffiziellen Akt hat und das macht ihn und seine Jungle-Junction auch so wertvoll für die Overlander und für uns.
Nachdem der eben frisch reparierte Kühlschrank bezahlt war, konnten wir aufbrechen. Den ersten Teil des Weges fuhr Frank mit uns, ein in Kenia lebender Deutscher, der in Nairobi mit dem Motorrad unterwegs war und es gerade bei Chris zur Reparatur abgeliefert hatte: eine BWM R 80 GS, eines der alten, robusten Modelle. Frank selbst sah auch etwas alt aus, allerdings nicht mehr sehr robust. Wahrscheinlich frönte er wie die meisten dort lebenden Europäer ein heimlich dem Alkohol. Oder unheimlich, wer weiß.

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Bild 2: Hof von Chris mit Frank und Motorrad

Von Chris hatte ich beim morgendlichen Tratsch noch eine für mich ganz besonders wichtige Information erhalten. Wir hatten nämlich geplant nach der Charity-Geschichte am Mount Kenia gleich dort oben zu bleiben und weiter in den Norden zu fahren, eventuell in den Samburu-Nationalpark.
Plötzlich tauchte die Idee mit Marsabit auf. Das ist für mich seit über zwanzig Jahren ein fast mystischer Name und eines der wenigen größeren Ziele, die ich mir noch nicht erfüllen konnte. Christ meinte, von Isiolo wäre fast alles bis Marsabit asphaltiert. Das war mir neu, sehr neu sogar und ich spürte sofort das Kribbeln des Abenteuers. Bisher war das eine sehr beschwerliche Reise auf einer schlechten Straße, fast so schwierig wie hinauf auf den Turkana-See.
Marsabit ist ein Nationalpark und besteht aus ein paar Vulkanen mit Kraterseen und Nebelwald. Von dort stammt Ahmed, der größte jemals gesichtete Elefant in Kenia. Er wurde nach seinem Tod ausgestopft und steht seitdem im Museum in Nairobi.
Dort wollte ich immer schon hin, und jetzt gab es die Chance dazu. Thomy war nicht ganz so erfreut, denn er ahnte, dass das mit einer langen Fahrt verbunden sein würde. Wir hatten diesmal geplant nicht viele Kilometer zu fressen, weil wir das seit den letzten beiden Afrika-Touren satt hatten und eigentlich den Ball flach halten wollten. Dazu kam noch die Aussicht auf die gar nicht lustige Überstellung des Toyota nach Mombasa, die auch wieder viel Fahrerei bedeuten würde.
Aber ich war Feuer und Flamme und wollte dorthin. „Asphalt bis fast nach Marsabit“ war eine tolle Nachricht, von der wir allerdings nicht wussten, ob sie so auch stimmte. Chris lebt schon seit vielen Jahren in Afrika und die Straßenangaben von Afrikanern entsprechen nicht immer dem, was wir uns darunter vorstellen.
Jetzt aber machten wir uns auf den Weg nach Lake View, denn es gab heute viel zu tun. Die Fahrtstrecke hatte ich mir in Wien schon herausgesucht und ausgedruckt, denn wir mussten Nairobi im Westen umfahren bzw. in den westlichen Teilen durchfahren, wegen des unmöglichen Verkehrs im Zentrum.
Bis zur Ngong-Road ging das auch sehr flüssig, doch dann wurde der Verkehr immer dichter und irgendwann hatten wir dann genau den Stau, den wir vermeiden wollten. Andererseits waren wir noch ganz gut in der Zeit und es ging immer wieder was weiter. Nach dem Dagoretti-Corner konnten wir auf kleine Straßen ausweichen und schlängelten uns bis nach Westlands durch. Unsere erste Adresse war Luis, bei dem wir unser Gepäck zwischenlagern und auch die nächste Nacht verbringen konnten.
Ich war noch nie vorher bei ihm und die Adresse war nicht ganz einfach zu finden, schließlich schnappte ich mir das Handy und rief ihn an. So konnte ich erfahren, dass wir ohnehin gerade vor seinem Tor standen. Er bewohnt ein kleines Haus auf einem Herrschaftsgrundstück, das einer 83jährigen Lady gehört, der schon vor langer Zeit der Mann gestorben war.

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Bild 3: Haus von Luis

So wohnt sie jetzt in einem riesigen Haus mit mehreren Angestellten und in einem der Nebengebäude wohnt Luis mit seiner Freundin Marion. Sie ist eine Kikuyu und stammt aus Naro Moru, dem Ort am Fuß des Mount Kenia, zu dem wir am nächsten Tag fahren wollten.
Ihre Schwester Judy ist Bergführerin und unsere Schnittstelle für die Charity-Aktion, die ich kurz erläutern möchte.

Wärme für die Menschen am Ende der Welt

Im Februar 2012 machten Thomy und ich eine Trekking-Tour durch die Mondberge in der Grenzregion Uganda – Kongo. Das Gebirge heißt auch Ruwenzori und das wiederum heißt „Regenmacher“ und ist bezeichnend für das Klima. Die Touren dauern mindestens sechs Tage und man braucht einen Menge Träger, Führer und Köche. Der Generalveranstalter ist das Ruwenzori Mountaineering Service (RWS). Es ist zuständig für die Erhaltung der Wege und Hütten und es engagiert auch die vielen lokalen Hilfskräfte, die man für so eine Expedition braucht.
Nun ist das RWS gewinnorientiert und hat daher wenig Interesse an teuren Investitionen. Am besten sparen kann man an den Hilfskräften, also bei Trägern, Köchen und Führern. Diese bekommen keine eigene Ausrüstung und müssen sich diese beim RWS mieten. Das können sie sich bei dem Hungerlohn, den sie sie bekommen, aber nicht leisten und daher frieren sie.
Der Ruwenzori ist einer von drei Orten in Afrika (neben Mount Kenia und Kilimandscharo), an dem es Gletscher gibt. Wir reden hier vom Hochgebirge über 5.000 Metern. Die Hilfskräfte müssen bis ca. 4.800 Meter hinauf und dort herrschen immer Temperaturen um den Gefrierpunkt oder auch deutlich darunter.
Wer da keine warme und gute Ausrüstung hat, ist eine arme Sau. Und die haben bis auf wenige Ausnahmen alle keine gute Ausrüstung, vor allem keine warmen Jacken und keine Schlafsäcke.
Die Touristen schlafen in Hütten, die Hilfskräfte machen sich unter einem Felsvorsprung ein Feuer und kauern sich die ganze Nacht lang davor, manchmal gibt es auch alte Schaumgummimatratzen und hin und wieder Blechhütten, in denen es aber mangels Feuer noch kälter ist.
Ich habe einige Träger gesehen, die hatten überhaupt nur mehrere T-Shirts übereinander und froren erbärmlich.
Die Lösung für dieses Problem wäre einfach: Das RWS müsste nur im Vorfeld der Buchungen eine kurze Nachricht an die Bergtouristen schicken, dass jede(r) ein einziges warmes Kleidungsstück mitnimmt. Wir haben davon alle jede Menge daheim, meist in hervorragendem Zustand, weil wir uns längst was Neues gekauft und das alte in den Keller getragen haben.
Dem RWS ist das egal, die tun einfach nichts. Daher haben wir am Ende unserer Tour möglichst viel Gewand hergeschenkt und beschlossen, in Österreich eine Sammelaktion zu starten.
Es gibt eine entsprechende Facebook-Gruppe mit über 370 Mitgliedern und im Jahr 2012 konnte ich über 120 kg warme Kleidung und Schlafsäcke sammeln. Dann verpackte ich das alles in eine riesige Holzkiste, in der ein Freund einen alten Roller aus Asien geschickt bekam.
Leider funktionierte der Transport nicht, mein Kontakt zur österr. Post konnte leider nicht helfen, die Post bringt zwar allen was, nicht aber den armen Leuten am Ende der Welt. Nach fast 9 Monaten warten bekam ich die Nachricht, dass man leider nicht helfen könne.
Mit einer Spedition konnte ich die Kiste auch nicht schicken, denn die Kosten hätten den Wert der Kleidung deutlich überschritten und außerdem hätte ich sie nie und nimmer aus dem Zoll bekommen.
Also beschloss ich beim nächsten Afrika-Urlaub die Sachen selbst in Seesäcken mitzunehmen, in den Toyota zu laden und eigenhändig nach Uganda zu bringen. Die Grenzformalitäten würde ich mit meiner Erfahrung locker packen und die lange Fahrt dorthin hatte ich ja schon einmal gemacht.
Leider spielten bestimmte Faktoren nicht mit und ich konnte weder im Februar 2013 noch 2014 nach Afrika fliegen. Allerdings konnte mein Bruder mit seinem Freund Markus etwa die Hälfte der Sachen schon nach Kenia bringen, weil sie viel Freigepäck hatten.

Dann änderte sich die Situation noch einmal gewaltig: Ich verlor den Kontakt nach Uganda, irgendwann kam auf meine Mails keine Antwort mehr und ich ahnte, dass ich die Sachen wohl nicht ans Ende der Welt würde bringen können.
War das das Ende der ganzen Aktion? War die viele Arbeit umsonst? Genau zu diesem Zeitpunkt (Herbst 2014) erfuhr ich von meinem Vater von Marion und Judy. Das eröffnete ganz neue Perspektiven, denn auch am Mount Kenia gibt es ein ähnliches Problem für die vielen Träger und Führer, wenngleich diese etwas besser ausgestattet sind als die Kollegen in Uganda.
Also fassten wir den Plan: mein Vater würde im Dezember 2014 das schon in Kenia befindliche Gewand nach Naro Moru bringen und dort an die Träger, Führer und Köche verschenken, die Judy informieren und zusammentrommeln könnte.
Im Februar würden dann Thomy und ich den Rest mitnehmen und ebenfalls nach Naro Moru fahren, um alles zu verteilen.
So könnte alles noch ein gutes Ende nehmen.

Erwähnenswert sind noch die Schattenseiten dieser Aktion. Durch die massive Überproduktion von Kleidung für die westliche Konsumgesellschaft besitzen die meisten Menschen bei uns wesentlich mehr als sie je verwenden können. Dazu drängt die Industrie darauf ständig neue Teile zu verkaufen und ist durch den damit verbundenen Modeschmäh („Iiiih, das ist ja vom letzten Jahr, wie kannst du diese Farbe HEUER tragen, schäm dich…“) auch sehr erfolgreich.
Daher landen die alten Sachen entweder im Müll und werden verbrannt oder sie lagern in diversen Kellern, Abstellräumen etc. Fast immer sind die Kleidungsstücke neuwertig oder in sehr gutem Zustand. Vieles davon ist auch in recht guter Qualität gefertigt, wenngleich das in den letzten Jahren deutlich abgenommen hat, an dieser Stelle ein Dankeschön an die geplante Obsoleszenz, die übrigens mit der Erfindung der Nylonsstrümpfe gleich miterfunden wurde.
Diese Unmengen an Kleidung werden nun zu einem Teil über Hilfsaktionen nach Afrika gebracht und ruinieren dort die ansässige Textilindustrie. Gar nicht wenige Unternehmen in Kenia und Tansania sind schon pleite gegangen, weil sie sich gegen den Preisdruck der Gratiskleidung nicht wehren konnten. Manche Hilfsorganisationen verlangen zwar etwas für die Second-Hand-Ware, aber die AfrikanerInnen haben längst entdeckt, dass die gebrauchte und billige Ware aus Europa und USA teilweise von besserer Qualität ist als die im Land erzeugte.
Ich selbst habe noch einige „Tinga Tinga T-Shirts“ aus der Zeit guter Qualität, da gibt es nicths daran auszusetzen. Wenn aber die afrikanischen Firmen sich dem Preisdruck stellen müssen, so sind sie gezwungen mit der Qualität runter zu gehen und dann können sie erst recht nicht mit der Konkurrenz mithalten.
Unsere Aktion streift diese Problematik nur am Rand, da es wirklich warme Kleidung in Afrika nicht gibt, und zwar mangels niedriger Temperaturen, die gibt es hier nur ganz selten.

Also packten wir unsere Sachen aus und fuhren dann zu unserem Haus in Lake View. Dort empfing uns Helge, ein Deutscher, der das Haus meines Vaters gemietet hat, da dieser nur ca. 4 Monate im Jahr dort verbringt und es den Rest der Zeit nicht nützt.
Wir packten das noch fehlende Camping-Equipment in den Toyota und ich holte mein in Nairobi in zwei Kisten lagerndes Gewand und sonst noch einige Dinge, die man für zwei Wochen Safari braucht.
Danach fuhren wir wieder zu Luis, der nur sieben Minuten entfernt wohnt und dann mit ihm gemeinsam zu seiner Werkstatt und anschließend ins „Homeland“. Das ist ein Lokal am Thika-Highway, das mir bisher gänzlich unbekannt war. Dort kommen fast nur Einheimische hin und man kann günstig und gut kenianisch essen. Das bekommt man in keinem einzigen Touristen-Lokal, selbst wenn man es will.

Der neue Konsum

Am Nachmittag fuhren wir in den Village-Market um für die Safari einzukaufen. Das ist ein riesiges Einkaufszentrum, wie sie in Nairobi in den letzten 25 Jahren in größerer Zahl entstanden sind. Im nobelsten davon gab es vor nicht allzu langer Zeit den Terroranschlag der Al-Shabab, einer Art Ableger der Al-Kaida oder der Taliban oder des IS oder von allen zusammen.
Im Einkaufszentrum am Parkplatz sahen wir dann eine staunende Menge, die einen giftgrünen Lamborghini Aventador bewunderte. Dieser Supersportwagen passt nach Nairobi wie Mangos auf den Nordpol und ist nur auf wenigen Strecken überhaupt fahrbar, da er mangels Bodenfreiheit weder Bumps noch Schlaglöcher aushält. Das Ding kostet deutlich über 300.000 Euro und hatte ein Kennzeichen aus dem Kongo. Nur ein Schelm würde hier Blutdiamanten oder andere Sauereien vermuten.
Die Schere zwischen arm und reich ist hier noch wesentlich größer als bei uns. In Nairobi fahren die Porsches neben den Lastkarren, die mangels Zugtieren von den Menschen selbst gezogen werden – oft mitten auf der Straße, weil es im Straßengraben daneben schlicht und einfach nicht möglich ist.
Bei der Einfahrt in den streng bewachten Parkplatz des Village Market wurden wir durchleuchtet, das Auto wurde an der Unterseite mit Spiegeln untersucht und wir mussten ähnliche Kontrollen über uns ergehen lassen wie am Flughafen.
Das war vor dem Anschlag allerdings auch schon und hat nichts genützt. Wenn dreißig Wahnsinnige mit Maschinenpistolen kommen, laufen auch die Security-Leute weg oder werden erschossen.
Der Nakumatt-Supermarkt ist etwa mit dem Interspar vergleichbar und führt fast alles, was wir brauchten, auch wenn ich die mühsam erstellte Einkaufsliste bei Luis liegen gelassen hatte.
Leider kann man die Verschlechterung der Qualität vor allem bei den Lebensmitteln gut beobachten. Ein Beispiel ist das Fleisch, das bis vor einiger Zeit stets gute Qualität hatte. Jetzt schrumpft es plötzlich beim Braten auf die Hälfte zusammen. Bisher war das nicht der Fall und somit ist klar, dass auch in Kenia die europäisch-amerikanischen Tierfabriken am Vormarsch sind.
Das Gemüse ist wie immer, nur konnte ich beobachten, dass es jetzt auf einmal mehrere Sorten Äpfel gibt. Dazu muss man wissen, dass Äpfel kein afrikanisches Obst sind. Damit sie dort wachsen, muss man 1x im Jahr den Bäumen händisch die Blätter abzupfen, damit sie einen Winter vorgegaukelt bekommen. Ich finde das unnötig, es gibt dort so viel hervorragendes einheimisches Obst und die paar Europäer, die unbedingt Äpfel wollen, sollen diese als Importware bekommen.
Leider betrifft die Veränderung auch das Bier. Bisher gab es vor allem Flaschenbier, jetzt sind die Dosen am Vormarsch. Damit die KonsumentInnen umstellen, werden die Pfandflaschen ab sofort nicht mehr zurück genommen. So einfach geht das und schon ist alles wieder voller Aluminium: umweltschädlich, teuer, weil energieaufwändig in der Herstellung und die Recyclingquote beträgt null Prozent. Da es in Kenia so etwas wie eine grüne Umweltbewegung nicht gibt, haben die internationalen Konzerne samt ihrer Profitgier freie Hand.
Es gibt in Kenia und besonders in Nairobi eine wachsende Schicht reicher Kenianer, die ungebremst und unhinterfragt die Konsumgier des Westens übernehmen. Die bis vor einiger Zeit wirtschaftlich dominierenden Inder sind etwas in den Hintergrund geraten, dafür werden jetzt in der Phase steigenden afrikanischen Selbstbewusstseins die Weißen, speziell die Europäer und Amerikaner attackiert. Es ist derzeit sogar von Landenteignung die Rede, wenngleich ich nicht weiß, ob das ernst gemeint ist.
Daher sind die Einkaufszentren voll mit kauflustigen Kenianern, die auch das Geld dazu besitzen. Das wiederum fördert den Ausbau der großen Handelsketten, ein relativ neuer Player am Markt ist „Tuskys“. Selbst in der bis vor einiger Zeit noch verträumten Maasai-Stadt Narok hat man ein riesiges Einkaufszentrum aus dem Boden gestampft. Die Stadt ist nicht wiederzuerkennen und hier sieht man gut, dass sich die Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten verdoppelt hat.
Zugleich geht die Schere von Arm und Reich weiter auseinander, denn der immer noch sehr schmalen Oberschicht steht eine riesige bettelarme Unterschicht gegenüber, die allerdings ausschließlich davon träumt irgendwann einen Aufstieg zu machen. Daher hat sich auch eine bewundernde Menschenmenge rund um den teuren Sportwagen versammelt.

Unser Einkauf ist auch nicht billig, etwa 20.000 Kenia-Schilling legen wir für Essen und ein paar Safari-Kleinigkeiten hin. Das sollte für einige Tage reichen.

Zurück bei Luis packen wir die Kisten für die morgige Abfahrt. Judy wird uns begleiten und gemeinsam werden wir nach Naro Moru fahren, wo ihre Familie lebt. Sie sind Kikuyu-Bauern und wie die meisten Familien mit einer zahlreichen Kinderschar gesegnet.

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Bild 4: Packlogistik

Gemeinsam mit Luis checken wir den Toyota für die lange Reise. Der linke Türschloss-Schnapper funktioniert nicht und Luis zerlegt die Seitenverkleidung, um den Fehler zu finden. Bis auch ein paar Kleinigkeiten ist das Auto jedoch in sehr gutem Zustand und fahrbereit. Wir haben die harten, aber widerstandsfähigen Reifen vom Toyota meines Vaters montiert und unser Equipment ist vollständig – bis auf die tolle Camping-Lampe, die Thomy in Wien vergessen hat, was ihn seitdem ständig wurmt. Irgendwann ist das Auto dann voll – eigentlich brauchen wir zu zweit nur wenig Gepäck, aber erstens tendiert ein großes Auto mehr Gepäck aufzunehmen als ein kleines und zweitens haben wir ja mehrere Seesäcke mit dem Charity-Gewand mit.

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Bild 5: voller Toyota

Nach der Reparatur des Türschlosses sind wir fertig und auch hungrig. Also beschließen wir noch nach Westlands ins „Gipsys“ zu fahren und eine Kleinigkeit zu essen. Die gute Dusche davor beschränkt sich auf ein kalt-heißes Tröpferlbad, denn auch Luis ist auf die Elektrodusche umgestiegen, allerdings ist sein Fabrikat noch ein wenig bescheidener. Nur durch das schnelle Wechseln zwischen heiß und kalt kann man eine Art unechten Durchschnitt erzeugen, was das Duscherlebnis merklich einschränkt.

Im Gipsys ist die Musik viel zu laut, überall hängen Flachbildschirme, auf denen englische Fußballspiele gezeigt werden. Wir entscheiden uns für Cheeseburger und bekommen durchaus erwähnenswertes Essen mit guter Qualität. Judy und ihre Schwester Marion tauchen auch noch auf und Thomy bestellt sein erstes Gin Tonic und sicherheitshalber auch gleich sein zweites, aber bei weitem nicht letztes in diesem Urlaub.
Da uns die Müdigkeit bald einholt fahren wir zurück zu Luis und beenden diesen doch recht anstrengenden Tag. Als kleiner Abschluss fällt noch die Armaturenbrettbeleuchtung des Toyota aus, kann aber mittels neuer Sicherung repariert werden.

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