Kenia von Nord nach Süd – Tag 11: Über die Paradise Plains

Nach einem guten Frühstück (breakfast – or you break fast) müssen wir zuerst einmal unser Diesel-Problem lösen. Die erste Möglichkeit besteht darin uns Diesel vom Pinzgauer abzuzapfen. Der hat auch zwei Tanks und der zweite wird von meinem Vater eigentlich nur als Reservetank verwendet, den er nur im unwahrscheinlichen Fall braucht, dass der erste Tank leck wird und ausrinnt. Das wäre eine gute Variante, aber recht mühsam, denn wir müssten mit einem Schlauch den Sprit aus dem Tank saugen und dann bei uns einfüllen.
Variante zwei klingt besser: Salomon anrufen und fragen, ob wir in der Ashnil-Lodge Diesel kaufen können.
Salomon ist erreichbar und meint, dass es überhaupt kein Problem sei, sie hätten eine eigene Tankstelle und würden uns gerne was verkaufen. Wir bräuchten einfach nur vorbei zu schauen.
Also tun wir das, zuvor jedoch machen wir auf den Plains einen kleinen Zwischenstopp, um unsere E-mails abzufragen. Ich erfahre, dass das Schiff, mit dem der Toyota nach Bremerhaven geschickt werden soll, schon einen Tag früher eintrifft und wir außerdem 24 Stunden vor Eintreffen des Schiffs in Mombasa das Auto bereits abgeben müssen. Das wirft unsere Pläne ordentlich durcheinander und ich rufe sofort Frank in Mombasa an, um das zu klären.
Er meint, dass das mit den 24 Stunden stimmen würde und er uns empfiehlt, noch einen Tag früher zu kommen.
Das passt überhaupt nicht in unsere Pläne und ich vereinbare, dass wir am Donnerstag spätestens um 14 Uhr das Auto bei seiner Spedition abgeben würden. Eins ist klar: das wird stressig, denn wir wollen die Mara so gut auskosten wie möglich. Das bedeutet, dass wir am Mittwoch nach Nairobi fahren, dann bis am Abend alles für die Fahrt nach Mombasa vorbereiten müssen und am Donnerstag um ca. 4 Uhr spätestens Tagwache haben. Eigentlich haben wir uns den Urlaub anders vorgestellt und außerdem empfiehlt sich in Kenia immer einen Puffertag einzuplanen.
Diesen hätten wir nicht, es darf also nichts, gar nichts schief gehen. Wir diskutieren das Für und Wider und entscheiden uns dann für das Risiko – zu schön ist es hier und außerdem ist die Mara das Highlight unseres Urlaubes. Ich verständige Peter über unsere Entscheidung. Er ist zwar nicht erfreut, akzeptiert es aber.
Die Ashnil-Lodge ist luxuriös, ein Pool schimmert durch die Bäume und wir müssen ein wenig warten, bis der kompetente Mann für den Weg zur Tankstelle erscheint. Wir können tatsächlich hier tanken und zwar so viel wie wir wollen. Der Sprit ist ca. 25% teurer als bei einer normalen Tankstelle, aber das ist in Ordnung und im Verhältnis zu Österreich immer noch billig (ca. 1 Euro der Liter).

Die Lodges und Camps überbieten sich in Punkto Luxus. Für mich ist das allerdings das genaue Gegenteil, denn mein Luxus besteht darin diesen Luxus nicht haben zu müssen. Das ist erstens gut für meine Geldbörse, zweitens für meine Lebenseinstellung und drittens für die Qualität des Urlaubs. Es gilt nämlich folgende Regel: je luxuriöser der Urlaub, desto weniger interessant ist er.
Das muss ich erklären. Das Gegenteil von unserem Campingplatz im Wald ist eine voll ausgestattete Lodge. Dort wohnt man in einem wunderschönen Bungalow und hat den gleichen Komfort wie daheim: es gibt klimatisierte Räume, eine gekühlte Minibar, einen Fernseher oder zwei, Marmorfliesen im Bad, vergoldete Armaturen und die eine oder andere Hilfskraft, die einem jeden Wunsch von den Lippen abliest und alles vorbereitet bzw. einem jeden Handgriff abnimmt.
Man kann sich wie daheim fühlen und tut das dann auch, da man von der Umgebung hermetisch abgeschirmt wird. Das „draußen“ gibt es nur als Horrorvorstellung, denn dort ist es gefährlich und unbequem, gatschig-nass oder trocken-staubig. Man wird daher angehalten, die Lodge bzw. das Camp nicht zu verlassen und eigentlich bleibt man besser in seinem Zimmer, bis man von einem Angestellten auf trockenen, gesäuberten Wegen zum Essen geführt wird.
Luxus bedeutet helle Beleuchtung die ganze Nacht über – schließlich will man am Weg zum Bungalow ja nicht stolpern. Schalldichte Fenster lassen die Geräusche der afrikanischen Nacht draußen, was sehr praktisch ist, weil man dann die Sendung im deutschen Fernsehen besser versteht, das über Satellit hierher übertragen wird.
Der Luxus besteht auch darin, dass man die Angestellten nur als unauffällige dienstbare Geister wahrnimmt, die Konversation beschränkt sich auf Kopfnicken oder „Yes“ und „No“. Der Kontakt zu den hier lebenden Menschen findet nicht statt, und wenn, dann wirkt es wie ein bedauernswerter Unfall, ein letztlich unangenehmer Zwischenfall.
Auch durch den Magen bekommt man im Luxus nichts von Afrika mit. Es gibt Wiener Schnitzel und Schwarzwälder Kirschtorte, Bratkartoffeln und südafrikanischen Wein, wie daheim, das ist wahrer Luxus!
Das Buffet ist stets „Western-European Style“ und gerade mal der Mangosaft erinnert daran, dass man in Afrika ist. Oder doch nicht? Den gibt es schließlich auch bei uns im Supermarkt.
Wenn man im Landrover auf Gamedrive fährt, dann befindet man sich geschützt in einem sicheren Auto, das man unter gar keinen Umständen verlassen darf. Sollte man doch einmal aussteigen müssen, etwa weil man pinkeln muss, dann wird man rundherum von bewaffneten Askaris gegen die Umwelt abgeschirmt.
In manchen Camps darf man sich sogar alleine frei bewegen. Sie sind aber dann von hohen Zäunen und viel Stacheldraht umgeben und dort patrouillieren jede Menge Securities.
Luxus bedeutet nichts zu erleben, nichts mitzubekommen, keine neuen Erfahrungen zu machen – letztlich ist Luxus das Gegenteil von Leben, denn Leben ist Reichtum, Vielfalt und Veränderung. Luxusurlaub ist das möglichst unveränderte Fortführen des Gewohnten und somit entsteht im Luxus die Armut. Der Luxusurlauber ist arm an Erfahrungen, Erlebnissen, Neuigkeiten und Vielfalt. Sein Weltbild erweitert sich nicht und meist sind die Wörter „Jambo“, „Hakuna Matata“ und „Asante sana“ das einzige, was er sich zumindest bis zum Diaabend daheim merkt.

Wir verlassen gerne den Luxus der Ashnil-Lodge und ich hoffe, dass ich hier niemals meinen Urlaub verbringen muss.
Wir fahren heute in Richtung Norden, entlang der Mara und dann entlang des Talek-Flusses, er ist der zweitgrößte Fluss im Reservat und ich kenne ihn gut, schließlich haben wir viele Jahre dort unsere schönsten Zeltplätze gehabt.
Heute gibt es fast überall ein Safari-Camp, wo früher einfach ein schöner Fleck Maasai Mara war.
Bei einem Camp beschließen wir näher hinzufahren. Es befindet sich auf unserem ehemaligen Elefantenplatz und Thomy und ich haben noch sehr klare Erinnerungen an den Abend, als wir dort von Elefanten besucht wurden, als wir gerade vor dem Bus saßen und ein gutes Bier tranken. Sie erschienen in unbestimmbarer Zahl und einer davon kam richtig nahe zu uns. Elefanten respektieren Territorien und so respektierte der Elefant unser Camp. Außerdem saßen wir friedlich da und er erkannte, dass wir keine Gefahr für ihn und die Herde darstellten. Ein spannender Moment war es trotzdem.
Dieser Platz lag fast direkt am Talek, genauer gesagt bei einer Biegung mit einem Hippo-Pool. Wie sieht der Platz heute aus, nachdem sie ein großes Camp dorthin gebaut haben? Wir fahren zum Eingang und werden von einem angestellten misstrauisch beäugt. Ich steige aus und erkläre ihm, dass wir den Platz von früher gut kennen und nur ein Foto machen wollen. Er versteht nicht was ich meine, aber dafür holt er seinen Chef, den Manager des Naibor-Camps.
Dieser stellt sich als netter Südafrikaner heraus, ein fescher Mann Mitte Dreißig mit deutschen Großeltern. Er spricht perfekt und akzentfrei Deutsch und lädt uns zu einer Besichtigung ein. Sofort kommt ein Angestellter und bringt Thomy und mir zwei Gläser Mangosaft.
Das Naibor-Camp ist in der Spitzenklasse angesiedelt und wirklich traumhaft entworfen. Der Luxus ist hier eher dezent im Hintergrund, aber natürlich vorhanden. Details kann man sich auf http://naibor.com ansehen. Dort findet man zwar keine Preise, aber billig ist es ganz sicher nicht.
Ich verlasse diesen Ort mit etwas Wehmut – natürlich ist das Camp sehr geschmackvoll und man hat auch versucht möglichst wenig Natur zu zerstören. Trotzdem gefiel es mir wild besser, vor allem, weil fast daneben schon das nächste Camp errichtet wurde. Was machen sie mit den Abfällen, mit den Abwässern der Luxusduschen? Wir das tatsächlich mit LKWs weggeführt und wenn ja, dann wohin? Luxus bedeutet viel Abfall und ich würde tatsächlich gerne wissen, wie sie das regeln. Darüber findet sich nichts auf der Website.

Wir fahren weiter und suchen eine Furt durch den Talek. Es hat zwei Tage zuvor etwas geregnet und der Fluss führt etwas mehr Wasser als wir uns für eine Durchquerung wünschen. Der Toyota kann so etwas zwar, aber bei höherem Wasserstand gibt es manchmal Auswaschungen, die man nicht sieht.
Wir finden schließlich in der Nähe der Ol-Kiombo-Lodge (auf Englisch „Intrepids“) eine Furt, durch die heute schon jemand gefahren ist.

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Bild 81: Furt

Damit kommen wir auch durch und können am Airstrip der Lodge vorbei in Richtung der Paradise-Plains fahren. Es ist sehr lange her, dass ich dort war und wir haben damals eine nette Mittagspause im Governors-Camp genießen dürfen, mit einem Drink mit Blick auf den Mara-Fluss. Das wollen wir heute auch machen.
Auf den Plains gibt es auf einmal jede Menge Tiere, vor allem Zebras, aber auch viele Antilopen, Warzenschweine und Strauße. Die Landschaft ist hier völlig anders als auf der anderen Seite des Taleks und wir genießen die Abwechslung. Die Zebras werden immer mehr, es muss sich um Tausende handeln, die nicht mit der großen Migration mitgezogen sind.

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Bild 82: Zebras

Auf der Nordseite der Plains tauchen dann auch Gnus auf – nicht so viele wie Zebras, aber auch eine ganze Menge. Irgendwann werden es dann immer mehr, gemeinsam mit Antilopen und Zebras eine riesige Herde Tiere.

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Bild 83: Gnus

Südlich des Talek haben wir kein einziges gesehen. Die Szenerie ist überwältigend, ich habe noch selten so viele Tiere hier in der Mara gesehen. Auch Topis gibt es viele, sie stehen sehr oft auf einem Hügel – das lieben sie wie nichts anderes.

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Bild 84: Topi

Dann sind wir beim Eingang des Governor Camps. Wir werden ausgesprochen freundlich empfangen, ein Security sucht die Wagenunterseite des Toyota mit einem Spiegel ab und notiert sich gewissenhaft unsere Autonummer. Wir tragen uns in ein Gästebuch ein und beantworten einige Fragen. Der Security holt seinen Ober-Security, der ebenfalls sehr freundlich ist und meint, gleich dürften wir die Lodge besuchen, er müsste nur noch seinen Chef anrufen.
Dann die Enttäuschung: wir dürfen leider nicht hinein. Es wäre eine private Gruppe zu Gast, die nicht gestört werden will. Nein, wir dürfen auch keine kleine Mittagspause mit einem Drink machen, es täte ihm sehr leid, wirklich!
Aber wir könnten in ein anderes Camp fahren, nur wenige hundert Meter weiter den Fluss entlang. Dort wäre es möglich.
Wir verschwinden und machen uns auf den Rückweg, irgendwie enttäuscht und etwas verwirrt, was denn da wirklich los sei. Die Fahrt über die Paradise-Plains ist auch in die andere Richtung ein Erlebnis. In der Mara sind die Tiere teilweise schon so an Touristenbusse gewöhnt, dass sie Menschen sehr nahe an sich heran lassen.

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Bild 85: Giraffe

Das sind wirklich tolle Tiere und sie machen stets eine interessante Szenerie.

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Bild 86: Giraffen in der Mara

Furten sind deswegen auch spannend, weil man nicht hängen bleiben sollte. Schließlich weiß man nicht, was da im braunen Wasser alles drin ist. Krokodile sind immer ein heißer Tipp, aber auch die sehr gefährlichen Hippos sollte man nicht unterschätzen. Besser man kommt durch.

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Bild 87: Furt mit Hippo

Als wir wieder auf unserer Talek-Seite sind, fahren wir noch ein wenig am Fluss entlang. Thomy möchte unbedingt ein Krokodil sehen, besser mehrere. Also bleiben wir alle paar Meter stehen und Thomy schleicht sich vorsichtig an die Böschungskante an. Nach vielen erfolglosen Versuchen haben wir Glück – ein riesiges Krokodil liegt auf einer Sandbank. Das ist selten, denn die Krokodile sind sehr scheu und wenn sie die Annäherung eines Autos oder Fußgängers spüren, verschwinden sie sofort im Wasser. Dort kann man dann manchmal noch ihre Augen sehen, sonst aber nichts.
Dieses Prachtexemplar ist sicher vier Meter lang und Thomy ist hoch erfreut.

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Bild 88: Krokodil

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Bild 89: Kroko ins Wasser

Dann sind wir wieder am Löwenplatz und es ist auch schon wieder Abend geworden. Wir lernen einen witzigen, erstaunlich zutraulichen Vogel kennen, der sich auf unserem Zeltplatz um die Entsorgung der Brotreste kümmert. Mein Vater nennt ihn die „Metalissé-Taube“, weil er so ein blau glänzendes Gefieder hat. Ich habe ihn schon am Vortag gesehen und mich gewundert, dass er gar nicht scheu war. Wenn man sich ihm nähert, hüpft er nur ein paar Schritte weg, ist aber sofort wieder da und sucht nach Speiseresten.
Mein Vater meint, dass er schon ein paar Monate zuvor da war und sich scheinbar an uns gewöhnt hat. Wir bekommen auch Besuch von einigen Pavianen. Damit sie nicht zum Zeltplatz kommen und dort Essen stehlen, bringen wir unsere Reste ein paar Meter weit weg und legen sie an einer bestimmten Stelle ab. Die Paviane wissen das und kommen regelmäßig vorbei, um sich ihre Mahlzeit abzuholen. Im Gegensatz zu anderen Parks sind sie hier nicht so aufdringlich und wir können ungestört campen.
Wieder neigt sich ein schöner Tag dem Ende zu und diesmal verstreicht die Nacht ohne Gewitter.

Kenia von Nord nach Süd – Tag 10: Das Mara Triangle

Am Morgen ist mein Schlafsack nass, allerdings nicht vom nächtlichen Gewitter, sondern vom Tau, der an der Innenseite der Außenhülle jede Menge Kondenswasser bildet. Da das Zelt klein ist, streife ich mit dem Fußteil an der Innenhülle, die schleift an der Außenhülle und so ist das Fußende des Schlafsacks nass. Kein großes Thema, denn die Sonne ist so stark, dass sie alle nächtlichen Nässen nach kurzer Zeit getrocknet hat.
Die Maasai Mara liegt ca. 1.500 Meter hoch und hat ein eigenwilliges Klima. Am Tag ist es meist sehr heiß, wir messen am vierten Tag satte 36 Grad, in der Nacht wird es aber kühl bis manchmal kalt. Im Februar ist Trockenzeit und da kühlt es auch in der Nacht nicht so stark ab, aber mehr als 15 Grad hat es trotzdem nicht. Da braucht man am Abend und in der Früh schon einen ordentlichen Pullover oder Sweater.
Wenn wir Internet haben wollen, müssen wir hinauf auf die Plains fahren, dort gibt es eine gute Verbindung. Die ist heute auch sehr wichtig, denn mein Bruder hat uns angerufen und gebeten, die Versicherungsplakette auf der Windschutzscheibe zu fotografieren und außerdem noch die ersten beiden Seiten des Carnets.
Er braucht all das um den Transport des Toyotas nach Bremerhaven zu organisieren. Genau genommen braucht das ein gewisser Frank von der Spedition in Mombasa. Wir sollen die Fotos machen und ihm schicken. Das wäre vor ein paar Jahren noch ein echtes Problem gewesen, heute macht man mit dem Smartphone das Bild und schickt es per Mail sofort weg.
Wir passen bei der Fahrt raus aus unserem Galleriewald sehr darauf auf, dass uns kein Safaribus sieht und sich denkt: da muss was Interessantes drin sein, wenn ein anderes Safariauto dort war. Da derzeit nur sehr wenige Touristen im Park sind, ist das kein allzu großes Problem.
Wir fahren heute ins Mara Triangle, das ist ein Abschnitt der Mara ganz im Südwesten und ich war noch nie dort. Thomy hat in seinem Reiseführer gelesen, dass es dort eine ganze Menge Geparde geben soll und will unbedingt hin. Also machen wir uns auf den Weg und fahren zuerst noch an den Mara-Fluss, wo Thomy hofft Krokodile zu sehen. Auch hier begegnen wir nur zwei oder drei Autos, normalerweise müssten es zwanzig oder dreißig sein.
Am Mara-Fluss ist es eher unspektakulär, aber den einen oder anderen Hippo-Pool gibt es dann doch und die Landschaft ist sowieso überall hier großartig.
Dann fahren wir auf den Lookout-Hill, auf dem ich auch schon seit vielen Jahren nicht oben war, ähnlich wie im Nakuru-Nationalpark.
Auch dieser Hügel belohnt die Auffahrt mit einer absolut spektakulären Sicht über fast den ganzen Park. Die Gegend ist immer wieder atemberaubend und ich kann mich nie sattsehen. Das wird sich bis zu meinem Lebensende auch nicht ändern, hier ist es einfach so unglaublich schön.

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Bild 78: Am Lookout-Hill

Die Mischung aus Hügeln, weiten Ebenen, Tälern mit Flüssen und Galleriewäldern ist so vielseitig und zugleich strahlt sie eine große Sanftheit aus. Und sie verändert sich alle paar Kilometer und bietet immer wieder neue, interessante Perspektiven.
Wir durchqueren eine letzte Furt und kommen zur Hauptstraße, die von der Keekorok Lodge bis an die westlichste Spitze des Parks führt. Dabei muss sie den Mara-Fluss überqueren, was mittels einer Brücke geschieht. Genau genommen gibt es sogar zwei Brücken, eine kleinere, ältere und eine modernere, die auch bei extremem Hochwasser nicht überschwemmt wird.
Davor bleiben wir jedoch noch bei einem Aussichtspunkt am Mara-Fluss stehen und treffen ein paar dort herumlungernde Game-Ranger. Sie fragen uns, ob wir sie zu ihrem Camp mitnehmen können, weil wir ja nach dem Triangle zurück zur Keekorok-Lodge fahren – das habe ich ihnen erzählt, als sie fragten, wo wir denn herkämen.
Wir versprechen bei der Rückfahrt an sie zu denken und fahren zur Brücke. Dort empfängt uns ein sehr unfreundlicher Typ, der misstrauisch unsere Papiere beäugt und dann telefonieren geht, als wir ihm erzählen, dass wir beim Sandriver-Gate campieren würden. Wo wir wirklich kampieren, sollen wir ihnen nicht sagen – so der Auftrag meines Vaters. Mir ist nicht wohl dabei, vor allem, weil der Unfreundliche unsere Autonummer aufschreibt und dann mehrfach telefoniert.
Dann aber kommt er, gibt uns ein Info-Blatt für das Triangle und eine Art Rechnung für die Mara-Brücke, für die wir aber nichts zahlen müssen.

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Bild 79: Die Mara-Brücke

Ich kaufe mir noch schnell eine neue Mara-Karte, weil meine bisherige schon über zwanzig Jahre am Buckel hat und die neue wirklich hervorragend ist.
Dann öffnet sich für uns die Schranke und alles scheint bestens zu sein. Wir fahren los und kommen in einen gänzlich anderen Teil der Mara. Kleine Vulkankegel mischen sich mit langgestreckten Ebenen und wir fahren ins Triangle ein.

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Bild 80: Mara-Triangle

Leider ist dort das Gras sehr hoch und man sieht nur sehr wenige Tiere. Bei diesem Vegetationsstand hat man mehr oder weniger keine Chance auf Geparde. Dafür laufen auf einmal zwei Zebras vor uns her, die keinerlei Lust haben wegen uns schneller zu laufen oder gar die Straße zu verlassen. Sie blicken sich immer wieder um und stimmen scheinbar mit einer Riesenhetz ihre eigene Geschwindigkeit auf unsere ab. Ich habe so etwas noch nie erlebt. Wir bleiben stehen und lassen sie davonlaufen. Doch das funktioniert nicht, sie werden auch langsamer und warten dann auf uns, bis wir wieder ein paar Meter hinter ihnen sind. Dann laufen sie seelenruhig weiter. Plötzlich, als wir wieder mehr Abstand lassen, verlässt eines der beiden die Straße. Endlich, denken wir und wollen beschleunigen. In diesem Moment rennt das Zebra wieder vor uns auf die Straße und weiter vor uns her, fast wie zum Fleiß.
Das Triangle hat eine ganz eigene Landschaft, einige Bäche und Sümpfe und wird im Norden vom Escarpment begrenzt. Eine faszinierende Landschaft.

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Bild 80: Landschaft im Triangle

Als wir eine Pause machen beschließe ich Diesel vom vollen hinteren Tank in den inzwischen fast leeren vorderen Tank zu pumpen. Die Pumpe gibt allerdings seltsame Geräusche von sich und ich merke nur, dass sich die Dieselanzeige nicht verändert, auch nach einigen Minuten pumpen nicht.
Mir schwant Übles: hat mein Bruder vergessen zu tanken? Hat uns irgend ein Gauner den Sprit abgezapft, aber wenn, dann wo? Wir haben das Auto nicht alleine stehen gelassen und außerdem braucht man dafür einen Schlüssel.
Wir hingegen brauchen Diesel, und zwar eher dringend. Wir könnten zwar noch ein bis zwei Tage Gamedrive machen, aber dann würden wir nicht mehr bis Narok kommen. Also ist guter Rat teuer, bzw. eher guter Diesel.
Wir beschließen, dass es völlig ausreicht, wenn wir uns am Abend darum kümmern, vorher können wir sowieso nichts machen. Also fahren wir weiter über die hervorragenden Straßen im Triangle und sehen leider fast nichts. Ein paar Elefanten, einige Antilopen aber sonst gar nichts.
Die Landschaft ist dafür wirklich schön und so bereuen wir es nicht, hierhergekommen zu sein.
Bei der Rückfahrt treffen wir einen der Game-Ranger wieder, der scheinbar am Straßenrand auf uns gewartet hat, damit wir ihn mitnehmen. Er möchte zu seiner Ranger-Station, die etwa fünf Kilometer Richtung Keekorok liegt. Wir erklären ihm, dass wir später noch einen weiteren Gamedrive machen würden und daher nicht bis zur Keekorok fahren würden. Außerdem würden wir meinen Vater treffen (was ja sogar stimmt) und das wäre der Mann mit dem „big red sixwheeler“. Der Ranger heißt Kamot und meint sich an das Auto und den Mzee (Kiswahili: alter Mann) erinnern zu können. Das kommt gut an und unser Anhalter muss noch zwei Kollegen erklären, warum wir sie nicht mitnehmen können, auch wenn das sehr unhöflich erscheint.
Dann nehmen wir ihn mit und fahren zu seinem Camp. Es liegt direkt neben der Straße in einem kleinen Wäldchen, sehr versteckt auf einer Lichtung. Da stehen einfache Blechbaracken im Kreis angeordnet – wie das in Afrika halt so üblich ist. Kamot spricht eine Einladung aus: wir sind jederzeit herzlich willkommen, er würde sogar seine Hütte für uns räumen und zu einem Kollegen in die Hütte ziehen. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass sowohl die Polizisten wie auch die Game Ranger ganz besonders freundlich zu Touristen sind. Vielleicht haben sie ja von weit oben eine Anordnung bekommen, die Freundlichkeit ist zwar angenehm, aber irgendwie ungewöhnlich, zumindest in dem Ausmaß, das wir hier erleben.
Wir verabschieden uns höflich und fahren wieder Richtung Löwenplatz.
Der restliche Tag verläuft ruhig und angenehm: ein erfrischendes Bad im Tümpel, Judy fabriziert ein hervorragendes Abendessen und schon wird es wieder dunkel.
Wir sitzen noch eine Zeit lang bei einem Schluck Kenya Kane und einem Bier vor dem Zelt und beobachten die Glühwürmchen. Wenn man mit einer Lampe den Fluss bzw. das andere Ufer ableuchtet, tauchen immer wieder verschiedene Augenpaare auf, die durch das Licht zu leuchten beginnen. Manchmal kann man erraten, um welches Tier es sich handelt, an diesem Abend ist es z.B. eine Antilope. Auf jeden Fall wird klar, dass es rundherum jede Menge Tiere gibt, die man meist nicht sieht und nur manchmal hört.
Dann zieht wieder ein Gewitter auf, das diesmal ähnlich verläuft wie das gestrige, aber etwas länger dauert. Doch auch in dieser Nacht muss ich die Gastfreundschaft von Thomy im Toyota nicht beanspruchen.
Das ist nicht selbstverständlich, ich will nur eines von zahlreichen nassen Erlebnissen der Vergangenheit hervorkramen. Vor vielen Jahren waren wir öfter zu Weihnachten in der Mara. Das ist gegen Ende der Regenzeit und die Erde in der Mara ist von der Feuchtigkeit gesättigt. Wir schliefen damals in einem Hauszelt und ich merke mitten in der Nacht, dass mich etwas am Kopf stößt. Seltsam, was kann das sein? Dann noch ein Stoß, ich greife zur Lampe und sehe, dass es sich um eine Luftmatratze handelt, die an mich dran geschwommen ist.
Wir alle lagen nämlich in einem kleinen See, der sich im Hauszelt gebildet hatte. Er war so hoch, dass die Luftmatratze, auf der zwei Leute schliefen, einfach aufgeschwommen war. Wir hatten das Zelt nämlich sträflicherweise in einer Mulde aufgestellt. Ich hatte es nicht früher bemerkt, weil der Schlafsack das Wasser noch irgendwie aufgehalten hatte, aber genau genommen lag ich komplett im Wasser und war auch schon entsprechend nass.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr, was wir damals getan haben, um die restliche Nacht zu überstehen. Wahrscheinlich haben wir uns in die Autos gelegt, wobei wir damals noch keine Campingmobile hatten, daher saßen wir eher im Auto für den Rest der Nacht. Camping ist nicht immer nur der reine Spaß.

Diesmal war es jedoch nur ein harmloses Gewitter in der Trockenzeit. In den letzten Jahren wurde aber gerade in Afrika der Klimawandel ganz besonders deutlich. Hier ist alles ein wenig stärker und extremer als bei uns in Mitteleuropa. Wenn es einmal stark regnet, dann schwemmt es alles davon und wenn eine echte Hitzeperiode da ist, verdorrt das halbe Land. Früher konnte man sich ziemlich genau auf Regen- und Trockenzeiten verlassen. Sie kamen manchmal mit ein oder zwei Wochen Verspätung oder auch früher als im Durchschnitt, aber sie kamen und waren in etwa gleich stark.
Heute kann es passieren, dass eine Regenzeit komplett ausfällt, dann bedeutet das den Tod für sehr viele Tiere. Aber auch das Gegenteil kommt vor, eine Trockenzeit fällt aus. Dann gibt es Schlamm ohne Ende, Überschwemmungen, Murenabgänge und eine unglaubliche Bodenerosion. Das ist genauso tragisch und leider kommen beide Phänomene immer öfter vor. Das bringt den afrikanischen Kontinent unter Druck, weil ja das Bevölkerungswachstum nach wie vor zunimmt und es so zu Ernährungsengpässen kommt. In Verbindung mit dem Land- und Ressourcenraub durch die Chinesen, Inder, US-Amerikaner und Europäer bedeutet das eine echte Herausforderung für viele afrikanische Staaten. Und es bedeutet Flüchtlinge, die bei uns dann abschätzig „Wirtschaftsflüchtlinge“ genannt und gerne wieder zurückgeschickt werden.
Politische Unruhen, die politische Flüchtlinge erzeugen, entstehen meist durch eine angespannte wirtschaftliche Situation. Somit sind alle Flüchtlinge Wirtschaftsflüchtlinge und viele Menschen, die bei uns im Luxus fast ersticken, sind der Ansicht, dass diese Flüchtlinge ohne guten Grund zu uns flüchten und somit zurückzuschicken sind. Sie könnten uns ja etwas von dem Luxus wegnehmen wollen, den wir übrigens nur haben, weil wir ihn durch die billigen Rohstoffe und die billige Arbeit in ihren Heimatländern bekommen.
Ihre billige Arbeit nehmen wir gerne, sie selbst sind aber bei uns unerwünscht. Wer bei uns etwa billige Kleidung oder billige Blumen kauft, unterstützt dieses System.

Die afrikanische Nacht ist anders als die europäische, sie ist voller Gegensätze:
Heiß – weil es oft heiß hergeht.
Kalt – weil es nach Hitze am Tag oft empfindlich kalt wird.
Laut – jede Menge Geräusche verbinden sich oft zu einem wahren Konzert.
Leise – irgendwann mitten in der Nacht wird es ganz plötzlich totenstill.
Trocken – sehr schnell nach dem Regen trocknet es auf.
Nass – nicht nur in der Regenzeit, auch bei einem Gewitter oder durch Tau am Morgen.
Wild – ungezähmt, oft brutal, unberechenbar, überraschend.
Mild – seit Jahrmillionen unverändert und somit in gewisser Weise geordnet.
Lang – sie dauert fast zwölf Stunden.
Kurz – durch die viele Aktivität vergeht sie schnell.
Beängstigend – wenn man daran denkt, was sich da alles abspielt.
Beruhigend – sie kann einlullen, durch Geräusche und Gerüche auch friedlich stimmen.
Hell – wenn der Mond scheint, kann man ein Buch lesen.
Dunkel – durch die fehlende Lichtverschmutzung ist es vor allem bei Bewölkung oft stockfinster.

Die afrikanischen Nächte sind archaisch im Sinne von ursprünglich, sie zeigen uns den Ursprung der Menschheit fast besser als die Tage.

Kenia von Nord bis Süd – Tag 9: Maasai Mara, endlich!

Auf diesen Tag habe ich mich seit vielen Jahren gefreut, denn die Mara ist für mich einer der magischsten und schönsten Orte der Welt.
Die Nacht war angenehm und auch völlig sicher, denn einer der Maasai hat die ganze Nacht im Lager patrouilliert und aufgepasst, dass uns und unserem Auto nichts passiert.
Ich kann das Semadep-Safaricamp uneingeschränkt empfehlen. Für uns war es auch deswegen so spannend, weil es den Rhythmus umgedreht hat: bisher haben wir immer schweineviel Geld für die Übernachtung in den Parks bezahlt und konnten die 24 Stunden nie ausnützen, außer im Marsabit und dort hat es sich nicht so ganz ausgezahlt.

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Bild 68: Esszimmer, Maasai-Stil

Jetzt haben wir draußen übernachtet und fahren um 10 Uhr Vormittags in den Park. Wenn wir in ein paar Tagen nach Nairobi fahren, so werden wir kurz vor 10 Uhr den Park verlassen und damit die Eintrittsgebühren voll auskosten.

Dann ist es soweit, wir brechen auf und sind nur kurze Zeit später am Parkeingang. Dort hat sich einiges verändert, das System wurde komplett auf Computer umgestellt, alles ist jetzt im Park vernetzt und jedes Gate weiß, wer bei einem anderen Gate hinein fährt usw.
Außer das System stürzt ab, dann weiß niemand gar nichts. Und genau das ist der Fall als wir hinkommen.
Meine Geschwätzigkeit kommt mir wieder einmal zu gute, denn ich erzähle wie lange ich schon hierher komme und noch einiges mehr. Der Game-Ranger ist erfreut und meint, das Computerproblem soll für uns kein Nachteil sein. Dann schreibt er uns einen Zettel als Quittung für die bezahlten drei Tage (sportliche 70 Dollar pro Tag und Nase) samt seiner Telefonnummer. Da sollten wir anrufen, wenn es bei einer Kontrolle Probleme gibt. Auf die heikle Frage, wo wir denn hinfahren würden, nennen wir das Makindo-Camp, das ist ein neues Privatcamp auf unserem ehemaligen Flussschlingenplatz. Er ist zufrieden und wir hoffen, dass er nicht dort anruft. Alle Game-Ranger haben inzwischen Handys und sind genauso verrückt danach wie die Leute bei uns. Telefoniert wird ständig.
Wir machen uns aber jetzt einmal keine unnötigen Sorgen und fahren in den Park.
Nach kurzer Zeit kommt links die Abzweigung zur Mara Research Station. Wir haben beschlossen, tatsächlich in die Gegend vom Makindo-Camp zu fahren, denn dort gab es in der Vergangenheit immer viel zu sehen. Hinter der Research-Station führt ein Weg über einen Hügel und wir können den Weg abkürzen und müssen nicht über die im Zentrum des Parks gelegene Keekorok-Lodge fahren. Außerdem ist der Weg über den Berg zugleich auch schon ein Game-Drive.
Zu meinem Erstaunen ist die Station scheinbar aufgegeben worden. Alles befindet sich schon im Verfall und die Szenerie ist ein bisschen gespenstisch, wie aus einem Endzeitfilm.
Wir fahren weiter und nehmen oben an der Kuppe die linke Abzweigung statt der rechten. Es ist lange her, dass ich hier das letzte Mal gefahren bin und ich kann mich nicht genau erinnern, wo es lang geht.
Nach einiger Zeit wird klar, dass wir die falsche Abzweigung genommen haben. Das spielt aber keine Rolle, da wir es nicht so wahnsinnig eilig haben und genau genommen ohnehin nur da sind um herumzufahren und Tiere zu sehen.
Die gibt es in dieser Ecke allerdings nicht gerade reichlich, momentan sieht alles wie ausgestorben aus.

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Bild 69: Eine Furt – wie tief ist sie? Am besten klärt man das, indem man einfach durch watet.

Das ändert sich auch nicht als wir weiterfahren und uns der Weg immer weiter Richtung Ololaimutiak-Gate führt. Dort wollen wir zwar nicht hin, aber in dem Tal dorthin führt die große Straße, die uns wieder dorthin bringen wird, wo wir eigentlich hin wollen.
Nach einer längeren Fahrt über Wege, die nur sehr selten befahren werden, kommen wir an die Straße. Vorher jedoch entdecken wir auf einem kleinen Hügel eine Bande Mangusten – allesamt neugierig ohne Ende, aber auch scheu. Sie verschwinden immer wieder in ihrem Bau und kommen sofort wieder heraus. Das alleine macht den Game-Drive schon erfolgreich, denn die habe ich noch nie zuvor gesehen.

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Bild 70: Mangusten

Die alte Abzweigung zu unserem ehemaligen Zeltplatz finden wir zwar nicht, aber um den Hügel, der dort liegt, kann man auch von der anderen Seite herumfahren und dieser Weg ist nicht zu verfehlen.
Das Glück ist uns hold und wir entdecken in einer besonders schönen Ecke, an die ich mich noch gut erinnere, eine riesige Herde Elefanten. Ich zähle fast vierzig, später erfahren wir, dass es 47 Stück sind.
Wir fahren weiter und sind irgendwie erstaunt, dass die Mara menschenleer wirkt. Wir sind bisher nur einem einzigen Auto begegnet, und das war auf der Hauptstraße.
Jetzt erreichen wir das Makindo-Camp, das aber ebenfalls sehr ausgestorben wirkt. Plötzlich kommen doch zwei Ranger und wir wechseln ein paar Worte. Dann geht es auf dem alten Weg den kleinen Fluss bergauf. Wir finden die alte Furt und sehen auf der anderen Seite den kleinen Wald mit der Quelle, von der wir früher das Wasser geholt haben.

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Bild 71: Furt

Als wir weiter oben über den steinigen Teil des Weges humpeln und ich mich daran erinnere, wie wir uns früher mit dem Bus da drüber gequält haben, sehen wir auf der anderen Seite des Flusses doch einen Minibus voller Touristen.
Und er hat Probleme, und zwar mit einem Elefanten, der die Annäherung des Minibusses gerade gar nicht leiwaund findet und langsam Fahrt aufnimmt. Der Minibusfahrer wendet ganz ganz schnell und haut ab. Der Elefant verfolgt ihn aber länger als das normalerweise üblich ist. Wir können das von der anderen Seite aus beobachten und wissen: das Mittagessen für die Touristen fällt heute eher aus, denn die Elefanten verspeisen gerade ihr Mittagessen auf dem einzigen Weg, der zum Camp hinunter führt. Sorry, Leute, don´t mess with an Elephant!
Die Safari ist toll und wir sehen jede Menge Tiere: Elefanten, Strauße, Elen-Antilopen, Büffel, Gazellen etc.
Hier nur zwei besonders schöne Bilder:

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Bild 72: Elen-Antilope

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Bild 73: Büffel, mit Vögeln

Dann fahren wir zur Keekorok und machen kurz davor noch ein kleines Picknick mit Käsesandwich. Da wir meist gut frühstücken brauchen wir zu Mittag nur einen kleinen Imbiss, Bananen oder ein Sandwich.
Dann fahren wir in die Keekorok-Lodge, die älteste Lodge im Park. Sie wurde damals an den wildreichsten Fleck in der ganzen Gegend gebaut und ist bis heute ein wichtiger Punkt im Park. Bei ihr gibt es auch eine Autowerkstatt, einen Airstrip mit Linienflug von und nach Nairobi, eine Tankstelle und einen kleinen Shop. Wir haben in den frühen Mara-Jahren die Keekorok vor allem in der Regenzeit als Zufluchtsort verwendet, etwa wenn wir nach tagelangen Regenfällen einfach nicht mehr campen konnten. Die Lodge ist natürlich nicht billig, aber wie gesagt, manchmal hat man einfach genug.
In der Lodge gibt es eine Terrasse, auf der man einen guten Drink einnehmen kann. Dort kann man mit etwas Glück wilde Tiere beobachten, die auf wenige Dutzend Meter herankommen. Wir waren allerdings jetzt am Nachmittag da um uns mit meinem Vater zu treffen. Und ich war sehr gespannt, wie die Wirtschaftskammer-Wahlen ausgegangen waren, wir hatten am Vorabend, als das Ergebnis bekannt gegeben wurde, leider keinen Internet-Account, obwohl ich mit James rund um das Camp auf der Suche nach Empfang marschiert war. Eigentlich auch eine bizarre Szene: ein Maasai und ein Österreicher marschieren mit hoch gehaltenen Handys quer durch die nächtliche Savanne, auf der Suche nach ein wenig Internet-Empfang.
Hier haben sie ihn, zwar nur rund um die Rezeption, dafür gratis. So darf ich erfahren, dass wir ordentlich abgeräumt haben. Ein guter Tag, allein schon wegen der Freude, die ich jetzt haben darf.
Ein Bitterlemon später trifft mein Vater ein und wir fahren gemeinsam Richtung Löwenplatz. Diese Fahrt über die Plains erfolgt auf einer neuen Piste, die zur Ashnil-Lodge führt, einer Nobellodge, die sie unweit von unserem Zeltplatz gebaut haben, direkt am Mara-Fluss, mit Swimmingpool und viel Luxus für reiche Leute.
Das mit den Zeltplätzen muss ich kurz erklären. Die Maasai Mara ist war früher ein Game Reserve und ist jetzt ein National Reserve. Das spielt aber keine Rolle, denn so wie in vielen Nationalparks ist es streng verboten aus dem Auto auszusteigen. Man könnte ja spontan gefressen werden und manchen Touristen – vornehmlich US-Amerikanern – ist das auch schon gelungen.
De facto passiert es nicht und schon gar nicht, wenn man sich auskennt und ein paar wichtige Regeln beachtet. Eine lautet etwa „Alle Tiere sind entweder schneller als du oder stärker als du. Die meisten sind beides.“ Eine andere lautet „Bei Elefanten stellt man den Motor nicht ab.“ Das ist zwar mühsam beim Filmen und die Touristen wollen keine Motorengeräusche auf ihren Kameras, aber einem guten Fahrer ist das wurscht. Wenn nämlich ein junger Elefantenbulle sich gerade ein wenig in Szene setzen will und deinen Kleinbus angreift, hast du schlechte Karten, wenn der Motor beschließt genau jetzt nicht mehr zu starten. Elefanten erwarten, dass du als Zeichen des Friedens das Feld räumst. Wer das tut, wird – wie im Minibus-Beispiel von vorhin – noch ein wenig verfolgt, dann aber in Ruhe gelassen.
Wer bei einem Elefantenangriff stehen bleibt, will den Elefant herausfordern. Und dann geht es halt darum, wer stärker ist.
Diese und noch viele andere Regeln muss man kennen, dann kann man sich, die nötige Erfahrung vorausgesetzt, auch in einem Wildreservat gefahrlos bewegen. Ein gewisses Restrisiko bleibt immer, aber das gibt es sonst ja auch.
Trotzdem ist es streng verboten aus dem Auto auszusteigen und natürlich erst recht wild zu campen. Die offiziellen Camps und alle Lodges betonen das auch ständig, damit gar niemand auf die Idee kommt es zu versuchen. Um das zu unterstreichen, rennen überall in den offiziellen Camps Wildhüter herum, die eigentlich Menschenhüter sind, und fuchteln mit großen Schießgewehren eindrucksvoll herum. Es kann sogar passieren, dass man in Camps, wo nicht jedes Zelt – wie üblich – ein eingebautes Klo hat, in der Nacht am Weg zum Häusl von einem schwer bewaffneten, künstlich sich todernst gebenden Typen begleitet wird, den du eigentlich nur siehst, wenn er grinst.

Mein Vater campiert seit 1975 in der Maasai Mara und wurde schon mehrfach angezeigt, vertrieben, verhaftet und hat Geld ohne Ende zahlen müssen. Das hat leider alles nichts genützt und er campiert immer noch wild, obwohl er nicht einmal aus dem Auto aussteigen dürfte.
Irgendwann haben die Game Ranger aufgegeben ihm das campieren abgewöhnen zu wollen. Jetzt wollen sie nur mehr Geld und bekommen es auch. Offiziell campen wir daher auf einer Special Campsite der Ashnil Lodge und werden rund um die Uhr bewacht. De facto sind wir ganz allein und brennen rund um die Uhr. Der Chief Game Warden ist kein armer Mann mehr.

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Bild 74: Game Ranger kreuzen unseren Weg

Also fahren wir zu unserer Campsite und legen aber trotzdem wert darauf, dass uns niemand beobachtet, wenn wir vom markierten Weg wegbiegen und uns in die Büsche schlagen. Unser Zeltplatz liegt gut versteckt und kann eigentlich nur vom Flugzeug aus gesehen werden. Und der Chief Game Warden weiß natürlich auch wo wir sind, denn er muss ja jedes Mal kassieren kommen. Er tut das übrigens allein, wahrscheinlich damit er mit niemandem teilen muss.
Am Weg über die Plains sehen wir ein Löwenpärchen, das schläfrig unter einem Baum liegt. Ein super Willkommensgruß der Maasai Mara, wir bedanken uns ganz artig und fahren weiter, denn wir müssen heute noch ein ganzes Camp aufbauen.

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Bild 75: Löwen im Schatten unter einem einsamen Baum

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Bild 76: Löwenpärchen

Am Zeltplatz (wir haben ihn „Löwenplatz“ genannt) ist alles wie immer. Der kleine Zufluss zur Mara hat wenig Wasser, daneben befindet sich jedoch eine Art Pool mit kühlem Wasser, der also scheinbar von unten gespeist wird. Eine Art Quelle, die aber nicht immer brauchbar ist, weil manchmal ein Nilpferd drinnen liegt. Da Nilpferde schneller, stärker und auch gewichtiger sind als unsereiner, sind in so einem Fall die Besitzverhältnisse klar.

Wir haben Glück, der Tümpel ist leer und wir gehen schwimmen, was nach einem heißen Tag im Auto durchaus erfrischend ist.

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Bild 77: Der Löwenplatz

Danach bauen wir die Zelte auf und kochen ein gutes Abendessen. Mein Vater hat Judy als Unterstützung dabei und zahlt ihr fürs Kochen und Abwaschen und den Rest der häuslichen Tätigkeiten.
Er hat sich vor vielen Jahren einen Puch Pinzgauer gekauft und nach Afrika bringen lassen. Das Ding hat einen riesigen Wohnmobil-Aufbau mit Standhöhe und ist feuerrot. Damit ist er in der gesamten Mara bekannt und heißt „the man with the house“, weil sich die Afrikaner stets wundern, dass er alles mit sich herumführt, was sie selbst in ihren Häusern haben. Wahrscheinlich führt er sogar mehr mit sich herum als die meisten überhaupt besitzen.
Für manche Zwecke ist dieses Auto aber sehr brauchbar, etwa zum Kochen oder auch zum Schlafen. Man kann auch auf´s Dach klettern und schauen, ob man oben einen Internet-Empfang zustande bringt.
Wir haben es diesmal nicht geschafft, das ist von irgendwelchen Faktoren abhängig, die jedes Mal anders sind.

Nach einem guten Abendessen genießen wir noch die hereinbrechende Nacht und gehen wie immer sehr früh schlafen, hier sogar noch früher, meist so gegen 22 Uhr.
Das bedeutet aber auch, dass ich immer spätestens um vier Uhr in der Früh aufwache. Dann ist es draußen meist ganz still, weil auch die lautesten Nachttiere irgendwann eine Pause einlegen. Allerdings vergeht die Zeit bis zum Sonnenaufgang manchmal nur sehr langsam und in der Nacht geht man nicht aus dem Zelt, außer Thomy, der leider die Scheisserei bekommt und teilweise mehrmals pro Nacht mit dem Spaten durch die Gegend rennt. Da wir kein Klo haben, muss man die Dinge vergraben.
Diesmal gibt es Abwechslung, denn um 23.45 Uhr kommt ein Gewitter. Ich liege in meinem alten Marechal-Zelt, das ich vor knapp dreißig Jahren von meinem Vater zur Matura bekommen habe. Es ist immer noch gut in Schuss, hat aber keinen wasserfesten Boden, weil es eines dieser Zelte ist, die für Rucksackreisen konzipiert wurden. Starker Regen ist ein Problem, aber wie viel wird es diese Nacht regnen? Der Donner zeigt, dass es sich um ein echtes Gewitter handelt und ich rechne damit, dass es schnell vorbei ist.
Wir befinden uns in der Trockenzeit und da pflegen Gewitter den trockenen Boden nicht zu überlasten. In meinem Zelt wird es nur kritisch, wenn ganze Bäche über den Boden rinnen. Außerdem hat mir Thomy Asyl im Toyota angeboten, wenn es zu schlimm werden sollte.
Also liege ich da und horche dem Regen zu. Ein Gewitter folgt immer einem bestimmten Muster: es beginnt mit einem scharfen Wind, den das Gewitter sozusagen vorausschickt. Dann weiß man: Sachen einpacken, alles wetterfest machen. Wenn der Wind schwächer wird, fallen die ersten schweren Tropfen. Dann geht es meist sehr schnell, das hängt jedoch davon ab, wo das Zentrum des Gewitters ist. Meist ist so etwas sehr lokal und eben nicht von allzu langer Dauer.
Die schweren Tropfen verdichten sich und es kommt zu einem heftigen Regenguss, der bei uns gerne mit dem Modewort „Starkregen“ beschrieben wird. In Afrika gilt das wirklich, hier sind die Naturereignisse meist etwas stärker ausgeprägt.
Der Donner kommt näher, dann zieht das Gewitter langsam vorbei, der starke Regen dauert aber noch eine Zeitlang an. Er wird zu einem gleichmäßigen Rauschen, das irgendwann, meist so nach einer halben Stunde oder einer ganzen, so etwas wie Lücken bekommt. Da wird es kurz schwächer, dann wieder normal, noch einmal schwächer und noch ein wenig schwächer. Dann weiß man, es neigt sich dem Ende zu. Diesmal gab es noch das, was ich einen „Nachschlag“ nenne: es hat schon aufgehört oder fast aufgehört. Man kann nicht unterscheiden, ob es noch Regen ist oder nur mehr von den Bäumen tröpfelt. Doch dann fängt es wieder an, allerdings nicht sehr stark. Diese Phase dauert meist noch ein paar Minuten und ziemlich plötzlich hört es dann ganz auf.
Das merkt man, weil die Nachttiere wieder anfangen Geräusche zu machen, also die Frösche und die Grillen und jede Menge anderer Tiere, die man nicht kennt und auch niemals zu Gesicht bekommt und von denen man aufgrund der Geräusche keinerlei auch noch so blasse Ahnung oder Idee hat, wie sie aussehen könnten. Von Insekt bis Nilpferd ist sozusagen alles möglich. In dieser Nacht hören wir nur die üblichen Hippos, Löwen und Hyänen, allesamt nicht allzu weit weg.
Nachdem der Regen endgültig aufgehört hat, leuchte ich mit der Lampe in die Apsis hinaus und entdecke, dass alles trocken geblieben ist. Beruhigt kann ich einschlafen und mich auf den zweiten Tag Masai Mara freuen.

Kenia von Nord bis Süd – Tag 8: Fahrt in die Maasai Mara

Ein gutes Frühstück hilft den Tag gut zu beginnen. Am Morgen ist es noch so frisch, dass die Kapuze durchaus angesagt ist. Generell war es hier aber am wärmsten, weil wir tief unten im Rift Valley sind.

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Bild 55: Frühstückstoast

Am Vormittag steht noch ein ausführlicher Game Drive am Programm. In Nakuru kann man sich nicht verfahren und der Park ist so klein, dass man alle wichtigen Wege an einem Tag abfahren kann. Uns genügen heute die Süd- und Ostseite. Wieder einmal ist erstaunlich, wie wenige Touristen im Park sind und Overlander wir unsereiner trifft man gar nicht mehr. Wir begegnen nur sehr selten Safaribussen, ein Fahrer grüßt uns sehr freundlich und meint, wir hätten uns in Sweetwater schon getroffen. Ich kann mich zwar nicht direkt an ihn erinnern, aber unser Toyota ist so auffällig, dass es schon stimmen wird.
Außer den üblichen Giraffen und Antilopen gibt es nicht allzu viel Aufregendes zu sehen. Bis auf die Nashörner natürlich, diesmal sehen wir 14 Stück und im Nakuru haben sie auch noch die Hörner. Aufgrund der Kleinheit und Abgeschlossenheit des Parks dürften sie es hier schaffen die Tiere vor den Wilderern zu beschützen.

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Bild 56: 3 Rhinos beim Grasen

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Bild 57: 6 Rhinos auf einem Bild – das gibt es wahrscheinlich nur in Nakuru

Es ist schon wieder zehn Jahre her dass wir auf dem Lookout-Hill an der Ostseite des Parks waren. Die Auffahrt ist einfach zu bewältigen, auch diese Straße haben sie gut ausgebaut und teilweise ganz neu angelegt. Von oben hat man einen sehr schönen Blick über den Park und die im Norden anschließende Stadt.
Die vor einigen Jahren gebaute Picknick-Site ist bereits wieder dem Verfall preisgegeben.

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Bild 58: Blick vom Lookout-Hill Richtung Nakuru

Der gesamte Park wird durch den See bestimmt und geformt. Die Überschwemmung hat einen guten Teil davon vernichtet, wo früher eine Wegkreuzung war, flattern jetzt die Flamingos.

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Bild 59: Wegkreuzung mit Flamingos

Wir verlassen den Park zu Mittag und folgen den Tipps des netten Fahrers von gestern. Die Fahrt hinauf nach Mau ist langwierig, denn nach einer kurzen Anfahrt auf perfekter Asphaltstraße muss man den Rest auf einer so genannten „D-Road“ bewältigen. Das ist nach A, B und C die unterste Kategorie, in der Regenzeit oft gar nicht fahrbar und auch jetzt, in der Trockenzeit, empfiehlt sich ein Geländewagen, ein LKW oder zumindest ein sehr robustes Auto mit genügend Bodenfreiheit.

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Bild 60: eine sehr wellige Straße

Der Weg ist insofern interessant, als man dort durch mehrere kleine Dörfer und Siedlungen fährt und einen Teil Kenias sehen kann, den man als normaler Tourist nicht zu Gesicht bekommt. Alles ist von klein strukturierter Landwirtschaft geprägt, recht dicht besiedelt und wie überall ist man als „Muzungu“ nach wie vor eine Attraktion, zumindest für die Kinder.

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Bild 61: Landwirtschaft am Mau-Escarpment

Ab Mau, dem Ort, nach dem das Mau-Escarpment benannt ist, erwarten wir eine gute Straße bis Narok, werden aber leider enttäuscht. Nach wenigen Asphaltkilometern wird die Straße immer schlechter und irgendwann einmal wirklich katastrophal. Mehr als 10 bis 15 Kilometer in der Stunde sind nicht drin und wir merken wieder einmal, dass man sich auf Zeit- oder Straßenzustandsangaben der Kenianer nicht verlassen darf. Wir befürchten, dass die Fahrt nach Narok ewig dauern wird, können es aber ohnehin nicht ändern und quälen uns halt voran.

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Bild 62: eine Hauptstraße

Doch plötzlich beginnt wieder eine Asphaltstraße, und zwar eine der ganz feinen. Die Geschwindigkeit steigert sich von 20 auf 90 km/h und wir sind guter Dinge Narok noch einigermaßen früh zu erreichen. Das ganz schlechte Stück ist übrigens etwa 35 Kilometer lang und man sollte 1,5 bis 2 Stunden dafür einplanen.
Selbst wenn dieses schlechte Stück einmal asphaltiert werden sollte, wird das aufgrund der hügeligen Topographie noch lange dauern.

Narok hat sich verändert, so wie die meisten Dörfer und Städte in Kenia. Es ist massiv gewachsen und ausgesprochen belebt. Was zu Beginn meiner Afrikareisen ein größerer, verträumter Ort mit gerade einmal einer Tankstelle war (die legendäre „Kobil“ an der Ortseinfahrt, mit den kleinen Souvenirbuden im Zebra-Look), ist jetzt eine Stadt mit jeder Menge Tankstellen, Hotels und Supermärkten. Der neueste und größte davon ist „Tuskys“ und dürfte erst kürzlich eröffnet haben. Er befindet sich im Areal eines riesigen Einkaufszentrums, das noch nicht ganz fertig ist und irgendwie seltsam neu wirkt. Tuskys selbst ist vergleichbar mit Uchumi und Nakumatt, jedoch verkaufen sie hier keinen Alkohol, warum auch immer. Vielleicht wollen sie sich nicht der Gefahr eines Al-Shabab-Attentats aussetzen oder die Besitzer sind selbst Muslime.
Gaskartuschen bekommen wir zwar keine, aber wir können unsere Lebensmittelkisten wieder auffüllen. Der Supermarkt wirkt auch steril und unpersönlich. Tanken müssen wir nicht, weil wir inzwischen wissen, dass wir mit dem Auto nach Mombasa fahren und es dort einschiffen werden. Die Beförderungsrichtlinien schreiben vor, dass die Tanks maximal zu 25% gefüllt sein dürfen und wir wissen noch nicht, wie streng das überprüft wird. Da wir bisher nur den kleineren, vorderen Tank verwendet haben, müssen wir jetzt bald beginnen den hinteren leer zu bekommen, der ja noch randvoll ist. Zumindest nach dezidierter Aussage meines Bruders.
Die Straße ab Narok ist ebenfalls schön, zumindest bis Ewaso Ngiro und dann noch ein paar Kilometer. Dann sehen wir weiter vorne bereits die Staubsäulen aufsteigen und wissen: heute gibt es wieder eine volle Panier!
Die Oase, die ich seit dreißig Jahren fotografiere, wenn ich vorbei komme, existiert nicht mehr. Sie ist schon seit ein paar Jahren eingezäunt, verändert, kultiviert und vor allem privatisiert worden. Scheinbar gehört sie jetzt jemandem, davor war sie Allgemeingut und hat denen gedient, die sie brauchten.
Als das Sekenani-Gate naht, schauen wir nach der Campingmöglichkeit, die uns der nette Fahrer versprochen hat, angeblich auf der linken Seite, ca. 1,5 Kilometer vor dem Parkeingang.
Tatsächlich stehen hier auf einmal mehrere Schilder, die alle auf irgend einen Campingplatz hinweisen. Und ein ca. 10-jähriger Bub steht auch da, mit seinen Kumpanis, und kommt sofort hergelaufen. In tadellosem Englisch fragt er, ob wir eine Campsite suchen und als wir bejahen, schlägt er uns eine vor. Er würde uns gerne dorthin bringen und sie sei auch gar nicht weit.
Wir sind etwas skeptisch und fragen, ob es dort Wasser und Duschen gibt. Er meint, dass es sogar „Hot shower“ gäbe und wir werden neugierig. Also setzen wir ihn ins Auto (sein Freund muss allerdings dableiben, was diesen gar nicht freut) und er führt uns quer durch Büsche und kleine, trockene Wasserläufe einen langgezogenen Hang hinauf.
Nach wenigen Minuten kommen wir tatsächlich bei einem Camp an und sind schon sehr gespannt.
Der Empfang ist herzlich, wir dürften die einzigen Gäste sein, was uns wiederum etwas zögern lässt. Ist das ein guter Ort? Rundherum stehen einige Maasai und kommen uns begrüßen. Der Bub heißt Emanuel (in seinem englischen Namen, in Kenia hat jeder auch noch einen Stammesnamen, aber den hab ich mir nicht gemerkt und genau deswegen haben sie ja auch englische Namen) und führt uns herum, um uns alles zu zeigen. Das Camp liegt sehr nett ungefähr auf halber Höhe eines Hügels. Unten auf der anderen Seite der Straße sieht man die riesige Lodge, die vor einem Jahr von den Chinesen gebaut wurde. Der Gürtel an Lodges rund um die Maasai Mara wird seit Jahren immer dichter.
Dann kommt James und er hat eine Kanga um plus Laufschuhe, was irgendwie witzig aussieht. Er ist der Älteste und stellt sich als eine Art Chef oder Organisator vor. Es handelt sich um ein Entwicklungsprojekt der Maasai und das Camp ist von einer Gemeinschaft mehrerer Dörfer finanziert und gebaut worden. Es handelt sich um eine Art Genossenschaft, denn sie betreiben es auch gemeinsam.

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Bild 63: James, mit Kanga, Turnschuhen und Laptop

Der Name ist „Semadep Safari Camp“ (eine Abkürzung von Sekenani Maasai Development Project) und natürlich findet man es inzwischen auch auf Facebook und im Internet, etwa auf Tripadvisor oder hier: http://semadepmaracamp.com
Neben dem eigentlichen Camp gibt es auch noch die Möglichkeit ein Maasai-Dorf zu besuchen bzw. dort sogar einige Tage zu leben. Sicher ein Erlebnis der anderen Art, vor allem wenn man Fliegen mag.
Das ist sicher auch der einzige Nachteil: die Fliegen. Sie sind blitzschnell, sehr lästig und es gibt sie in großer Zahl überall dort, wo es Maasai gibt.
Das Camp liegt in einem Akazienwald, den man sich allerdings afrikanisch vorstellen muss. Schatten spenden die Akazien wenig bis gar nicht, aber die gesamte Atmosphäre ist trotzdem eine fantastische. Die Erbauer mussten sehr auf´s Geld schauen, das merkt man natürlich. Trotzdem ist alles sehr sauber und ordentlich und insgesamt auf einem Nivau, das für alle normalen Bedürfnisse ausreicht.
Es gibt eine Art zentrale Hütte mit einer Kochstelle und ein paar Tischen. Davor befindet sich eine Terrasse mit einer großen, gemauerten Feuerstelle. Das ist der schönste Ort im Camp und man blickt von dort hinunter in die weite Ebene, in der sich leider die Chinesen-Lodge unübersehbar befindet.

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Bild 64: Blick vom Semadep-Camp auf die gar nicht so weit entfernte Chinesen-Lodge

Macht nichts, es ist trotzdem ein sehr schöner Ort, den man von der Straße aus nicht erahnen würde. Es gibt eine Handvoll Zelte und sie bauen auch gerade zwei gemauerte Häuser für all jene, die nicht in einem Zelt schlafen wollen. Die Zelte sind alte, ausgemusterte Safarizelte, die sie wahrscheinlich günstig bekommen haben. Sie sind aber in Ordnung und haben davor eine kleine Terrasse und hinten einen gemauerten Waschraum. Das ist in den Luxuscamps auch nicht anders, nur sind dort die Fliesen halt schöner und die Wasserhähne vergoldet. Der Unterschied liegt aber vor allem im Preis und in der Frage, wer das Geld bekommt: hier bekommen es die ansässigen Maasai, dort bekommt es meistens ein internationaler Hotelkonzern. Der Tourist hat die Wahl: hier zahlen wir 30 Euro die Nacht, im Luxuscamp das fünf- bis zwanzigfache.

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Bild 65: Hütte mit Zelt drinnen

Und es gibt noch einen großen Unterschied: in den Luxuscamps ist man von Land und Leuten möglichst abgeschirmt – hier findet man das Gegenteil. Wir sind mit jeder Menge Neugier konfrontiert und auch mit Fremdheit. Unser Leben muss den Maasai so fremd erscheinen wir ihres uns. Da wir heute noch rechtzeitig vor Sonnenuntergang da waren, konnte ich mir eine Rasur gönnen.
Im Nassraum gibt es leider noch keinen Spiegel, daher wird es eine Safari-Rasur, also im Seitenspiegel vom Toyota.
Und es wird eine Rasur mit Publikum. Emanuel, zwei seiner Freunde und noch zwei Maasai – ich schätze sie auf Anfang zwanzig – sind höchst interessiert wie sich ein Muzungu rasiert.
Sie beobachten jeden Handgriff ganz genau und finden es höchst amüsant. Dazu muss man sagen, dass den Maasai nur sehr wenig Bart wächst, sie kennen diese Art der Rasur nicht wirklich, weil sie keine brauchen.

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Bild 66: Rasur mit Maasai-Publikum

Die Betten im Zelt sind übrigens tadellos, nur die Pölster verdienen es irgendwie nicht so genannt zu werden.
Die Dusche ist nach einigen Anfangsschwierigkeiten tatsächlich warm und insgesamt gar nicht schlecht.
Als Abendessen gibt es heute Spaghetti mit einer verfeinerten Fertigsauce und Fruchtsalat. Da wir zu viele Spaghetti gekocht haben, laden wir Emanuel auf eine Portion ein, sind uns aber nicht ganz sicher, ob sie ihm wirklich schmecken oder er sie nur aus Höflichkeit isst.
Danach sitzen wir noch mit James und den Maasai rund um ein Feuer und genießen den lauen Abend in der Savanne. Thomy zeigt den Kindern Videos von seinem Sohn Moritz und dessen ersten Abenteuern im Schnee. Sie sind begeistert, haben aber keinen blassen Schimmer was Schnee ist.
Sie können es sich einfach nicht vorstellen, und das ist nicht verwunderlich. Was für uns selbstverständlich ist, ist ihnen völlig unbekannt und unbegreiflich.
Ich sitze noch länger mit James zusammen und gebe ihm ein paar Marketing-Tipps, wie er das Camp noch attraktiver machen könnte: ein schönes und attraktives Hinweisschild auf der Straße, eine Beschilderung des Weges hinauf zum Camp und noch einiges mehr. Der wichtigste Tipp jedoch sind die Haken, die wie immer überall fehlen. Das wäre ein USP! In ganz Kenia findet man Haken nur in den Häusern der dort lebenden Europäer.
Emanuel hat auch noch ein Anliegen: er möchte gerne auf die Highschool gehen, hat aber nicht das Geld dazu. Die Primary School von 6 bis 14 ist in Kenia seit einigen Jahren gratis, die Secondary School jedoch nicht. Er hat auch schon ausgerechnet, was die vier Jahre kosten würden: 1.500 Euro. Das kostet die Ausbildung eines Jugendlichen in Kenia. Eigentlich nicht viel Geld, möchte man meinen, für den Vater von Emanuel jedoch unerschwinglich.

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Bild 67: Emanuel

Ich finde das vor allem deswegen sehr schade, weil er sehr begabt sein dürfte. Sein Englisch ist jetzt schon sehr gut und auch sonst wirkt er recht aufgeweckt.
Was könnte einmal aus ihm werden? Vielleicht ein Arzt, möglicherweise ein Politiker, vielleicht auch ein Ingenieur? Wenn er die Secondary School nicht machen kann, wird er auf jeden Fall einen anderen Weg gehen müssen.
Ich bin noch am überlegen eine Sammelaktion zu starten. Davor sind noch einige Einzelheiten zu klären: wie kommt er zu dem Geld und wie kann sicher gestellt werden, dass es für seine Schulausbildung verwendet wird?
Mit solchen und noch vielen anderen Gedanken und Eindrücken geht auch dieser Tag zu Ende.

Kenia von Nord bis Süd – Tag 7: Nakuru

Die Nacht kalt, der Morgen klar und der Aufbruch dauert wieder lang. Unter meinem Zelt haben wieder die Termiten eine arbeitsame Nacht hinter sich und das Frühstück mundet. Wir beschließen bis zu Mittag einen ausführlichen Game-Drive zu machen und schätzen, dass wir so ziemlich den ganzen Park abfahren können.
Die Schimpansen sind immer noch da und wir können zusehen, wie ein Führer ihnen Zuckerrohrstangen über den Fluss zuwirft. Sie gestikulieren sehr klar und bestimmt und wirken auf die uns schon bekannte Art menschlich.

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Bild 44: Schimpanse, nicht sehr glücklich

Sie leben dort in einem relativ großen Gehege und in relativer Freiheit. Trotzdem sind sie natürlich an die Menschen gewöhnt und betteln ständig um Futter. Es wird ihnen beigebracht das zu tun, was uns Spaß macht.

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Bild 45: Stehender Schimpanse hinter Elektrozaun

Mir macht es keinen großen Spaß und nach einiger Zeit machen wir uns wieder auf den Weg.
Hier eine Auflistung der Tiere, die wir gesehen bzw. gehört haben:
Büffel
Giraffen
Elefanten
Nashörner
Löwen (in der Nacht gehört)
Hyänen (in der Nacht gehört)
Hippos (in der Nacht gehört)
Paviane
Schakale
Thompson-Gazellen
Impala-Gazellen
Wasserböcke
Warzenschweine

Elefanten stehen bei einer Brücke, Zebras kann man fast angreifen – ein Zoo, nur größer.

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Bild 46: Zebra

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Bild 47: Elefantenherde bei einer Brücke

Nach einiger Zeit kommen wir zu den Rhinos. Das ist auch ein abgesperrtes Areal, an dem wir wieder von einem Angestellten empfangen werden. Er ist ähnlich abgebrüht-routiniert wie der Kollege bei den Schimpansen und führt uns zu Baraka, einem alten, blinden Nashorn. Das können wir dann füttern und streicheln, ein Erlebnis, das man nicht jeden Tag hat. Im Gegensatz zu Pferden nehmen Nashörner das Futter sehr sanft mit ihrer langen, sehr biegsamen Oberlippe und zerkauen es dann genüsslich. Das ist witzig und wir filmen und fotografieren ohne Ende.

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Bild 48: Thomy und das blinde Nashorn

Dann fahren wir weiter über die Plains und entdecken unter einem einsamen Baum einen Nashorn-Friedhof. Seit 1999 sind hier über 12 Nashörner gewildert worden, mitten im gut bewachten Privatpark. Sie haben dort alle einen Gedenkstein mit Name und Lebensdaten. Und es steht dabei, ob und wie ihnen das Horn gewildert wurde.

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Bild 49: Der Nashörner-Friedhof

Wir fahren weiter und sehen dann doch noch Nashörner in „freier Wildbahn“. Sie liegen dort irgendwo auf den Plains herum, nur wenige Meter hinter ihnen ist jedoch eine Ranger-Station. Ich bin leider nicht optimistisch und fürchte, dass sie in ein paar Jahren nur mehr in Zoos existieren und in ein paar Jahrzehnten ausgestorben sein werden. Chinesen glauben nun einmal fest an das Potenzmittel aus Nashorn.

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Bild 50: Thomy hat keine Angst vor Nashörnern

Etwas bedrückt fahren wir weiter und verlassen am frühen Nachmittag den Park. Eine noch unbekannte Schotterpiste führt uns Richtung Westen. Wir haben uns erklären lassen, welche Abbiegungen wir wo nehmen müssen, um auf die Hauptstraße nach Nyahururu zu kommen, die uns dann weiter nach Nakuru führen sollte.

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Bild 51: Abschiedsgruß vom Mount Kenya, so ist er bei gutem Wetter vom gesamten Park aus zu sehen.

Das ist wieder eine Route, die keine Touristen fahren, daher gibt es keine gute Beschilderung (also genauer gesagt gar keine) und wir müssen nach einer sehr groben Karte fahren und nach ein paar Landmarkierungen wie dem Aberdare-Gebirge, an dessen Nordende wir hinkommen wollen.
Wir verfahren uns und landen mitten in irgend einem Ort. Dort deutet der eine geradeaus und der andere in die Gegenrichtung.
Irgendwie finden wir die Hauptpiste wieder und kommen an die Hauptstraße, wenn auch ganz woanders als geplant. Das waren 65 km Piste und dieser Streckenabschnitt hat jede Menge Zeit gekostet, aber dafür haben wir eine andere Gegend gesehen und sind jetzt auf der hervorragenden Asphaltstraße Richtung Nyahururu. Dazwischen gibt es wieder einen Police-Check, aber auch diesmal wollen sie uns nur ein „safe journey“ wünschen und wir sind entzückt.
Eigentlich wollen wir uns in Nyahururu die Wasserfälle ansehen, so wie ich das in den Jahren und Jahrzehnten zuvor immer wieder gemacht habe. Doch diesmal ist die Aussicht versperrt, hohe Gitter zeigen an, dass man diese Attraktion kommerzialisiert hat. Es kostet Eintritt, den wir aber nicht zahlen wollen. Dazu hat man noch eine Unmenge an Souvenirständen aufgestellt und die betreibenden Damen sind auch sofort zur Stelle, um uns unbedingt etwas verkaufen zu wollen.
Wir lehnen dankend ab und fahren weiter. Diesmal erwischen wir die richtige Abzweigung nach Nakuru und müssen feststellen, dass die Straße zwar asphaltiert, aber in einem ziemlich schlechten Zustand ist.
Ich bin sie das letzte Mal im Jahr 2000 gemeinsam mit Thomy gefahren und habe sie in guter Erinnerung. Aber das ist eben 15 Jahre her. Also quälen wir uns eher langsam Richtung Nakuru und kommen daher erst am späten Nachmittag dort an. Wir sind etwas in Eile, weil wir heute noch an das Südufer und somit auch an die Südspitze des Nakuru-Nationalparks wollen.
Doch zuerst müssen wir den Weg zum Eingang finden. Auch Nakuru ist gewachsen und der Verkehr ist entsprechend. Mit einmal Fragen finden wir jedoch die richtige Straße, die mitten in der Stadt Richtung Nationalpark führt. Der Park liegt direkt neben der Stadt, und damit meine ich WIRKLICH direkt daneben. Hohe Häuser, dann ein hoher Zaun und direkt dahinter grasen die Zebras.
Am Eingang angekommen müssen wir feststellen, das dieser nicht mehr existiert. Der Nakuru-See ist auf ein vielfaches seiner ursprünglichen Größe angewachsen und hat ca. ein Viertel des Parks überschwemmt. Überall stehen abgestorbene Bäume und das ehemalige Gate musste aufgegeben werden.

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Bild 52: überschwemmtes Gate

Weiter oben Richtung Stadt wurde ein neues Gate gebaut und dort lässt man uns auch die wohlfeilen 80 Dollar pro Person und Nacht bezahlen. Die Campsite ist auch nicht mehr so billig wie vor zehn Jahren, als wir hier Zwischenstop am Weg nach Ruanda gemacht haben, und kostet jetzt 30 Euro, das Auto hingegen nur 350 KHS (3,50 Euro). Residents zahlen übrigens nur 12 Euro Eintritt und Citizens überhaupt nur 300 KHS.
Wir bekommen eine Plastikkarte und die Kommunikation mit der netten Dame vom Kenya Wildlife Service ist nicht einfach, weil sie hinter einer zentimeterdicken Panzerglasscheibe sitzt – warum auch immer.
Alles ist vollelektronisch und irgendwer hat sehr viel Geld damit verdient. Eine Verbesserung kann ich nicht erkennen.
Dann machen wir uns schleunigst auf den Weg, denn bei Dunkelheit Zelt aufbauen und Kochen ist nur mäßig lustig. Im gesamten Park wurden neue Straßen angelegt, weil etwa die Hälfte der alten Straßen jetzt überflutet ist. Die Szenerie ist bizarr und irgendwie pervers: der See ist so voll wie noch nie, aber rundherum herrscht Dürre.
Am Baboon-Cliff lungern tatsächlich einige Paviane herum und ich fange mit einem der Safari-Auto-Fahrer eine Plauderei an.

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Bild 53: Pavian wartet auf – was auch immer

Er kennt sich sehr gut aus und schildert mir genau den Weg, den wir morgen Richtung Narok fahren müssen. Wir erfahren, dass es am Südostende des Parks einen weiteren Ausgang gibt, den wir auch nehmen können. Damit ersparen wir uns jede Menge leere Kilometer. Außerdem verrät er uns, dass kurz vor dem Sekenani-Gate linkerhand einige Campingplätze vorhanden seien, günstig und gut.
Das sind sehr wertvolle Infos für uns, denn so können wir uns einen ganzen Tag Parkeintritt sparen. Zufrieden setzen wir unsere Fahrt fort und kommen rechtzeitig auf der Makalia-Falls Campsite an.

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Bild 54: Makalia Falls Camp Site

Dort empfängt uns ein netter Typ und erklärt, dass wir sehr willkommen wären und dass er es begrüßen würde, wenn wir die neu erbauten Duschen möglichst ausführlich nutzen könnten, denn sie hätten aus irgend einem Grund zu viel Wasser.
Nun, das wird uns nicht schwer fallen. Die Duschanlagen sind großzügig und brandneu, es gibt sie erst seit weniger als einem Jahr und sie sind sauber und gut. Lediglich Haken gibt es keine, wie überall in Afrika.
Der Wasserfall ist genauso trocken wie vor zehn Jahren, als wir auch im Februar da waren. Sonst hat sich der Platz bis auf die neuen Duschhäuser nicht verändert und wir sind – ähnlich wie damals – auch diesmal alleine auf der sehr großen Campsite.
Der nette Herr hilft uns noch beim Zeltaufbau und bekommt ein gut gekühltes Cola, bevor er sich in den Gameranger-Posten zurück zieht.
Es gibt auch hier keine Gelsen, aber jede Menge Fliegen, die glücklicherweise nach Einbruch der Dunkelheit verschwinden.
Die Nacht wird deutlich wärmer als die vorherigen Nächte, das liegt auch daran, dass wir uns jetzt ganz unten im Rift Valley befinden. Zu hören gibt es diesmal Löwen, Hyänen und Hippos, aber auch Zivilisationslärm, schließlich befinden wir uns in einem kleinen Park, der rundherum von Siedlungen und Dörfern umgeben ist.