Welcome to the Hotel California!

Als Trainer gelangt man ja in das eine oder andere Seminarhotel. Manche sind professionell geführt, andere eher nicht. Und in manchen erlebt man das Wunder moderner Hotelerie:

Steigenberger Hotel in Deidesheim in der Pfalz
Ein gutes Hotel mit ein paar Macken, z.B. im Bereich der Ökonomie:
1. Auch bei vollem Sonnenschein wird vom Hauspersonal das Licht im Seminarraum aufgedreht.
2. Die Klimaanlage läuft immer und kühlt. Darunter ein Heizkörper, der ständig heizt. (Ich glaube nicht, dass das ein heimlich-clever installiertes Symbol des ewigen Kampfes der Kräfte sein soll – und wenn, dann der von Dummheit gegen Ignoranz)
3. Im Zimmer läuft ein Ventilator, auch wenn niemand drin ist.
4. Der Fernseher im Zimmer lässt sich nicht abschalten, maximal auf Ruhestellung.
5. Dampfbad und Sauna laufen im Vollbetrieb auch wenn keine Gäste da sind.
6. Die Klimaanlage ist für alle Seminarräume zentral schaltbar – und nur so. Somit ist sie für alle an oder für alle aus (das bekommt den Preis für besondere Schlauheit)
7. Es gibt keines der (auch für österreichische Verhältnisse durchaus schmackhaften) Pfälzer Gerichte, nur „internationale Küche“, also viel Plastikfisch (Tilapia und Pangasius) und Nudeln.
8. Vor dem Hotel, fast in Armreichweite, wachsen die süßesten und besten Trauben was wo gibt. Und im Obstkorb befinden sich die gekühlten, gespritzten, geschmacklosen Trauben, die gerade 1x um die Welt gereist sind. Die Zwetschgen erleiden das selbe Schicksal.

Maiers Oststeirischer Hof in Söchau in der Steiermark
Auch ein gutes Hotel, das leider in den letzten Jahren abgebaut hat. Früher standen überall Obstkörbe mit steirischen Äpfeln, heute machen sie es dem Steigenberger nach mit Plastiktrauben von Übersee (mitten im September in einer der besten Weingegenden…)
Ich hatte im „Haus Ursula“ eine von 6 Kuschel-Suiten (ungewollterweise, was anderes war nicht mehr frei), genauer gesagt die Suite „Romeo und Julia“.
Das ist eine Dachbodensuite in einem der ältesten Häuser von Söchau, sehr schön renoviert. Ich blicke aus dem Fenster genau auf die Dorfkirche, eine hohe Mauer darum herum und einen kleinen Gemüsegarten. Romantische Gefühle bleiben aus, nicht nur, weil ich keine Julia dabei habe.
Das ändert sich auch nicht beim Anblick des Jacuzzi, das mitten im Zimmer steht und das ich nicht bedienen kann (zu viele Tasten, deren Sinn sich mir nicht eröffnet), irgendwie bleibt eine Überschwemmungsangst.
Ein Kuhfell am Boden, keine Sessel sondern seltsam eingeringelte Diwans mit schwerem, dunkelrotem Stoff bezogen (ich glaube, das heißt Brokat), erinnert mich ein wenig an ein Puff. Daneben ein Kleinod von Plastikmistkübel, darin ein weißes Plastiksackerl (immer noch keine Romantikgefühle).
Was mir aber wirklich abgeht, ist das Licht. Es gibt über dem Tisch nur eine schummrige Hängelampe und es stehen jede Menge Teelichter herum, dazwischen liegen Rosenblätter aus Stoff und Plastik. Das einzige Licht, das es dort noch gibt, ist im Kleiderschrank. Wenn man den öffnet, kann man den Raum notdürftig beleuchten. Nun gut, vielleicht wollen das die Kuschelgäste so und vielleicht ist es bei vielen auch besser, wenn sie nicht genau sehen, mit wem sie es gerade zu tun haben.
Vielsagende Bilder mit viel nackten Körperteilen und: ein Monsterfernseher! Ein Wahnsinnsstück von einem Fernseher, ein Flattttscreeeen samt 3 Fernbedienungen, eine für den Fernseher, eine für den Tuner und eine dritte für eine Sony Playstation – wofür man die braucht, ist mir unklar, vielleicht wollen die Gäste nach einer Runde Sex eine Runde Autorennen spielen und necken einander mit romantischen Sätzen wie „Schatzi, spü ma a Runde World of Warcraft?“