Es gibt ihn wahrscheinlich schon seit den 1970er-Jahren und er war damals nicht der einzige. Zumindest drei oder vier kannte ich damals und fand es witzig, auf den Geräten herumzuturnen.
Heute ist er ein Anachronismus erster Ordnung und zeigt ein Gesellschaftsbild, das sich dringend weiterentwickeln muss.
Bild: Der Gesundheitsweg für Autofahrer
Was ist das eigentlich, so ein „Gesundheitsweg für Autofahrer“? Konkret besteht er aus einem Weg im Wald, auf dem in kurzen Abständen Reckstangen und sonstige Geräte verteilt sind. Autofahrer sollen durch Schilder animiert werden diesen Weg zu gehen und die Geräte zu benützen. Scheinbar soll das ihrer Gesundheit dienen.
Aber wieso brauchen die das? Ich habe niemals einen Autofahrer gesehen, der das verwendet. Scheinbar sind nur Männer angesprochen, aber um das zu verstehen, müssen wir einen Blick in die Zeit ihrer Entstehung machen, also nicht der Männer, nur der Gesundheitswege.
Zu dieser Zeit fuhren fast ausschließlich Männer die Autos. Frauen waren am Beifahrersitz (es gab keinen Beifahrerinnensitz, weil es keine Fahrerinnen gab) geduldet und hatten artig und ruhig den Fahrer zu unterstützen.
Die dazu gehörende Radiosendung hieß „Autofahrer unterwegs“ und erfreute sich extrem hoher Beliebtheit. Das Themen Feminismus und Gendern waren noch nicht erfunden oder steckten in den Kinderschuhen.
Männer waren die heldenhaften Bezwinger des Autos, diejenigen, die die Arbeit des Chauffierens erledigen mussten, weil Frauen das nicht können sollten und nur ausgesprochen selten ans Steuer durften, genau genommen nur dann, wenn sie alleine oder mit den Kindern fuhren.
Selbstverständlich gab es Ausnahmen, aber ihre Größenordnung können wir gut erahnen, wenn wir uns heute an eine belebte Straße stellen und anschauen, wie viele Männer immer noch am Steuer und wie viele Frauen am Beifahrersitz zu sehen sind.
Es war auch die Zeit der Ausflüge mit dem Auto, ein anderes Verkehrsmittel war nicht wirklich vorstellbar, mit der Bahn fuhren nur arme Leute und Spinner. Wer sich ein Auto leisten konnte, hatte eins.
Also fuhr man am Wochenende ins Grüne, hinaus aus der grauen Stadt, die unter anderem so grau war, weil dort die Luft vom Autoverkehr verpestet war. Man hatte sich einen Dreckverursacher gekauft, um damit dem Dreck davon zu fahren, den er verursachte.
Weit sind wir in der Entwicklung seither nicht gekommen, das Auto (besser: der eigene PKW) ist auch heute noch das Verkehrsmittel der ersten Wahl und wird nach wie vor benützt, um aus der Stadt ins Grüne zu fahren. Ein so ein Ort ist die Windischhütte, die man und frau auch problemlos im Zuge einer kleinen Wanderung erreichen kann, um sich erstens Appetit zur Einkehr in das dortige Gasthaus zu holen und zweitens wirklich etwas für die Gesundheit zu tun.
Der Gesundheitsweg ist eigentlich ein Krankmacher, denn er suggeriert, dass man gefälligst alles mit dem Auto fahren soll und dann hin und wieder ein paar Minuten an einer Reckstange baumeln. Was genau soll das bringen? Ein Dehnen der vom Fahren müden Glieder? Beseitigung von Verspannungen, wie sie nach einem ganzen Tag Autofahren auftreten, sicher aber nicht nach 30 Minuten Fahrt zur Windischhütte?
Ich vermute, dass diese Tafeln den Autofahrern signalisieren sollen, dass sie nur ja nicht auf die Idee kommen irgend einen Weg ohne das Auto zu machen. Ein Grund dafür könnte ja sein, dass man etwas für seine Gesundheit machen möchte und sich daher überlegt, zu Fuß zu gehen. Dann könnte man entdecken, wie schön und gesund Wanderungen sind – das gilt es auf jeden Fall zu unterbinden.
Daher die Botschaft: Fahr alles mit dem Auto und gehe hin und wieder so einen Gesundheitsweg.
Dass man dort maximal Kinder spielen sieht, mag vielleicht darauf hinweisen, dass die Autofahrer den Trick durchschauen. Oder dass es ihnen einfach egal ist.
Auf jeden Fall erinnert es mich an die Fitness-Center, zu denen die Fitnesshungrigen mit dem Auto hinfahren, dann mit dem Lift in den Stock des Centers, um sich dort wie verrückt auszupowern, nur um dann wieder in ihr Auto zu steigen.
Ich meine, es ist höchste Zeit, dass die Menschen im 21. Jahrhundert ankommen. Und dass die Gesundheitswege bald Geschichte sind.