Der Vespa-Vater ist nicht mehr

Am 10. Dezember 2012 um 14 Uhr hat Albert Kudlicka der Welt Adieu gesagt.

Bis zur Mitte dieses Jahres stand er wie immer in seinem Geschäft in der Österleingasse und verkaufte Ersatzteile für alte Vespa-Roller. Ein kleiner, alter Mann, dem man seine schwere Krankheit irgendwann dann doch ansah, nachdem er sich Jahrzehnte nach Meinung vieler Kunden „eigentlich gar nicht verändert“ hatte.
Das Leben holt jeden ein, dem Albert Kudlicka hat es deutlich über achtzig Jahre geschenkt.
Es hätte nach Meinung seiner Kunden, Freunde und Familie noch mehr sein dürfen. Aber wer sind wir, dass wir so etwas verlangen?

Ich habe ihn letzte Woche noch besucht, in einem neuen Pavillon, auf dessen Vorderseite groß „Palliativ“ geschrieben steht. Er war hellwach und gab mir eine Videokamera, damit ich mir sein Haus in Kroatien ansehen konnte. Gute 25 Minuten Rundgang durch ein mit Liebe und Leidenschaft gebautes Anwesen, an einem der schönsten Plätze in der Kvarner Bucht, mit direktem Blick aufs Meer. Das war die Heimat unseres Herrn Kudlicka.

Dann erzählte er mir ein paar wundersame Geschichten über seine Jugend, seine vielfältigen und spannenden Berufe, Jobs, Tätigkeiten – wie auch immer man sie beschreiben will. Hin und wieder machte er eine Pause und überlegte danach, wo er stehen geblieben war.
Er war freundlich und sanft und wusste, dass er diesen Ort bald für immer verlassen wird. Natürlich war er auch kämpferisch und ließ sich aus Protest von seinem Mechaniker einen Pott Gulaschsuppe vorbei bringen („Eine echte nach kroatischem Rezept“). Es war ihm vollkommen egal, dass die Ärztin meinte, er solle langsam essen.
Er wäre nicht der alte Kudlicka gewesen, hätte er nicht seinen Sturschädel durchgesetzt. Und doch spürte er wahrscheinlich schon den Hauch des Todes, der ihn langsam zu sich rief, wahrscheinlich auf Kroatisch, vielleicht ein wenig auf Italienisch. Sein Blick war mild und die Gewissheit kämpfte gegen das Leben, wie immer mit dem stumpfen Schwert der Hoffnung.

Es wird eine Weile dauern, aber dann werden wir spüren, wie er uns fehlt. Er war bis zu seinem Tod sehr lebendig und die Vespa-Szene in Wien ist mit dem heutigen Tag eine andere.

Die beliebte Kurzausdrucksform der Trauer R.I.P muss in diesem Fall wohl „Rest In Polini“ heißen. Ich hätte ihm gerne noch mein neues Buch geschenkt, mit der letzten Geschichte aus seinem Geschäft, heuer im Frühjahr.

Machs gut und zeig ihnen, wie man eine Zündung ordentlich einstellt!

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