AC/DC live – ein Konzertbericht

Der eigentliche Trick besteht darin, während der letzten Zugabe-Nummer abzuhauen. Das erspart verkehrstechnische Sorgen („Ich bin nach dem Konzert drei Stunden im Stau gestanden“) und gibt einem guten Konzert einen krönenden Abschluss. Man ist quasi wie ein Surfer ganz vorne auf der Welle und entkommt dem postkonzertanten Chaos.

Aber jetzt der Reihe nach. Der Job als Platzanweiser ermöglicht witzige Begegnungen und Beobachtungen, ist sehr stressfrei und kurz vor Konzertbeginn zu Ende. Man erspart sich eine teure Karte, bekommt ein Lunch-Paket, ein eher peinliches T-Shirt in BZÖ-orange und ein klein wenig Autorität.
Besonders lustvoll ist es, vom dritten Rang den Einlasszeitpunkt zu beobachten. Plötzlich ergießen sich Gestalten aus den Eingängen Richtung Bühne, um sich dort einen Platz an vorderster Front zu sichern. Einige dickliche Fans sind beim Wettlauf zwar gehandicapt, können das aber vorne mit Gewichtsautorität wieder wettmachen. Dann beginnt das langsame, letztlich stundenlange Rösten in der Sonne. Wer aufs Klo muss, hat verloren. (Einlass 16 Uhr, Konzertbeginn 21 Uhr)

Aus der Serie „Wie kann man es am dümmsten machen“ darf ich diesmal von der Bier-Ausschank berichten, und zwar von der im Sektor B am dritten Rang. Das System läuft folgendermaßen: Die Cateringfirma stellt eine Zapfsäule hinter eine Buddel neben einen der Aufgänge und engagiert eine Handvoll netter Studentinnen („eine Zapfsäule reicht locker für einen halben Sektor, sind eh nur ein paar tausend Personen“). Diese bekommen einen Bauchladen und können bei dieser Zapfsäule Bier kaufen, das sie dann von ihrem Bauchladen aus an die Gäste verklopfen. So weit so schlecht. Sobald die Menschen die Buddel mit der Zapfsäule sehen, drängen sie in Scharen dorthin. Der leicht genervte Zapfmeister hat zwar versucht, mit einem Kugelschreiber „Hier kein Verkauf“ auf eine Tafel hinter sich zu schreiben, das hatte aber den gleichen Effekt wie ein Glas Wasser ins Meer zu schütten. Aufgrund der drängenden Masse kamen die Studentinnen nicht mehr durch, es gab also weder bei ihnen noch bei der Buddel Bier, was die hinten nachdrängenden ja nicht wussten. Dieses Chaos konnte das gesamte Konzert hindurch beobachtet werden. Verärgerte Gäste, genervte Studentinnen – einen herzlichen Gruß an die unfähigste Cateringfirma der Welt, wie auch immer sie heißt.

Zum Konzert. Die ältlichen Herren zeigten wieder einmal sehr gut auf, warum Robbie Williams sein Leben lang ein Boy aus einer Boygroup bleiben wird. Unter unglaublichem Getöse legte der Gitarrist einen netten Strip hin und zeigte am Schluss seinen Hintern ins Publikum, übertragen von drei riesigen Videowänden. Eine schwarze Boxershort mit fetten roten AC/DC-Lettern hinten drauf, eh klar. Die Menge tobt.
Seine 60+ Jahre störten das Publikum genau überhaupt nicht, seine sensationell hässlichen, schweißtriefenden, langen, dünnen Haare ließen die Mädchen kreischen, das alles untermalt mit einer Lichtshow, die ihresgleichen sucht. Der Stromverbrauch von 10 Sekunden entspricht wahrscheinlich dem, was ich im Jahr brauche. Allerdings verdienen AC/DC in 10 Sekunden auch mehr als ich im ganzen Jahr und Stromverbrauch ist bei einer Gruppe mit diesem Namen wahrscheinlich ohnehin eine Ehrensache.
Man spielte genau zwei Stunden lang und gab als erste Zugabe ein famoses „Highway to Hell“, bei dem das Stadion zitterte. Ebendieses pflegte bummvoll zu sein, mit dem Nachteil, dass auch ein paar hundert sogenannte „Arschkarten“ verkauft wurden – ganze Blöcke, von denen aus man nur etwas sehen konnte, wenn der Gitarrist über den Laufsteg in die Mitte des Stadions rannte (also nicht so arg schnell, aber doch). Gute Einnahmen für die Veranstalter, schlechte Plätze für die Gäste.

Zum Publikum. Es ist immer wieder sehenswert, wie zigtausende Menschen exakt gleiche Bewegungen ausführen (bis auf ein paar Betrunkene, die ein wenig hinterherhinken). Vom obersten Rang ist das besonders gut zu beobachten, ein wogendes Meer, gespickt von tausenden leuchtenden Teufelshörnern, die um sportliche 10 Euro verkauft wurden und auf den Köpfen der Besucher blinkten.
Als Platzanweiser empfängt man die Gäste mit einem freundlichen Lächeln, sagt ihnen etwas wie „Sehen Sie dort den Bladen mit dem blauen T-Shirt? Dort ist Block K und dort gehen Sie hinauf und dann links“ und hofft, dass der Blade bis zu Konzertbeginn dort stehen bleibt (hat er getan, ein freundliches Dankeschön an dieser Stelle, unbekannterweise). Italiener bitten um eine Wiederholung auf Englisch, Steirer verirren sich (es gab enorm viele Steirer, keine Ahnung wo die alle herkamen, wahrscheinlich direkt aus der Steiermark) und hübsche Mädchen geleitet man galant bis zu ihrem Platz.
Mein persönlicher Höhepunkt war ein junger Mann mit leicht panischem Gesichtsausdruck, der uns anflehte, ihm irgendwoher Ohrenstöpsel zu besorgen, die Sanitäter hätten ihm keine gegeben und er fühle sich so hörsturzgefährdet („Depperta, das ist ein AC/DC-Konzert!!!“).

Alles in allem ein gelungener Abend und in ein paar Tagen werde ich sicher wieder etwas hören, vielleicht sogar auf beiden Ohren. Und auch das Glockengeläute in meinem Kopf wird sich wieder geben, haben mir erfahrene Konzertbesucher glaubhaft versichert.
In diesem Sinne: Hells Bells!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert