Guido geht shoppen

…das ist dramaturgisch irgendwo zwischen „Lola rennt“ und „The Day After“ anzusiedeln.

Heutiges Transportmittel: Fahrrad.
Temperatur: angenehm.
Erstes Ziel: die Visitkartendruckerei meines Vertrauens. Oder besser: die, zu der ich bis jetzt ein paar Mal hingegangen bin. Der neue Mitarbeiter versprach, meine Karten tip-top zu setzen. Erstens weiß dort die rechte Hand nicht, was die linke tut („im Expedit find ich amal nix, ich verbind sie zum Druck“) und der junge Mann hatte meinen Namen ca. 0,7 mm an den Rand gedruckt. Leider wurde den Mitarbeitern scheinbar eingeprügelt, dass sie ja keine Fehler zugeben dürfen. Sie schauen auf die fehlerhaft gedruckten Karten, leicht betreten, und meinen: das ist eh okay, das ist ganz normal so…
Wie auch immer, ich muss noch einmal hinfahren, in ein paar Tagen, um die dann frisch ausgedruckten und hoffentlich besser gemachten Karten zu holen.

Zweiter Stop: beim GEOX-Shop in der Alser Straße. Meine Schuhbänder sind durchgewetzt und da die immer reissen, wenn ich es gerade überhaupt nicht brauchen kann, will ich neue kaufen. Ich betrete den Laden und störe einen Verkäufer, der gerade mit einer Verkäuferin hinter der Kasse plaudert:
„Grüß Gott, ich brauche für meine Geox-Schuhe neue Schuhbänder.“
Betretenes Schweigen.
Der Verkäufer schaut die Verkäuferin an.
Die Verkäuferin schaut den Verkäufer an.
Beide beginnen zu lachen, immer lauter, fast schon hysterisch.
Ich verstehe irgendwie nichts, kann auch nicht mitlachen. Dann werde ich, sobald die beiden sich die Tränen aus den Augen gewischt haben, aufgeklärt:
„Wir haben doch keine SCHUH-BÄN-DER“ (hi hi hi…)!!!

Ich blicke mich um. Was ist passiert? Bin ich des Wahnsinns fette Beute, im letzten Stadium vor der Einlieferung, wie Friedrich Nietzsche, als er in Turin ein Fiaker-Pferd weinend umarmte und daraufhin die Männer mit der Weißen Jacke kamen?
War ich gar nicht in einem Schuhgeschäft, sondern vielleicht bei einem Fleischhauer? Oder in der Moloko-Milchbar? War das Geschäft nur als Schuhgeschäft getarnt? Vielleicht ein Sado-Maso-Porno-Ring? Obwohl, dann hätten sie wenigstens Riemen aus Leder für mich gehabt.

Glücklicherweise stellte sich heraus, dass es wesentlich profaner war: „Wir haben so was überhaupt nicht, nein, auch nicht für Geox-Schuhe. Wir produzieren so was gar nicht“ meinte der Verkäufer mit voll Stolz geschwellter Brust. Ich soll nebenan zum DELKA gehen, dort würden sie alle hinschicken, die mit so seltsamen Anfragen in ein Schuhgeschäft kommen. Schuhbänder, ha!

Leicht beschämt schlich ich von Dannen – wie konnte mir auch nur so ein Faux pas passieren? In einem Schuhgeschäft nach Schuhbändern fragen, dz dz dz…

Ich besorgte mir beim Delka die notwendigen Schuhbänder („die komische Länge für 7-Loch hamma aber nicht in beige, da müssens kürzere nehmen“) und fuhr zur dritten Station, dem Schrauben-Spezialgeschäft Clausen in der Neubaugasse. Die ältere Dame in dem Steinzeitladen war urlaubsreif wie ein Schweizerhauskellner Ende Oktober und entsprechend entspannt. Aber sie hatte die notwendigen Beilagscheiben und Sprengringe und ich verließ schnell-schnell wieder das Geschäft, während sie hinter mir herbrummte („scho wieder alles in der falschen Kistn…“)

Letzte Station, der Zanoni. Ein herrlicher Septembernachmittag, da kommt so ein Stanitzel (heißt jetzt nach der bundesdeutschen Invasion „Tüte“) gerade richtig. Der italienische Verkäufer ist super, ich bekomme eine Riesenportion Malaga und After Eight („Prego“) und beim Hinausgehen ein freundliches „Ciao“.

Eigentlich ein guter Tag. Nur die Lust am Shopping anderer Leute werde ich wohl nie verstehen.

Ein Gedanke zu „Guido geht shoppen

  • 14. September 2011 um 13:34 Uhr
    Permalink

    Das ist mal ein guter Beitrag, besten Dank. Muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Generell finde ich diesen Blog leicht zu verstehen und bequem zu lesen.

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