Max

„Ich hab eh einen Brief geschrieben an Martin (gemeint ist der Koordinator für Wahlbeisitz), damit ich wieder dabei sein kann“, meinte Max auf meine Frage, ob er wieder gemeinsam mit mir Wahlbeisitzer bei der Nationalratswahl sein wird.
Erzählt hat er mir das letzten Donnerstag auf seinem Geburtstagsfest, das er recht spontan und wild für seine Freunde organisiert hat. Ich hatte ebenso spontan Lust hinzugehen, denn ich mag ihn – ein ruhiger, intelligenter, sozial höchst engagierter junger Grüner, den ich nur aufgrund eines Administrationsfehlers bei der Bundespräsidentenwahl kennengelernt habe.
Damit er sich noch besser engagieren könne, wäre er jetzt auch der Partei beigetreten – so berichtete Max mir von seinen Zukunftsplänen.
Die kleine Feier war bunt gemischt, jede(r) hatte eine Kleinigkeit zu Essen oder zu Trinken mitgebracht und Max stapfte ständig im flachen Wasser des Brunnens am Karlsplatz herum, sichtlich entspannt, fast ein wenig übermütig und gut gelaunt.
Sein Engagment für den Train of Hope 2015 zeigte sich auch in der illustren Schar der Gäste – viele aus dem arabischen Raum, Syrer, Iraker, jüngere und ältere – wobei ich wahrscheinlich der Älsteste überhaupt war, im Schnitt passten alle zu Max, der seinen 27. Geburtstag feierte.

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Bild 1: Selfie mit Max, letzte Woche.

Einige gemeinsame Biere später fuhr ich heim, durchaus in der Freude, Max sicher bald wieder zu sehen.

Seit gestern weiß ich, dass das nie wieder sein wird. Ich kam eine halbe Stunde nach Mitternacht aus Deutschland nach Hause, nach einem äußerst anstrengenden Workshop im Kleinwalsertal und 7,5 Stunden Heimfahrt. Ein Blick ins Internet. Häää? „Abschiedsfeier für Max“ – geh bitte…

Das war jetzt der zweite Selbstmord eines lieben Freundes binnen drei Monaten. Und wieder vollkommen überraschend, schockierend, Leere und Ratlosigkeit hinterlassend. Wie ein Schlag in die Magengrube, nur ohne zurückschlagen zu können.
Natürlich frage ich mich, ob ich etwas hätte tun können. Irgendwas, einfach irgendwas, ein spezielles Gespräch, ganz egal. Aber selbst mein Bauchgefühl hat mir nichts signalisiert, gar nichts. Der Scheissdrauf, mit dem Max samt Schuhen im Teich herumgestapft ist als Zeichen des Abschieds von den Nebensächlichkeiten dieser Welt – wohl überinterpretiert.

Die Echten erkennst du nicht – das ist wohl die bittere Erkenntnis und ich fürchte mich schon vor dem Moment, wenn ich in das Wahllokal gehe und mir so richtig bewusst wird, wer hier nicht mehr sitzt. Nie mehr sitzt. 27 dürfte wirklich ein beschissenes Alter sein, keine Ahnung warum.

Lebwohl, lieber Max, auch wenn ich weiß, dass du nicht mehr lebst.

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