Kommentar zu „The Who“ bei Superbowl XLIV

Ja, es ist mir möglich, jetzt schon eine Rückschau auf den Auftritt von „The Who“ zu machen, da die „Setlist“ vorliegt:

Meine Enttäuschung ist groß, es gab ein „Medley“, d. h. die Sache lief ab wie bei den Stones (und die waren unglaublich schlecht): In 2 Minuten wurde eine Bühne reingerollt, eine vorher zusammengestellte und wartende Menge lief hin, tat 5 Minuten so, als ob sie in unglaublich toller Stimmung wäre, aufgeheizt von einer Stunde Wahnsinnskonzert oder so, aus jedem Hit wurden 2-3 Sätze gespielt, alles in einer Wurst durch, und das war´s.
Ich hasse Readers Digest und genau das war es. Warum konnten sie es nicht so machen wie Tom Petty? Der hat wenigstens 2-3 Nummern durchgespielt.
Normalerweise kann Pete Townshend ein Konzert gut durchchoreographieren, warum hat er hier versagt? Vielleicht hatte er nichts mitzureden? Ich verstehe, dass es hier ausschließlich um Kommerz geht, d. h. um die Ankurbelung der Plattenverkäufe, aber ich lasse es mir nicht nehmen, trotzdem enttäuscht zu sein.
An dieser Stelle darf ich auch noch einmal Robert „Bob“ Seeger gratulieren, der es geschafft hat, im Puls4 Kommentar der Conference Finals zu sagen, dass in der Halbzeitshow „The Whos“ spielen werden.

Nowotny: Konsumkredite ja, KMU-Kredite nein!

Soeben im ORF 2, ein Interview mit Ewald Nowotny, der meint, die österr. Wirtschaft würde jetzt angekurbelt.
Auf die Frage von Claudia Reiterer, ob die Kreditvergabe durch die Banken jetzt wieder funktionieren würde, meint er (sinngemäß): Man kontrolliere das, die Konsumkredite würden gut funktionieren, die Industriekredite ebenso, leider noch nicht die Kredite an die Klein- und Mittelunternehmen.

Sorry, hier kann ich mir ein Kommentar nicht verkneifen: Genau diejenigen, die für die Ankurbelung der Wirtschaft dringend die Kredite brauchen würden, bekommen sie nicht.
Diejenigen, die Kredite für Urlaubsreisen, Flachbildschirme und Zweitautos brauchen, bekommen sie. Und die Industrie sowieso, dafür sorgen die entsprechenden Lobbies.

Mein Urteil: Wahnsinn! Hoffentlich bekommen die Damen und Herren vom Wirtschaftsbund und dem Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband dafür eine gesalzene Rechnung bei den Kammerwahlen – offiziell beschwören sie ständig, wie toll sie den EPU und KMU helfen würden.

Wenn man bedenkt, dass die Anzahl der Arbeitsplätze, die durch die kleinen und mittleren Unternehmen in Österreich existieren, deutlich über denen aus Industrie und Banken zusammen liegt, dann darf ich Herrn Leitl und Genossen empfehlen, endlich aufzuwachen!

Nightmare on Heathrow, Teil 3

Der 26. Dezember ist endlich ein guter Tag. Dank mangelnder Verbindung in die Außenwelt kann uns die Gepäckfrage egal sein und wir verbringen einen tollen Vormittag mit einem Ausritt auf unglaublich lammfrommen Pferden, sehen Viehweiden ohne Ende, hin und wieder regnet es ein wenig, aber es ist hier sehr schön, die tschechische Managerin ist sehr nett und der heiße Frischwasser-Minipool ist toll. Das ist ein Platz, den ich definitiv weiterempfehlen kann, dort kommen neue Energien, ein Wildbach fließt mitten durch die Lodge und sie haben ein Heißwasserbecken, alles ist sehr einfach ausgestattet, die Hütten ausschließlich aus Holz gebaut, gekocht wird am Holzofenherd.
Auch das gute Essen haben die Leute in Costa Rica nicht erfunden, die einzige echte Landesspezialität ist Reis mit Bohnen. Das bekommt man hier zum Frühstück, zum Mittag- und selbstverständlich auch zum Abendessen. Wer keine Bohnen mag (immer klein und schwarz, als Paste, als Beilage, gekocht, gebraten etc.), sollte Costa Rica großräumig meiden. Alles in allem ist das Essen na ja, Essen halt.

Gegen Mittag brechen wir Richtung Arenal auf, das ist ein berühmter Vulkan an einem See und wir sind dort im Paraiso-Hotel gebucht.
Da in diesem Land irgendwie nichts so funktioniert, wie man es geplant hat, sind unsere Zimmer natürlich 1.) nicht fertig (was sich schnell ändert, nachdem Markus mit altbekannter Verhandlungsstärke droht, dass alle bis zur Fertigstellung von uns getrunkenen Biere aufs Haus gehen müssen – sein leicht nach vorn gestreckter Gössermuskel überzeugt den Rezeptionist) und 2.) bekommen wir Zimmer mit Vulkanblick. Das klingt nett, aber erstens befindet sich zwischen dem Zimmer und dem Vulkan eine mehrseilige Hochspannungsleitung, was den Blick etwas, äh, zerschneidet, und zweitens befindet sich auch noch die Hauptstraße dazwischen, befahren von unzähligen wildgewordenen Irren, die die lange Gerade als Beschleunigungsteststrecke verwenden. In der Nacht, versteht sich.
Dafür gibt es gratis Internet in der Rezeption. Wir sind extrem gespannt und hoffen, dass das Warten bald ein Ende hat – inzwischen müssten sie unser Gepäck ja gefunden haben.
Leider sieht der Report immer noch so aus wie an dem Tag vor Ewigkeiten, als ihn der Chinese in Vancouver verfasst hat. Aus seinem Versprechen, dass wir dort jederzeit unsere eigenen Daten (Aufenthaltsort für die Zustellung, Telefonnummer etc.) updaten könnten, wird leider nichts, da das Programm ständig Fehlermeldungen („Internal Error“) ausspuckt. Selbstverständlich wurde uns auch keinerlei Email geschickt – es ist, als ob wir nicht existieren würden.
Wir beschließen, erstens eine Mail an die AUA und zweitens eine an die BA zu schicken, mit all den relevanten Daten und unserem Aufenthaltsort, jetzt und in den nächsten Tagen. Wir beschließen weiters, meinen Vater um Hilfe zu bitten, der ist in Besitz einer fetten Senatorkarte. Leider befindet er sich zur Zeit irgendwo in Kenia im Busch. Mein Bruder erreicht ihn trotzdem, hat aber nicht auf die Zeit geschaut und weckt ihn um 2 Uhr in der Früh auf. Er verspricht, ein wenig Dampf zu machen, vielleicht rühren die Herrschaften ja bei entsprechender Intervention ein Ohrwaschl. Außerdem verspricht er, eine gute Bekannte einzuschalten, die erstklassige Verbindungen zur British Airways hat, doppelt hält schließlich besser. Das Telefonat zu unserem Vater (mit einem österreichischen Handy in Costa Rica nach Kenia auf ein österreichisches Handy) könnte übrigens eher teuer werden. Das müsste der Maximal-Tarif sein, nur vom Mond aus ist es noch teurer, unser Vater bekommt angeblich demnächst von A1 den Titel „Roaming-Kaiser“ verliehen.
Nun können wir auch Zahnputzzeug kaufen und Deo und Rasierer, aus uns werden wieder Menschen, mit denen man sich in der Öffentlichkeit blicken lassen kann. Eine Sporttasche für jeden von uns muss auch sein, wir wollen einfach nicht noch zwei Wochen aus dem Plastiksackerl leben.
Bei entsprechender Oberbekleidung in Form von T-Shirts sieht es schon schlechter aus. Erstens ist gerade Sonntag und es haben wieder alle Geschäfte zu und zweitens (wir finden nach einer Stunde Wartezeit eines, das auch am Sonntag offen hat) gibt es nur wenig, eigentlich nichts in der Größe, die der mittelgroß gewachsene Europäer nun einmal braucht. Costa Rica ist das Land der Zwerge, zumindest lässt sich das aus der Kleidungsauswahl erkennen. Schuhe? Vergiss es!
Mit dieser Aktion vergeht übrigens ein weiterer Halbtag, den wir gerne mit urlaubsähnlicheren Tätigkeiten verbracht hätten. Danke, Austrian Airlines, London Heathrow, British Airways, Continental und Mexicana, die ihr alle für uns nicht zuständig seid!

Der 27. Dezember vergeht, wir warten immer noch auf die beiden Godots. Gegen Mittag des nächsten Tages reisen wir ab. Leider haben wir immer noch kein Gepäck, aber bei der Abfahrt meint der Rezeptionist, ein Herr von der Mexicana hätte angerufen und bitte um Rückruf. Wir flehen den Rezeptionisten an, uns zu helfen und das Gepäck ins Ocotal Beach Resort nachschicken zu lassen, wo wir ab heute Abend fünf Tage verbringen werden. Auch wenn die ursprünglich geplante Tauchsafari längst abgefahren war (ohne uns und die beiden Godots), vielleicht ließe sich mit Tauchequipment ja wenigstens ein wenig vor Ort tauchen.
Er verspricht es hoch und heilig und wir fahren ab.
Auf einer Raststätte kurz nach Liberia bekommen wir endlich das Essen, das ich mir hier wünsche: Einheimische Kost, alles sehr frisch, sehr geschmackvoll und nicht teuer, plus wirklich gutem Service, fast schon wie man es bei uns bekommt.
Am Abend angekommen meint die Rezeptionistin im Ocotal Beach Resort, ein Herr von der Mexicana hätte angerufen und bitte um Rückruf. Gierig stürzen wir uns auf den Hörer und rufen die Nummer an – leider besetzt, und zwar – modern gesprochen – nachhaltig.
Die Rezeptionistin meint, das wäre durchaus üblich, man lege einfach den Hörer neben das Telefon und hätte Ruhe vor lästigen An- oder Rückrufen, alles ganz normal in Costa Rica.
Da plötzlich – es läutet – der Rezeptionist daneben drückt mir den Hörer in die Hand, eine Stimme fragt „Peter?“ Ich beeile mich zu antworten, dass ich der Bruder von Peter wäre und dann meint die Stimme, ich solle „hold on“ machen. Nach einiger Zeit meldet sie sich noch einmal und bittet, ich solle weiterhin „hold on“ machen. Es vergeht noch eine Zeit und dann: tut-tut-tut-tut… Aufgelegt.
So, werte Leserinnen und Leser, funktioniert das meisterliche Foppen, dafür braucht man sicher eine mehrjährige, sehr schwierige Ausbildung.
Die Rezeptionistin hat jetzt der Ehrgeiz gepackt und nach einer Stunde bekommt sie ihn tatsächlich höchstpersönlich an den Hörer und ersucht dringend, man möge die Gepäckstücke (ja, sie wären gefunden worden und seien in San José) sofort zustellen, ja, sofort, hierher nach Ocotal.
Wieder steigt die Hoffnung, nachdem sie versichert, die Gepäckstücke würden sofort aus San Jose weggeschickt und seien in vier Stunden, also um 9 Uhr Abends da und sie würde sie sofort ohne Verzögerung an uns weiterleiten.
Stunden vergehen, es wird 9, es wird 9:30, es wird 10, es wird 10:30, es wird 11, es wird 11.30, es wird Mitternacht und ich gehe schlafen. Wieder nix, so endet in fröhlicher Fopperei der 6. Tag unserer Reise, wartend auf Godot.

Der nächste Tag beginnt mit einer positiven Überraschung: Unser Gepäck ist da, nach nur 6 Tagen! Bis auf einen entsprechend heftigen Riss in Peters Tauchtrolley sieht äußerlich alles okay aus. Weniger okay ist das Frühstücksbuffet. Obwohl das angeblich ein tolles Hotel ist, gibt es eher das, was die Amis wollen, mit Ahornsirup und waffelartigen Palatschinken oder palatschinkenartigen Waffeln oder so, fett und ohne Geschmack.
Ob Nightmare on Heathrow damit beendet ist? Die nächsten Tage werden es zeigen bzw. das entsprechende Nachspiel, um das sich in erster Linie hoffentlich meine Rechtschutzversicherung kümmern wird.

Nach ein paar Tagen Urlaub geht es zurück Richtung San José. Mir ist nicht ganz wohl bei dem Gedanken, dass wir wieder eine elendslange Strecke fliegen müssen, mit Continental (CO 1755) von San José Nach Newark, dort drei Stunden Pause, danach noch einmal mit der Continental (CO 056) von Newak nach Paris und dann nach weiteren drei Stunden Aufenthalt mit der Austrian (OS 412) zurück nach Wien.
Wien – ah, der Gedanke löst Freude aus, Hoffnung, Wunsch.
Am Vorabend gilt es noch den Leihwagen zurückzugeben, was nach einigem Hin und Her problemlos klappt. Der Suzuki Jimny hat uns treu begleitet, wir mussten Gott sei Dank keinen Reifen wechseln, da sich irgendwann gezeigt hat, dass das Reserverad gut, aber leider seitlich mit einer seltsamen Beule verziert war. Ansonsten lief alles glatt, bis auf den linken vorderen Kotflügel, der sich teilweise löste, so dass wir den Plastikteil ganz entfernen mussten. Und das Navi fiel einmal aus – es war plötzlich einfach tot, nicht mehr zu starten, einfach tot. Gott sei Dank entschloss es sich nach einiger Zeit wieder zu funktionieren.

Das Versprechen unserer netten Rezeptionisten, dass wir pünktlich um 06:20 zum Flughafen gebracht würden (man hätte ein eigenes Shuttle hier im Hotel!), erwies sich als sehr leer, denn in der Früh wussten sie nichts mehr vom Vorabendversprechen – das Taxi ginge pünktlich um 06:45 und keine Minute früher. Aber es wäre eh nicht weit zum Flughafen.
Ob denn der Verkehr kein Problem machen würde? Nein, so wurde versichert, das wäre schon okay.

Selbstverständlich ging es nicht um 06:45 los, da zwei Amerikanische Schachteln (Mundl hätte „Schastrommeln“ gesagt, aber ich sage das nicht) vergessen hatten auszuchecken. Auf die Bitte, sich ein wenig zu beeilen, da wir sonst unseren Flug versäumen würden, reagierten sie, ich sage mal vorsichtig, „verschachtelt“.
Also mit entsprechender Nervosität zum Flughafen. Gott sei Dank ist das Einchecken okay, die Gürtel hatten wir vorsichtshalber gleich ins Gepäck gesteckt. Wir hatten schon am Vortag per Internet unsere Sitzplätze reserviert (Ganz, ganz wichtig: Gangsitze, vor allem bei der Langstrecke von Newark nach Paris!) und bekommen auch die Bordkarten, allerdings nur bis Paris, dort müssten wir uns bei der AUA neue besorgen. Witzig finde ich nur die Bezeichnung unserer Sitzplätze auf der Langstrecke: 27K und 27L, aber die werden sich schon was gedacht haben bei der Nummerierung.
Die zusätzliche Gepäckkontrolle, die von den Amis in der Fluggastbrücke direkt vor dem Flugzeug gemacht wird, ging flott vonstatten, vor allem, weil es der Dame (aus Costa Rica) irgendwie peinlich war, dass sie bei meinem Rucksack nur den Zipp für das Rucksackerweiterungsfach fand – also verzichtete sie auf das Öffnen aller anderen Fächer, ich hätte jede Menge Sprengstoff in flüssiger Form mitführen können. So viel zur Sinnhaftigkeit der 17 Kontrollen.

Der Aufenthalt in Newark gestaltet sich unspektakulär, da wir uns ja auf entsprechende Schwierigkeiten eingestellt haben. Nun besitzen die Amis meine Fingerabdrücke und meine Irisstruktur, ich wünsche ihnen viel Spaß damit. Unser Gepäck müssen wir rausholen, identifizieren, mitnehmen, wir müssen lustige Fragen beantworten („Haben sie das auch selbst gepackt? Hat ihnen dabei wer geholfen? Sind Sie sich sicher, dass Ihnen niemand dabei geholfen hat? Sind Sie sich ganz sicher, dass das Ihr Gepäck ist? Haben Sie da irgendwas drin, das nicht Ihnen gehört? Hat Ihnen jemand was mitgegeben, das nicht Ihnen gehört? Etc.). Dann stellen wir das Gepäck auf ein Förderband und gehen zu den nächsten Sicherheitskontrollen.
Als wir das Flugzeug nach Paris entern, fängt die Stewardess zu lachen an: Hihihi, 27K und 27L hätte man gar nicht, man hätte die Plätze 27A, 27B, 27C, 27D, 27E und 27F, das wäre alles.
Wir lachen fröhlich mit, was uns aber schnell vergeht, als die Stewardess ihre Chefin holt und die meint, da gäbe es ein Problem, weil man hätte das Flugzeug gewechselt und das wäre jetzt ein anderes, kleineres, und man wäre überbucht, aber sie würde schauen, ob sie für uns noch Plätze findet.
Nach einiger Zeit kommt sie wieder und meint, ja, sie hätte noch die letzten zwei Plätze aufgetrieben, 27B und 27E.
Das sind ganz deutlich die Arschplätze, die miesesten, die man haben kann, sofern man größer als Danny DeVito ist. Leider, so meint sie, aber andere hätte sie nicht.

Es ist ein langer Flug von USA nach Frankreich, wenn man auf B und E sitzt, ein sehr langer. Vergleichbar ist das nur mehr mit der Käfigfolter der Roten Khmer in Kambodscha. Die hatten seinerzeit eine besonders grausame Foltermethode entwickelt, nämlich einen Stahlkäfig mit einer Innenkonstruktion. Diese war so gemacht, dass man darin weder sitzen noch stehen noch liegen konnte. Nach kurzer Zeit wurden die Eingesperrten verrückt und sagten und taten alles, was man von ihnen verlangte.
Auf unseren Sitzen konnten wir auch weder sitzen noch liegen noch stehen. Dazu kommt noch, dass die Sitze in der Boeing 757 eine konkave Lehne haben, die sich oben wieder nach vorne wölbt. Das Brustbein wird extrem zusammengequetscht, vor allem, wenn man es nicht durchbiegen kann, weil daneben auch zwei Breitschultrige sitzen. Die Haltung ist erniedrigend.
Manche Passagiere behelfen sich, indem sie das Essenstablett runterklappen und den Kopf drauflegen, andere stehen fast die ganze Zeit vorne beim Häusl.
Dann endlich, nach einer Ewigkeit kommt das Frühstück und der Plastikbecher mit heißem Tee. Und das Luftloch. Nein, die Mutter aller Luftlöcher. Coffee everywhere, Tea on the ceiling, die Stewardessen teilen Servietten aus, ich bin im Urlaub.
Der Aufenthalt in Paris ist okay, bis auf die lustige Rätselrally, die wir ohne unser Wissen scheinbar gebucht haben. Der Transitbereich ist zwar vorhanden, aber wir können dort nicht den Terminal erreichen, von dem wir mit der AUA weiterfliegen können. Bald stellt sich heraus, dass wir die drei Stunden Zwischenstop tatsächlich brauchen. Irgendwann haben wir den Checkin-Schalter gefunden und freuen uns, dass die Dame außer Französisch noch ein wenig Englisch kann. Ja, wir sprechen vom Schalter der Austrian Airlines. Nein, sie konnte kein einziges Wort Deutsch. Sollte sich irgendwer wundern, warum niemand mehr mit der AUA fliegt – ich kann es ihm sagen!
Dann endlich, nach 27 Stunden ohne Schlaf, sind wir in Schwechat angekommen, wir beide, mein Bruder Peter und ich. Und unsere beiden kleinen Handgepäckrucksäcke auch. Nach einer halben Stunde am Gepäckband stellt sich heraus, dass wir komplett sind, unsere beiden Godots sind wieder einmal fort, irgendwo geblieben, in Newark oder Paris oder sonstwo.
Es gibt dem Urlaub noch die passende Abschlusswürze, das Ausfüllen des Formulars. Die nette Dame meint, sie bedaure uns, aber man warte derzeit auf sehr viele Gepäckstücke aus Paris und man würde uns die Taschen sofort zustellen, wenn sie ankommen.
Am Abend kommt der Anruf, dass die Taschen da seien und mit der 7 Uhr-Lieferung an unsere Adressen gingen, allerdings sollten wir uns auf 3-5 Stunden Verspätung einstellen, das sei einfach so.

Das ist das Ende der Geschichte und ich brauche jetzt dringend Urlaub.

Nightmare on Heathrow, Teil 2

Beim Aufwachen fällt mir die alte Piron + Knapp-Nummer ein mit der Strophe „Wir sollten scho in Italien sein nach unserer Uhr, darweil woa ma ned amoi no in Bruck an der Mur!“
Heute übernimmt nicht Cobra, sondern Peter und fährt mit dem Hotel-Hoppa zu Terminal 4 (4 Pfund hin und 4 Pfund zurück, ich weiß nicht, ob es zu Terminal 5 dann 5 Pfund kostet und so).
Nach ein paar Stunden kommt er zurück und meint, er hätte eine gute und eine schlechte Nachricht. Die schlechte wäre, dass sie unser Gepäck nicht gefunden hätten. Und die gute Nachricht? Hm, eigentlich gäbe es doch keine gute Nachricht, meint Peter, sie hätten ihm zumindest versprochen, dass sie das Gepäck finden und direkt nach Vancouver schicken würden. Dort müssten wir es sowieso abholen, dann nach Kanada einreisen und es dort wieder einchecken, die Kanadier wollen das so, das haben sie sich offensichtlich bei den paranoiden Amis abgeschaut.
Stunden vergehen, wir fahren auf den Flughafen und ich bekniee einen netten Mitarbeiter der British Airways mit uns Mitleid zu haben, wir wären beide 187 cm groß und wir hätten Mittelsitze in der Boeing 747 und 10 Stunden Flug zu überstehen.
Er meint auf meine weitere Nachfrage, dass unser Gepäck nach Vancouver gehen würde, das würde er versprechen, und er hätte uns ein Upgrade verschafft, wegen den Sitzen.

Wir sind nicht dankbar, sondern unendlich dankbar und besteigen gut gelaunt das Flugzeug – der Urlaub ist zwar noch in weiter Ferne, aber nicht mehr am anderen Ende der Milchstraße.
Das Upgrade stellte sich als eine Art Teilupgrade heraus, der BA-Jumbo hat 5 Klassen: First Class im ersten Stock, eine Super-Business-Class mit eigenen Kojen und Riesenmonitor und Bett, dann eine Business-Class mit breiten Liegesitzen und dann eben neben der normalen Holzklasse noch die leicht verlängerte Holzklasse („Economy Plus“ oder so), mit den gleichen Sitzen, aber etwas mehr Sitzabstand. Okay, besser als nix, aber wirklich kürzer werden die knapp 10 Stunden Flug dadurch auch nicht, schlafen is nich…
Es ist tatsächlich so, dass die Sitze schmäler als meine Schultern sind, sogar als die eingesunkene Schulter, die ich an diesem Heiligen Abend habe. Es ist dieses Eingepferchtsein, das mich so richtig fertig macht und mir das Fliegen auf Langstrecke so richtig verleidet. Ich glaube, dass mich der amerikanische Kontinent in Zukunft nicht sehr oft zu sehen bekommt, egal, was da drüben passiert oder zu erleben ist.

Im Filmprogramm spielen sie „Verdammt in alle Ewigkeit“ und mein Sitznachbar hat das Eau de toilette „Eternity“ und irgendwann sind wir in Vancouver, gut begleitet von einem zuckersüßen, schwulen Steward, der sich rührend um uns kümmert (warum hab ich ein komisches Gefühl, wenn ich das so formuliere?).
Dort warten wir lange an der Gepäckausgabe, sehr lange. Alle bekommen ihr Gepäck. Alle? Nein, wir nicht. Irgendwann sind wir die einzigen, die noch warten und geben auf. Mit letzter Kraft schleppen wir uns zum Schalter für verlorene Gepäckstücke und treffen dort auf eine Tussi, die sich für unser Problem genau überhaupt nicht interessiert. Wir sind übermüdet, mit den Nerven am Ende und bräuchten jemand, der sich unseres Problems annimmt, wir können das selbst schlicht und einfach nicht.
Als Peter einen leicht aggressiven Ton anschlägt, holt die Tussi ihren Chef, einen Chinesen (in Vancouver leben ca. 40% Chinesen), der uns in aller Ruhe erklärt, was wir tun könnten, nämlich einen „Report“ schreiben. Kompetente Leute würden diesen dann bearbeiten und sich mit all ihren Kräften auf die Suche nach unserem Gepäck machen. Wir könnten über Internet jederzeit Einblick in diesen Report nehmen (mit einem Code und unserem Namen), Kommentare dort direkt hineinschreiben, ebenso wie Orte, an die man das Gepäck liefern könne und wir könnten eine Mailadresse angeben und eine Telefonnummer und das würde wunderbar klappen, denn das würde ständig aktualisiert und so kämen wir problemlos zu unserem Gepäck.

Wir wussten zu diesem Zeitpunkt nicht, dass das alles komplett hohle Phrasen waren, jenseits jeglicher Realität. Also füllen wir den Report aus, reisen nach Kanada ein und gehen zum Checkin der Mexicana. Dort ist bereits eine Schlange, jedoch kein Checkin. Ein sehr netter Kanadier (thanks, Connor) vor uns erklärt, dass der Schalter um 21 Uhr aufsperren würde und dass es jedoch ratsam wäre, jetzt schon hier zu stehen – er kenne die Mexikana von früheren Flügen. Dann schenkt er uns noch 5 kanadische Dollar für zwei Flaschen Wasser und bekommt als kleine Gegengabe eine Packung Manner Schnitten.
Das mit 21 Uhr nahmen die Mexikaner nicht so ernst, der Checkin beginnt um 22 Uhr. Wir beschließen, bei der Mexicana wegen unserem Gepäck nachzufragen, es könnte ja sein, dass es aus irgendeinem Grund durchgechecked wurde.
5 Stunden sind eine lange Wartezeit am Heiligen Abend, vor allem, wenn man auf eine Nachricht über sein verlorenes Gepäck wartet. Außerdem beginnt hier die Phase, in der die Leute nicht mehr oder fast nicht mehr Englisch können. Kurz vor Abflug kommt dann tatsächlich noch die kanadische Managerin und meint, leider, unser Gepäck wäre sicher nicht in der Mexicana.

So beginnt der nächste Abschnitt der Reise wieder mit einer Riesenenttäuschung.
Der Airbus A 319 der Mexicana ist eine Zeitreise in die Vergangenheit, ins Zeitalter des Präscreenium, also vor der Erfindung der Bildschirme. Das bunt gemischte Völkchen, das dort eincheckt, sieht zum Teil aus wie die Killerbrigade eines südamerikanischen Drogenbosses, zum anderen Teil wie eine mexikanische Großfamilie zu Besuch bei Verwandten. Die sind auch verdammt laut, die Großfamilien, kreischende Kinder im Flugzeug um 01:00 in der Nacht sind keine wahre Freude. Das Essen, das ausgeteilt wird, löst nach 25 Jahren die Alitalia ab, die seit einem Vierteljahrhundert das Ranking „ungenießbarstes Flugzeugessen“ hält. Das Zeug hier ist unpackbar mies, ein trockenes Sandwich mit einem dünnen Blättchen Wurst und einem dünnen Blättchen Käse, unbeschreiblich, de facto aber egal, ich habe ohnehin keinen Hunger.

Der Sitz ist wie erwartet eng, die Flugzeit beträgt 5 Stunden und endet im Morgengrauen (mit Morgengrauen) mit einem Flug über Mexico City. Diese Stadt hat 22 Millionen Einwohner und ist von oben gesehen das Abscheulichste, was mir je untergekommen ist. Sie hat auch den passenden Flughafen, über den ich genau genommen nicht einmal drüberfliegen möchte, schon gar nicht einen Aufenthalt genießen dürfen möchte, wollen möchte, wurscht.
Die Mexikaner haben sich von den US-Amerikanern das bescheuerte Zwangseinreisesystem abgeschaut und schicken uns auf eine Gratis-Runde. Was die genau mit den dadurch erhaltenen Daten anfangen, weiß ich nicht und will ich auch nicht wissen. Ich vermute, dass sie es selbst nicht wissen.

Nachdem schon der Flug hierher etwas verspätet war, hält sich die Aufenthaltsdauerknechterei in Grenzen und wir starten mit einem recht kleinen Airbus A 318 Richtung San Jose. Die Bordansagen sind in schnellem, sicher astreinem Spanisch und auch das darauf folgende Englisch klingt so spanisch, dass der Unterschied nur schwer auszumachen ist. Eigentlich interessiert es mich eh nicht, meine Gedanken kreisen um das immer noch nicht gefundene Gepäck. Auch das inzwischen nicht mehr superfrische T-Shirt stört nicht, der Mexikaner neben mir ist auch, äh, ja.
Nach der Landung marschieren wir schnurstracks zum Gepäckschalter, der ökonomischerweise gleich für alle Fluglinien zusammengepackt wurde. Da man uns in Vancouver gesagt hatte, wir sollten zur Mexicana gehen, marschieren wir zu den beiden Damen, die uns jedoch nicht weiterhelfen können. Sie verstehen nicht wirklich was von unserem Problem und sind des Englischen eher nicht so mächtig. Daneben steht eine Dame der Continental und wir fragen sicherheitshalber auch dort nach. Man bedauert und schickt uns wieder 3 Meter nach rechts zur Mexicana. Dann bekomme ich einen kleinen, sportlichen Ausraster und fange an, die blöde Kuh leicht zu beschimpfen, eh auf Deutsch, damit sie es nicht versteht. Nützen tut das natürlich nichts.
Kurz und gut: Unser Gepäck ist nicht da, weder bei der Mexicana noch bei der Continental, man schickt uns herum, speist uns mit Ausflüchten ab und erklärt sich für nicht zuständig.
Irgendwann hat dann der Manager der Continental Mitleid und lässt mich auf seinen Bildschirm schauen, wo er den Track-Report der BA aufgerufen hat. Dort steht… nichts Neues. Wir sollten halt immer wieder mal hineinschauen.
Wir verlassen den Flughafen ohne Gepäck, ohne Hoffnung, aber mit viel Wut gegen die verschiedenen Fluglinien und ihre MitarbeiterInnen, die sich so überhaupt nicht kooperativ oder verantwortlich zeigen.

Wir haben unsere beiden Gepäckstücke inzwischen „Godot 1“ und „Godot 2“ getauft, das Warten darauf erscheint ähnlich vergeblich.
Costa Rica haben wir immerhin erreicht, hier ist es warm und auch unser Mietwagen ist da. Wir treffen eine der besten Entscheidungen seit langer Zeit und mieten uns ein Garmin-GPS dazu, da wir heute keinerlei Lust auf Kartenlesen und an jeder Ecke irgendeinen Typen fragen haben, schließlich müssen wir heute noch in die La Carolina Lodge und die Fahrt dorthin dauert (je nachdem, wen man fragt) zwischen 2,5 und 4 Stunden.
Wir schreiben jetzt den 25. Dezember ca. 14 Uhr, die Frisur hält zwar, nicht jedoch das Deodorant. Wir sind seit 63 Stunden unterwegs, davon 37 ohne Schlaf und haben noch einen weiten Weg vor uns, zuvor müssen wir allerdings eine „Mall“ finden, in der wir die nötigsten Dinge einkaufen können, vor allem Unterhosen, T-Shirts, Sandalen, Zahnputzzeug und Wasser.
Der nette Mann vom Autoverleih „Dollar“ hat uns ein Einkaufszentrum einprogrammiert, das mehr oder weniger am Weg liegt. Zu unserem Glück haben die Einkaufszentren am heutigen Feiertag geschlossen. Wir entdecken jedoch ein paar Leutchen, die ganz hinten links um die Ecke gehen und folgen ihnen. Ein kleiner Seiteneingang hat offen und drinnen gibt es ein paar Geschäfte, die geöffnet haben. Einige Menschen feiern irgendwas und ein Kino dürfte Premiere haben.
Ich finde ein Sportgeschäft sowie tatsächlich einen Laden, der reisetaugliche Kleidung führt. Die Sandalen sind billig, dafür werde ich später entdecken, dass sie so lustige rote Scheuerstellen an den Füßen machen, die sich bei Kontakt mit Salzwasser brennend freuen.
Die Verkäufer machen das Geschäft des Jahrhunderts mit uns und wir starten unsere Reise mit einem etwas besseren Gefühl und nach einem Besuch beim Burger King auch mit fettigen, aber leicht erneuerten Energien.

Es ist erstaunlich, aber in Costa Rica sprechen etwa so viele Leute Englisch wie bei uns Mandarin, die meisten antworten auf die Frage „Do you speak englisch?“ mit „a little“, was stets bedeutet, dass sie zwei Worte können, nämlich „a“ und „little“.
Irgendwie geht es aber, mit international verständlichen Gesten und ein paar Worten aus dem Italienischen und mit Hinzeigen auf etwas und so weiter.
Auch das Autofahren haben sie nicht erfunden, es ist unglaublich, wie schlecht die Leute hier fahren – außer sie werden überholt, dann dürfte der Latino-Stolz von ihnen verlangen, dass sie alles geben, was die Kiste hergibt. Sie fahren, als ob sie bis gestern noch auf einem Esel geritten wären, Kurven werden ängstlich angebremst und noch viel ängstlicher durchfahren (in Costa Rica gibt es unglaublich viele Kurven, eigentlich müssten die das können), überholt wird prinzipiell nicht, egal wie langsam der Traktor oder das Fahrrad vorne fährt, vielleicht gefällt kolonialisierten Völkern das Kolonnenfahren, ich weiß es ehrlich gesagt nicht.
Die Straßen sind hingegen sehr gut und wenn man ein Dorf durchfährt, so ist es überall blitzsauber. Sie haben jede Menge Katzenaugen auf die Straßen geklebt, gelb in der Mitte und rot am Rand, das erspart sehr viel Energie beim Fahren in der Nacht, eine tolle Idee, sehr gut umgesetzt. Weniger toll sind die vielen unbeleuchteten Radfahrer und die Angewohnheit, sich jede Menge Lampen vorne aufs Auto zu schrauben und diese auch konsequent bei Dunkelheit aufzudrehen.
Wir erreichen nach knapp 4 Stunden Fahrt die La Carolina Lodge. Das Plätzchen ist wildromantisch, liegt mitten im Dschungel und besitzt keine Möglichkeit eines Internet-Anschlusses, was unsere Gepäcksuche nicht gerade erleichtert.
An diesem Abend ist uns das jedoch egal, wir genießen das erste Bett seit 42 Stunden und schlafen uns aus.

Teil 3 demnächst hier auf diesem Sender (wie lange es wohl noch dauern wird, bis unser Gepäck kommt und ob es überhaupt kommt?)

Nightmare on Heathrow, Teil 1

Es ist 05:29 als das Handy läutet und die Dame vom BIWA-Taxidienst meint, der Fahrer hätte ein Problem und ob es eh nichts macht, wenn er sich verspätet. Doch, es macht was aus, und als ich frage, was ich denn jetzt tun solle, meint die Dame: „Rufen Sie 31300 und verlangen sie ein Flughafentaxi.“ BIWA heißt übrigens „Billiger Wagen“ und ist als Taxidienst nur bedingt empfehlenswert.

Am Flughafen dürfen wir erfahren, dass sich unsere Maschine (Flug OS 451) wegen Nebels in London (das sind die nicht gewohnt…) verspätet. Wie viel wisse man nicht, vorläufig wäre statt 07:05 die neue Startzeit 08:10. Kurze Berechnung: Bei zwei Stunden Aufenthalt dürfte das knapp werden, sich aber ausgehen, vor allem als die Stewardessen versichern, dass in London auch alle Anschlussflüge Verspätung haben würden, versteht sich, indeed!
Bis London holte der nette Pilot noch eine Viertelstunde auf, danach war allerdings Schluss mit lustig, denn wir mussten vorerst 30 Minuten auf dem Runway warten, weil kein Gate für uns frei war.

Danach bekamen wir eine „Outer Position“, leider jedoch keine Gangway, es war schlicht und einfach keine aufzutreiben (Pilot: „Das ist mir in London noch nie passiert!“).
Als wir schließlich aussteigen durften, war für den Anschlussflug gerade Startzeit. Wir mussten von Terminal 1 zu Terminal 4 (in London benutzt man dafür den Bus, zumindest im Transit) und dort durch die Kontrollen und dann hirschten wir im Schweinsgalopp zum Gate. Erleichterung: Auf der Anzeigetafel blinkt es grün für „boarding“.

Angekommen blicken wir in die uns bedauernden Augen eines fetten Continental-Mitarbeiters, der uns versichert, dass das Gate erst seit ca. 5 Minuten geschlossen wäre. Dann zogen sie die Fluggastbrücke weg und der silberne Vogel setzte sich langsam in Bewegung Richtung Newark, New Jersey, USA.
Unsere beiden Plätze wären frei geblieben, versichert uns der Fette voller Stolz. Dann lässt er die Tastatur spielen und sucht uns einen neuen Flug. Um 12:30 würde die nächste Continental bereits nach Newark fliegen und er könne uns auf Standby setzen, oder aber auch um 16 Uhr, ebenfalls Standby.

Auf unsere Nachfrage, was denn dann mit uns in Newark passieren würde, weiß er keine Antwort. Nein, so meint er, dort bekämen wir kein Hotel gezahlt und auch sonst nichts, wir wären auf uns allein gestellt, aber sie würden uns so schnell wie möglich nach San Jose bringen.
Was wäre so schnell wie möglich, ohne Standby? Nun, den nächsten Flug hätte er am 28. Dezember, also in 5 Tagen. Eine andere Verbindung über eine anderen Stadt in USA?, Nein, meinte er, I´m so sorry, aber alle Flüge von USA wären um diese Jahreszeit restlos ausgebucht, er hätte schon alles gecheckt. Nein, auch in den nächsten Tagen ginge nichts. Auf unsere Frage, was wir denn jetzt tun sollten, weiß er keinen Rat – am ehesten könnte uns der AUA-Schalter für Transfer flights weiterhelfen, Terminal 1…

Wieder den Bus, dann durch lange Gänge und div. Kontrollen endlich zum AUA-Schalter, der sich als Sammelschalter der Star Alliance herausstellte. Davor die Mutter aller Schlangen, sozusagen die „mother queue“. (Peter: „Das ist mir wurscht, da stell ich mich jetzt nicht hinten an!“) Also in die kürzeste Schlange zum VIP-Schalter. Von ca. 10 Plätzen waren 3 besetzt, mit freundlichen Pakistani, dick beleibten Inderinnen, Mongolen, Klingonen, Vulkaniern… – allesamt des Englischen nur sehr bedingt mächtig, aber wahrscheinlich sehr billig im EK oder so. Deutsch konnte übrigens niemand, schließlich sind bei der Star Alliance ja nur Lufthansa, AUA, Swiss…

Nachdem wir uns vorgearbeitet haben (Peter schirmt mich nach rechts ab, tackelt einen Piefke und ich stürze zum gerade frei gewordenen Schalter, durch die sich öffnende Lücke, ein sehr beliebter Spielzug der Pittsburgh Steelers, der auch in London Heathrow gut funktioniert).
Eine dicke ältere Inderin will mit unserem Problem eigentlich genau original nix zu tun haben. Als ich ihren Punkt auf der Stirn ordentlich fixiere, gibt sie unsere Bordkarten an eine kleine, schwer überlastete Italienerin weiter, packt ihr Jausenbrot und geht in den Feierabend.
Die Italienerin meint, wir sollten weg aus der Schlange und seitlich des Schalters warten, sie würde sich die Sache ansehen. Zeit vergeht. Viel Zeit vergeht. Dann kommt sie wieder und meint, es täte ihr leid, aber irgendwie könne sie keinen Flug für uns finden und wir sollten zum Ticket-Schalter der Star Alliance gehen, das wäre im gleichen Terminal, nur müssten wir raus und dann wieder rein („Hauptsache weg von hier“ war in ihren Augen zu lesen). Ich frage, was wir denn tun können, worauf sie verärgert meint, es ginge darum, was wir tun WOLLEN, das wäre für sie relevant.
Also marschieren wir ab, lange Gänge, Schuhe aus, Gürtel runter, Kontrolle, Gürtel rauf, Schuhe an etc.

Drei pikante Beobachtungen möchte ich an dieser Stelle ergänzen:
1.) Nicht nur wir, eine ganze Menge anderer Fluggäste waren wie wir in London gestrandet, einen Tag vor Weihnachten, teilweise schon mehrere Tage hier, viele verzweifelt, alle jedoch durstig. Hinter dem Schalter gab es einen großen Wasserspender, wo sich die Angestellten immer wieder mal einen Becher runterzapften. Nicht wenige Durstige sendeten den einen oder anderen bösen Blick, was die Gesamtstimmung der Menge nicht gerade verbesserte.
2.) Während sich am Star Alliance Schalter die drei indischen Klingonen abmühten, saßen direkt daneben ein halbes Dutzend United-Mitarbeiter und bohrten gelangweilt in der Nase. Die United gehört auch zur Star Alliance.
3.) Einmal ließ sich eine fesche Engländerin blicken, auf deren violetten T-Shirt mit großen Lettern „I help you“ geschrieben stand. Binnen kurzer Zeit war sie von hilfesuchenden, in Tränen ausbrechenden NervenzusammenbruchskandidatInnen umgeben und entfernte sich rasch wieder, nachdem sie kurz als eine Art Klagemauer ihren Dienst versah – irgendwelche Kompetenzen oder Möglichkeiten hatte sie nicht.

Nun die „ancestors queue“, sozusagen die Urahnin aller Schlangen. Es war klar, dass es mehrere Stunden dauern würde, dort bedient zu werden. Also packe ich (Peter war ums Eck eine rauchen) meinen „Unauffällig einsickern-Trick“ aus: Mit angestrengtem Blick, als ob ich jemand suchen würde und ihn hier schon vor einiger Zeit hätte treffen sollen, stelle ich mich neben eine kleine Gruppe von Wartenden, die fast ganz vorne stehen. Zu meinem Glück macht die Schlange am Schluss eine 180-Grad-Wende und dann stehen noch 3-4 Leute und dann kommt der in England gebührende Abstand zum Schalter. Hinter der Wende beginnt die Endlosigkeit, sozusagen, schlangentechnisch. Außerdem sind direkt hinter der Stelle, an der ich jetzt stand, die Self-Checkin-Schalter und ich habe ja nur Handgepäck, im Gegensatz zu fast allen anderen Anstehenden. Mein Blick geht nie zum Schalter, immer in die Gegenrichtung. Dann rücke ich langsam nach hinten an die kleine Gruppe näher heran, so dass es auf andere so wirken könnte, als würde ich da dazugehören, mehr oder weniger zumindest. Nach einiger Zeit stehe ich wie selbstverständlich daneben, lasse mich aber dann ein wenig zurückfallen, scheinbar überaus höflich.
Als weniger trickreiche Vordränger kommen, solidarisiere ich mich mit der empörten Menge, die Herrschaften wurden dann von Sicherheitsleuten an das Ende der Schlange eskortiert.
Als Peter nachkommt, begrüßte ich ihn auf die Art „Hey, ich stehe da ja schon eine EWIGKEIT in dieser Schlange, jetzt sind wir bald dran!“
Bis auf zwei Deutsche hatte niemand Lunte gerochen, und die wenigen bösen Blicke waren es wert.

Dann sind wir dran und werden von einem sehr netten, leicht beleibten Engländer empfangen, der sich als „Ian Stoke, Manager“ herausstellte. Wieselflink gleiten seine Finger über die Tastatur, ein Meister der detektivischen Flugalternativensuche. Konzentrierter Gesichtsausdruck, da! Ein Lächeln, er hat was gefunden, die Spannung steigt (Hoffnung up!), dann wieder der konzentrierte Gesichtsausdruck – doch nix (Hoffnung down!). Ein Flieger nach dem anderen voll („I´m so sorry!!).
Das Spiel wiederholt sich ein paar Mal, dann, nach insgesamt mehr als einer Stunde: Heute Abend geht noch ein Flug nach Frankfurt und von dort direkt wenig später mit der Condor direkt nach San Jose! Der heilige Abend gerettet, Mr. Stoke wird von uns als eine Art Weihnachtsmann hofiert, bejubelt, angehimmelt!
Nur eine Kleinigkeit bleibt noch zu klären, die freie Klasse heißt „Amadeus“ und Mr. Stoke muss noch ein halbes Dutzend Anrufe tätigen.

Es folgt die große Enttäuschung: Leider wäre das Business-Class und er könne uns diese Tickets nicht geben. Economy wäre ausgebucht. Wir bemerken, dass wir unser gebuchtes und bezahltes Tauchboot versäumen und dass das teuer wäre. Er bleibt unbeeindruckt, was verständlich ist – es ist ja nicht sein Tauchboot. Also weitersuchen.
Dazwischen kann ich vom Nachbarplatz einen anderen Star Alliance Mitarbeiter hören, der auf die schnelle Frage eines eiligen Mannes („just a short question – is there a seat to Zürich available?“) meint: „There is no seat on any flight to any destination today!“
Na, das ist doch ein Wort!
Leider gilt das auch für uns. Nach einer weiteren Stunde Suche (dass sich Mr. Stoke nicht bemühte, kann man ihm wirklich nicht vorwerfen) findet er tatsächlich einen Flug: Wir müssten bis morgen Abend warten, dann könnten wir mit British Airways nach Vancouver fliegen (Naa, geh leck, ned Vancouver…). Dort hätten wir dann 5 Stunden Aufenthalt und dann einen Weiterflug mit Mexicana nach Mexico City. Zwei Stunden später ginge es dann weiter nach San Jose. Das wäre alles, was er uns anbieten könnte, innerhalb der nächsten drei Tage.
Schweren Herzens entschließen wir uns, dieses Angebot anzunehmen, die Alternative wäre nach Hause fliegen und den Urlaub einfach abhaken. Es stellt sich auch die nicht unerhebliche Frage, was dann mit unseren Ansprüchen passiert. Ist Vancouver zumutbar?

Wir bekommen noch Voucher für das Novotel und den Shuttle-Service dorthin („Hotel-Hoppa“)
Dann bleibt noch die Frage unseres Gepäcks. Das wäre kein Problem, meint Mr. Stoke, das wäre bei der Continental gelandet und wir könnten es uns gleich an Terminal 4 (Naa, geh leck, ned schon wieder Terminal 4!) abholen.
Da mir schon fast alles egal ist, übernehme ich das, auch weil Peter dringend eine rauchen gehen will. Er würde den Hotel-Hoppa ausfindig machen und dann würden wir uns treffen, ich wäre eh bald wieder da.
Bald ist ein dehnbarer Begriff, aber vorerst geht des darum, irgendwie zu Terminal 4 zu gelangen, Auf dem alten Weg durch den Transit-Bereich geht das nicht, aber eine freundliche Dame rät mir, doch den „Heathrow Express“ zu nehmen. Also quer durch die Halle und dann einen Stock tiefer, wo sich die Mutter aller Bahnsteige befindet, ca. einen halben Kilometer lang und von einem eisigen Wind durchblasen. Eine Tafel meint, alle 20 Minuten fahre hier der Zug nach Terminal 4. Das bedeutet 20 Minuten am eisigen Bahnsteig, offensichtlich war mir gerade ein Express davongefahren. Mir entkommt ein kurzes, lautes und heftiges „Ha!“ und ich ziehe mir die Kapuze meines Fishverleih-Sweaters über den Kopf.

Ich merke, wie mein Wille, das alles irgendwie lustig oder abenteuerlich zu finden, langsam schwindet. Ich will Urlaub und nicht Nightmare on Heathrow! Jede Kleinigkeit, die jetzt passiert, wiegt auf einmal wie ein unendlich großes Hindernis, ich fühle mich sehr allein am eisigen Bahnsteig. Dann zeigt die Anzeigetafel „Train free for Terminal 5 only“ an und ich merke, dass Peter das Geld einstecken hat. Das kostet Nerven, auch wenn ein freundlicher Engländer meint „Don´t worry, just hopp on!“ Nachdem der nächste Zug nach Terminal 5 abgefahren ist, wechselt die Anzeige auf der Tafel auf „Train free for Terminal 4 only“ (Gsindel, englisches!!)
Bibbernd entere ich den Zug und erreiche wenig später Terminal 4, wo ich mich genau original nicht auskenne. Nach dem Durchqueren einer riesigen Halle finde ich einen Informationsstand (please queue up!) und eine nette Dame dahinter, die auch prompt die richtige Info parat hat: Hinter mir, am anderen Ende der Halle, befindet sich ein großer roter Postkasten, daneben ein Telefon. Dort solle ich die Nummer der Continental eintippen, die dort auch zu finden ist, und dann würde mich jemand abholen.
Hoffnung steigt, ich gehe rüber, wähle die Nummer und keiner hebt ab. Es handelt sich um eines der berühmten „toten Telefone“, Kratzspuren und Sprünge am Hörer deuten auf emotionale Reaktionen früherer Anrufer hin.

Also rauf in den ersten Stock, irgendwo muss doch irgendwer von der Continental zu finden sein. Ein sehr netter Engländer im Lift zeigt mir, was ich tun muss: Dort drüber wäre ein VIP-Schalter der XY-Airline, dort solle ich hingehen und denen mein Problem schildern, die wären kompetent.
Das waren sie auch tatsächlich und meinten, ich bräuchte nur die Halle bis fast zum anderen Ende (schon wieder ein lautes, etwas tourettehaftes „Ha!“) durchqueren, dort wären dann die Checkin-Schalter der Continental. Sollte dort niemand sein, wäre genau gegenüber der Ticket-Schalter der Continental und die wären auf jeden Fall für mein verlorenes Gepäck da, man wisse das genau.
Leider sind beide Schalter verwaist, am Tisch des Ticketschalters ein Schild, auf dem zu lesen ist, dass man ab Morgen wieder da wäre und man könne auch folgende Nummer anrufen… Ein netter Mitarbeiter der MALEV gleich daneben meint, ich wäre hier tatsächlich richtig und nur mit Hilfe der Continental könne ich zu meinem Gepäck kommen und er könne leider von hier aus nicht diese Nummer anrufen, das wäre technisch nicht möglich, aber einen Stock tiefer gäbe es einen Informationsschalter und dort würde man mir weiterhelfen. Ich solle, so betonte er, insistieren, dass man mir hilft, das wolle er mir als Tipp mitgeben und außerdem schreibe er mir auch sehr gerne die Nummer auf einen Zettel. Ich bedanke mich höflich und begebe mich wieder hinunter.

Dort hat inzwischen eine andere Dame Dienst, hört sich nach einiger Zeit (please queue up!) meine Sorgen an und meint, sie dürfe mich hier eigentlich nicht anrufen lassen, aber sie mache für mich gerne eine Ausnahme.
Es läutet und tatsächlich meldet sich eine weibliche Stimme, die jedoch meint, sie hätte mit der Gepäckgeschichte überhaupt nichts zu tun, sie wäre nur die allgemeine Vermittlung (Call-Center, irgendwann sprenge ich noch eines in die Luft), könne mir aber die für meine Fälle total richtige Nummer geben. Dort wäre die Gepäckstelle der Continental. Leider war auch diese Nummer nicht besetzt, das Läuten ließe sich wahrscheinlich bis zum jüngsten Tag fortsetzen.
Also noch einmal die erste Nummer. Die Dame etwas verwirrt („Dort MUSS jemand rangehen!“), aber sie gäbe mir noch eine andere Nummer. An dieser meldet sich auch sogleich eine äußerst sonore, sehr angenehme und extrem betont sprechende Stimme, die sich als automatisches Anrufbeantwortungssystem herausstellt. Ca. zwei Minuten lang zählt diese Tonbandstimme die Airlines auf, für die diese Nummer zuständig wäre. Dann die Auswahl: Man könne mit Knopf 1 einen „Attendant“ sprechen oder mit Knopf 2 die „personal mailbox“. Ich drücke 1 und die Stimme meint, „all attendants are busy, please check your personal mailbox and press Nr. 2“
Ich presse Nr. 2 und die Stimme meint: „Please leave a message and a Telefone number on your personal mailbox – tut – Mailbox is full“.
Das war es dann, die letzte Würze bekam dieses Tonband noch durch die sonore Stimme, die bei jedem Wort klang, als ob man gerade eine Million Pfund gewonnen hätte.
Also noch einmal die Vermittlung. Diese war schon etwas genervt, sie hätte schon alles getan was sie tun könne („I´m so sorry“) und mehr ginge nicht und sie gäbe mir jetzt noch eine dritte, letzte Telefonnummer.
Diese stellte sich als inexistent heraus. Nicht, dass ich mich irgendwie abgewimmelt vorkam, aber leichte, ferne Anklänge aufdämmernder Aggression wurden fühlbar. Mir war auf einmal schlagartig klar, dass ich der nächsten Person, die zu mir „I´m so sorry“ sagt, ansatzlos ein Dutzend Zähne aus der Fresse schlagen würde – wahrscheinlich so schnell und ansatzlos, dass das „Sorry“ zu einem „Forry“ verkommen würde.
Die freundliche Infoschalter-Dame hat den richtigen Instinkt und schickt mich mit den Worten „morgen wiederkommen“ und „viel Glück“ weg.

Also wieder hinunter in die Eisröhre und auf den Heathrow-Express warten, diesmal nur eine Kleinigkeit von 14 Minuten.
Am Rückweg geht es mir das erste Mal wirklich schlecht. Weihnachten hatte ich mir deutlich anders vorgestellt. London Heathrow ist ein Moloch, der dich sehr gründlich und deutlich spüren lässt, wie unbedeutend du als einfacher Fluggast bist. Übrigens: Wie geht es jemandem, der kein Englisch kann?
In der momentanen Situation sind es bereits die Kleinigkeiten, die mich an die Belastungsgrenze kommen lassen, etwa die Tatsache, dass mein Handy keinerlei Netz findet, obwohl voller Empfang ist. Wie finde ich meinen Bruder wieder? Terminal 1 ist nicht wirklich klein.
Ca. 10 min später findet das Handy ein Netz und ich treffe meinen Bruder, der mich in den Londoner Winter hinausführt, wo gerade ein Bus der Linie H1 an uns vorbeibraust, in die Nacht hinausbeschleunigend.
Ja, das wäre es gewesen, das Shuttle zum Novotel, für das wir das Voucher besitzen. Wann das nächste fährt ist etwas unklar, da irgendwie gerade ein „Schedule-Change“ stattfindet und daher fahren die Hotel-Hoppa-Busse pünktlich genau irgendwann (Gfrasta, britische!).
Das bedeutet für uns, dass wir das Shuttle im Freien abwarten müssen, da ja nicht klar ist, wann das nächste fährt, wir bekommen sozusagen einmal gratis frieren auf unbestimmte Zeit.
Nach ca. 25 Minuten kommt der H1 und wir fahren zum Hotel, über das es nicht viel zu berichten gibt, außer vielleicht dass die Hygiene-Sets (Zahnbürste etc.) gut, aber aus sind („I´m so sorry!“) und der Blick aus dem Fenster aus starken Männern wimmernde Suizidkandidaten machen kann. Wenigstens gibt es zwei tolle iMacs mit gratis Internet, an denen fette indische Kinder mit noch fetteren Brillen Farmville spielen, bis sie von ihren fetten indischen Eltern zu einer Runde Fish and Chips weggezerrt werden. Ziemlich fett, die ganze Angelegenheit. Dann kehrt Ruhe ein und wir fallen todmüde ins Bett.

Teil 2 folgt demnächst (es kann nicht mehr schlimmer werden? Oh doch!)