Tommy – in der Wiener Stadthalle

Eine kurze Rückschau auf das gestrige Musical von The Who.

Es hat ja schon Tradition bei Heinz, Andreas und mir: gemeinsame The Who-Konzerte, etwa am 1. Mai 97 in der Stadthalle oder im August 2002 in Amstetten – damals auch die Rockoper „Tommy“, die von Pete Townshend 1969 geschrieben wurde.
Ja, es ist eigentlich eine Rockoper und ein Musical. Das dürfte dem Regisseur des gestrigen Spektakels jedoch entgangen sein. Aber alles der Reihe nach.

Die Kartenbestellung

Das lief alles problemlos, bis auf den durchaus geschmalzenen Preis von 78 Euro. Aber alte The-Who-Fans zahlen sowas gerne. Ich hatte meine Karte für Mittwoch bei Andreas mitbestellt und mir den Termin schön fett im Kalender angestrichen. Andreas und Heinz gingen an beiden Tagen, also auch am Donnerstag.
Mittwoch Nachmittag dann der Anruf bei Andreas:
„Du wann treffen wir uns denn heute und wo?“
„Äh, Guido, Du hast eine Karte für Donnerstag.“
„Na sicher ned, ich hab eine für Mittwoch, da bin ich mir 100% sicher.“
„Schau einmal nach.“
„…“
„…“
„Geh leck!“
Also flexibel sein, umdisponieren auf Donnerstag. Ist ja kein Problem für einen alten The-Who-Fan.

Die „neue“ Stadthalle

Mehr oder weniger frisch renoviert, für mich ist kein Unterschied erkennbar. Halle F ist mittelprächtig groß und komplett bestuhlt, mit roten Plüschpolstern. Da kommt bei bestem Willen kein Rockopern-Flair auf. Man sitzt brav in seinem Sessel und sieht sich an, was auf der Bühne passiert.
Meine Gratulation des Tages geht jedoch an den Manager der Gastronomie. Da wir eine Pause hatten, strömten die Gäste hinaus, denn es wurde nicht gesagt, wie lange diese ist. Ein Drittel geht aufs WC, ein weiteres Drittel hinaus rauchen und das dritte Drittel hätte gerne was zu trinken.
Wie es bei den WCs war, weiß ich nicht, aber die Ausschank war eher ein Desaster. Die Buffets rechneten scheinbar nicht damit, dass Gäste kommen würden. Es bildete sich sofort eine lange Schlange mit den üblichen Vordrängern („der blade Franz“ vom Georg Danzer lässt grüßen) und leicht überforderten Kellnern, die es nur mit Mühe schafften, ein Bier zu zapfen. Genau dieses Bier ging ihnen dann auch aus (Fass und Flaschen), und auf meine Frage, ob sie denn nicht mit Gästen gerechnet hätten, bekam ich ein fröhliches „Nein“ zur Antwort.
Wer bitte macht das Management der Gastro in der Stadthalle? Ich hätte auch den Wunsch, dass man bei Beginn der Pause bekannt gibt, wie lange diese dauert. Dann weiß ich, ob Zeit für Bier und WC ist oder ob ich anders disponieren muss.

Die Show

Eine gute Bühnendekoration, die aber ein wenig an die Westside-Story erinnerte. Dieser Eindruck bestätigte sich während der Show, die für meinen Geschmack ein bisschen zu viel Herumgehupfe hatte (man kann auch „Tanzeinlage“ dazu sagen). Dazu gehörte auch das extrem ausdrucksvolle und stets ein wenig zu kraftvolle Herumgehen auf der Bühne, ein bisschen wir im Balett. Da wäre weniger mehr gewesen. Das ist Musical und nicht Rockoper, das wurde vor 10 Jahren im Amstetten deutlich besser gelöst. Natürlich stellt sich die Frage, was man mit den Leuten auf der Bühne denn sonst tun sollte und man darf es auch nicht am Film messen, denn dort bestehen ganz andere Möglichkeiten.
Ich war trotzdem ein wenig enttäuscht, vor allem weil es nach der Pause abflaute. Dabei hatten sie gute Ideen: Tommy in dreifacher Darstellung war toll, „Fiddle about“ war interessant inszeniert, die Luftschlacht mit kleinen Flugzeugen auf Stangen ein witziger Einfall.
Dann kam Sally Simpson und es kippte ins Kitschige. Aus Tommy und Sally wurde ein Liebespaar gemacht und dafür musste das Lied um das letzte Drittel gekürzt werden („Sally got married to a Rock Musician she met in California“ – das hätte nicht gepasst).
Musikalisch muss ich ein „bemüht“ attestieren. Tommys Mutter hatte eine tolle Stimme, Tommy als Erwachsener wirkte immer an der Grenze seiner Möglichkeiten. Seine Stimme war recht dünn, aber natürlich ist das eine sehr schwere Aufgabe, denn man muss stets gegen das übermächtige Vorbild von Roger Daltrey ankämpfen. Am deutlichsten wurde das bei „I´m free“, das für mich einfach nicht gut gebracht war.

Fazit

Eine fast volle Halle zeigte, dass es gut war, diese Produktion nach Wien zu holen. Engagierte Schauspieler bzw. Tänzer verdienten den Applaus. Für echte Tommy-Fans vielleicht ein bisschen zu wenig originell, sängerisch Durchschnitt. Gut, es gesehen zu haben. Zwei Abende wären für mich aber einer zu viel gewesen.

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Bild 1: Lichtspiele

Ein Gedanke zu „Tommy – in der Wiener Stadthalle

  • 12. Mai 2012 um 00:01 Uhr
    Permalink

    Ich hätt das gern gesehn – vor allem weil ich noch nie in einer Rockoper war. Das einzige das ich kenn – rockopernmässig – ist Pink Floyd mit The Wall und Green Day mit American Idiot (und das konnt ich auch nur deshalb als Rockoper identifizieren weil die es jeweils so nannten!). Aber wie das auf einer Bühne inszeniert aussehn soll – keine Ahnung.

    Zu der Bierkatastrophe fällt mir nicht ein ausser: Zum Glück trink ich lieber Wein ;-)

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