Warum ich mir kein „Schwimmcenter“ kaufe

Gerade frisch eingetroffen – der neue Sonderangebotsprospekt von SPAR. Und meine speziellen Freunde haben wieder besondere Schmankerln eingekauft und versuchen diese nun zu verscherbeln.

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Bild 1: Werbung

Höhepunkt ist diesmal ein Planschbecken, das sie großzügig „Schwimmcenter“ nennen. Dort gäbe es „Platz für die ganze Familie“. Ich frage mich bloß, wo dieser Platz sein soll. Außerhalb? Oder ist damit gemeint, dass die Familie hintereinander hinein steigt, einer nach dem anderen, wie in der Sixtinischen Kapelle die Reisegruppen?

Ich habe sogar vor kurzem eine gute Doku gesehen, bei der die Entstehung des aufrechten Ganges beim Menschen unter anderem damit erklärt wurde, dass die Menschen seit uralten Zeiten am Wasser leben, das ihnen als Rückzugsgebiet vor Feinden gedient hat (Krokodile und Haie sind hier zwecks Theoriegültigkeit ausgenommen).
Also, meint die Studie, suchen die Menschen immer und überall Plätze nahe dem Wasser oder auch darin. Keine Seite in einem beliebigen Urlaubsprospekt, auf der kein Wasser zu sehen wäre.

Trotzdem, bei diesem Angebot von SPAR stimmt das alles hinten und vorne nicht. Es fängt beim Preis an: 34,90- ist eine Kampfansage, aber man bekommt noch mitgeteilt, dass man 5- Euro gespart hätte („statt empf. Preis des Herstellers von 39,90-). Noch nie auf dieser Welt hat jemand etwas zum empfohlenen Herstellerpreis gekauft. Das ist der Preis für Vollidioten, den kein normaler Mensch bezahlt.

Das Bild der Werbung ist auch irreführend: Wer so einen Garten besitzt, hat auch meist einen riesigen Pool, oder aber gar nichts derart, schon gar nicht dieses Planschbecken.

Die so genannten „Aufbaumaße“ betragen 305cm x 183 cm x 56 cm. Die verwendbaren Innenmaße entsprechen einem langen, aber schmalen Doppelbett. Natürlich kann man da die ganze Familie hineinpacken. Aber dann kann sich keiner mehr rühren. Wer gerne auf Sardine macht, ist mit diesem Ding gut bedient.
Und darin soll jemand „schwimmen“? Wie bitte soll das funktionieren? Unter einem Schwimmcenter stelle ich mir eine Art riesige Halle vor, in der sich ein halbes Dutzend 50-Meter-Bahnen befindet.

Warum rege ich mich darüber eigentlich auf? Ich muss es ja nicht kaufen und wenn jemand Lust auf so ein Sardinenerlebnis hat, dann soll man ihn nicht daran hindern. Aber diese Werbung hinterlässt bei mir eine Botschaft, die mich auch etwas angeht: Wer kein Geld hat, um sich einen echten Traum zu erfüllen (Großer Swimming-Pool, Karibik-Urlaub am Strand etc.), der muss mit Ersatzträumen auskommen. Planschbecken statt Pool. Da ist auch Wasser drin. Es ist Teil unserer Konsumwelt und Zeichen für die derzeitige Entwicklung: Ich will alles und das sofort und billig. Auf der Strecke bleibt die Qualität, das eigentliche Erlebnis. Statt sich von Zeit zu Zeit Luxus zu gönnen (den Sonntagsbraten, den tollen Urlaub), der dann auch tatsächlich als solcher wahrnehmbar ist, versuchen viele Menschen eine Art Dauer-Grundrauschen herzustellen: viel Luxus immer und überall. Das nivelliert letztlich das ganze Leben, der Luxus ist nicht mehr als solcher erkennbar und so versucht man eine Steigerung: noch mehr desselben. Statt 5 Schwarzbrotsorten will man jetzt 20 haben, das symbolisiert gesteigerten Luxus und simuliert gestiegene Wertigkeit der eigenen Person.
Tatsächlich geschieht genau das Gegenteil. Wenn man sich die Leute ansieht, die eng geschlichtet in ihrem bunten Plastik-Planschbecken hocken, Lichtjahre entfernt von jeglicher Art des Schwimmens, die ihnen ja versprochen wurde, dann wird das nur allzu deutlich: Was hier geschieht, ist eine Abwertung des eigenen Lebens: kleine, billige Planschbecken in kleinen Gärten für letztlich kleine Menschen. Gerade mal bei Kleinkindern sieht es nicht peinlich aus.

Was ist die Alternative? Hinaus in die Natur, eine Wanderung bis zu einem See, in dem man wirklich schwimmen kann. Davon gibt es genug in Österreich und das Auto, um dorthin zu kommen, haben auch die meisten. Da geschehen dann Begegnungen, man lernt andere Menschen kennen oder neue Gegenden, entdeckt ein malerisches Fleckerl Heimat oder erlebt sonst etwas – stets mehr als daheim auf der Terrasse im lauwarmen Plastikwasser.

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