Was ich am Pferdefleischskandal interessant finde

Lidl nimmt ein Produkt aus den Regalen, und zwar „Combino Penne Bolognese 750 Gramm“.

Ich zitiere aus medianet, die wiederum von der APA zitieren: Die Sperre sei aber vorausschauend geschehen, da der betroffene Artikel „ins Profil passt“, sagte ein Lidl-Sprecher der APA. Ob es sich beim betroffenen Produkt um dasselbe handelt wie „Tiefkühl Penne Bolognese 750 g“ des deutschen Diskonters Aldi Nord, in dem bereits Pferdefleisch gefunden wurde, war vorerst unklar. „Derzeit werden alle relevanten Artikel überprüft“, betonte der Lidl-Sprecher.

Jetzt kommt heraus, dass quasi eh überall das gleiche drin ist – oft ist nur die Verpackung anders. Das betrifft einen durchaus erklecklichen Anteil unserer „Consumer goods“ wie das im Fachchinesisch so schön heißt. Ich weiß persönlich von zwei Herstellern, die verschiedene „Marken“ auf ein und derselben Produktionsstraße erzeugen. Das wird natürlich geheim gehalten und auch die MitarbeiterInnen unterliegen der Verschwiegenheitspflicht. Es dürfte auch eine Art Abkommen mit den Medien geben, die darüber nahezu nie berichten.

An eine Folge dieser Produktions- Marketing- Produkt- und Werbestrategie denkt man dabei als Konsument meist nicht, bekommt sie aber zu spüren: Allgemeine Verwirrung. Was auf dem Etikett abgebildet ist, hat oft nichts mit dem zu tun, was dahinter enthalten ist. Die Produktbeschreibung und selbst die Auflistung der Inhaltsstoffe lassen keinerlei Rückschlüsse auf Herkunft, Qualität, Produktionsprozess und eben auch auf die Inhalte zu – weder Mengen noch Zusammensetzung. Die Industrie verteidigt diese Nicht-Information mit „notwendigem Betriebsgeheimnis“ – sonst könnte es ja jeder nachmachen und das wäre ein Wettbewerbsvorteil.

Das ist wahre Chuzpe – es ist sowieso überall das gleiche drin. Wer sich länger damit beschäftigt, dem vergeht der Appetit, ganz abgesehen davon, dass es extrem zeitaufwändig ist und oft in einer Sackgasse endet.

Im Laufe der Jahre haben sich die KonsumentInnen daran gewöhnt. Sie kaufen ein Produkt, auf dessen Etikett „mit neuer, verbesserter Rezeptur“ gedruckt steht. Worin diese Verbesserung besteht, wird ausnahmslos nicht hinterfragt. Es gibt auch keine gesetzliche Regelung, die konsumentenfreundlich unterstützt, daher ist es völlig egal, ob das Rezept jetzt anders ist. Und die meisten KonsumentInnen wollen das auch nicht wissen, sei es aus Bequemlichkeit, sei es aus Zeit- oder Motivationsmangel. Viele sind dort angelangt, wo die Industrie sie gerne haben will: Sie kaufen ohne jegliche Überprüfung und schauen maximal noch auf den Preis. Auch der Geschmack spielt meist keine Rolle, maximal die Konsistenz, fast immer jedoch Form und Farbe der Verpackung.

Ich werde das nicht ändern können, aber ich wünsche mir die Wahlmöglichkeit zwischen Mist und guter Qualität – also genau das, was die Industrie um jeden Preis verhindern will. Sie versucht sogar die letzte Lücke zu schließen, die es derzeit noch gibt: Direktkauf am Bauernhof. Nur wenn ich den Bauern kenne und ihm vertraue, kann ich noch einigermaßen sicher sein, dass ich das bekomme, was ich will. Das gilt aber auch nur, wenn er wiederum nicht selbst getäuscht wurde, etwa beim Einkauf seiner Rohstoffe.

Wenn einmal ausnahmsweise eine der zahlreichen Täuschungen bekannt wird, dann gilt das als „Skandal“. Damit werden die eigentlichen Skandale gut verschleiert und die Industrie kann in Ruhe genau so weitermachen wie bisher. Zu stark ist ihre Lobby, als dass sich die Politiker widersetzen würden.

Die Politiker vertreten in diesem Fall die Interessen der Industrie statt der WählerInnen.
Diese lassen sich das gefallen.
Dadurch sinkt die Qualität der Nahrungsmittel. Dem Betrug wird Tür und Tor geöffnet.
Das wiederum fällt den Menschen nicht auf oder ist ihnen egal.

Und das ist der eigentliche Skandal.

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