Warten auf Frau Godot

Montag Vormittag, ein Anruf. Eine nette Frauenstimme gibt bekannt, dass sie von Shell wäre und ich bekäme eine Kundenkarte, mit der ich in Zukunft stets billiger bei Shell tanken könne als offiziell angeschrieben, abhängig von der Höhe der Summe.
Ich bitte die Dame, mir die Karte zuzuschicken und sie meint, das wäre leider nicht so vorgesehen, aber die Frau Hörmann würde mich besuchen und sie mir persönlich vorbeibringen, wie wäre es denn mit morgen Vormittag?

Da das nicht geht, einigen wir uns auf Mittwoch 10 Uhr. Der Termin würde lediglich zehn Minuten dauern und sie würde mir die Details der Karte erklären.

Wir überspringen locker zwei Tage und schalten auf Mittwoch, 10 Uhr. Ich räume ein wenig die Wohnung auf, denn eine Dame von Shell kann ich sonst so nicht hereinbitten. Was tut man nicht alles für ein paar Cent Ersparnis. Wo doch alles teurer wird heutzutage.

Es ist 10 Uhr. Die Glocke läutet… nicht. Frau Hörmann ist nicht überpünktlich, aber das muss sie auch nicht sein, bei mir in der Gegend gibt es wenig Parkplätze und ein paar Minuten Verspätung gestehe ich jedem Gast zu, ungschaut, quasi.

10.15 Uhr. Die Glocke läutet… immer noch nicht. Frau Hörmann dürfte entweder ein klein wenig unpünktlich sein oder verdammt lange Parkplatz suchen. Vielleicht musste sie auch noch tanken, wär ja möglich. Da es bei mir weit und breit keine Shell-Tankstelle gibt, könnte das zu leichten Verzögerungen führen, denn sie würde sicher nicht bei der Konkurrenz tanken, wo sie ja keinen Rabatt bekommt.

10.30 Uhr. Die Glocke läutet… endlich! Die Warterei ist vorbei, jetzt beginnen die berühmten zehn Minuten der Frau Hörmann. Denke ich. Es ist aber nur der Feibra-Mann.

10.45 Uhr. Ich beschließe spontan, Frau Hörmann in Frau Godot umzubenennen und beschließe weiters, dass ich sie genauso lang warten lassen werde wie sie mich. Wenn sie überhaupt noch erscheint. Inzwischen schreibe ich ein Weblog-Kommentar über die sportliche Unpünktlichkeit einer angesagten Dame und sinniere darüber, wie gut diese Marketingaktion seitens Shell geplant wurde.

10.50 Uhr. Ich müsste dringend aufs Klo, aber was ist, wenn Frau Hörmann genau jetzt läutet? Vielleicht hatte sie einen Unfall und schleppt sich jetzt blutüberströmt zu meiner Haustüre, mit letzter Kraft die Glocke erreichend. Ich wäre ihre allerletzte Hoffnung, die Rettung vor dem Verderben. Außer ich sitze am Klo. Und sie verblutet.
Oder Frau Hörmann stellt sich als meine Traumfrau heraus, eine zarte Berührung unserer Hände bei der Übergabe der Shell-Rabattkarte… Und ich hocke am Klo, wenn sie läutet. Das geht natürlich gar nicht.

Andererseits, wenn ich nicht aufs Klo gehe, bin ich beim Termin unentspannt und das mit der zarten Berührung geht sozusagen in die Hose. Auch keine gute Lösung. Ich beschließe, das Fenster aufzumachen und laut „Frau Hörmann, erhören Sie mich“ zu brüllen, verwerfe die Idee aber sofort wieder, da das meine Darmtätigkeit nur unnötig anregen würde.

11.00 Uhr. Mein Körper beantwortet die Frage, ob ich noch länger auf Frau Hörmann warten soll. Das Darmhirn spricht „Scheiß auf Frau Hörmann“ und ich schreibe der Dame noch auf ihre virtuelle Pinwand „I shall not come late.“

Indirekter Kannibalismus – wir essen afrikanische Kinder

Ha, was für eine schreierische Überschrift!

Und doch steckt was dahinter. In seiner Doku „schmutzige Schokolade“ beschreibt Miki Mistrati wie speziell im westafrikanischen Staat Mali Kinder gekidnapped werden, um sie auf den Kakaoplantagen der Elfenbeinküste Kinder-Sklavenarbeit verrichten zu lassen.

Die großen Schokoladehersteller und Kakaoimporteure bestreiten natürlich, davon zu wissen und haben 2001 eine Alibi-Resolution unterschrieben, wo sie sich dazu bekennen, bis 2007 ein Ende dieser traurigen Entwicklung herbeizuführen.

6 bittere Jahre für viele Kinder, aber das ist noch nicht alles: Es hat sich nämlich nichts geändert, die Kinder arbeiten weiterhin auf den Plantagen und die Konzerne wie Nestlé streichen fette Gewinne ein. Für die Manager ist das eine tolle Sache: die wenigsten Konsumenten interessiert das, die europäischen Gesetzgebungen biegt man mit teurem Lobbying hin (das Geld dazu hat man ja) und dem dritten und vierten Mercedes steht nichts mehr im Wege!

Ich gehe in meiner Interpretation noch einen Schritt weiter und bin der Meinung, dass wir indirekten Kannibalismus betreiben. Man kann einen Menschen direkt aufessen oder man kann durch bestimmte Entwicklungen, die man fördert oder zumindest nicht behindert, dafür sorgen, dass andere Menschen bei der Erzeugung unserer Genussmittel leiden, hungern, krank werden oder sterben.

Das Resultat ist nicht so viel anders: wir haben mehr im Bauch und dort (weit weg und die Medien berichten nicht darüber und wenn sie es tun, dann so, dass man nicht hinsehen muss) stirbt jemand. Dass es sich dabei um Kinder handelt, sollte in einer Gesellschaft, die liebend gerne das zarte Spanferkel isst und erst dann das Fleisch einer alten Sau, niemanden mehr hinter dem Ofen hervorlocken.

Selbstverständlich haben die Verantwortlichen jede Menge gute Ausreden parat:
„Wir handeln gesetzeskonform.“
„Wir wissen von nichts.“
„Wir haben ohnehin alles getan was möglich ist.“
„Wenn wir das nicht tun, machen es die anderen.“
„Das ist der freie Markt.“
„Dazu kann ich leider gar nichts sagen.“
„Unsere Presseabteilung wird sich mit ihnen in Verbindung setzen.“
„Kein Kommentar.“

Ach ja: Im Supermarkt ums Eck ist gerade eine Aktion: Minus 25 Prozent auf alle Schokoladewaren bis Ende der Woche. Mahlzeit!

Die Bullen kommen!

Allerdings nicht an der Börse, sondern in der spanischen Arena. Dort hat ein Stier auf den Torrero und sein rotes Handtuch g´schissen und ist über die Bande gesprungen. Dann hat er das blutgeile spanische Publikum einmal ordentlich aufgemischt: 30 Verletzte.

Hier der Link zum Video: http://www.youtube.com/watch?v=CUBILFTN7to&feature=player_embedded

Das ist Entertainment, wie ich es mag. Und eine nette Abwechslung, die ich gerne öfter sehen würde. Ich schlage vor: Jeder Besucher bekommt einen kleinen Helm mit Hörnern drauf und dann schauen wir, wer gewinnt, wenn ein paar Stiere ins Publikum gelassen werden.

Das nenne ich eine Bullenrallye! Scheinbar hat der erste Stier kapiert, wen er eigentlich attackieren muss.

Warum ich nicht für Pakistan spende

Ein guter Beitrag in „3sat Kulturzeit“ über Pakistan. Hier der Text von der 3sat-Seite:

„Unterlassene Hilfeleistung Pakistans Flutopfer warten auf Spenden
Im August herrscht Monsun in Pakistan. 2010 werden bei einer Flutkatastrophe fast 20 Millionen Menschen obdachlos. Regierung und UN sind machtlos. Selten hat eine Katastrophe solche Ausmaße erreicht. Selten floss die internationale Hilfe so spärlich.
„Nieder mit der Regierung“, rufen Flutopfer. Sie haben eine Straße im Norden Pakistans blockiert, aus Protest gegen die so zögerlich kommende Hilfe. Ihre Hoffnungslosigkeit ist ein gefundenes Fressen für Extremisten. Die Taliban feiern sich als alleinige Heilsbringer, fordern die Menschen sogar auf, keine ausländische Hilfe anzunehmen. Als Anfang 2010 ein Erdbeben Haiti heimsuchte, gingen die Bilder um die Welt und lösten eine wahre Spendenflut aus. In Deutschland hob das ZDF eine Spendengala mit ins Programm, die ARD funktionierte eine ihrer Talkshows in eine Spendenshow um. Für die 20 Millionen betroffenen Pakistani sind keine Galas geplant. Die Medien haben Mühe, über die Notwendigkeit von Spenden für Pakistan aufzuklären.
Pakistan hat Goldvorräte und ist der siebtgrößte Getreidelieferant der Erde – kein armes Land, nur armselig gemanagt. Es ist das Land von viel und wenig: viele, die wenig haben und wenige, die viel haben, auf Kosten anderer. Die Großgrundbesitzer knechten die Bauern. Das Volk ist von ihrer Gunst abhängig. Pakistan hat aber auch die Atombombe – und damit Geld. Im Kampf gegen die Taliban hat es von den USA viele Millionen Dollar kassiert. Viele Spender sorgen sich, dass ihre Hilfe in die Hände extremistischer oder terroristischer Gruppen gelangt. Wenn die Spenden aber ausbleiben, werden die Taliban noch mehr Herzen der Katastrophen-Opfer gewinnen.“

Ich verstehe, wenn die Spenden nur spärlich fließen, wahrscheinlich eher tröpfeln. Ich habe auch nicht vor für Pakistan zu spenden, und zwar deshalb:

1. In Österreich nimmt sich jetzt „Nachbar in Not“ der Sache an. Pakistan ist aber nicht mein Nachbar. Wenn jetzt die ganze Welt mein Nachbar ist, dann habe ich keine echten Nachbarn mehr, die mir dann im Blick sind, wenn es wichtig ist. Vor allem in großen Bauten kennen die Menschen ihre direkten Nachbarn nicht mehr.

2. Pakistan hat für mich kein gutes Image: Für die Atombombe haben sie Geld, für die Flutopfer nicht. Pakistan ist für mich eine Mischung aus Afghanistan und Indien. Ich kenne Pakistan nicht, ich weiß nicht wie der Regierungschef heißt, welche Art von System sie dort haben und ich habe keine Ahnung, wie die Hauptstadt heißt.

3. Auch ich weiß nicht, in welche Hände mein Geld kommen würde. Das wäre mir aber wichtig.

4. Ja, die Menschen sind arm. Aber wenn ich spende, dann habe ich das Gefühl, dass die Regierung ihr System perpetuieren kann – das Ausland schickt Geld, sobald es die Bevölkerung braucht, wozu dann ordentlich wirtschaften?

Neues vom Fressen

Das ist ja schon eine alte Krankheit bei mir, dass ich besonders bei Obst und Gemüse gerne österreichische Ware esse, dafür werde ich meist milde belächelt: Ein wenig weltfremd ist er schon, der Guido, ganz nett, aber halt wirklich zu kritisch!
Und man muss schon verstehen, dass das bei uns niemand ernten will und die Supermärkte müssen sich nach dem richten, was die Kunden wollen und die wollen das Billigste, egal von wo.

Ich sch… einen Krapfen (ganz und gar aus heimischer Erzeugung) auf diese Flüsterstimmen und komme zum Punkt:

1.) Spar Emmentaler Hausmarke gekauft und eine mail an den Spar-Kundendienst geschrieben, woher denn die Milch so stammen würde, biddeschön.
Antwort heute, einen Tag später, in Form eines Word-Briefes, wo neben einer Latte an Danksagungen auch die Antwort zu finden war, woher die Latte (ital: Milch) denn so kommen würde. Man habe beim Einkauf nachgefragt und der hätte gemeint: Aus Tirol.
Man bemühe sich jedoch regional einzukaufen.
Gut, ich bin zufrieden, Tirol ist ja auch noch, äh, Österreich, das passt soweit.

2.) Vor dem Lovely Days Festival schneie ich beim neuen, riesigen Billa in Pöttsching (gleich neben Sauerbrunn und das ist gleich neben Wiesen) rein wegen ein paar Wurstsemmeln. Wegen der Gesundheit (gelogen, wegen dem Gusto) möchte ich noch ein wenig vom Obst und schaue und sehe nur Spanien, Brasilien, Türkei etc.
Daraufhin der Gang zur Filialleiterin, die mir aus tiefster Brusttonüberzeugung heraus mitteilt, dass es sehr wohl österr. Obst gäbe und sie würde es mir sofort zeigen. Ich geniere mich ein wenig ob meiner Dreistigkeit und auch wegen der lauten Schreierei der Verkäuferin („Chefin, da will einer was aus ÖSTERREICH!!) und erinnere mich an den Woody Allen Film („Der Herr da bekommt einen Orgasmus!“)
Eine Minute später geniere ich mich deutlich weniger: Die Filialleiterin ist etwas kleinlaut und meint, ja, man hätte tatsächlich nicht eine einzige Sorte von irgendwas aus Österreich, leider, man bedaure.

Keine fünf (FÜNF !!!!) Minuten später fahren wir an fetten Marillenbäumen vorbei, voll mit orangen, süßen und superösterreichischen Früchten. Und wir fahren durch Sauerbrunn, mit gepflegter österreichischer Überdurchschnittsarbeitslosigkeit.

Ich hätte da eine Idee, Herr Umweltminister.
Und ich hätte da noch eine Idee, Herr Sozialminister.

Ich werde auch in Zukunft als Nörgler gelten, aber ich gehe nicht mehr zum Billa, bis sie das nicht radikal ändern. Das sagt mir MEIN Hausverstand.