Guckuck – wo bin ich?

Der neueste Schrei im Werbesektor heißt „Location based marketing“ und bedeutet, man gibt seinen eigenen, persönlichen Aufenthaltsort bekannt, damit diverse Firmen einem per SMS wichtige und wertvolle Tipps geben können, wofür man genau dort zu dieser Zeit sein Geld ausgeben könnte.

Als Vorteil wird angegeben, man bekäme dann da und dort einen Gutschein („kommen Sie jetzt zu Starbucks gleich eine Gasse links und trinken Sie einen Kaffee um nur 4,80- Euro“) und würde sich damit Geld ersparen.
Endlich wüsste man, wo das nächste Mittagessen zu bekommen ist und müsste nicht mehr stundenlang herumirren, verzweifelt auf der Suche nach einem Geschäft, in dem man endlich sein überschüssiges Geld loswerden kann.

Laut pressetext-Bericht funktioniert das bisher eher mäßig, die Betreiber sind jedoch äußerst zuversichtlich, dass das der Heuler schlechthin wird (müssen sie auch, sie haben ja genug investiert).

Mir steigen da eher die Grausbirnen auf: Alle zwei Minuten piepst mein Handy wie verrückt, weil ich schon wieder eine wichtige Werbe-SMS bekommen habe. Es wird ja versprochen, dass man nur „relevante“ Produkte beworben bekommt, aber ich bin mir da nicht so sicher. Ich glaube nämlich nicht, dass mich vorher jemand genau nach meinen Bedürfnissen fragen wird. Muss er nicht, weil was ich will lässt sich aus dem „Kontext“ und „vorhandenen Statistiken“ herauslesen? Glaub ich nicht. Das sieht dann etwa so aus: „70 % der Männer Mitte 40 trinken durchschnittlich 3 Kaffee am Tag“ – daher bekomme ich eine SMS von Starbucks, weil das muss ja für mich relevant sein. Ich mag Starbucks aber nicht, das weiß die Statistik nur nicht.

Ich habe den Verdacht, dass die Werbeindustrie hier mit einem psychologischen Trick arbeitet: Von 100 Menschen, die an einer Kaffeefahrt teilnehmen oder an einem riesigen Berg mit CDs vorbei gehen oder oder… kaufen zumindest ein paar etwas, die das gar nicht vor hatten und das Zeug auch überhaupt nicht brauchen.
Es geht also nicht darum, die KonsumentInnen bei der Befriedigung ihrer Bedürfnisse zu unterstützen, sondern ihnen noch zusätzlich was reinzudrücken.

Ich bin gespannt, ob die Menschen schon reif genug sind, um damit gut umzugehen.

Ein Gedanke zu „Guckuck – wo bin ich?

  • 10. November 2010 um 09:14 Uhr
    Permalink

    LBS und Marketing, ein Uralthut, der schon vor Jahren von der wissenschaftl. Community verpönt war weil das Szenario idiotisch ist, von den Kunden nicht angenommen wird (es gibt Studien dazu) und die Leute sich obendrein nur belästigt fühlen – Du hast es ja beschrieben.

    Andererseits: LBS ist mittlerweile ein Riesengeschäft. Fast jedes Auto ist mit Navi aus- bzw. nachgerüstet, mittlerweile jedes Smartphone hat einen GPS receiver, Fotoapparate, jede Menge gadgets sind lokalisierbar.

    Mark Weiser hat es so beschrieben: „Therefore we are trying to conceive a new way of thinking about computers in the world, one that takes into account the natural human environment and allows the computers themselves to vanish into the background.“ (1)
    LBS ist eine Technoloie die bereits stark verbreitet und durch z.B. GPS weltweit verfügbar ist, sich dennoch ein wenig im Hintergrund hält aber dafür umso mehr die Art und Weise wie wir kommunizieren beeinflußt. Die Privatsphäre der Menschen oder ganz allgemein der Benutzer wird durch Bekanntgeben der Positionsdaten entscheidend beeinflusst.
    Daß sich Provider plötzlich wieder mit dieser Marketingstrategie ein Körberlgeld verschaffen wollen kann ich mir nicht wirklich vorstellen. Anfang dieses Jahrzehnts haben sie ihre Lehren gezogen und daraufhin das Thema LBS verschlafen. Provider die meinen, mit einer Strategie weitermachen zu können die sie mangels Interesse der Kunden bzw. Ablehnung vor einigen Jahren stoppen mussten,werden meiner Meinung nach auch diesmal nicht viel Erfolg haben. Provider in Österreich sind und bleiben leider aufgeblasene Marketingmaschinerien die uns mit lustigem Spielzeug und verwirrenden Tarifen beglücken. Technologischen Innovationen sehen ganz anders aus.

    (1) The Computer for the 21st Century: http://www.ubiq.com/hypertext/weiser/SciAmDraft3.html

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