Guido und Thomy am Ende der Welt – eine Reise in die Mondberge des Ruwenzori / Tag 4

Tag 4: Jinja – Kibale National Park

Das Frühstück sehr afrikanisch: Die Butter gesalzen, was nur bedingt mit dem Honig harmoniert. Eigentlich war sie nur geeignet, um sie sich in die Haare zu schmieren, was in Afrika ja mancherorts durchaus gemacht wird. Da ich kein Massai bin, ließ ich diese Gelegenheit aus.
Ich mag es nicht, wenn beim Essen an der falschen Stelle gespart wird. Schon das Abendessen gestern war eher bescheiden, diesmal sollte es eher noch bergab gehen. Toastbrot ist so ein Fall. In Ostafrika bekommt man normalerweise nur sehr wenig Brot und das trägt seine englischen Wurzeln in sich: Vor allem Toastbrot, generell nur Weißbrot und sonst eher nichts. Das ist okay, Schwarzbrot bekomme ich zuhause ohnehin genug und wir hatten als Notvorrat für den Ruwenzori sechs Packungen Pumpernickel auch dabei.
Aber es war das billigste Toastbrot und einfach nicht gut. Also ein paar von den Bananen einstecken und ab auf die Straße. Vom Kingfisher war ich diesmal ein wenig enttäuscht, die Gesamtrechnung für eine Übernachtung zwei Personen plus Abendessen und Frühstück betrug 96 Dollar, das wäre vom Prinzip okay, wenn das Frühstück gepasst hätte. Bedingte Empfehlung für das Kingfisher, das war früher besser.

Noch ein Tag im Auto, als ob die gestrigen 13 Stunden nicht schon genug gewesen wären. Doch diesmal sollte es einfacher und schneller gehen. An der Rezeption des Kingfisher hatte ich erfahren, dass es eine Nordumfahrung („Northern Bypass“) für Kampala gibt. Ich hatte die Verkehrshölle noch gut in Erinnerung, als wir vor sechs Jahren aus Ruanda zurück kamen.

Es ging gut und schnell voran, obwohl wir nicht mehr den Sonntagsbonus wie am Vortag hatten – weniger LKW, ähnlich wie bei uns. Die Nordumfahrung war leicht zu finden (erstes Roundabout auf der Hauptstraße Jinja – Kampala, Mbarara und Fort Portal sind ausgeschildert, man fährt bei den diversen Roundabouts einfach immer gerade aus bis zum Ende des Northern Bypass und dann rechts) und dann muss man nur ca. 2 km unbefestigte Straße überwinden, um auf die sensationell gute Schnellstraße Richtung Fort Portal zu gelangen.

Ein paar Worte über die Straßen in Uganda: Sie waren schon vor sechs Jahren nicht schlecht, aber jetzt sind sie wirklich ein Traum. Keine oder fast keine Schlaglöcher, teilweise sogar Bodenmarkierungen, asphaltierte Bankette, auf denen die Motorradfahrer unterwegs sind – auch wenn es offiziell verboten ist. Zumindest alle Hauptstraßen sind hervorragend gepflegt, auftauchende Schlaglöcher werden ausgebessert. Interessanterweise sahen wir nur sehr wenig chinesische Präsenz, auf den Baustellen arbeiteten vor allem Ugandesen.
Wichtig ist es im Ortsgebiet die 50er Beschränkung einzuhalten, Überland sind 100 erlaubt, wenngleich wir eher mit 80-90 unterwegs waren, weil erstens der Toyota keine Rakete ist und zweitens jederzeit mit allem gerechnet werden muss – Kinder, Tiere, Traktoren etc.

Kurz nach Kampala gerieten wir in eine der äußerst zahlreichen Verkehrskontrollen. Es gibt verschiedene Arten von Polizei und sie sind an der Uniform gut zu erkennen. Die Verkehrspolizei ist in blau-grau gesprenkelt gekleidet und hat immer ein dunkelblaues Auto dabei, meist einen Pickup. Sie zeigen nur selten Interesse an Touristen und halten vor allem die zahlreichen LKW auf, um was auch immer zu kontrollieren. Sie sind gut ausgestattet und dürften anständig oder zumindest regelmäßig bezahlt werden, daher müssen sie sich ihr Gehalt nicht von den Touristen holen, wie wir das etwa sechs Jahre vorher noch schmerzlich zu spüren bekamen.

Dann gibt es die motorisierte Einheit mit Polizeimotorrädern, ganz in blütenweiß gekleidet und sehr auffällig. Sie interessierten sich überhaupt nicht für uns und meist kann man sie beobachten, wie sie am Straßenrand unter einem schattigen Baum eine ruhige Kugel schieben.

Nur einmal wurden wir aufgehalten und der Chef der Kontrolle meinte recht deutlich, er hätte gerne ein klein wenig von uns. Das meinte er übrigens wörtlich, denn mit 5 Dollar war er zufrieden und wünschte uns noch eine gute Fahrt inkl. ein paar Hinweisen, wie weit es noch bis Fort Portal wäre. (von Kampala übrigens ca. 300 km).
Zu einer weiteren Unterhaltung kam es nicht, denn plötzlich fuhr ein Motorradfahrer vorbei und achtete nicht auf die Stopsignale. Also die ganze Meute unter wildem Geschrei auf den Pickup und nichts wie hinterher. Wir trollten uns und als wir sie überholten, nachdem sie den Motorradfahrer erwischt hatten, winkte uns der Chef noch freundlich zu. Seitdem hatten wir immer 5 Dollar griffbereit.

Fast ganz Uganda brennt. So erscheint es zumindest. Bis auf wenige Waldreste brennen sie alles nieder. Zuerst werden die Bäume gefällt und zu Bauholz verarbeitet. Der Rest landet in Meilern und wird zu Holzkohle verarbeitet, die am Straßenrand in großen weißen Säcken auf die Abholung wartet. In ganz Ostafrika wird mit Holzkohle gekocht und der Bedarf ist nicht nur riesig, er steigt ständig.
Die Baumstümpfe werden abgebrannt, damit man sie aus dem Boden bekommt und dann entsteht dort eine Bananenplantage oder sonst eine landwirtschaftliche Nutzfläche.
Aus unserer Sicht ist das traurig, aber einem Ostafrikaner bedeutet der Wald nichts, von ihm kann man nicht leben, von einer Bananenplantage schon. Da die Bevölkerung ständig rasant am Zunehmen ist und der Ressourcenbedarf somit auch ständig steigt, wird diese Entwicklung auch nicht aufzuhalten sein. Wald gibt es bald (ich schätze in fünf Jahren) nur mehr in den Nationalparks und auch die werden dann unter Druck geraten – was zählen die Tiere und Bäume, wenn man nichts zu Essen hat?
Hin und wieder lassen sie einen Baum als Schattenspender stehen, aber prinzipiell sind sie gerade dabei, das Land gründlich abzuholzen. Und sie sind sehr schnell.
Das ergibt auch den für Afrika so typischen Geruch, den ich seit 28 Jahren mit Ostafrika verbinde: Rauch.

Es gibt unglaublich viele Menschen und fast alle sind jung oder sehr jung. Wir haben auch in Uganda immer wieder das Phantom-Phänomen beobachten können: Wann immer man irgendwo im freien Land stehen bleibt, etwa um pinkeln zu gehen, tauchen plötzlich wie aus dem Nichts Menschen auf. Sie sind freundlich und unendlich neugierig. Sie stehen da und schauen dir zu, was auch immer du gerade machst. Selbst wenn du genau darauf achtest irgendwo stehen zu bleiben, wo garantiert keine Menschen sind, vergehen nur ein paar Sekunden, bevor einer quasi aus dem Boden wächst. Sie kommen blitzschnell daher gerannt und dann sind sie da. Und schauen.
Generell halten sich enorm viele Menschen neben der Straße auf, vor allem in Dörfern. Das ist nicht ungefährlich, denn sie pflegen recht spontan die Straße zu überqueren. Im Ortsgebiet fährt man am besten sehr vorsichtig und langsam, denn es rennt dauernd wer drüber.
Das Leben spielt sich im Freien ab, in den meist sehr bescheidenen Hütten oder Häusern dürfte es nicht viel geben, weswegen man sich dort aufhalten soll. Man hat dort kein Internet und meist keinen Strom und kein Wasser, es sind eigentlich Schlafhütten und Unterstände wenn es regnet.
Also ist man im Freien und dort auf der Straße oder neben der Straße. Man steht oder sitzt herum, wartet auf ein Matatu, überquert von Zeit zu Zeit die Straße und lässt den Tag vergehen.

Und dann irgendwo doch noch die chinesische Fabrik. Riesig und mit hohem Zaun rundherum. Und protzigem Eingangsportal, auf dem geschrieben steht „We buy all scrap for cash“.
Das ist typisch, man schreibt keinen blumigen Firmennamen oben hin, sondern eine klare Botschaft: Wir kaufen allen Schrott und zahlen in bar! Geschäftstüchtig sind sie, die Chinesen und haben möglicherweise schon verstanden, dass Abfälle Rohstoffe sind. Zumindest dort in dieser Fabrik.

Die Afrikaner haben das noch nicht so heraus, zumindest was das Wasser betrifft. Ähnlich wie in Ruanda sieht man jede Menge gelbe Wasserkanister, die sie mit sich herum schleppen oder auf dem Fahrrad transportieren. Wasser in Zisternen zu sammeln ist ihnen unbekannt oder sie haben tatsächlich nicht die technischen oder finanziellen Möglichkeiten, um sich so das Leben leichter zu machen. Vielleicht haben sie auch Angst, dass sich in stehendem Wasser die Anophelesmücke vermehrt und sie noch mehr Probleme mit der Malaria bekommen.

Irgendwann sind wir dann im Kibale National Park, der ein aus einem großen Wald besteht, in dem es Schimpansen gibt. Wir fahren zur Verwaltung des Uganda Wildlife Authority und verhandeln mit dem Zuständigen um ein Permit für den nächsten Tag. Ich weiß bis heute nicht, warum er sich so lange geziert hat – es waren noch Plätze frei und wir haben auch brav die 220 Dollar pro Person hingelegt, um am nächsten Tag superzeitig (05.20 Uhr) aufzustehen: ein ganzer Tag lang „Habituation Experience“ – einer von Thomys Träumen und ich schloss mich da gerne an.

Danach ging es in unser Quartier, ins so genannte „Chimps Nest“. Obwohl wir schon gegen 15.30 dort waren, wollten wir nach der langen und anstrengenden Fahrt nicht campen und mieteten uns eine Banda: sauber, nett eingerichtet, mit gutem Moskitonetz und Dusche im Freien. Das ist auch so eine eigene Erfindung: In einer Art Kamin wird mittels Holzkohlefeuer Wasser heiß gemacht, das dann bis zu zwei Tage lang hält.
Der einzige Nachteil sind die hundsmiserablen Armaturen, die es in ganz Ostafrika zu kaufen gibt und die immer, absolut immer der letzte Mist sind. Das führte für uns zu einer unwürdigen Duschsituation, da sich die eigentliche Dusche punkto Temperatur nicht regeln ließ – entweder eiskalt oder brennend heiß.
Der Auslass, der eigentlich für die Füllung einer Badewanne gedacht wäre, diente uns als Ersatzbrause, denn dort ließ sich das Wasser temperaturmäßig einstellen. Also duschen in Hockstellung. Danach Spannung auf den nächsten Tag. Werden wir sie sehen, die nächsten Verwandten von Guido und Thomy?

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