Guido und Thomy am Ende der Welt – eine Reise in die Mondberge des Ruwenzori / Tag 6

Tag 6 – Fahrt von Kibale zum Ruwenzori

Das war ein großteils unspektakulärer Tag. Ein weiteres Mal gesalzene Butter zum Honig und dann eine Stunde nach Fort Portal. Das ist eine Kleinstadt mit einer Hauptstraße und zwei Nebenfahrbahnen, in denen eine nette Dame mit einer gelben Schürze Parktickets austeilt. Wofür die sind und ob und wie man da was zahlen muss, blieb mir verschlossen.
Im Westen Ugandas ist Internet noch Mangelware. Es gibt drei Internet-Shops in Fort Portal, einer davon hatte auch tatsächlich Internet. Leider waren die Computer so alt, dass sich meine Webmail-Seiten nicht aufrufen ließen. Lediglich ein paar Minuten Facebook waren drin.

Von Fort Portal erkennt man schon die „Portal Peaks“, zumindest bei gutem Wetter. Das sind die nördlichsten der höheren Gipfel, auch schon über 4.000 Meter hoch. Wir sahen sie erst am nächsten Tag.
Die Straße führt an der Ostflanke des Ruwenzori entlang, ist kurvig und bergig, aber sehr gut ausgebaut. Danach geht es über eine Schotterstraße etwa 15 km bergauf zu dem kleinen Ort, an dem alle Wanderungen und Touren beginnen. Nachdem wir im Office des Ruwenzori Mountaineering Service (das ist die Firma, die das Monopol hat die Touren zu organisieren) erfuhren, dass sie meine Anzahlung von vor drei Wochen noch immer nicht bekommen haben oder vielleicht schon, aber sie wissen es nicht und es würde bis zum nächsten Tag dauern, ehe sie das in Erfahrung bringen konnten bla bla bla… machten wir uns auf die Suche nach einem Quartier.

Das Anforderungsprofil war leicht: Wir wollten uns das letzte Mal für sechs Tage eine Dusche gönnen und ein Abendessen haben. Zwei Kilometer weiter hatten wir ein nettes Quartier gesehen und fuhren dorthin zurück. Ein Herr (europäisches Aussehen oder so ähnlich) in den besten Jahren mit großem Schnauzer empfing uns und ich wurde den Verdacht nicht los, dass er Deutsch sprechen könnte.
Nicht nur das, er heißt Otto und leitet gemeinsam mit seiner Frau Monika die Pension. Sie haben saubere schöne Zimmer mit großen Badezimmern und er hatte in seiner Jugend Koch gelernt. Perfekte Voraussetzungen für einen netten Abend.

Otto wuchs ein paar hundert Meter von uns entfernt in Hernals auf, war ein Busenfreund von Udo Proksch und ging 1973 als Ingenieur nach Südafrika. Wie viele Europäer hat er ein bewegtes Leben hinter sich und war vor einiger Zeit in Uganda gestrandet, als Manager in einer Kobalt-Mine. Die wurde geschlossen und jetzt betreibt er gemeinsam mit seiner Frau Monika hier am Ende der Welt eine Unterkunft. Er ist Geschäftsführer, der Landlord ist ungefähr das, was bei uns der Bürgermeister in Personalunion mit dem Bischof ist. Monika meinte, sie würde den Landlord anrufen und fragen, ob wir auf dem Grundstück (riesig) campen dürften. Plus einer bussifeinen Dusche natürlich und Otto würde uns ein Abendessen kochen, er wäre gelernter Koch (beim Demel…).
Später schaute der Landlord dann persönlich vorbei, in einem aufgemotzten Mitsubishi Pajero mit Chromleisten überall und dunklen Scheiben und blitzenden Alu-Felgen. Ganz so, wie sich reiche Afrikaner das vorstellen und manchmal auch verwirklichen. Ein netter Herr, Chef von etlichen Firmen (Kakao, Kaffee, Tee und noch einiges mehr) und auf dem Dach seines Pajero befand sich ein Skiträger. So einer, wie er auch bei uns im Winter auf den Autos ist, der mit den Gummiwürsten zum Einklemmen der Ski.
Auf meine Frage, warum er einen Skiträger auf dem Dach hätte, meinte er, das wüsste er bereits, dass das ein Skiträger wäre, aber der war schon oben, als er das Auto gekauft hätte und er würde ja nicht stören.
Monika meinte, er wäre ca. 200 Mio Dollar schwer, einer der reichsten Männer Ugandas. Für uns war wichtig, dass er uns auf seinem Grundstück campen ließ und das passte.

Otto ist das, was man einen Bullshit-Artist nennt. Der Wiener Ausdruck ist „G´schichtldrucker“, aber er ist einer von der feinen Sorte. So stellten wir uns am Abend gemeinsam einige Nile Special hinein und plauderten über alles, außer über Gott und die Welt. Es sollte für sechs Tage das letzte Bier sein.
So schliefen wir zwischen Schweinen, Rindern, Ziegen und Bananen dem nächsten Tag entgegen. Noch war ungewiss, ob wir den Ruwenzori würden machen können.

Was mich an Ostafrika fertig macht: Es gibt keine Haken. Ich weiß nicht warum, das wird mir ein ewiges Mirakel bleiben, aber es gibt keine Haken. Gar keine Haken. Egal in welchem Badezimmer oder Vorzimmer oder sonst wo man sich aufhält, es gibt keine Haken. Haben die nichts zum Aufhängen? Liegt bei den Ostafrikanern alles am Boden? Keine Haken! (Hab ich das schon erwähnt? Egal.) Es gibt auch fast keine Ablagen und Spiegel sind manchmal so montiert, dass sich ein Zwerg bücken muss, um sich zu sehen.
Was bringt ihnen das? Haken sind nicht teuer und auch nicht schwer zu montieren und im Gegensatz zum Häuslpapier werden sie normalerweise nicht gefladert. Egal, keine Haken, egal wo man ist. Vielleicht gibt es sie in 5-Sterne-Hotels, aber selbst das bezweifle ich.

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