Guido und Thomy am Ende der Welt – eine Reise in die Mondberge des Ruwenzori / Tag 7

Tag 7 – Der Aufstieg zur ersten Hütte

Um 08.30 treffen wir wieder beim RMS ein und bekommen Führer, Koch und Träger vorgestellt. Wir dürfen als Gepäck je zwei Rucksäcke zu je max. 13 kg mitnehmen, das geht sich recht locker aus. Der Grund für die Gewichtsbeschränkung: Die Träger müssen zusätzlich noch ihr eigenes Gepäck schleppen. Ein Träger ist für die Gasflasche inkl. Kocher verantwortlich und drei weitere für die Verpflegung.

Um 09.50 ist dann Abmarsch, nachdem wir noch eine genaue Kontrolle unserer Schuhe erdulden mussten. Wahrscheinlich haben die schlechte Erfahrungen gemacht, etwa wenn Touristen mit schlechtem Schuhwerk losrennen und sich nachher über nasse Füße beschweren.
Der Weg beginnt als netter Spaziergang bis zum Parkeingang. Dort erfolgt die Eintragung in das obligate Buch, das gibt es in ganz Ostafrika in jedem Nationalpark und es ist auch überall die gleiche Prozedur. Wir sehen, dass schon zwei Tage lang vor uns niemand eingetragen hat und ahnen: es ist Nachsaison.
Das ist eine gute und eine schlechte Nachricht zugleich. Gut weil wir erwarten dürfen, dass die engen Hütten nicht zu voll sind. Schlecht, weil es einen Grund hat, wenn zu einer bestimmten Zeit keine Leute hinaufgehen. Und dieser Grund heißt Regenzeit. Ab da wird klar, dass wir hasardieren. Wenn die Regenzeit nicht beginnt, haben wir trockene Sümpfe und sehr gute Chancen, die ganze Sache würdevoll zu überstehen. Wenn die Regenzeit beginnt, sind wir im Arsch. So einfach ist das.

Heute ist es bewölkt und sehr angenehm zu gehen. Wir überqueren zahlreiche Ameisenstraßen und bekommen die dafür notwendige Technik von Stephen, unserem Führer mitgeteilt: heftig aufstampfen, dann hängen sich keine Ameisen ans Wadl.
Ich schaffe das nicht ganz und beginne wenig später hektisch die Ameise in der Hose zu suchen, die mich beisst und beisst.

Wildbäche, dichter Wald, es wird immer steiler und es ist heiß. Nach kurzer Zeit ist mein Leiberl durchgeschwitzt und ich hab natürlich kein zweites bei mir. Das ist vor allem bei einer Rast eher nicht so super, wegen der Verkühlungsgefahr.
Dafür sind die Sportschuhe die richtige Wahl für diese Etappe, Stecken sind eigentlich noch nicht notwendig, der Weg ist gut ausgebaut, teilweise sind Gitter als Rutsch-Schutz eingebaut, es gibt Leitern und Stege. Die erste Etappe ist eine nette Wanderung von ca. 1000 Höhenmetern hinauf auf ca. 2.600 m.

Diese Etappe lässt sich bei jeder Witterung gehen, bergab müsste man natürlich wegen der Rutschgefahr aufpassen, denn es geht tw. steil bergauf.

Nach ca. 4 Stunden sind wir bei der ersten Hütte, der Nyabitaba-Hut. Die alte Hütte steht noch, aber daneben haben sie eine neue, geräumige hingebaut. In der Mitte ist eine überdachte Terrasse und es gibt insgesamt 6 Räume mit je 6 Betten. Alle haben neue Schaumgummimatratzen, die mit Kunstleder überzogen sind – stabil und hygienisch einwandfrei, weil leicht zu säubern. Und es schlafen ohnehin alle in ihren Schlafsäcken.

Nach uns kommen noch vier Italiener: Claudio, Graziano, Luciano und Paolo. Ich bin froh, dass mein Name auch auf -o endet und wir tauschen Weinviertler Speck gegen italienischen. Die vier sind hervorragend ausgerüstet und sehr erfahrene Bergsteiger, die mehr oder weniger schon überall waren. Sie stammen aus Norditalien, gleich bei der Schweizer Grenze und werden einige Tage den gleichen Weg haben.

Zwei Deutsche kommen von oben und berichten, dass einer von ihnen krank wurde – auf der höchsten Hütte, mitten in der Nacht plötzlicher Schüttelfrost, keine Chance auf den Gipfel und großer, verständlicher Frust. Sie berichten auch, dass die Sümpfe weitgehend trocken sind und die Bedingungen gut, mit wenig Regen.

Uns hat es beim Aufstieg ganz zum Schluss 1/2 Stunde vor der Hütte kurz eingeregnet, aber nicht stark, die Sachen sind schnell wieder trocken. Quasi ein Gruß aus der Wetterküche des Ruwenzori.

Es gibt einen Blechverschlag mit großen Steinen am Boden, der „Bathroom“ genannt wird und die Deutschen raten uns, das Wasser dieser Hütte nicht zu trinken, weil es im Gegensatz zu allen anderen Quellen im Ruwenzori über eine lange Leitung aus einem See geholt wird, und außerhalb der Hochsaison nicht allzu frisch wäre. Sie vermuten, dass die Krankheit ev. daher kommt, ich könnte mir auch vorstellen, dass er einen Sonnenstich erlitten hat. Auf 4.000 Metern Seehöhe direkt am Äquator ist damit nicht zu spaßen – unverständlich für die zahlreichen Freunde, die nach meiner Rückkunft fassungslos sind, dass ich nicht tiefgebräunt zurück komme. Sie verwechseln das immer mit Bräunungsurlaub auf der DomRep oder in Dubai, mit halbstündigem Wenden und regungslosem In-der-Sonne-braten-bis-knusprig von 9 bis 17 Uhr.

Am Abend, als die Sonne weg ist, wird es plötzlich empfindlich kühl und wir brauchen die warmen Jacken. Wir lernen auch, dass es auf diesen Hütten keinen Strom gibt und nach Einbruch der Dunkelheit maximal Kerzen und Stirnlampen das notwendige Licht geben. Nach dem Abendessen, das durchaus bekömmlich war, gönnen wir uns einen Thermosbecher mit Fruchtsaft und Uganda Waragi (ein Bananen-Gin aus Uganda), von dem wir eine Flasche mit haben. Wir ahnen zu diesem Zeitpunkt nicht, dass uns das lange Sitzen und Warten auf den Hütten noch ordentlich zu schaffen machen wird.

Ich liege noch lange wach, denn ich bin es nicht gewohnt um 21 Uhr schlafen zu gehen.

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