Guido und Thomy am Ende der Welt – eine Reise in die Mondberge des Ruwenzori / Tag 8

Tag 8 – von der Nyabitaba-Hut zur John-Matte-Hut

An diesem Morgen war ich sicher schon gegen 3 oder 4 Uhr wach – zu früh schlafen gehen rächt sich. Die Kombination aus pinkeln müssen und nicht aus dem Schlafsack raus wollen ist suboptimal.
Und dann war da noch die Sache mit den Trägern. Unten im Tal haben wir die Rucksäcke extra mit einer Hülle versehen, damit sie nicht nass werden. Das Problem kenne und fürchte ich seit meiner ersten Kilimandscharo-Besteigung 1995. Damals dachte ich, mein Rucksack wäre wasserdicht. Das war ein fataler Irrtum. Auf der Horombo-Hut angekommen war nicht nur mein Rucksack nass, sondern alles, was darin eingepackt war: Hosen, Jacken etc. Nur der Schlafsack war damals ganz unten und blieb wie durch ein Wunder trocken. Der Führer saß damals die halbe Nacht bei einem rauchenden Holzfeuer und trocknete meine Jacke, die sich auch als nicht wasserfest herausgestellt hatte.

Merke: Nasse Jacke und nasser Schlafsack bedeuten ein schnelles Ende der Tour, nämlich quasi sofort, oder genauer: nach einer eiskalten Nacht. Die Daunenschlafsäcke sind am kritischsten: sehr leicht, sehr warm, aber sie dürfen auf keinen Fall nass werden. Dann klumpen die Daunen zusammen und der Schlafsack ist auf der Stelle unbrauchbar. Auch diesmal standen wir vor dem Problem, obwohl wir vorgesorgt hatten, Erfahrung sei Dank. Wir hatten alle Gegenstände im Rucksack zusätzlich noch in Plastiksäcke verpackt, der Schlafsack hatte somit vierfachen Schutz: Seine eigen Hülle, den Plastiksack, den Rucksack und die Rucksackhülle.

Zumindest theoretisch. In der Praxis entfernten die Träger die Rucksackhüllen, um ihr eigenes Gepäck hinten zusätzlich aufzuschnallen. Dann passen natürlich die Hüllen nicht mehr. Wenn sie auf der Hütte angelangt sind, nehmen sie ihr eigenes Zeug wieder runter und geben die Hülle wieder drauf, auf den pitschnassen Rucksack.

Was tun? Schimpfen? Das nützt nichts, weil sie verstehen nicht, was du willst. Daher versuchte ich es anders. Ich holte Stephen unseren Führer und es stellte sich heraus, dass es sein Sohn war, der meinen Rucksack getragen hatte. Also her mit ihm. Dann nahm ich eine Daune aus meinem Schlafsack und zeigte sie ihm. Ich tauchte dann die Daune in ein Glas Wasser und zeigte sie ihm wieder. Bis heute hoffe ich, dass er es verstanden hat.
Das Problem trat an den darauf folgenden Tagen nicht mehr auf, weil die Träger ab da immer vor uns auf den Hütten waren und somit auch meist vor dem Regen, der normalerweise erst am frühen Nachmittag beginnt. Daher blieb unser Zeug trocken.

Im Ruwenzori ist es ständig feucht und daher extrem schwierig, Sachen trocken zu bekommen, wenn sie einmal nass sind. Das gilt vor allem für die Schuhe. Ich hatte mir zuvor noch beim Hof+Turecek teure Spezialstiefel (Marke Haix) gekauft, garantiert wasserdicht und auch sonst supi-supi. Und das stimmt auch, die Schuhe sind wirklich der Hammer: sensationelle Sohle mit tollem Grip, leicht, guter Knöchelhalt. Leider dürfen sie auf keinen Fall mit Feuchtigkeit in Berührung kommen. Das mit dem Goretex ist ein Schmäh, so viel steht fest. Sie leiten den Schweiß, der in jedem Schuh bei mehreren Stunden Gehen entsteht, schlechter nach außen als meine Lederstiefel. Ich hatte bei diesem Funktionszeug immer schon den Verdacht, dass das ein Marketingtrick ist. Jetzt weiß ich es definitiv, denn ich hatte nicht nur die geeigneten Bedingungen, sondern auch passende Vergleiche. Thomy ging den gleichen Weg bei gleicher Witterung. Seine Schuhe blieben trocken, meine waren waschelnass. Also ganz trocken blieben seine natürlich auch nicht, weil auch seine Füße schwitzen. Aber am nächsten Tag in der Früh waren sie wieder trocken, die Leder-Palladium, die um ein ganzes Eck billiger waren als meine Schuhe.

Die waren nämlich in der Früh stets feucht und kalt. Somit sind das Superschuhe, und zwar für die Wüste. Außerdem werden sie beim Tragen größer und somit rutschte ich beim Bergabgehen nach vorne. Das ist nicht sehr angenehm, wenn man mehrere Stunden steil bergab geht.

Das Frühstück war gut: Omelette mit Senf, Toastbrot mit Honig. Und Tee. Das Lunchpaket wie am Vortag, Apfel, Fruchtsaft, trockenes Toastbrot-Sandwich mit nicht sehr viel drin, ein Schokoriegel. Aber ich wollte eh die drei überflüssigen Winterkilo wegbekommen. Und unser Koch Ambrose war wirklich gut und ich kann ihn weiter empfehlen. Er bemüht sich und zaubert aus eher nicht so tollen Materialien gutes Essen. Und es war auch ausreichend. Jeden Tag am Abend wurde der nächste Tag essensmäßig vorbesprochen – was wir wollen, was es gibt. Das hat sehr gut funktioniert, so konnten wir Reis, Nudeln und Erdäpfel abwechseln lassen, es gab auch Fleisch, Fisch und Obst.

Im Gegensatz zum ersten Tag waren die Träger lange vor uns auf der Hütte und somit auch das Essen. Ambrose war früher selbst Träger und daher auch blitzschnell. Es ist unglaublich, welche Trittsicherheit diese Menschen an den Tag legen, da kann niemand mithalten. Sie sind meist ca. doppelt so schnell wie wir.
Den ersten Tag vergessen wir besser. Da die Träger noch lange im Tal bleiben und letztlich erst weg gingen, als wir schon lange oben waren, mussten wir fast drei Stunden auf unser Gepäck warten. Und ich hatte nur ein verschwitztes Leiberl.

Der Weg ist auch am zweiten Tag nicht besonders schwierig, es warten noch keine großen Sümpfe. Zuerst geht es bergab, dann über den großen Fluss über die Kurt-Schaffer-Brücke und durch einen Bambuswald hinauf. Herr Schaffer war ein US-Botschafter mit Faible für den Ruwenzori und hat die Brücke gespendet.

Die Italiener überholten uns und zogen davon, nur Paolo ging mit uns, weil wir ein ähnliches Tempo hatten. Paolo ist 63 und hat Wadeln wie nur was. Er spricht ein wenig Deutsch, sehr wenig Englisch, ganz gut Französisch und exzellent Italienisch. Ich spreche exzellent Deutsch, gut Englisch, weniger gut Französisch und fast gar nicht Italienisch. Also unterhielten wir uns großteils auf Französisch mit ein bisschen was von den anderen Sprachen. Und auf meiner Sommertour mit der Vespa nach Rom werde ich bei ihm vorbei schauen.

An diesem Tag sind schon knöchelfeste Stiefel gefragt, weil es erstens ein wenig gatschig werden kann und man zweitens über viel Wurzelwerk und Felsen geht. Auch die Stecken bewähren sich bereits.
Bei Trockenheit ist der Aufstieg in 5 Stunden zu bewältigen, inklusive Mittagsrast. Die Hütte ist okay, es gibt wie überall neue Matratzen, aber nur 16 Betten. Besonderer Mangel herrscht auch an Tischen und Betten. Wenn die Hütte voll ist, muss man im Schichtbetrieb essen.

Vom Koch hab ich mir ein Schaffel mit warmem Wasser geholt, nur einen Waschlappen hatte ich nicht mit. Das als Tipp für mich selbst für das nächste Mal und für alle, die es sonst noch betrifft.
Für die Touristen-Bergsteigergruppen gibt es große Gasflaschen, die Träger und Führer kochen sich ihr Essen nach wie vor am Holzfeuer. Das Holz wird jedoch hinauf getragen und meines Wissens nicht in der Umgebung geschlägert. Da wäre es schnell kahl rund herum.

So geht der zweite Ruwenzori-Tag zu Ende, mit einem guten Schluck aus der Waragi-Flasche und einem Stückchen Schokolade.
Die Temperatur ist noch im Plus-Bereich, in der Nacht jedoch nur mehr knapp über Null. Sobald die Sonne weg ist wird es sehr schnell kalt.

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