Inhaltsstoffe in unseren Lebensmitteln

Der Entwurf dieses Artikels stammt aus dem Jahr 2021, inzwischen hat sich noch immer nicht wirklich viel getan. Es gibt zwar gewisse EU-Regeln, die nationalen Regelungen dürften hier aber stärker zählen. Die Industrie sträubt sich jedenfalls mit Händen und Füßen, denn auch der aufgeklärteste und informierteste Kunde hat derzeit keine Wahl. Noch weiter entfernt sind wir im gewerblichen Einsatz von Lebensmitteln. Da ist so ziemlich alles erlaubt. Nach der politischen Wende in Österreich im Januar 2025 gibt es sowieso einen massiven Drall in Richtung Unterordnung der Politik unter die Wirtschaft inkl. Finanzwirtschaft und Industrie. Schärfere Umweltschutzstandards dürften in weite Ferne rücken, weil auch gegen EU-Regeln kann man sich national ziemlich gut zur Wehr setzen.

Die Diskussion wird auf politischer Ebene geführt, denn dort prallen die unterschiedlichen Interessen aufeinander. Ich bringe zum Einstieg ein Beispiel: zwei „Zelten“, also runde Backwaren aus Mürbteig mit einer Fülle, die eine mit Nuss, die andere mit Mohn. Beide stammen laut Angaben aus dem Waldviertel.

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BILD 1: Die zwei Zelten

Die Mohnzelte stammt von der Firma „Waldland“ (https://www.waldland.at/de). Auf der sehr professionell gemachten Website finden sich jede Menge Informationen zum Unternehmen, das 160 MitarbeiterInnen beschäftigt. Die Vielfalt der Produkte ist beeindruckend, ebenso die Tiefe der Darstellung. Insgesamt wirkt der Betrieb auf mich authentisch.
Die Mohnzelten werden z.B. über BILLA vertrieben, wo ich sie auch gekauft habe. Die Plastikverpackung ist leider Standard bei industriell erzeugten und vertriebenen Produkten, die Inhaltsangaben sind ausführlich, haben jedoch ein paar Haken. Sehen wir uns die Beschreibung an:

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BILD 2: Beschreibung Mohnzelte

Stutzig werde ich bei „Palmfett und Kokosfett“ – ist das wirklich nicht ersetzbar bzw. sind Alternativen so viel teurer? Spannend wäre der Preisunterschied und ob den die Kunden zu zahlen bereit wären, etwa wenn statt dessen Zutaten aus der Region verwendet werden.
Was mir noch auffällt, ist die übliche, aber immer verbergend wirkende Auflistung von „Aroma“. Auf der einen Seite wird sehr aufwändig und mit Liebe beschrieben, wie wichtig der Graumohn ist und welchen Wert hier auf Qualität gelegt wird, auf der anderen Seite steht dann einfach „Aroma“ dort und steht aus meiner Sicht in krassem Widerspruch zu einem hochwertigen Lebensmittel, das ja genug Eigenaroma haben sollte.
Das Problem dabei ist der Lebensmittelgesetzdschungel, durch den ich als Einzelverbraucher nicht durchblicken kann. Was verbirgt sich hinter „Aroma“? Sind das Erdölderivate?

Blicken wir auf die zweite Zelte, diesmal mit Nuss und bei SPAR gekauft. Sie hat übrigens besser geschmeckt, war etwas saftiger, wenngleich auch die Mohnzelte nicht schlecht war.

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BILD 3: Beschreibung Nusszelte

Der „Waldviertler Bäcker Riederich“ hat ebenfalls eine sehr professionelle Website (www.riederich.at). Das Sortiment ist riesig und auch hier gehen die Beschreibungen in die Tiefe.
Was mir gleich auffällt, ist das „Sojamehl“ – mit der gleichen Begründung wir bei den tropischen Fetten, die hier nicht zum Einsatz kommen: Lässt sich da kein regionales Mehl verwenden? Oder entstammt es einer regionalen Sojasorte? Beim Fett geht es offensichtlich auch anders und scheinbar muss es gar nicht teurer sein, denn die Zelten kosten das gleiche oder fast das gleiche, wenngleich die Mohnzelte ein Drittel schwerer ist. Beim Verzehr ist mir das übrigens gar nicht aufgefallen.
Interessant ist die Beschreibung „in Handarbeit mit frischen und regionalen Zutaten“. Heißt das, das alle Zutaten frisch und regional sind, oder nur, dass einige es sind? Woher stammen die Haselnüsse? Der erste Gedanke ist die Assoziation mit der Haselnussproblematik von Nutella. Dort stammen die Haselnüsse von der Schwarzmeerküste in der Türkei und sind wegen des Verdachts auf Kinderarbeit vor ein paar Jahren unter Kritik geraten.

Das bringt uns zum Thema Herkunftsbezeichnung. Die Lebensmittelindustrie (möglicherweise die ganze) sträubt sich vehement gegen die Pflicht die Herkunft der Rohstoffe offenzulegen.
Das lässt sich am Beispiel „Ei“ gut zeigen. In der Werbung wird uns suggeriert, dass die in Österreich verkauften und verwendeten Eier aus Freilandhaltung stammen, jedenfalls nicht aus der besonders üblen Käfighaltung. Wir stellen uns glücklich auf der Wiese herumlaufende Hühner vor, die es ja tatsächlich auch gibt. Wer in´s Waldviertel fährt und bei Bauernhöfen vorbeikommt, kann das selbst beobachten.
Das Problem sind die industriell verwendeten Eier, deren Herkunft scheinbar nicht gekennzeichnet sein muss, vor allem, wenn sie als Eipulver verwendet werden – und das ist der Großteil. Auch der Bäcker Riederich verwendet „Eiweißpulver“, wohingegen bei der Graumohnzelte „Ei“ angegeben wird. Hier müssten wir genauer ins Lebensmittelgesetz eintauchen, ob das dann „Frischei“ bedeutet oder ebenfalls Pulver.

Das ist auch das Hauptproblem, dass wir als KonsumentInnen hier keinen Einblick haben und entsprechend aufwändig recherchieren müssten.
Konsument:innen sind aber tendenziell bequem, der Handel tut sowieso nichts und es sieht aus als würde sich der Trend in Richtung Umweltbewusstsein in der Nahrung eher umkehren.
Ein gutes Beispiel ist die Beliebigkeit, die ich immer öfter bemerke, hier etwa bei SPAR:

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BILD 34: Paprika bei SPAR

Unter der Beschreibung „Ein Produkt aus der Region“ samt Österreich-Fahne und einer scheinbar darüber liegenden Produktlinie „Nahe liegendes bei SPAR“ finden wir Paprika aus Israel. Okay, vielleicht weiß die größte österr. Handelskette geographische Feinheiten, die mir bisher verborgen geblieben sind. Vielleicht hat auch ein Mitarbeiter einfach die falsche Tafel erwischt. Es mag viele Gründe geben, das ist aber bei weitem kein Einzelfall. Und ich habe den Verdacht, dass ich so ziemlich der einzige bin, dem das auffällt.

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