Mein Dutzend Gründe für politisches Engagement: 9 – schon wieder Essen

Politik ist die Kunst der Gesellschaft. Menschen leben nur dann friedlich in Gemeinschaften, wenn ihre unterschiedlichen Interessen ausbalanciert werden. Diese Vermittlungstätigkeit nennt man meinem Verständnis nach „Politik“. Sie regelt das Zusammenleben der Menschen.
Ich habe ein Dutzend Gründe gefunden um mich politisch zu engagieren. Heute ist der achte Grund an der Reihe, es geht diesmal um Fisch.

53% der Fischbestände sind am Limit, 30% sind überfischt. Daher stammt ein immer größerer Teil aus Aquakulturen. Diese sind alles andere als umweltfreundlich. Hier ein paar Zahlen aus einer spannenden Doku auf arte („Auf der Suche nach dem glücklichen Fisch“).

25% des weltweiten Fischbestandes landet in der Fischmehlproduktion, am meisten in Peru und Chile. Dort sind auch die riesigen Aquakulturen, die dafür sorgen, dass wir in Europa im Supermarkt den Lachs kaufen, von dem wir glauben, dass er von feschen Fischern in glasklaren Flüssen mittels Fliegenfischen gefangen wurde.
Die Wahrheit sieht leider anders aus.

80% der Makrelenbestände weltweit sind kollabiert oder nahe dran. Die Aquakulturen lösen das Überfischungsproblem nicht, sie verstärken es. Fischmehlerzeugung ist ineffizient, aber sie unterliegt keinerlei Fangbeschränkungen, ganz im Gegenteil zum klassischen Fischfang. Um 1 Kilo Lachs zu bekommen, muss man 6 Kilo Fisch zufüttern.

Die Lachsfarmen bringen das Meer um. Es gibt zu viele und sie bauen so dicht, dass es keinen Wasseraustausch mehr gibt. Die Fische ersticken, das Meer wird zu einer stinkenden Kloake und die hochprofitable Industrie zieht eine Bucht weiter. Ihr geht es ausschließlich um Profitmaximierung, der Schaden an der Umwelt muss von ihr nicht bezahlt werden und erhöht somit den Profit.

Es geht übrigens auch anders. In Frankreich etwa gibt es bio-Fischzucht. Das ist zwar nicht so bio wie ich mir das vorstelle, aber ein deutlicher Unterschied zu Chile. Für 1 Kilo Wolfsbarsch oder Dorade braucht man 1,5 kg Futter, das zu ca. 50% aus Fischmehl besteht, der Rest ist Getreide. Somit entsteht mehr Fisch als Fisch zugefüttert wird. Immerhin, ein deutlicher Fortschritt.
Der eigentliche Trick besteht jedoch darin, dass die Umgebung mit einbezogen wird. Durch die wesentlich geringere Dichte sind die Fische in den Käfigen nicht gestresst. Das Futter, das sie nicht fressen, fällt nach unten und wird dort von wild lebenden Fischschwärmen verwertet. Diese kommen nur, weil das Wasser klar ist und weil sie dort nicht gefischt werden. Dafür sorgen die Züchter und so entsteht eine Win-Win-Situation.
Natürlich wollen die Bio-Züchter auch Geld verdienen, aber sie schauen eben nicht NUR auf den kurzfristigen Profit sondern auch darauf, dass sie an einem Ort lange bleiben können. Das geht nur, wenn man ihn nicht zerstört.

Noch klarer wird der Unterschied, wenn man sich das Marketing ansieht. Im Gegensatz zu Wildfang wissen die Käufer, wo der Fisch herkommt, wann er gefangen wurde und sie können mit gleich bleibender Qualität rechnen. Spitzenköche verändern ihre Vorlieben und kaufen diese Art von Fisch. Daher kann ein Kilo auch 25 Euro kosten. Hier ist endlich auch einmal ein klarer Qualitätsunterschied im Preis erkennbar – um 4 Euro das Kilo kann es einfach keinen Lachs aus nachhaltiger Zucht geben. Diese verwendet übrigens keine Antibiotika und andere Chemikalien, die in der industriellen Fischzucht nicht nur üblich, sondern Teil des Prozesses sind.

Eine weitere Alternative ist die Fischzucht an Land, in so genannten Kreislaufanlagen. Vorteile: Keine Meeresverschmutzung, keine Antibiotika, dafür aber Nachteile wie hohe Energiekosten und nach wie vor der Einsatz von Fischmehl, wenngleich durch Forschungen hier auch schon Bio-Abfälle zum Einsatz kommen, etwa aus der Rapsölproduktion.

Es wird nicht leicht sein, diese Dynamik zu beenden. Meine politische Forderung ist auch hier eine nach Transparenz und Aufklärung. Ich möchte, dass auf der Verpackung erkennbar ist, woher der Fisch kommt, womit er gefüttert wurde, welche und wie viele Medikamente zum Einsatz kamen, die zusätzlichen Chemikalien (Rosa Farbstoff beim Lachs etc.) sowie die Art und Weise des Transports. Dann könnte ich entscheiden, was ich kaufen will und was nicht.

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