Welcome to the Hotel California!

Also eigentlich war ich ja gar nicht in Kalifornien, sondern in Mayerling. Das ist der Ort, an dem sich schon Kronprinz Rudolf die Kugel gegeben hat und seine Mary Vetsera hat er gleich mitgenommen in die ewigen Jagdgründe.

Ich war dort um zu arbeiten, genauer gesagt um eine Klausur zu moderieren. Mayerling im Mai – leider zu den Eisheiligen, was aber wenig Auswirkungen hatte, denn die Klausur fraß sowieso die gesamte Zeit auf.

Ich war vor zehn Jahren schon einmal dort, im damals brandneu eröffneten Hotel Hanner. Das war irgendwie ein bizarrer Besuch, denn es gab dermaßen viele Störfälle, dass wir eine halbe Stunde des Seminars opferten, um die gröbsten Schnitzer des Hotels zu sammeln. Ich habe sie später der Wirtin geschickt und bekam sogar einen Essensgutschein für zwei Personen, den ich leider mangels passender Begleitung nie eingelöst habe.

Ich war gespannt, was daraus geworden war. Die Lage ist malerisch, im hügeligen Alpenvorland, eigentlich noch mitten im Wienerwald bzw. seine südlichen Ausläufern.

1

Es wurde inzwischen umbenannt, und zwar in „Relais & Chateaux Hanner“ – was auch immer das zu bedeuten hat. Das „Chateau“ ist jedenfalls das Schloss, das in diesem Fall noch ein „X“ dazu bekommen hat. Ein „Relais“ ist eigentlich eine Staffel (im Sinne von Staffellauf). Die Verbindung bedeutet eigentlich gar nichts, aber „Relais & Chateaux“ ist ein Marketingprogramm verschiedener Hotelrestaurants auf der ganzen Welt („500 von Charme geprägte Hotels und Gourmet-Restaurants, um die Welt zu entdecken“). Der Hanner ist Teil davon.
Marketing und der schöne Schein ist alles. Oder aber man findet folgenden Balkon „charmant“:

2

Ich gehöre nicht zu diesen Menschen, sehr wohl aber zu der Gruppe, die gutes Essen zu schätzen weiß. Und wir haben die beiden Tage (2 x Mittag, 1 x Abend, 1x Frühstück) sehr gut gegessen. Selbstverständlich gibt es Brüstchen an Schäumchen, das ist nun einmal so in der Gourmet-Küche. Ein wenig Chi-Chi mit Verzierungen hier und kleinen Häppchen dort. Winzige Portionen, extrem aufwändig zubereitet, wenngleich ich fairnesshalber sagen muss, dass ich nie hungrig geblieben bin. Am Abend lag das an meinem Tischnachbarn, der kein Fleisch isst. Ich durfte es erben und mir einwerfen.
Die Küche hat ihren guten Ruf eindeutig zu Recht, wenngleich die Bedienung ein wenig zu wünschen übrig lässt. Das Servierpersonal ist in eine Art schwarzen Shogun-Dress gekleidet, aber nur selten zu Gesicht zu bekommen, vor allem zwischen den Mahlzeiten.
Punkto Essenszeiten erwies sich das Hotel als flexibel, auch hier darf Lob nicht fehlen.

Als ich vor zehn Jahren meine Liste abgab, war einer der Punkte die Beschilderung der Zimmer und Stockwerke. Die gab es damals nur auf Englisch und auf meine Frage, ob hier auch Gäste willkommen wären, die nicht Englisch sprechen, gab es großes Schweigen. Aber sie haben gelernt, zumindest was diesen Punkt betrifft:

3

Damals war alles unfassbar erschlagen von Design. An jeder Ecke etwas noch Originelleres als in der Ecke daneben. Mit den Ecken haben sie es sowieso, keine Ahnung warum. Und leider manchmal störend, etwa wenn die Funktion eine schwere k.o.-Niederlage gegen das Design erlebt. Beispiele dafür sind zahlreich und an jeder Ecke zu bestaunen. Hier etwa die Duschecke:

4

Man kann es auf dem Bild nicht ganz erkennen, aber die Dusche ist in eine Ecke gebaut, und zwar absichtlich, denn man hätte es dort auch anders bauen können. So muss sich der Duschwillige in eine Ecke zwängen, um etwas Wasser abzubekommen. Das übrigens lauwarm war, und zwar auch in anderen Zimmern. Dafür war der Duschkopf enorm designed.
Dem Fass den Boden schlägt seit zehn Jahren die Glasscheibe zwischen Bett und Dusche aus. Vielleicht war ja der Architekt seinerzeit unsterblich verliebt, jedenfalls müssen seitdem die Gäste ihren Frauen oder Männern beim Duschen zusehen, in manchen Zimmern auch beim Sche…, denn da ist das Klo ins Bad integriert.

Wer das eckige Duscherlebnis hinter sich bringt, darf im Anschluss daran gleich kneipen. Da es zwischen Dusche und dem restlichen Bad keinerlei Hindernis für das Wasser gibt, schwimmt alles binnen einer Minute und rinnt auch nicht so schnell wieder ab.

5

Als Ausgleich gibt es zwei Duschgels. Das eine in einer kleinen Flasche, das andere in einer Art Seifenspender direkt unter der Dusche. Man kommt also duschwillig ins Bad, sieht die Fläschchen, reisst eines auf und sieht anschließend den Duschgelspender.

6

Mein Lieblingsdesignfehler ist der um 90 Grad vesetzte Spiegel zum Rasieren. Normalerweise hängt er oberhalb des Waschbeckens und erlaubt eine Genussrasur. Im Hanner hängt er einen knappen Meter entfernt ums Eck. Rasieren ist nur mehr was für Zirkuskünstler.

7

Wieder einmal gilt der alte Spruch: Man sollte Architekten dazu zwingen eine Zeit lang in den Gebäuden zu wohnen, die sie selbst entworfen haben.
Ich konnte auch diesmal wieder eine Verbesserungsidee deponieren: Es wäre fein, wenn es am Frühstückstisch einen Behälter gäbe, in den man den Teebeutel und andere Tischabfälle hinein werfen könnte. Er wurde dankend angenommen und ich freue mich schon darauf, wenn ich in zehn Jahren wieder zu Gast bin.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert