Wieder in Afrika – Tag 13

Trotz Wind war es eine heiße Nacht und ein paar Moskitos haben mich auch erwischt. Dafür ist das Wetter wunderschön, das Meer rauscht nur wenige Meter weit entfernt und in der Küche wird bereits eifrig das Frühstück vorbereitet.
Wir haben in dem Haus drei Zimmer gemietet, was 135 Dollar pro Nacht kostet, ein gutes Frühstück inklusive. Dabei gönnen wir uns den Luxus von Doppelbetten, um das Geld (bzw. ein klein wenig mehr) können auch drei Pärchen übernachten. Das Haus ist traumhaft in Schuss und mehr oder weniger auf westlichen Standard gebracht. Glücklicherweise gibt es keine Klimaanlage, aber es ist so gebaut, dass die Luft gut durchziehen kann und durch das Makuti-Dach wird eine Art natürliche Klimatisierung erreicht.
Leider muss diese Art von Dach ca. alle fünf Jahre erneuert werden und deswegen können sich nur Reiche ein Makuti-Dach leisten. Alle anderen haben Wellblechdächer.
Die weniger schöne Seite von Jambiani sind die zahlreichen Ruinen, die aus ca. 50 cm hohen Mauern bestehen. Es gibt hier ein Plot-Gesetz, nach dem man ein Grundstück innerhalb einer gewissen Zeit entwickeln (bebauen) muss, weil es sonst dem Staat verfällt. Der Bau von Grundmauern genügt aber scheinbar und so sieht das oft recht trist aus.
Die Straße durch den Ort ist eine Sandpiste, es gibt keine Straßenbeleuchtung, die meisten Häuser haben aber Strom, einige auch Wasser, das angeblich aus einer Höhle kommt, die einige Kilometer entfernt ist. Über Pumpen werden zwei Leitungen bedient, und je nachdem, ob beide Pumpen gerade funktionieren, hat man Wasser oder auch nicht.

Für unser Frühstück und das Haus ist Asya verantwortlich, eine junge Frau aus dem Ort, die immer lustig ist und „Hau di iba d´Heisa“ sagen kann. Wir haben mit ihr ausgemacht, dass wir gerne frische Früchte, Tee, Kaffee, Toast und Marmelade sowie ein großes Omelett mit Zwiebel, Paprika und Paradeiser hätten.

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Bild: Asya in der Küche

Gespeist wird quasi am Strand vor dem Haus. Genau genommen ist das noch nicht der Strand, sondern eine Art erhöhter Terrasse, die aber auch aus Sand besteht plus Kokospalmen und diversen bunten Tropenpflanzen.

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Bild: Thomy kurz bevor er sich ein ordentliches Frühstück reinhaut. Danach lächelt er auch mehr.

Wenn man durch eine kleine Türe und ein paar Stufen hinunter geht, ist man direkt am Strand. Die Flut kommt auch bis zu der kleinen Mauer, die hier alle Häuser haben und ohne die es den Strand hier nicht mehr gäbe. Das liegt am gestiegenen Meeresspiegel (ca. 20 cm seit 1900 und 1,5 cm seit 2014). Die Einheimischen haben vor einigen Jahren die Grundstücke am Strand an Weiße verkauft, weil sie sich den Bau der Schutzmauern nicht hätten leisten können. Sie sind in die zweite Reihe oder noch weiter nach hinten gezogen und deswegen stehen in der ersten Reihe jetzt lauter sehr schöne Ferienhäuser plus ein paar Hotels, etliche weitere sind in Bau.

Kurz gesagt: Es ist paradiesisch schön hier. Der blütenweiße Sandstrand, das luluwarme Meer, die Kokospalmen – und das alles mit nur 1-2 Stunden Zeitdifferenz.

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Bild: Der Strand von Jambiani

Leider sind wir vielleicht die letzten, die dieses traumhafte Haus mieten können. Es gehört einem Wiener Pärchen, die es aber nach 15 Jahren jetzt verkaufen, die ersten Interessenten sind schon in diesen Tagen zur Besichtigung gekommen. Der kolportierte Preis ist übrigens 150.000 Dollar, eigentlich ein Schnäppchen, da sich das Haus in erstklassigem Zustand befindet und 5 Schlafzimmer hat, jeweils mit Bad.

Der Sandstrand selbst ist ca. zwanzig Kilometer lang und hat ein vorgelagertes Hausriff, das leider vor ein paar Jahren durch den El Ninjo hart getroffen wurde. Die meisten Korallen sind durch die Korallenbleiche zugrunde gegangen. Dazu morgen noch mehr.

Wir lassen uns das Frühstück gut schmecken und beschließen, an diesem Tag einfach herumzuhängen. Dafür bieten sich einige Strandliegen an, die unter Schirmen aus Makuti-Dach stehen, oder auch die praktische Hängematte, die ich gleich in Beschlag nehme. Hier ist alles auf relaxen ausgelegt und das nehmen wir nach der anstrengenden Safari gerne in Anspruch.

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Bild: Die Hängematte

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Bild: Die Liegen im Vorgarten

Nur herumhängen und lesen (Thomy schafft ein ganzes Buch) wird aber auch fad und so beschließen wir einen kleinen Strandspaziergang. Ich schmiere mich dazu mit Sonnencreme ein, was ich hasse, weil das Zeug den ganzen Tag an mir klebt und wenn dann noch der Sand dazu kommt… nein, das werde ich nie mögen, aber jetzt gibt es leider keine Alternative.
Es ist Mittagszeit und unglaublich heiß. Deswegen sind wir auch die einzigen Idioten, die einen Strandspaziergang machen. In der Ferne ziehen ein paar Gewitterwolken auf, die allerdings auch dort bleiben, zumindest vorerst.
Jambiani ist ein mehrere Kilometer lang gezogener Ort, am Strand befinden sich kleine Restaurants, Privathäuser und Hotels bzw. Lodges. Einige davon haben ein Swimmingpool, insgesamt wirkt es jedoch nicht sehr entwickelt, wobei sich in den letzten Jahren sehr viel getan hat. So wurde etwa die Asphaltstraße erst vor kurzem bis nach Jambiani geführt, davor war es wesentlich schwerer zu erreichen.
Am Strand finden sich ebenfalls ein paar Ruinen, darunter das älteste Hotel im Ort, das angeblich von seiner Struktur veraltet war und somit nicht mehr funktioniert hat.

Als wir zurückkommen treffen wir Juma, der gerade von seinem Rennrad steigt. Er hat ein T-Shirt vom Sport Nora in Hernals und ich bin gespannt, wie es dazu gekommen ist.
Juma ist eine Art Trainer, der hier in Sansibar Radfahrer trainiert, vor allem Jugendliche. Und er war schon ein oder zwei Mal in Österreich bzw. hat auch eine Tour durch Europa gemacht.
Er ist ein lustiger Kerl, der eines der Zimmer bewohnt und meistens 2-3x am Tag trainieren geht.

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Bild: Juma, mit echter Hernalser Kopfbedeckung

Was er genau arbeitet und womit er sein Geld verdient, habe ich leider nicht eruieren können, aber er ist hier geboren und lebt zumindest jetzt hier. Bei seinem Österreichbesuch war er Teil einer Gruppe von Rennradfahrern, die sich regelmäßig bei der Löwenbrücke (heißt in Wien auch „Schemerlbrücke“) in Döbling treffen und von dort aus Trainingstouren fahren, bis zu 200 Kilometer an guten Tagen. Sie haben das Motto „wir warten auf niemanden“ und somit war klar: wer abreisst, ist weg.
Juma kannte damals keine Berge und irgendwann war er es, der zurückblieb. „Ich war ziemlich fertig“ meinte er. Da er sich in der Gegend (westlicher Wienerwald) nicht auskannte, wollte er irgendwie zurück nach Wien finden – dass er dorthin musste, wusste er. Also fuhr er einfach drauflos bis er ein Schild fand, auf dem „Wien“ geschrieben stand.
Er folgte dem Schild und fuhr auf die große Straße, höchst erfreut, wie gut und schnell diese zu befahren war. „Ich bin noch nie in meinem Leben so schnell mit dem Rad gefahren, die Straße war perfekt dafür“ meinte er. Und er wurde auch ständig von Autofahrern angefeuert, die beim Überholen das Fenster runterkurbelten und ihm etwas zuschrieen.
Nach einiger Zeit kam dann ein Auto, das ihn abstoppte. Das stellte sich als eine Polizeistreife heraus, die von ihm wissen wollte, was zum Teufel er hier machte.
„Ich habe meine Radgruppe verloren und fahre jetzt zurück nach Wien“ meinte Juma. Er wurde dann aufgeklärt, dass er sich auf der Autobahn befände und dass das verboten sei. „Ich fahre immer auf der besten Straße, die es gibt. Bei uns in Sansibar machen das alle – Mopeds, Ochsenkarren, Lastwägen und natürlich auch Radfahrer.“
Die Überholenden hatten ihn wohl doch nicht angefeuert – diese Erkenntnis kam Juma dann auch recht bald. Die Polizeistreife googelte dann nach dem Irren, der angeblich Radfahrer wäre, da sie ihn mangels Ausweis nicht ordentlich kontrollieren konnten. Nachdem klar wurde, dass seine Geschichte stimmt und einer der Polizisten auch schon einmal auf Sansibar Urlaub gemacht hatte, bekam er keine Strafe und wurde außerdem noch von der Polizei bis zur nächsten Ausfahrt eskortiert.
„Ich mag Österreich“ meinte Juma und ich wusste, dass ich wieder eine gute afrikanische Geschichte gehört hatte.
Juma wirkt ein wenig naiv, das hat aber damit zu tun, dass das Leben in Österreich so gänzlich anders abläuft als in Sansibar. Eines Tages ging Juma zum Billa einkaufen. Er sammelte die Ware in seinen Korb und ging zur Kassa. Die Kassiererin scannte alles ein und dann erschien der Preis von 19,50 Euro am Display.
Juma zog seine Börse und meinte, er wäre bereit 6 Euro zu bezahlen. Die Dame an der Kassa war erstaunt und entgegnete, dass das ein fixer Preis sei und nicht verhandelbar. Also bot ihr Juma 8 Euro, um noch ein wenig erhöhen zu können (er hatte 10 Euro eingesteckt).
Irgendwann wurde ihm klar, dass das so nicht funktioniert und dass er wohl nur das mitnehmen kann, was dem Wert von 10 Euro entspricht. In Sansibar läuft das nun einmal anders, da muss man immer bei allem verhandeln.

Es gibt in Jambiani nur ganz wenig Infrastruktur, eine Handvoll kleiner Läden, in denen man das Allernötigste für den Haushalt kaufen kann, auch Fruchtsäfte, die wir dringend brauchen um unsere Sundowner zu mixen – wir hatten vorsichtshalber zwei Flaschen Kenya Cane mitgenommen, weil irgendjemand geschrieben hatte, dass man auf der rein muslimischen Insel keinen Alkohol bekäme, zumindest keinen Schnaps.
Die Fruchtsäfte stellen sich als Nektar heraus, also eher wenig Früchte bei eher viel Wasser und Zucker, kein Vergleich mit dem, was man in Kenia bekommt.
Bier erhält man in den Restaurants schon, bei manchen steht es aber nicht auf der Karte, weil es offiziell nicht erlaubt ist.

Am Abend besuchen wir ein anderes Restaurant und merken, dass man Fisch scheinbar nur in kleinen Stücken bekommt. Eigentlich wollten wir einen ganzen Fisch essen, den wir uns vorher zeigen und dann zubereiten lassen. Das funktioniert aber aus unerfindlichen Gründen nicht. Fisch ja, ganze Fische nein. Dazu bekommt man Fritten, Reis und Gemüse – alles gut, aber ohne jede Raffinesse. Ich finde das schade, denn die Speisekarten sind leider sehr westlich orientiert und ich hätte gerne das, was die Einheimischen essen.
Zumindest heute sollte ich dazu leider keine Gelegenheit bekommen.

Ein Gedanke zu „Wieder in Afrika – Tag 13

  • 4. Mai 2017 um 11:20 Uhr
    Permalink

    Lieber Bruder,
    Echt ein sehr sehr schoener und informativer Bericht.
    PS: Das ist eine Hernalser Kopfbedeckung !!!!!
    Manner = 1170 = Hernals lg

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