Wieder in Afrika – Tag 14

Ich habe das Gefühl, dass die Luftfeuchtigkeit von Tag zu Tag zunimmt. Gestern gab es auch einen kurzen Regenguss und hin und wieder Gewitterwolken. Asye meint, dass die Regenzeit wohl bald kommen würde, da die sonst übliche Erfrischung nach einem Gewitter jetzt nicht mehr da wäre.

Und dann gibt es noch die Mosquitos, am ersten Abend fast keine, am zweiten sehr viele, in der dritten Nacht wieder etwas weniger. Leider schaffen sie es trotz eines sehr guten Netzes irgendwie hinein zu kommen. Sie warten dann auf der Innenseite des Netzes bis ich schlafen gehe. Dann höre ich ein vielstimmiges Sirren vor allem von außerhalb des Netzes. Als es mir zu blöd wird ständig auf Gelsenjagd zu gehen, hole ich mir einen Spray und räuchere sie aus. Tierliebe darf Grenzen kennen.
Zudem schmerzt eine Stelle am Rücken, die ich gestern vergessen habe einzuschmieren. Die Sonne ist hier so stark, dass es ohne entsprechenden Sonnenschutzfaktor (30 aufwärts) einfach nicht geht, vor allem für Bleichgesichter nach einem langen Winter.

Exkurs: Ökologie auf Sansibar
Die Menge an Plastikmüll ist hier nicht ganz so drastisch wie in Kenia, aber auch nicht sehr viel weniger. Vor allem am Strand liegt jede Menge davon herum, in erster Linie Plastikflaschen, alte Flip-Flops, Aludosen und noch einiges mehr. Ich habe niemand gesehen, der den Müll wegräumen würde, nur vor den Ressorts rechen sie den Tang weg und vergraben ihn im Sand.
Ich habe die Vermutung, dass das gleiche gilt wie in Kenia: Plastik ist irgendwie „not in their mind“, sie sehen es nicht oder es ist ihnen egal. Ich weiß auch nicht, was sie mit ihrem Hausmüll machen – wahrscheinlich landet er auf einer Deponie oder wird einfach verbrannt.
Ihr Wasser beziehen sie aus der ominösen Höhle, von der ich schon berichtet habe. Der Strom kommt angeblich vom Festland und wird über eine Untersee-Leitung auf die Insel gebracht. Wie er in Tansania erzeugt wird, konnte mir niemand sagen.
Umweltschutz ist kein wirkliches Thema, wenngleich sie immerhin für ihren Strand kämpfen, indem sie die Parzellen in der ersten Reihe an finanzkräftige Ausländer verkauft haben. Allerdings dürfen Ausländer hier kein Land besitzen und deswegen läuft das über Strohmänner – unser Pandu ist z.B. so einer.
Was mir noch aufgefallen ist: Es gibt fast keine neuen Kokospalmen. Diese prägen sehr das Bild, aber die meisten sind schon relativ groß und somit älter. Kokospalmen spenden nicht nur Schatten und liefern vielseitig verwendbare Nüsse, sondern stützen auch den Strand vor Auswaschung. Das wird in den nächsten Jahren noch ein wichtiges Thema, nicht nur hier auf Sansibar.

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Bild: Müll am Strand

Heute ist Schnorcheln am Programm. Asye hat gute Kontakte zu Captain Dulla (eigentlich Abdullah) und ich bin schon sehr gespannt, wie die Lagune aussieht. Wir fahren mit einer Dhau hinaus, das ist immer wieder eine spannende Sache, denn die Einbäume mit ihren zwei Auslegern fahren sich recht witzig. Am besten bedient man sie zu zweit und die Dinger sind immer noch so konstruiert wie schon vor hunderten von Jahren. Damals waren die Dhaus die einzigen Segelboote, die aufkreuzen konnten. Die Europäer hatten dagegen keine Chance, weil sie immer nur mit dem Wind segeln konnten.
Die optimale Zeit ist zwischen Ebbe und Flut, in diesem Fall um 09:30 am Vormittag, also nach dem guten Frühstück.
Ich habe meine eigene Taucherbrille mit (geschliffen wegen der Kurzsichtigkeit), aber keine Flossen. Dulla hat die größten mitgenommen, die er finden konnte, aber sie sind mir zu klein und nach einer halben Stunde ziehe ich sie aus und schnorchle einfach ohne Flossen weiter.
Das Meer ist ruhig und die 10 Dollar waren eine gute Investition. Ich sehe viele alte Korallenblöcke, die abgestorben sind, aber von neuen Korallen wieder besiedelt werden. Zumindest an dieser Stelle in der Lagune sieht es gar nicht so schlecht aus, auch der Reichtum an Korallenfischen ist ganz okay, wenngleich auch nichts gegen das, was es früher gab.
Irgendwann fängt es zu regnen an, was beim Schnorcheln ein witziges Gefühl erzeugt, wenn der Regen auf den Rücken prasselt. Es ist schon etwas mehr als nur ein kurzes Gewitter und als ich bei der Dhau auftauche, sehe ich Dulla wie er gerade genüsslich Zähne putzt. Sein Kollege hält derweilen unter dem Segel ein kleines Nickerchen, alles ist hier eigentlich immer entspannt, ober und unter Wasser.
Es gibt für die Schnorcheltour auch kein Zeitlimit, als ich genug habe, segeln wir einfach wieder zurück.

Am Strand kann ich mir die Seaweed-Plantage genauer ansehen. Sie wirkt zum Teil nicht sehr gepflegt und auf Nachfrage erfahre ich, dass das sehr von dem Engagement der Frauen abhängt, ob eine Plantage gut oder schlecht betreut wird. Es handelt sich dabei um einer schwierige Aufgabe: kleine Büschel werden mit Nylonschnüren an längsgespannte Trägerschnüre angebunden und wachsen dann bis zur Ernte. Kleine Ableger können als Setzlinge verwendet werden.

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Bild: Seetang-Plantage

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Bild: Einzelne Seaweed-Büschel

Exkurs: Seaweed
Mein Nachbar hat zufällig die Seetang-Projekte mit aufgebaut und mich über die Hintergründe und Details aufgeklärt. Ein Schweizer hat die Idee vor vielen Jahren nach Sansibar gebracht und längere Zeit geforscht, bis er herausgefunden hatte, welche Seetangsorte wo am besten wächst. Wobei – genau genommen sind es ja Algen.
Die größten Pflanzungen sind auf der nördlich gelegenen Insel Pemba, aber es gibt sie auch in Jambiani. Es arbeiten ca. 25.000 Frauen in der Seaweed-Industrie, insgesamt schätzt man, dass ca. 150.000 Menschen davon leben. Das ist eine Menge, doch leider ist dieses aufkeimende und eigentlich zukunftsweisende Geschäft durch die Meereserwärmung ernsthaft gefährdet.
Die ursprüngliche Herausforderung bestand vor allem darin, dass die Männer es nur sehr ungern sahen und tw. immer noch sehen, wenn die Frauen eigenständig Geld verdienen. Es dauerte lang, bis hier erste Schritte möglich waren und mit einem Boot zu den besseren Pflanzgründen hinausfahren dürfen sie bis heute nicht. Reich werden sie ohnehin nicht – für ein Paket bekommen sie gerade mal 400 Shilling, das sind ca. 20 Euro-Cent.
Es ist jedoch nicht nur die Emanzipation der Frauen, auch das Potenzial des Seetangs selbst macht den Anbau höchst sinnvoll. Er kann für viele verschiedene Stoffe als erstklassiger Ersatz dienen, nicht zuletzt für Palmöl. Hoffen wir, dass dies auch in Sansibar von den richtigen Leuten erkannt wird.

Auch heute wird die Suche nach einem offenen und guten Restaurant zur Herausforderung. Wie immer gibt es Fisch nur in kleinen Stücken und wir finden auch heraus, was dahinter steckt: In den Küchen haben sie meistens keinen Strom und nur einen ein- oder zweiflammigen Gaskocher. Sie sind logistisch einfach überfordert.
Trotzdem essen wir gut und freuen uns auf den nächsten Tag, an dem wir eine Spicefarm besichtigen werden.

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