Wieder in Afrika – Tag 5

Wir sind nicht sehr kreativ bei der Frühstückszubereitung (so wie gestern…), aber dafür beschließen wir nach einer weiteren sehr heißen Nacht heute unsere Zelte abzubrechen und in den Nakuru-Nationalpark zu fahren. Der Lake Bogoria ist fein, hat derzeit aber nicht mehr wirklich viel Neues zu bieten.
Unser Weg führt uns am westseitigen Seeufer entlang nach Norden, zum eigentlichen Haupteingang des Parks.
Gegründet wurde das Lake Bogoria National Reserve 1970, damals noch von der Kenianischen Regierung und dem Kenya Wildlife Service. Der See umfasst 32 Quadratkilometer und wird an der Ostseite durch das 600 Meter hohe Ngendelel Escarpment begrenzt, wo auch die beiden Wildbäche entspringen. Er liegt auf knapp 1000 Meter Seehöhe mitten im Rift Valley und ist ein alkalischer Soda-See, in dem es kein Leben gibt außer die speziellen Algen, die von den Flamingos gefressen werden.
Vor einigen Jahren ging die Verwaltung dann an das Baringo County. Seitdem tut sich das Management scheinbar recht schwer, die Infrastruktur aufrecht zu erhalten. Kenia ist ein Land mit enormer Korruption und die macht vor den Verwaltungen der Landkreise wahrscheinlich nicht halt.
Die Einnahmen sollten der Bevölkerung zugute kommen, aber in welchem Ausmaß das tatsächlich geschieht, lässt sich wohl nur schwer eruieren.
Da die alte Straße am Seeufer überflutet wurde, baute man eine neue weiter oben. Die ist nicht schlecht befahrbar und wir kommen gut voran.

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Bild: Geysire – und im Hintergrund das Escarpment

Vom eigentlichen Highlight des Sees, den Geysiren, ist nicht viel übrig, denn auch sie wurden zur Gänze überflutet. Man kann noch ein kleines Stück mit kleinen Geysiren besuchen und in der Nähe sehen wir auch einen kleinen Schwarm Flamingos. Das ist aber auch schon alles, die Attraktivität des Nationalparks hat tatsächlich stark gelitten.

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Bild: Flamingos

So erreichen wir den Parkausgang und ich drücke dem dortigen Game Ranger und seiner Kollegin die Papiere in die Hand. Ein kleiner Smalltalk und dann frage ich, ob das eh passt.
Sie meinen ja und wünschen uns eine gute Reise. Also steigen wir in den Toyota und machen uns aus dem Staub. Die Nachzahlung für den zweiten Tag bleibt uns erspart, was uns einerseits natürlich freut, andererseits nicht gerade für die Professionalität des Managements spricht. Wir sehen es als Ausgleich für anderswo bezahlte Deppensteuer.

Ob ich jemals wieder an diesen Ort zurückkehren werde? Ich weiß es nicht, denn ich habe einerseits so unglaublich schöne Erinnerungen und andererseits ist so viel kaputt. Falls der Wasserstand wieder auf sein ursprüngliches Niveau sinkt und das alte Figtree-Camp wieder erreichbar wird, kann ich es mir durchaus vorstellen.

Exkurs: Ökonomie vs. Ökologie
Eine der schwierigsten Fragen ist die nach der Entwicklung der Nationalparks. Völlig sich selbst überlassen mit keinerlei Komfort bedeutet zwar wenig Eingriffe in die Ökologie, zugleich gibt es dann aber nur wenige Touristen, die sich die Strapazen antun. Das bedeutet auch wenige Einnahmen und in Folge kann so ein Park dann auch schlecht bewacht und beschützt werden. Dringend notwendige Forschungsprojekte sind nicht finanzierbar, die Wilderei nimmt zu und irgendwann krallt sich ein Spekulant einen Teil.
Die vollständige Ökonomisierung hat auch ihre Tücken. Sie kann derzeit in der Maasai Mara beobachtet werden. Vor dreißig Jahren gab es gerade mal drei Lodges und eine Handvoll kleiner Camps. Heute befindet sich fast hinter jedem Busch ein Camp und noch mehr wurden an der Parkgrenze gebaut. Ob die daraus entstehenden Einnahmen dem Park bzw. den Menschen zugute kommen, die rundherum leben und ohne die der Schutz des Parks undenkbar ist, lässt sich extrem schwer feststellen. Korrupte Provinzpolitiker zweigen ab was geht, vor allem, wenn man es ihnen so leicht macht. In den 1990ern wurde Richard Leakey der erste weiße Minister in einer kenianischen Regierung, zuständig für die Nationalparks. Unter seiner Führung wurde das Management straffer und er hat einige wichtige Entwicklungen eingeleitet. Nach ein paar Jahren wurde er jedoch abmontiert und ich kann nicht sagen, wie es sich seither wirklich entwickelt hat.
Dazu kommt noch das Problem, dass die Tourismuszahlen in den letzten Jahren massiv zurück gegangen sind und damit auch die Einnahmen. Die Gründe sind sicher in der einen oder anderen Finanzkrise zu suchen, aber auch in der Angst vieler Leute vor Terroranschlägen und der Sicherheit im Land generell. Die ist aus meiner Wahrnehmung durchaus okay und es gibt keinen Grund für die Angst. Da Menschen aber für ihre Ängste keinen Grund brauchen bzw. jeden nehmen, der sich anbietet, wenn sie gern Angst haben wollen, haben die Kenianischen Nationalparks ein Problem.

Die Straße zurück nach Nakuru ist in erstklassigem Zustand und wir überqueren den Äquator. Wenig später sind wir wieder in der Stadt und gehen in den Nakumatt einkaufen. Dann fahren wir zum Nakuru-Nationalpark. Er hat ein ähnliches Schicksal erlitten wie der Lake Bogoria, eigentlich noch schlimmer. Das merkt man sofort, wenn man in den Park hinein fährt, denn man wird auf einen kleinen Hügel umgeleitet, auf dem sich das Headquarter der Verwaltung und der eigentliche Parkeingang befinden.
Der alte Eingang ist eine überschwemmte Ruine, der dahinter liegende große und wunderschöne Wald ist verrottet, einzelne bleiche Baumstämme ragen wie Mahnmale in den Himmel.

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Bild: Am Bild sieht man gut die jetzige Ausdehnung des Sees – vom Baboon-Cliff hinunter fotografiert. In der Bucht links die abgestorbenen Bäume.

Da wir vor zwei Jahren schon einmal da waren und den Unterschied zu früher kennen, wissen wir schon was uns erwartet.
Neu ist das Problem, dass sie beim Parkeingang keine US-Dollar nehmen. Das Computersystem sei gerade kaputt und wir könnten nur entweder mit M-Pesa oder Kreditkarte zahlen.

Exkurs: M-Pesa
Es handelt sich hierbei genau genommen bereits um ein alternatives Währungssystem. M-Pesa heißt „mobiles Geld“ und bedeutet, dass man mittels einer SMS Geld von einem Handy auf ein anderes überweisen kann. Einzahlen und abholen tut man das Geld bei über 50.000 M-Pesa-Stationen im ganzen Land, es gibt eigentlich an jeder Ecke eine.
Dieses System ist binnen kurzer Zeit extrem gewachsen, hat sich weiterentwickelt und wird inzwischen in andere afrikanische Länder exportiert. In einer Gesamtbetrachtung sind uns die Ostafrikaner hier einen deutlichen Schritt voraus, denn bei uns geht so etwas schlicht und einfach nicht. Und dort ist es so populär und funktioniert so gut, dass M-Pesa inzwischen das wichtigste Kriterium einer Währung erfüllt: Vertrauen.
Und das ist genau der Grund weshalb sie hier im Nationalpark statt Dollar lieber M-Pesa nehmen.

Billig ist der Park nicht, die eine Nacht kommt uns auf 273,- Dollar und wir hoffen, dass Philipp wenigstens ein Nashorn zu Gesicht bekommt. Die kann man nämlich fast nirgends mehr beobachten, gerade hier am Nakuru-See gibt es noch eine Handvoll.

Über das Baboon-Cliff fahren wir zu unserem Campingplatz Makalia Falls. Dort gibt es einen Wasserfall. Also theoretisch, weil immer wenn ich dort bin ist er ausgetrocknet. Trotzdem ist das ein sehr schöner Platz, an dem man auch Wildtiere beobachten kann. Direkt hinter einer Anhöhe ist der Park zu Ende und die Zivilisation beginnt. Das ist überhaupt eine Besonderheit des Nakuru-Parks, dass direkt an seinen Grenzen hohe Häuser stehen und eine sehr lebendige Stadt liegt. Irgendwie funktioniert das aber, die kleinen Hügel rund um den Park begrenzen ihn auf eine Art und Weise, mit der auch die Wildtiere leben können. Trotzdem ist die Kulisse unheimlich.

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Bild: Die Stadt und ihr Nationalpark. Die Grenze ist hier gut zu erkennen.

Hinter unserem Zeltplatz hört man in der Nacht Hundegebell und hin und wieder ein Auto. Und keine hundert Meter entfernt hat der Game Ranger am nächsten Tag in der Früh einen Löwen gesehen. Angeblich gibt es in dem kleinen Wäldchen sogar Leoparden, aber das glaube ich erst, wenn ich einen gesehen habe.
Bei unserem Zeltplatz gibt es zwei neue Gebäude mit Dusche und WC. Sie sind gegen die Paviane mit Gittern gesichert, die Dusche in einem der Häuser funktioniert nicht, im anderen schon, zwar nur kalt, aber das ist bei der großen Hitze eh super.

Exkurs: Moderne Technik
Seit ein paar Jahren gibt es eine spezielle Form der Heißwasserdusche. Das ist ein Duschkopf, in dem sich eine elektrische Heizspirale befindet, die im Prinzip wie ein Durchlauferhitzer funktioniert. Wenn sie funktioniert, was ich noch nie wirklich erlebt habe. Das Zeug kommt wahrscheinlich aus China oder Indien und ist irgendwie Mist, dafür aber sehr beliebt, weil billig und einfach zu installieren.
Ähnlich schräg ist das moderne Personenerfassungssystem am Flughafen. Jeder Passagier muss seine Fingerabdrücke scannen lassen und manchmal wird auch ein Foto mit einer kleinen Kugelkamera gemacht. Die Obama-Blitze gehören auch in diese Kategorie.
Es gibt aber auch sehr positive Beispiele, das Mobilfunknetz gehört dazu. Da die Kenianerinnen und Kenianer ganz verrückt sind auf ihr Handy und es nie ein wirklich ausgebautes Festnetz gab, hat man viel Geld und Energie in den Ausbau gelegt. Dafür funktioniert eines der drei Netze jetzt fast überall in diesem doch sehr großen Land. Vor allem bei medizinischen und sonstigen Notfällen ist das wirklich hilfreich, das noch vor ein paar Jahren unersetzliche Satellitentelefon ist nicht mehr oder fast nicht mehr notwendig.

Wir fahren noch auf einen Abend-Gamedrive und Philipp bekommt tatsächlich sein Nashorn zu sehen.

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Bild: Ein einsames Nashorn

Der Park hat eigentlich einen großen Wildtierbestand – vor allem verschiedene Arten von Antilopen, viele Vögel, Büffel und vor allem Giraffen sind hier heimisch.

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Bild: Impala-Gazellen

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Bild: Netzgiraffe (Sie sieht ganz anders aus als die Maasai-Giraffe, die wir später noch sehen werden.)

Danach gibt es noch ein gutes Abendessen (Süßkartoffel, gebratene Zucchini und Salat), gestört nur durch die ziemlich aggressiven Paviane, die es mit viel Hartnäckigkeit und Dank ihrer großen Zahl schaffen uns ein paar Lebensmittel zu klauen. Das passiert auf allen Zeltplätzen, bei denen es Paviane gibt, da diese sehr schnell lernen wie sie sich mühelos Nahrung besorgen können. Glücklicherweise gehen sie bei Sonnenuntergang schlafen und daher hat man danach seine Ruhe.

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