Nicht kaufen!

Klingt nicht sehr fein und auch nicht sehr erstrebenswert: Nur Menschen, die kein Geld haben, konsumieren nicht.
Oder?
Vielleicht wäre das ja einen Selbsttest wert. Man nimmt sich einige Prospekte, die (zumindest bei mir) täglich ins Haus flattern, und sucht sich ein paar schöne Dinge heraus, die erstens gefallen und zweitens leistbar sind.
Und dann kauft man sie nicht. Einfach: nicht!

Das hat immense Vorteile, die ich aufzählen darf:

1. CO2-Ersparnis. Auch wenn man darauf nichts gibt, schaden kann es nicht. Keine Autoabgase, auch keine von einem Postzusteller – sehr sauber, sehr fein, das alles. Auch die CO2-Belastung bei der Herstellung des Produktes fällt weg, ein Umweltsieg auf der ganzen Linie! Auch sonstige Umweltverschmutzungen werden reduziert, ich will das Argument hier nicht auf CO2 reduziert wissen.

2. Kein Stress. Man muss nirgends hinfahren, sich durch den Stau quälen und ewig Parkplatz suchen. Auch der Stinker in der Straßenbahn muss jemand anders anstinken. Wie unangenehm!

3. Keine Warterei auf den Botendienst, der genau immer dann kommt, wenn man nicht zuhause ist.

4. Keine Abfälle, weder von der Verpackung noch von den Gegenständen selbst, die man ja nicht gekauft hat. Das erspart eine der beiden Mülltonnen, für die man ja auch zahlt, wobei wir schon beim nächsten Punkt sind.

5. Mehr Geld in der Börse oder am Konto – für viele eine durchaus neue und erfreuliche Erfahrung. In der heutigen, krisengeschüttelten Zeit generell ein Vorteil.

6. Keine Qualitätsprobleme, man ärgert sich nicht, weil das Produkt nicht dem entspricht, was man kaufen wollte oder was einem die Werbung versprochen hat.

7. Kein Ärger mit Reklamationen, unfreundlichen Call-Centern und ähnlichem. Nicht gekaufte Gegenstände verursachen in Folge keinen Ärger. Da die meisten Hersteller auf die Kosten schauen und ihre Produkte in der Qualität stark herunterfahren, wird dieses Thema in den nächsten Jahren wachsen – außer für diejenigen, die solche minderwertigen Artikel nicht gekauft haben. Dann ist man der lachende Dritte, Vierte und Fünfte zugleich.

8. Keine Haltbarkeitsprobleme. Gegenstände, die man nicht hat, können auch nicht kaputt werden. Wer jemals ein Auto in Afrika besessen hat, kann davon ein Lied singen. Dort ist man – im Gegensatz zu unseren Breiten – froh über jede Ausstattung, die das Auto NICHT hat, weil sie dann auch nicht kaputt werden kann. Wir reden hier von Radios, Klimaanlagen und elektrischen Features wie Fensterheber, verstellbare Sitze oder Spiegelheizungen. Die Erfahrung zeigt, dass dort alles irgendwann kaputt wird, was kaputt werden kann. Unter Garantie! Je weniger man hat, desto weniger Reparaturen. Sehr praktisch.

9. Keine Platzprobleme. Man kann den entstehenden Platz völlig frei nützen bzw. die ganz Schlauen kommen sogar mit weniger Platz aus, manche sogar mit einer kleineren Wohnung, die weniger Miete kostet. Das bringt wiederum etwas für Punkt 5 (mehr Geld).

10. Keine Putzprobleme. Gegenstände, die man nicht hat, können nur schwer verstauben. Das verschafft uns entweder Freizeit oder Geld, je nachdem, ob man selbst putzt oder eine Reinigungskraft hat. Man braucht auch kein schlechtes Gewissen haben, weil man der Putzfrau den Job wegnimmt – es gibt genügend andere Menschen, die viel zu putzen haben und außerdem stöhnt meine Putzfrau immer, weil sie ohnehin sehr ausgelastet ist und lieber nicht zu mir putzen käme.

11. Keine Entsorgungsprobleme, wenn das Produkt irgendwann kaputt ist oder einem nicht mehr gefällt. Letztlich auch keine Entsorgungskosten, die zwar im Moment noch nicht anfallen, in den nächsten Jahren jedoch auch für Gegenstände jenseits von Kühlschrank und Tiefkühltruhe auf uns warten.

12. Keine verärgerten Erben, denen man am Ende seines Lebens lauter Dinge hinterlässt, die sie weder wollen noch gebrauchen können.

13. Umzugsprobleme gehören der Vergangenheit an. Wir werden zwar nicht wie die Indianer gerade mal das Tipi samt ein paar Fellen mitnehmen, aber die Menge wird überschaubarer, der Umzug geht schneller und ist billiger.

14. Diebstahl sowie die damit verbundene bisher weitverbreitete Angst gehören der Vergangenheit an. Wer nichts hat, dem wird nichts gestohlen, weil es nicht geht. Weniger Dinge, weniger Risiko, weniger Angst – so einfach ist das. Wer im Urlaub nur einen Rucksack mithat und nicht sieben Taschen, muss auch nur auf einen aufpassen.

15. Keine Entscheidungsprobleme. Auch wenn das ein bitter-süßes Argument ist und vielleicht eher Männer trifft: ein herrliches Gefühl, sich nicht mehr zwischen dem einen oder dem anderen Produkt entscheiden zu müssen, mit der Angst, dann doch das schlechtere zu kaufen. Wer keines von beiden kauft, kann sich das alles sparen.

16. Keine Neider. Was ich nicht besitze, darum kann mich auch niemand beneiden. Wobei auch dieses Argument ist zweischneidig, denn in Zukunft werden diejenigen beneidet, die weniger besitzen, nicht umgekehrt. Auf Reisen ist das tw. jetzt schon so: Flink hirscht der Abenteurer mit seinem leichten, kleinen Rucksack an uns vorbei, die wir an alles gedacht haben, nur nicht an die Leichtigkeit des Seins. Jedenfalls lebt es sich manchmal ohne Neider besser.

17. Mehr Zeit. Nicht zuletzt verschaffen uns Gegenstände, die wir nicht haben, mehr von der kostbaren Zeit. Wir müssen nicht an sie denken, sie nicht pflegen, nicht verteidigen, nicht reparieren lassen und vor allem nicht benützen. Wie viele Gegenstände besitzen wir, die wir nur benützen, weil wir sie haben, nicht weil wir sie brauchen? Eben. Das spart enorm und wir können uns anderen Dingen widmen, wie etwa unseren Mitmenschen.

18. Mehr Fokus auf das Vorhandene. Wer nur wenige Dinge besitzt, lernt diese zu schätzen. Man achtet schon beim Kauf auf ihre Qualität und geht sorgsam mit ihnen um. Das schärft die Fähigkeit, auch mit unseren Mitmenschen sorgsamer umzugehen. Wir passen besser auf sie auf, pflegen sie und setzen uns mehr mit ihnen auseinander. Wir lernen sie besser kennen und mögen sie mehr. Das gilt für Dinge wie für Menschen.

19. Mehr Geld für wichtige Dinge. Mit dem durch Nicht-Konsum ersparten Geld kann man das kaufen, was wirklich wichtig ist, auch wenn es etwas teurer ist. Das stützt wiederum die Wirtschaft, die von manchen als verloren dargestellt wird, wenn sich der Nicht-Konsum durchsetzt. Ein Irrtum.

20. Mehr Freude am Konsum. Klingt komisch, so als krönender Abschluss, ist aber ernst gemeint. Wer weniger konsumiert, kann sich beim übrig bleibenden, ohnehin unbestrittenen Konsum mehr freuen.

Wer kann diese Liste fortsetzen?

Wie investiere ich sicher?

(Artikel am 18. September 2008 08:40 unter „Sicherheit als Kopf-Bauch-Gemisch“ in be24 erschienen)

…am Beispiel von zehn kleinen Negerlein.

1. Ich kaufe mir Optionen/Futures auf – sagen wir mal – Reis und nachdem ich den Markt beobachtet habe, bin ich mir sicher, dass das eine gute, sichere Anlage für mein Geld ist.

2. Ups, der Reis hatte eine unerwartet gute Ernte und mein Geld ist fort. Macht nichts, ich spare und kaufe mir Aktien eines tollen Unternehmens: gute Performance, fleißige Mitarbeiter, frohe Analysten.

3. Leider legt das Unternehmen einen Crash hin, unerwarteterweise, und der Großteil meines Geldes ist weg, die Aktien sind über Nacht nichts mehr wert.

4. Um sicher zu gehen, lege ich mein sauer verdientes Geld in Fonds an. Endlich bin ich sicher, die breite Streuung und das gute Management gewährleisten das.

5. Mist, der Fonds wurde in eine Krise hineingezogen und rundum lange Gesichter verraten mir: mein Geld ist weg. Nun lege ich in Immobilien an, die sind nicht plötzlich weg, Erdbeben sind selten.

6. Oje, meine Immobilienfonds sind in den Keller gerutscht, in USA hat man sich aus Gier und Dummheit mitreissen lassen, alles weg. Ich feuere meinen Anlageberater (soviel ist sicher) und trage mein Geld zur Hälfte zu einer Versicherung und zur anderen Hälfte lege ich es in Gold an.

7. Der Goldpreis ist gesunken und meine Versicherung hat sich auch verspekuliert (mit sicheren Immobilien), ich bekomme nur mehr sehr wenig für mein Geld zurück. Also pfeife ich auf alles und lege mir ein Sparbuch zu, mit garantierten Zinsen.

8. Die Bank hat einen Fritzelacke hingelegt und ist pleite. Die staatliche Absicherung greift leider nicht so wie vorgesehen, ein fetter Verlust, den ich nun „realisieren“ muss (im Kopf vor allem). Den Rest meines Geldes hebe ich ab und lege es zuhause in einen dicken Tresor.

9. Ein paar Herren aus Irgendwo sind in meine Wohnung eingebrochen und haben den Tresor geknackt. Ich bin „neger“ (pleite auf wienerisch). Gott sei Dank habe ich noch eine eiserne Reserve unterm Kopfpolster.

10. Der Staat hat Mist gebaut und die Währung wurde zur galoppierenden Inflation. Jetzt habe ich noch wertloses Papier.

Fazit: Nur wer kein Geld hat, kann auch keines verlieren. Nichts ist sicher, außer mein Kopf und mein Bauch vermitteln mir das Gefühl der Sicherheit.
Damit die Kunden nicht zu „Negeranten“ werden und nicht das Spiel der zehn kleinen Negerlein (politisch korrekt: Schwarzafrikaner) spielen müssen, sollten sich die Anlageberater um die Sicherheit in Kopf und Bauch bemühen. Um die der Kunden und um ihre eigene.
ich werde weiter sparen.

Swiss – wegen Reichtum geschlossen

Ein Erlebnisbericht über den Flug mit der Lufthansa-Tochter

Tatort: Nairobi, Jomo Kenyatta International Airport, 21 Uhr 50, am Checkin-Schalter der Swiss.
Unser Taxifahrer fuhr mit Schaum vor dem Mund und wir waren 2,5 Stunden vor Abflug am Schalter. Dort empfing uns eine nette Dame mit den Worten „Let me see if you are lucky, because we are overbooked with 17 passengers.“ Dabei war deutlich Stolz in ihren Worten, eher weniger Bedauern. So als ob das unser Fehler wäre und die Swiss nichts dafür könne (wo käme man denn hin, wenn alle Passagiere, die gebucht und bezahlt haben, auch tatsächlich erscheinen und mitfliegen wollen!!).
Dann versuchte sie uns noch in die proppenvolle Maschine reinzuquetschen, Gott sei Dank mit Erfolg, ich bekam Sitz 18G und mein Reisebegleiter 31C.
Gesetzt den Fall, wir wären 2 Stunden vorher erschienen (wie von der Swiss gefordert) und hätten nicht mehr mitfliegen können (auch ein Upgrade in die Business wäre nicht gegangen, die war auch voll), so wären die Auswirkungen für mich gravierend gewesen: Nur wenige Stunden später musste ich von Wien nach Frankfurt zu einem Seminar – nicht erscheinen heißt da: kein Geld, also der Totalverlust von ein paar tausend Euro.
Außerdem hätten wir einen Flug mit einer anderen Linie buchen und 1-2 Tage länger in Nairobi sitzen müssen (die Swiss fliegt nicht so oft).
Die für mich mehr als offensichtliche Botschaft der Swiss: Bitte, bitte fliegt nicht mehr mit Swiss, nehmt bitte eine andere Fluglinie, wir haben wegen Reichtum geschlossen!!
Swiss – ist das nicht die ehem. Swissair, die pleite gegangen ist? Vielleicht, weil sie gegenüber den Kunden ähnlich dumm und arrogant gehandelt hat wie jetzt wieder? Lernen die überhaupt nicht dazu? Aber vielleicht war das ja nur ein Einzelereignis!
Nach gut 15-jähriger Treue fliege ich ab heute nicht mehr mit Swiss, mein Geld bekommen Fluglinien, die es zu schätzen wissen. Und übrigens wesentlich billiger sind.
Mit der Swiss zu fliegen kann bedeuten nicht zu fliegen, und das ist mir zu teuer.

Deutschland hat den Superstar!!

Endlich ist es geschafft, und das alles ganz ohne vorheriges, langwieriges Casting und ohne Investitionen!! Tim der Amokläufer – jung, fesch, ein Medienstar mit schwerer Bewaffnung (zeitgemäß passend zu den aktuellen Spielen für die Jugend – Baller, Baller statt Lego), geht mutig in den Tod – ganz Deutschland – nein, ganz Europa, fast die ganze Welt ist begeistert und schaut stundenlang fern und liest wie verrückt die Bild und andere Qualitätsblätter.
Überall Filme und Fotos vom neuen Superstar.
Die Requisiten: Blut, aufgeplatzte und zerschossene Körper – alles wie in den äußerst beliebten Videospielen und den 1000en amerikanischen (und anderen) Filmen.
Dazu noch die ideale Mediennahrung: trauernde, heulende Angehörige, Blumenmeer, eine geschlossene Schule (geil, das wollten wir auch immer in unserer Schulzeit), viele tolle große Medienautos mit vielen, vielen Sat-Schüsseln am Dach, verwegene Reporter mit Dreitagesbart, allzeit bereit mit der Kamera auf alles zu schießen, was sich bewegt und für ein Interview bereit ist.
Gewürzt wird das durch eine Kleinstadt, die sich gegen den Medienrummel weder wehren kann noch wehren will – endlich können alle (okay, fast alle) ins Fernsehen, da kann man schon ein paar tote Angehörige in Kauf nehmen.

Schau, da liegt einer! Schau, da pickt einer! Wo sind die Leichen? – fragen die Journalisten, und: Können wir die Toten in Großaufnahme haben (eigentlich fragen sie nicht mehr, sie filmen und fotografieren einfach). Keine Wut der Angehörigen, alle posieren für die Kameras, bitte noch ein wenig mehr Trauer hier links und könnten Sie sich über ihren toten Sohn beugen, bitte besser von hier, wegen dem Licht…

Mir kommt das Kotzen!! (deutsch formuliert)