Wieder in Afrika – Tag 2

Die erste Nacht ist nie perfekt, denn mein Körper und mein Geist müssen sich beide auf Afrika einstellen. Und doch wache ich unglaublich gerne durch das Schreien der heiligen Ibisse auf, die jeden Morgen auf ihre Insel in Lake View einfliegen und ein ordentliches Getöse machen.
Wir sind heute zum Frühstück bei Louis eingeladen, unserem steirischen Mechaniker, der nur ca. fünf Autominuten entfernt in einem kleinen Haus lebt, das sich auf dem riesigen Grundstück einer alten Dame befindet. Dort treffen wir auch meinen Vater, die Frau von Louis (Marion) und deren Schwester Judy, die seit ca. zwei Jahren meinen Vater auf Safari betreut, denn er ist schließlich keine 70 mehr und braucht ein wenig Unterstützung.

Wir haben den heutigen Tag zum Ankommen und zur Vorbereitung auf die morgen startende Safari. Da wir komplett Selbstversorger sind, müssen wir gut darauf achten, das Richtige einzukaufen und einzupacken. Der Toyota Landcruiser ist seit Jahren das beste Auto, das ich mir für Afrika vorstellen kann und wir mieten ihn von meinem Vater.

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Bild: Toyota Landcruiser HZJ 78

Das Auto hat ein aufstellbares Schlafdach und sicherheitshalber die Mud-Terrain-Reifen, falls uns die Regenzeit erwischt. Wetter und Auto – das waren über Jahrzehnte die größten Unsicherheitsfaktoren bei einer Safari. (Das ist übrigens ein Wort auf Suaheli und heißt nichts anderes als Reise.)
Seit dem Toyota bleibt nur mehr das Wetter übrig, trotzdem wird der Wagen noch gründlich durchgecheckt: Wassertank voll, Batterien gut in Schuss – vor allem achte ich darauf, dass die Starterbatterie von den Campingbatterien getrennt ist, die den Kühlschrank betreiben. Wenn man die nicht trennt, kann es passieren, dass der Kühlschrank die Starterbatterie leersaugt und dann ist meist Schluss mit lustig – immer abhängig davon, wo man sich gerade befindet.

Exkurs: Campingkühlschränke
Ein eigener Exkurs für einen Kühlschrank? Ja, weil das ein seit ewigen Zeiten ungelöstes Problem für die Safari in Afrika ist. Zugegeben – es ginge auch ohne, aber am Abend nach einer anstrengenden Tour ein kühles Bier, das kann schon was. Außerdem eröffnet sich mit Kühlschrank die Möglichkeit Fleisch und Butter, Käse und Wurst mitzunehmen. Also quälen wir uns seit Beginn mit Campingkühlschränken herum. Die Menschheit kann in ferne Galaxien blicken, zum Mond fliegen und winzige Hochleistungscomputer bauen. Was sie nicht kann: funktionierende Campingkühlschränke herstellen. Oder auch verständliche Lautsprecherdurchsagen in U-Bahnstationen technisch auf die Reihe bringen. Geht einfach nicht, keine Ahnung warum.
Bleiben wir bei den Kühlschränken. Sie sehen aus wie kleine Tiefkühltruhen, sind also von oben zu befüllen, weil die Haus-Variante eines Kühlschranks (mit Schranktür) für das Camping unbrauchbar ist, da bei jedem Öffnen die kalte Luft nach unten rausströmt. Das ist daheim egal, wenn man aber Energieknappheit hat, macht das einiges aus.
Seit Jahrzehnten können diese Kühlschränke (also die besseren) sowohl mit 220 Volt (also daheim), wie auch mit 12 Volt (im Auto über den Zigarettenanzünderanschluss) und mit Gas betrieben werden.
12 Volt sind immer etwas brustschwach und kann oft nur die Temperatur halten, aber nicht ordentlich runterkühlen. Daher machen wir es meist so, dass wir den Kühlschrank vor der Safari im Haus gut vorkühlen und dann versuchen, mit der Autobatterie und mit Gas die Leistung einigermaßen hinzubekommen.
Seit Solarzellen leistungsfähiger sind, funktioniert die Kühlung mittels der Autobatterie deutlich besser, im Landcruiser meines Bruders konnten wir sehr gute Leistungen erzielen ohne mit Gas betreiben zu müssen. Das setzt aber leider voraus, dass man unter Tags viel fährt, denn dann kommt die Energie aus der Lichtmaschine und lädt die Batterie ordentlich auf, so dass man über die Nacht kommt.
Ganz schlecht ist es, wenn das Auto 2-3 Tage an einem Platz steht, vielleicht noch im Schatten. Dann funktioniert kein Kühlschrank mehr, vor allem, wenn es draußen 30 Grad oder mehr hat.
Das größte Problem war aber immer der Gasbetrieb. Man muss ausreichend Gasflaschen mitnehmen, deren Füllstand man nie wirklich überprüfen kann. Die Gewichtsprobe kann aussagekräftig sein oder auch nicht. Die Ventile müssen funktionieren, die Schläuche dicht sein und vor allem muss der Kühlschrank immer komplett waagrecht stehen. Da der Gasbrenner eine Kontrollflamme braucht, darf auch kein stärkerer Wind wehen, sonst bläst er die Flamme aus und der Kühlschrank funktioniert nicht mehr. Man muss ihn also am Abend aus dem Auto räumen, sauber aufstellen und dann unten durch ein kleines Loch mit einem langen Zündholz die Flamme anzünden und gewährleisten, dass sie brennen bleibt. Das hat viele Jahre lang bedeutet, dass wir in der Nacht immer wieder mal aufstehen und die depperte Flamme kontrollieren mussten, vor allem bei Wind und Regen. Da überlegt man sich ob es ohne knechtenden Kühlschrank nicht viel entspannter wäre. Das Bier braucht man dann um den Kühlschrankstress wieder loszuwerden.
Dem Erfinder eines einfachen und robusten Campingkühlschranks garantiere ich den Nobelpreis und den ewigen Dank aller bierdurstigen Camper weltweit.

Mein Vater hat uns schon ein großes Hauszelt eingepackt, das wir aber nur brauchen, wenn Regen in Sicht ist. Dann ist es allerdings wirklich wichtig, weil wir bei einem länger dauernden Regenguss sonst nur im Auto sitzen könnten. Falls das Wetter schön bleibt, reicht ein Kuppelzelt für Philipp und mich, Thomy schläft wie immer im Toyota oben im Aufstelldach.

Es ist sehr heiß in Nairobi und wir machen bei unserem Haus in Lake View eine kleine Pause. Mein Vater geht im See schwimmen – dieser See ist der Hauptgrund weshalb er das Haus im Jahr 2000 gemietet hat. Weil der Inder, dem es gehört, ein ziemlicher Raffzahn ist, kostet das Haus inzwischen so viel Miete, dass mein Vater es an eine amerikanische Familie untervermietet hat.

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Bild: Am See

Wir hängen ein wenig mit Louis im Garten herum und überlegen, was wir noch alles einpacken sollten und was wir nicht brauchen.

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Bild: Thomy, Philipp und Louis

Am trockenen Rasen kann man gut erkennen, dass wir noch mitten in der Trockenzeit sind und wir hoffen, dass sie noch zwei Wochen anhält.
Die Einkaufstour gestaltet sich mühsam, da in meinem alten Lieblingssupermarkt die Hälfte der notwendigen Dinge nicht zu bekommen ist. Also fahren wir in den Village-Market um den Rest zu besorgen. Wir werden uns vor allem von Gemüse und Obst ernähren, beides gibt es hier in sensationeller und mit der europäischen Ware nicht vergleichbarer Qualität.
Nach den diversen Terroranschlägen der letzten Jahre gibt es in den Einkaufszentren verstärkte Sicherheitskontrollen – oder sagen wir besser: es sollte sie geben. De facto müsste man als potenzieller Terrorist schon sehr ungeschickt sein um sich davor abschrecken zu lassen. Wir treffen aber keine Terroristen und allen künftigen Kenia-Urlaubern und Urlauberinnen darf gesagt sein, dass es sich um ein sehr friedliches Land handelt. Nairobi würde ich von der Gefährlichkeit in einer Reihe sehen mit Mürzzuschlag, Mitterstockstall am Wagram und der Axamer Lizum.

Am Weg in den Village Market kommen wir an der Baustelle für den Northern Bypass vorbei. Dort bauen sie den noch fehlenden Teil der Ringautobahn rund um Nairobi. Das wird sehr dringend gebraucht und wird (wahrscheinlich unter Mithilfe der Chinesen) auch nicht mehr lange dauern. Die Schneise wird einfach mitten durch die Gegend gezogen. Ich glaube nicht, dass Enteignungsverfahren hier lange dauern und statt dem Gericht entscheidet hier ein Weisenrat aus Caterpillar, Planierraupe und Abrissbirne. Afrika ist anders und die Umweltverträglichkeitsprüfung noch nicht erfunden.
Die Umweltzerstörung ist in und um Nairobi sowieso immens, es wird überall gebaut wie verrückt, der Wald wird gerodet und Hochhäuser werden in kürzester Zeit in die Höhe gezogen. Das verursacht in mir eine Mischung aus Wehmut und Schwindel.

Noch jongliere ich mit meinen drei Geldbörsen (Kenia-Shilling, Dollar, Euro), aber bald wird sich noch eine vierte (Tansania-Shilling) hinzugesellen.
Nach den Einkäufen sind wir etwas erledigt, gehen aber am Abend noch gemeinsam mit Louis, Marion und Judy äthiopisch essen. Das gibt es bei uns zwar auch, in Nairobi hat es allerdings eine andere Qualität. Das Lokal liegt sehr versteckt und wirkt mit seinen Plastiksesseln und Plastiktischen ein wenig uncharmant. Das Essen ist jedoch sensationell und so viel, dass wir es trotz großem Hunger nicht aufessen können.
Auf einem großen Tablett liegt eine riesige Flade, die an eine dickere Palatschinke mit vielen kleinen Löchern erinnert – sie ist übrigens sauer. Darauf werden die Zutaten verschiedenster Art gelegt und man isst sie mit der Hand, indem man ein Stück einer Flade abreisst und die Zutaten damit ergreift. Das ist gar nicht so schwierig und ein echtes Erlebnis.

Den Abschluss des Abends macht ein Besuch im Gipsys, einer Bar, die an diesem Sonntag jedoch fast leer ist. Die Getränke sind deutlich teurer als in anderen, vergleichbaren Lokalen und wir werden in Zukunft wohl woanders hinfahren.

Ein langer Tag geht zu Ende, aber morgen geht es auf Safari.

Wieder in Afrika – Tag 1

Dieser Reisebericht besteht aus dem Bericht selbst, den dazu gehörigen Fotos sowie kleinen Exkursen über Randthemen.

Tag 1 – die Anreise

Zwei Jahre ohne Ostafrika sind einfach zu viel. Zu lang. Zu schwierig. Ich brauche eine gewisse regelmäßige Dosis dieser „dunkel lockenden Welt“ (so nannte Tania Blixen ihren Roman, der später als „Jenseits von Afrika“ verfilmt wurde und dessen Schauplätze ich gerne besuche).
Nun ist es wieder soweit. Die Helden von heute heißen Thomas, Philipp und Guido, wobei Thomas bereits im Jahr 2000 vom Afrika-Fieber gepackt wurde und diesmal auch schon das sechste Mal mitfährt. Philipp hingegen ist Neuling und entsprechend gespannt auf das, was ihn erwartet.

Exkurs: Die Deppensteuer
Ich zahle immer Deppensteuer. Das ist Geld, das ich aufgrund eigener Blödheit oder weil ich reingelegt werde einfach verpulvere. Weil ich das weiß, habe ich in jedem Reisebudget einen Posten für die Deppensteuer. Ich zahle selten zwei Mal die gleiche, aber die Afrikaner lassen sich immer was Neues einfallen.
Diesmal ist es anders, denn ich zahle sie schon vor Reiseantritt, quasi als Vorschuss. Die erste Summe entsteht durch meinen Schlendrian punkto Reisepass. Ich habe viel Zeit, weil die Gültigkeit noch bis August 2017 reicht und die Reise schon im März ist. Das glaube ich zumindest bis drei Tage vor dem Abflug, denn dann entdecke ich auf der Website des Konsulats den Hinweis, dass der Reisepass noch sechs Monate Gültigkeit haben muss. Dummerweise haben wir den Urlaub wegen Thomys Terminproblemen vom Februar in den März verschoben und so fehlen gerade mal zwei Wochen. Blöd, aber nicht tragisch, denn in der heutigen Zeit ist ein Reisepass blitzschnell ausgestellt.
So die Theorie. Der Blick auf die Website des Passamts belehrt mich eines besseren: Fünf Tage bis eine Woche dauert ein neuer Reisepass, der 80 Euro kostet. Glücklicherweise kann man sich auch einen Express-Reisepass ausstellen lassen, das kostet nur 20 Euro mehr und dann bekommt man ihn in drei Tagen.
Das könnte sich knapp ausgehen, aber eigentlich ist das Risiko zu groß. Glücklicherweise geht es in dringenden Fällen noch schneller, nämlich mit einem 1-Tages-Pass. Den bekommt man schon am nächsten Tag, dafür kostet er sportliche 220 Euro. Das wären dann die ersten 140 Euro Deppensteuer, ganz ohne afrikanische Beteiligung übrigens.
Die Dame am Magistrat ist sehr nett und achtet penibel darauf, dass das Foto genau stimmt und alle Formalitäten zwei Mal überprüft sind, damit ich auch tatsächlich am nächsten Tag den neuen Pass bekomme.
Der wird auch geliefert und zwar von einem speziellen Botendienst, der mittels Handy recht genau terminisierbar ist und an Flexibilität nichts zu wünschen übrig lässt. Kostet ja auch genug.
Die zweite Deppensteuer schmerzt genauso. Als ich die Flüge buche, lasse ich zwecks Vergleich mehrere Masken am Bildschirm offen. Dann kaufe ich den ersten Flug (von Nairobi nach Sansibar) und auch den zweiten (von Sansibar nach Dar Es Salaam). Leider fällt mir nicht rechtzeitig auf, dass ich zwei Mal den gleichen Flug buche, weil ich die falsche Maske erwische. Für drei Personen. Mit Kreditkarte bezahlt, also weg.
Glücklicherweise war es nur der kurze und relativ billige Flug von Sansibar nach Dar Es Salaam, aber weh tut das trotzdem. Macht übrigens 265 Euro Deppensteuer. (Thomy und Philipp sind allerdings so nett und bereit ihre doppelten Flüge selbst zu zahlen).
Die Fluglinie heißt übrigens „Precision Air“ und wird von Insidern „Unprecision Air“ genannt, angeblich aus gutem Grund. Den erfahre ich jetzt auch, denn mehrere Mails an die Fluglinie bringen genau gar keine Antwort.
Ich stehe also noch vor Reiseantritt bei 225 Euro oder mehr und bin gespannt, was noch alles dazu kommt.

Da der Flug mit der Swiss nach Nairobi über Zürich schon um sechs Uhr in der Früh geht, machen wir einen Vorabend-Checkin. Das hat sich bewährt, weil man erstens eine größere Auswahl an Sitzplätzen hat und zweitens in der Früh keinen Stress, da man nur mehr hinfährt, durch die Passkontrolle geht und ins Flugzeug steigt.
Thomy reist aus Klosterneuburg mit einem eigenen Flughafentaxi an, Philipp und ich wählen ein Car2Go, was wegen des schon aufgegebenen Gepäcks eine reizvolle Alternative darstellt.
Das klappt hervorragend und kostet heiße 20 Euro, die wir uns teilen. Am Flughafen gibt es ein eigenes Parkdeck, dessen Schranken die kleinen Smarts automatisch erkennt und durchfahren lässt.

Der Flug nach Zürich ist unspektakulär und dann ist mir auch noch das Sitzplatzglück hold. Ich kann einen Gangsitz ergattern, dessen Nachbarsitz frei bleibt. Ich bin zu groß und auch etwas zu breit für die Sitze in der Holzklasse, die jedes Jahr um gefühlte 2-3 cm enger und schmäler werden. Auf Langstreckenflügen (7 Stunden und 40 Minuten bis Nairobi) ist das ein wichtiges Kriterium, vor allem in der Nacht, wo ich zusammengequetscht und gefaltet und auch sonst komplett geknechtet normalerweise kein Auge zutun kann.
Das Visum holen wir uns bei der Einreise, die ich im Verdacht habe eine afrikanische Aussenstelle der amerikanischen NSA zu sein. Fingerabdrücke, ein eigenes Bild und skeptisch dreinblickende Polizisten lassen bei mir die Frage auftauchen, was zum Henker die mit all unseren Daten machen.
Dann endlich haben wir unser Gepäck und marschieren in die warme, duftende und zirpende ostafrikanische Luft hinaus, um unser vorbestelltes Taxi zu entern. Wie immer stehen geschätzte hundert Typen mit großen Namensschildern herum, doch unsere Namen sind nicht dabei. Ich habe extra zwei Mails an die Reisebürofirma Amicabre Travel geschickt, die zweite bereits mit der Bitte um Antwort bzw. Bestätigung. Ich kenne die Firma schon sehr lange und habe bisher immer gute Erfahrungen gemacht. Erst im Dezember haben sie meinen Bruder abgeholt und da habe ich auch keine Bestätigungsmail erhalte. Also dachte ich, dass das diesmal auch so wäre.
Glücklicherweise stehen ohnehin jede Menge Taxis herum und wir finden eines, das uns um 3.000 Khs nach Lake View bringt, was etwa so weit ist wie von Schwechat nach Neuwaldegg (wer´s kennt).
Das ist um 1.500 Khs weniger als das Taxi von Amicabre Travel gekostet hätte und ich habe langsam den Verdacht, dass ich für die letzten Jahre mein Deppensteuerbudget nachträglich noch aufstocken muss.
Der Umrechnungskurs ist derzeit extrem praktisch, denn 100 Kenia-Schillinge sind 1 Euro und gut 1 Dollar. So lässt es sich leicht rechnen.

Die Fahrt in die Stadt hinein hat für mich immer etwas Magisches, auch wenn sie über eine Art Autobahn führt und nicht sehr romantisch ist. Aber es sind die ersten Meter wieder in einem Land, das ich sehr ins Herz geschlossen habe, die ersten hupenden Autos, das erste Mal nach meist langer Zeit die afrikanische Luft, die so ganz anders ist als die europäische. Und doch ist es jedes Mal anders, weil sich die Stadt sehr schnell verändert, nachdem sie jahrzehntelang eher konstant war. Sie wächst ungeheuer schnell und die Industrieviertel und Gewerbebauten reichen inzwischen bis fast an den Flughafen, während vor ein paar Jahren hier noch da und dort ein Schrottplatz oder ein paar kleine Hütten zu sehen waren. Und es blitzt ständig. Die Blitze kommen von zahlreichen Masten, die über die Straße montiert sind. Auf meine Frage werde ich aufgeklärt, dass es das seit dem Besuch von Obama gibt und dass jeder Blitz ein Foto wäre. Eine Sicherheitsmaßnahme, die aber jetzt außer Betrieb wäre – es würde zwar noch geblitzt, aber dahinter wären keine Server mehr, die alles speichern würden.
Ich habe keine Ahnung ob das so ist, aber es wirkt etwas bedrohlich und verstörend.

Weniger verstörend ist die Aussicht auf einen tollen Urlaub. Weil es vom ersten Tag keine interessanten Bilder gibt, füge ich hier jetzt eines ein, quasi als Vorschuss auf die vielen Bilder der nächsten Tage. Es handelt sich um eine Thompson-Gazelle, die es in ganz Ostafrika gibt und die sich dadurch auszeichnet, dass sie besonders flink ist. Und sie schmeckt gut, zumindest Geparden, die sie gerne jagen. Davon wird später noch zu lesen sein.

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Bild: Thompson-Gazelle

Wir kommen gut voran, der übliche Stau ist nicht vorhanden, was einerseits an der Zeit liegt (Samstag Abend) und andererseits an der großen Ringautobahn, die jetzt fast schon ganz Nairobi umfasst, gerade mal im Nordwesten fehlen noch einige Kilometer, die aber schon in Bau sind. So wird der enorme Schwerverkehr umgeleitet, der von Mombasa kommt, Richtung Uganda weiter geht und früher komplett durch die Stadt fahren musste. Die Staus waren legendär und zum Teil sind sie das heute noch, da das Straßennetz in den 1960er und 70er Jahren angelegt wurde und auf 1/10 des heutigen Verkehrs ausgelegt ist.

Nach nur 45 Minuten sind wir in Lake View und beziehen zwei Apartments in den „Lake View Studios“. Irgendwie ist noch Durst übrig und so entern wir den bereit stehenden Toyota und fahren nach Westlands, um uns dort das eine oder andere Gin Tonic zu gönnen. Davor finden wir noch ein indisches Restaurant, das punkto Küche okay ist, als einzige Gäste vermissen wir aber doch ein wenig Flair.

Der erste Tag war anstrengend und geht hiermit zu Ende.

Secret Island

Also genau genommen heißt die Insel ja Zirje, aber irgendwie klingt das sehr unspektakulär.
Wir befinden uns mitten in Dalmatien und die Insel ist ca. zwölf Kilometer lang, hat ein paar kleine Orte und jede Menge Felsbuchten – so wie hunderte andere Inseln in Kroatien.

Ich bin zum Tauchen da und möchte den einzigen Urlaub des Jahres genießen, immerhin fünf Tage – wenn auch inklusive Hin- und Rückfahrt, wobei wir auch gleich am Beginn des Reiseberichts sind.
Ich war seit zwei Jahren nicht Tauchen und als mir Werner letzten November die E-Mail schickte, zögerte ich nicht lange, vor allem weil der Preis (499,- Euro) ausgesprochen akzeptabel war.

Abfahrt drei Uhr früh – nicht gerade meine Zeit, aber um elf Uhr ist Treffpunkt in der Marina von Tribunj und von dort geht es mit dem Schiff nach Zirje. Die Fahrt nach Bruck an der Mur verläuft unspektakulär und nachdem ich das Auto abgestellt habe, fahren wir mit drei Autos Richtung Kroatien – neun SteirerInnen und meine Wenigkeit. Am Zielort werden wir noch drei TirolerInnen treffen, insgesamt dreizehn Personen, davon neun mit Tauchambitionen.

Gelernte Österreicher schimpfen gerne über Autobahnmaut, aber Slowenien und Kroatien sind auch nicht gerade billig, bieten dafür jedoch ebenfalls gute Autobahnen. Vor allem das letzte Stück, das spektakulär die enorme Kante von den Bergen hinunter zum Meer überwindet, kann nicht billig gewesen sein.
Das Wetter ist durchwachsen und eher kühl, ändert sich aber sobald wir uns dem Meer nähern. Von den Bergen bläst die Bora und auf der Autobahn ist eine windbedingte Geschwindigkeitsbegrenzung von 40 km/h.

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Bild: Tribunj

Tribunj liegt zwischen Zadar und Sibenik und ist ein netter kleiner Ort mit einer Marina, in der auch unser Tauchboot liegt. Es ist ein ehemaliges Rettungsboot, das 1945 gebaut wurde, jahrelang am Grund des Meeres lag, dann aber eine zweite Chance bekam. Der alte Perkins-Dieselmotor lag ebenfalls jahrelang unter Wasser, was ihn aber nicht sonderlich beeindruckt hat. Angeblich hat die Maschine 75 PS, tuckert aber trotzdem nur sehr gemächlich dahin, die Fahrt von der Marina zur Insel dauert so knapp zwei Stunden.
Damit ist auch klar, dass das Tauchrevier eng begrenzt ist und sich hauptsächlich rund um unsere Bucht erstrecken wird.

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Die Tauchbasis wird von Marin und seiner Frau Sanja betrieben.

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Bild: Marin am Steuerstand des Tauchboots

Er ist ehemaliger Soldat, sie studiert Jus und gemeinsam haben sie zwei Kinder, die jedoch während der Arbeitswochen ausgelagert sind. Dazu gibt es noch eine Aushilfe für den Service und eine Köchin. Die Basis liegt malerisch in einer Bucht, die sehr gerne von Seglern angelaufen wird. In den Nächten lagen meist zwischen zehn und fünfzehn Segelboote an den zahlreichen Bojen. Die Bucht ist nicht billig und jeden Abend fährt der Zahlmeister mit dem Motorboot von Segler zu Segler und kassiert die Übernachtungsgebühren.

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Bild: Die Tauchanzüge hängen parat für den nächsten Tauchgang

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Bild: Die Bucht mit ein paar Segelschiffen

Diese sind nicht billig, aber die Bucht dürfte günstig liegen und so macht die Tauchbasis samt angeschlossenem Restaurant in den Sommermonaten ein gutes Geschäft.
Wir sind die vorletzte Tauchergruppe in dem Jahr, nach der letzten wird Ende September die Basis bis zum nächsten Frühling komplett zugesperrt.

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Bilder: Das Restaurant

Das Essen ist gut und für uns ist die Atmosphäre sehr familiär – man hilft beim Abräumen und diskutiert gemeinsam, was es am nächsten Abend Gutes gibt.
Die Zimmer sind okay, leider holt uns hier die südländische Schlampigkeit ein, mit der wir zwar irgendwie zurecht kommen, die aber manchmal einfach nur nervt. Mitten in der Tauchbasis gibt es einen Schacht, in dem das Wasser steht. Das ist die Brutstätte für Gelsen – vollkommen unnötig, auf dieser wasserarmen Insel wäre es ein Leichtes vollständig ohne die Plagegeister auszukommen. Ein Netz über den Schacht und alles wäre erledigt. Oder wenigstens Moskitonetze an den Fenstern. Selbst einfache und billige Lösungen werden einfach nicht umgesetzt, obwohl man mit wenig Aufwand allen künftigen Gästen ruhige Nächte ermöglichen könnte. Da in der Nacht der Generator abgeschaltet wird, gibt es auch keinen Strom für Gelsenstecker.
Das mit dem Strom und dem Wasser ist überhaupt so eine Sache. Ersteren gibt es nur in der Früh und am Abend und somit ist sonst Pause für alle elektrischen Geräte. Die Küche kocht mit Gas und irgendwie funktioniert das alles eh ganz gut. Auch Wasser hatten wir genug, es wird mit einem Tankschiff auf die Insel gebracht und man bittet uns sparsam zu sein. Die Dusche ist aber okay und der Komfort aus meiner Sicht vollkommen ausreichend.
Regenwasser aufzufangen und zu nützen ist ihnen noch nicht eingefallen – obwohl es durchaus immer wieder regnet.

Weil wir pro Tag nur eine Ausfahrt mit dem Tauchboot machen, sind die Nachmittage frei für Erholung, das eh selten mögliche Nichtstun oder einen Spaziergang auf der Insel. Ich nütze die Gelegenheit jeden Nachmittag und erkunde das zwölf Kilometer lange Zirje, auf dem es genau eine Asphaltstraße gibt. Sie führt von Nord nach Süd und ist in sehr gutem Zustand, wohl auch weil sie selten befahren wird.

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Bild: Die Asphaltstraße

Sie führt über Hügel und durch kleine Täler, in denen Oliven und Wein angebaut werden. Es wirkt alles nicht sehr engagiert, die Weinstöcke sind in schlechtem Zustand und auch die Olivenhaine wirken eher vernachlässigt bzw. es sieht so aus, als ob sie gerade mal für den Eigenbedarf da wären. Es gibt eine Handvoll winziger Ortschaften, die bis auf eine (nämlich Zirje selbst) an der Küste liegen. Die meisten Menschen dürften vom Tourismus leben und es gibt eine größere Anzahl an Privathäusern, die Kroaten gehören, die am Festland leben. Es sind klassische Wochenendhäuser und sie wirken die meiste Zeit unbewohnt und sind es wohl auch.
Eine Besonderheit der Insel besteht darin, dass die meisten Autos dort keine Nummerntafeln haben. Sie werden vom Festland auf die Insel gebracht und tun dann noch einige Zeit ihren Dienst. Wenn sie kaputt sind, holt man die nächsten alten Kisten vom Festland. Die Wracks bleiben dann irgendwo stehen, so wie viele andere Dinge, die als Zivilisationsmüll auf der Insel verrotten, weil niemand das Geld bezahlen will um sie ans Festland zu entsorgen.

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Bild: Ein alter Zastava

Kroatien ist katholisch und so gibt es auch hier da und dort kleine Kirchen und Kapellen. Die meisten alten Gebäude sind aus den Steinen gebaut, die man auf der Insel zur Verfügung hat. Nur die modernen Ferienhäuser der wohlhabenderen Kroaten sind großteils aus modernen Materialien gebaut (Stahl, Beton).

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Bild: kleine Kirche

Zur Insel kommt man nur mit dem Boot, die Fahrt von Tribunj dauert ca. 100 Minuten. In den Buchten der kleinen Dörfer liegen die ebenfalls kleinen Boote, eine kleine Fähre gibt es auch, die nach Sibenik fährt.

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Bild: kleine Boote in einer Bucht

Die Zeit scheint auf Zirje teilweise stillzustehen und es hängt überall ein Echo der Vergangenheit in der Luft. Die alte Lebensform als Fischer und Hirte ist Geschichte und ich habe keine einzige Ziege und auch kein Schaf irgendwo gesehen. Hie und da fährt noch ein alter Fischer mit seinem Boot hinaus, aber auch das ist selten und ich hatte das Gefühl, dass die Zeit doch über Zirje hinweggerauscht ist. Zurück bleiben alte Menschen, die ihre letzten Olivenhaine bewirtschaften.

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Bild: verrottendes altes Fischerboot

Und dann gibt es da noch die Mauern. Laut unserem Tauchguide Marin sind daran die Österreicher Schuld, die vor langer Zeit einen Landkataster erstellt und dafür das Land vermessen haben. Danach gab es „meins“ und „deins“ und um das darstellen zu können, begann man Mauern zu bauen. Am folgenden Bild sieht man diesen Irrsinn, den es nicht nur hier auf dieser Insel gibt:

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Bild aus Google Earth: Mauern

Die Mauern hatten früher einen Sinn, da sie kleine Weidegründe absteckten und den Bauern ihr Stück Land zuwiesen. Es muss ein ungeheurer Aufwand gewesen sein all diese Mauern zu bauen. Heute wirken sie wie Relikte aus der Vergangenheit und sind es wohl auch. Da sie aus den Steinen der Inseln sind, verrotten sie nicht und werden wohl noch in Jahrhunderten zu sehen sein. Sie sind aber auch das Symbol einer verkehrten Entwicklung, denn das Mauerndenken hat sich tief in die kroatische Seele hineingefressen, wie auch Marin richtig erkannt hat. Der Eigentumsbegriff wird hier pervertiert, was gut an den vielen Häusern zu erkennen ist, die von den Kroaten hier gebaut werden. Am folgenden Bild sieht man so ein Haus, das irgendwo ganz allein auf einem Hügel steht. Rundherum sind nur Büsche und Mauern, aber der Erbauer hat großen Wert auf Zäune, Gittertore und andere Abgrenzungen gelegt – und nicht nur er, das machen hier alle:

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Bild: eingezäuntes Haus

Auch der Autoabstellplatz wirkt skurril, denn rundherum gibt es jede Menge freien Platz, der überhaupt nicht gebraucht wird. Aber vielleicht gehört er ja jemand anderem. Noch skurriler wird es, wenn man die frisch erschlossenen Grundstücke ansieht. Bevor irgendetwas geschieht, wird zuerst einmal eine große Mauer rundherum gebaut, wie auf folgendem Bild gut zu erkennen ist:

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Bild: Mauer

Wer will hier wohnen bzw. leben? Offensichtlich nicht mehr viele, denn die Insel hat weder Wasser noch Strom, der hier ausschließlich aus Dieselgeneratoren und ein wenig Solarstrom erzeugt wird. Es fehlt das Geld für eine Lösung für die ganze Insel und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sich das so bald ändern wird. So wird jeder für sich weitermachen mit seiner Individuallösung und auf der Insel wird sich außer wachsenden Müll- und Schrottbergen wohl nichts ändern.

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Bild: Hier gibt es Land zu kaufen

Einer meiner Ausflüge führte mich auf einen Hügel, der bis vor einiger Zeit militärisch genutzt wurde. Im WK2 waren hier die Deutschen stationiert und einige Kilometer weiter auf der Insel Vis (früher „Lissa“) waren die Alliierten. Es gibt eine Bunkeranlage und man sieht noch gut die Befestigungen der Geschütze, die es hier aber schon länger nicht mehr gibt. Die gesamte Anlage ist aufgegeben und wird nur noch von Touristen besucht.

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Bild: Ausblicksturm

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Bild: Befestigung der Geschütze

Der Marsch auf den Hügel ist aber vor allem wegen des großartigen Ausblicks lohnend. Richtung Norden sieht man die südlichsten Kornateninseln (dort wäre das Tauchen genial, aber sie sind für unser Boot zu weit weg und wir hatten auch nicht die Spezialgenehmigungen, die man dafür braucht).

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Bild: Kornaten

Der Blick Richtung Südosten zeigt unsere Bucht mit ein paar Segelbooten:

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Bild: Die Bucht von Tratinska

Nun zum Tauchen. Ich war vorher noch nie auf oder bei Zirje und kannte die Spots somit nicht. Der Nachteil an den langsamen Tauchbooten besteht darin, dass die Reichweite sehr gering ist – zu einer kleinen Insel nicht weit weg fährt man gleich einmal eine Stunde oder zwei. Damit ist die Anzahl der betauchbaren Plätze natürlich eingeschränkt und viel mehr als 3-4 Tage zahlen sich auch nicht aus.
Wir hatten am Mittwoch einen Checkdive und dann am Do, Fr, Sa jeweils zwei Tauchgänge, die beide am Vormittag bzw. zu Mittag erledigt wurden. Am Donnerstag gab es zwei leichte Tauchgänge in einer Nachbarbucht, über die wenig zu sagen ist, außer dass es erstaunlich wenige Fische gibt. Das bin ich von Kroatien doch anders gewohnt, denn das Meer ist immer noch sehr sauber und wird meines Wissens nach auch nicht extrem befischt – aber vielleicht hat sich das geändert. So ein kleiner Schwarm wie am folgenden Bild war nur selten zu sehen:

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Bild: Schwarm an einer Steilwand

Bei einem Tauchgang konnten wir auch eine Amphore entdecken. Es blieb aber unklar, wie alt sie sein kann. Es gibt in Kroatien noch einige antike Amphorenfelder, etwa bei der Insel Vis, wo sie aufgrund des ehemaligen militärischen Sperrgebiets nicht geplündert wurden.
Der mangelnde Bewuchs deutet allerdings darauf hin, dass diese Amphore einen anderen Ursprung hat:

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Bild: Amphore

Generell waren wir ein wenig enttäuscht vom nur mäßig reichen Unterwasserleben. Einige Highlights gab es dann aber doch, etwa dieser Feuerwurm, der öfter zu sehen war. Auffällig war auch die hohe Anzahl an verschiedenen Seesternen und Seeigeln.

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Bild: Feuerwurm

DAS Highlight schlechthin ist dort jedoch der Stuka-Bomber (Eine Junkers JU 87) aus dem zweiten Weltkrieg. Er wurde erst im Herbst 2014 bei einem Apnoe-Lehrgang entdeckt und ist daher noch in gutem Zustand. Er ist genauer gesagt in hervorragendem Zustand, denn er liegt flach im Wasser auf ca. 30 Meter Tiefe und dürfte seinerzeit angeblich von der jugoslawischen Luftabwehr abgeschossen worden sein und ist dann abgestürzt.
Wie das genau passiert ist, kann nicht mehr rekonstruiert werden, aber ich schätze, er ist am Wasser aufgekommen, dann hat es den Motor abgerissen – er liegt einige Meter vom Flugzeug entfernt. Die Piloten konnten wahrscheinlich noch aussteigen, weil die Kabinendächer offen sind. Dann ist der Bomber auf den Meeresgrund gesunken und lag dort ca. 75 Jahre.

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Bild: Stuka-Bomber

Es gibt übrigens laut einem Tauchguide nur mehr drei Stück, eines davon in London, eines in Chicago und eines jetzt eben in Kroatien. Ich schätze, dass davon in ein paar Jahren nicht mehr viel übrig sein wird, wenn bestimmte Leute anfangen Teile zu demontieren. Wir wurden auch gebeten, dass wir uns nicht auf den Sitz setzen, denn wenn das jeder macht, ist bald alles kaputt.
Am folgenden Bild sieht man den Motor, ein 12-Zylinder (Jumo 211 mit bis zu 1.500 PS), bei dem aber scheinbar der Zylinderkopf abmontiert oder abgerissen wurde. Es ist trotzdem erstaunlich, wie gut die Teile noch in Schuss sind – das gilt für das gesamte Flugzeug. Damals zu Beginn des Krieges verwendete man in der deutschen Rüstungsindustrie scheinbar exzellente Materialien. Die Alu-Bleche der Flügel sind nahezu unbeschädigt und auch die Stahlteile sind nach immerhin 75 Jahren noch enorm gut erhalten.

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Bild: Motor

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Bild: Guido vor der tw. eingedrückten Kabine.

Am folgenden Bild sieht man den Sitz des Piloten samt dem Steuerknüppel. Sogar diverse Anzeigeinstrumente sind vollständig erhalten, das ganze Flugzeug ist nur wenig bewachsen.

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Bild: Pilotensitz

Der Schütze saß nach hinten gerichtet und bediente ein Maschinengewehr, das durch die runde Öffnung ragte. Es dürfte abmontiert worden sein.

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Bild: Heck der Stuka-Kabine

Heute wirft der Bomber keine Bomben mehr ab, sondern dient Fischen als Wohnstätte, wie etwa diesem Drachenkopf:

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Foto: Drachenkopf

Die weiteren Tauchgänge blieben auch unspektakulär, bei einem alten Leuchtturm waren wir jedoch bei einer sehr interessanten Steilwand, die schon an die Kornaten erinnert: guter Bewuchs, viele kleine Höhlen mit Sandboden, in denen man hin und wieder Hummer oder Langusten sieht.

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Bild: Steilwand, tw. mit roten Gorgonien bewachsen.

Am Sonntag in der Früh ging es wieder zurück nach Wien. Es war ein schöner Urlaub, erholsam, mit gutem Essen und ein paar interessanten Tauchgängen. Mein einziger Urlaub heuer.

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Bild: Rückfahrt nach Tribunj

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Bild: Abendstimmung in Dalmatien

Mit der Vespa nach Kroatien

Seit dem Tod vom alten Herrn Kudlicka möchte ich sein Grab in Rijeka besuchen. Selbstverständlich geht das nur mit einer alten Vespa, also plane ich seit mehr als zwei Jahren eine Tour an´s Meer.
Albert Kudlicka wurde 81 Jahre alt und stand bis wenige Monate vor seinem Tod noch im Geschäft. Vespa war sein Leben. Ich durfte ihn ca. eine Woche vor seinem Ableben in der Palliativ im Wilhelminenspital besuchen, wo er mir etliche interessante Geschichten aus seinem Leben erzählte – etwa seine Vergangenheit als Münzsammler. Er legte so die Basis für sein späteres Einkommen und stammt – wenn ich mich richtig erinnere – aus einem kleinen Ort namens Bakar etwas südlich von Rijeka.
Ich durfte mir ca. eine halbe Stunde ein Video von seinem traumhaften Haus in Medveja ansehen, während er schlief und dann eine Suppe aß, die ihm sein Mechaniker ins Krankenzimmer geschmuggelt hatte („viel besser als das, was sie hier haben“).

Eine Woche später schied er aus dem Leben und ich hatte die Ehre, eine kleine Rede auf seiner Seelenmesse am Ottakringer Friedhof zu halten. Links saß die Familie, rechts saßen die Vespafahrer. Herr Kudlicka wurde eingeäschert und dann am Friedhof von Rijeka beigesetzt.

Ich war in den 1990er oft in Kroatien und erinnere mich noch gut an das erste Wochenende, als ich mit meinen Freunden Gabor und HiHo im ausgeborgten Audi meines Vaters nach Istrien fuhr. Ein Freund von Gabor hatte damals ein kleines Bauernhaus gekauft, in dem wir die zwei Nächte wohnen durften. Es lag in „Sveti Anton“ (St. Anton), einem winzigen Bergdorf oberhalb von Mosenicka Draga. Als wir damals im Sommer 1993 dort ankamen, stellte es sich als bessere Ruine heraus, ohne Sanitäreinrichtungen, Wasser oder Strom. Wir waren aber zum Tauchen dort und außerdem ein wenig jünger als heute und hielten es auch ohne Luxus gut aus.
Am letzten Tag spazierten wir durch Medveja und Gabor sah sich ein schönes Schiff näher an. Es lag an der Mole und er lernte Jani kennen, einen Slowenen, der mit seiner Wiener Frau eine Tauchbasis betrieb. Das Schiff (die „Vranjak“) hatte er gepachtet und unternahm damit Tauchsafaris an der dalmatinischen Küste.
Auf diesem Bild sieht man die Mole, an der die Vranjak damals lag:

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Die traumhafte Villa oberhalb der Mole ist die Villa Susmel, wahrscheinlich das schönste Haus in der ganzen Gegend, weil sie in unglaublich toller Lage liegt, genau am nördlichen Kap der Bucht von Medveja, mit riesigen Grundstück und eigenem Meerzugang.
Jani hatte auch diese Villa gemietet und wir verbrachten dort einige Tauchurlaube und sogar Silvester 1994.
Ca. 1997 musste Jani die Villa aufgeben, danach befand sich darin eine Computerfirma und heute ist sie in privater Hand. Hier ein Bild, das ich von der Straße aus geschossen habe:

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Viele Jahre lang wollte ich wieder nach Kroatien fahren und versuchte immer wieder eine Kreuzfahrt auf der Vranjak zu organisieren, die inzwischen von Jani´s Sohn betrieben wird, doch es wurde nie was draus.
Dann hatte ich die Gelegenheit am 40. Geburtstags meines lieben Vespa-Freundes Hannes ausführlich mit Sergio zu plaudern, dem Schwiegersohn von Albert Kudlicka. Ich kannte ihn bisher nur als eher mürrischen Typen, seines Zeichens seit immer schon die Nr. 2 im Geschäft vom alten Kudlicka. Viele glauben bis heute, dass er der „Radakovits“ ist, der ehemalige Geschäftspartner, mit dem der Kudkicka seinerzeit in den 1970ern das Geschäft gegründet hat.
Ich erfuhr, dass die Familie von Sergio aus Sveti Anton stammt und er selbst ein Haus in Mosenicka Draga hat. Und dass die Villa vom Albert Kudlicka keine 100 Meter neben der Villa Susmel steht. So schließen sich die Kreise und so entstand auch der Gedanke – schätzungsweise im Frühjahr 2013 – wieder einmal dorthin zu fahren.
In den darauf folgenden beiden Sommern klappte es nicht, denn ich hätte jeweils alleine fahren müssen und außerdem hatte ich keinen Motor in meiner Vespa, dem ich ausreichend vertraut hätte. Nach der stressigen Rom-Reise 2012 hatte ich außerdem beschlossen, dass ich so weite Strecken nicht mehr allein fahren möchte. Dazu kamen letztes Jahr noch die drei bitteren Todesfälle in meinem Freundeskreis, die mich im Sommer beschäftigten.
Und dann kam 2015. Schon im Frühling schrieb ich mein Interesse an der Tour ins Internet und etliche Freunde meinten, da würden sie gerne mitfahren. Da wir aber in einer Zeit der Unverbindlichkeit leben, blieb am Schluss wieder ich alleine übrig.
Doch dann fiel der Entschluss: ich fahre! Da der von mir neu aufgebaute Polini-Motor zwar sehr gut lief, sich aber trotzdem irgendwie nicht gut anfühlte (schwierig zu beschreiben, „überlastet“ obwohl er es nicht sein sollte, viel zu helle Zündkerze…) beschloss ich am Vortag noch einen Standard-200er einzubauen. Den hatte ich startfertig daheim liegen und vor zwei Jahren auch schon getestet. Damals lief er problemlos

An dieser Stelle wird ein kleiner Einschub fällig, zumindest für diejenigen, die meine Rom-Reise nicht kennen. Alte Vespas sind tendenziell anfällig, weil die modernen Ersatzteile oft von schlechter Qualität sind und sich außerdem hin und wieder Fehler einschleichen. Auf meiner Rom-Reise hatte ich insgesamt 11 Pannen und das wollte ich um jeden Preis vermeiden. Die Sprint-Vespa ist mein Tourenfahrzeug und soweit gut in Schuss. Blieb noch die Frage nach dem richtigen Motor.
Beim bisher eingebauten Polini-Motor hatte ich nie ein wirklich gutes Gefühl. Das bedeutet, dass ich beim Fahren ständig auf den Motor höre: kreischt da etwas? Scheppert da irgendwo was? Klingelt der Motor? Stottert er oder vibriert er mehr als üblich? Fühlt er sich zu heiß an? Was ist auf einmal dieses komische Dröhnen? Was wird an der nächsten Steigung passieren?
Diese und noch mehr Ängste und Gedanken machen mich fertig. So will ich nicht weite Strecken fahren. Rund um Wien – kein Problem, da kann ich mir immer irgendwo helfen. Wenn aber irgendwo in Slowenien mitten im Nirgendwo der Motor seinen Geist aufgibt – so etwas hatte ich schon, so etwas will ich nicht mehr. Natürlich geht die Welt nicht unter und ein gewisses Risiko bleibt immer, aber bereits in Wien mit einem Motor wegfahren, dem ich überhaupt nicht vertraue – sicher nicht.
Also wurde umgebaut, mein lieber Freund Bobby half mir dabei und nach drei Stunden war die Vespa reisefertig. Als Auspuff wählte ich einen gebrauchten SIP Road 1. Serie, den ich gut kenne und der ein wenig kerniger klingt und geht als der originale.

MITTWOCH

Mittwoch früh, ich stehe gegen 06.30 auf und komme ca. um 07.15 weg. Die geplante Route führt mich ohne Autobahn bis nach Klagenfurt, meinem heutigen Tagesziel. Die Vespa springt gut an und schnurrt brav dahin, wenngleich ich jetzt schon merke, dass der Kraftverlust gegenüber dem Polini-Motor erheblich ist. Das stört aber nicht, denn ich habe sowieso vor eher gemütlich zu fahren, also so 80 km/h mit Tendenz leicht nach oben, schließlich will ich irgendwann auch ankommen.
Ich muss noch zwei Bücher zur Post bringen, doch die hat noch zu und ich verlasse Wien.

Enorm ist der Temperaturunterschied zwischen der Stadt und außerhalb. Ich bin wie seinerzeit bei der Rom-Reise nur mit meiner Airflow-Jacke bekleidet, die unglaublich genial bei Hitze und unfahrbar bei Kälte ist. Ich fahre diesmal mit sehr wenig Gepäck, die dichte Regenjacke ist aber dabei und leistet jetzt gute Dienste.
Über Auhof fahre ich nach Wolfsgraben, dann über Gruberau und Klausen-Leopoldsdorf meine Rom-Route von vor drei Jahren. Dann jedoch schlage ich eine andere Route ein und fahre über Laaben und die Klammhöhe nach Hainfeld. Dort läuft mir ein freundlicher Postler über den Weg und wenige Minuten später ist der letzte Ballast weg, die Fahrt kann weitergehen.
Es wartet die berühmte Kalte Kuchl, vor der viele Motorradfahrer seit vielen Jahren Respekt haben, weil es dort erstens eine 70er-Beschränkung gibt und diese zweitens sehr rigoros überwacht wird. An sonnigen Sonntag-Nachmittagen kann man einen ganzen Haufen geparkter Motorräder finden, die alle ohne Nummerntafel herumstehen.
Mich interessiert das wenig, denn mit der Vespa komme ich eh nicht über die 70. Die Fahrt ist angenehm, ganz jedoch kann ich meine Angewohnheit, irgendwie ständig oder zumindest öfter auf den Motor zu hören, nicht ganz ablegen. Ich hoffe, dass sich das mit der Zeit gibt und sich Vertrauen in den Originalmotor einstellt.
Hier ein Bild von meiner kurzen Rast in der Kalten Kuchl. Vespas sind hier eher selten zu sehen.

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Die Höchstgeschwindigkeit der Sprint liegt bei knapp über 90 und sogar da wirkt sie schon am absoluten Ende der Fahnenstange. Der Motor dreht im 2. und 3. Gang gut rauf, nur oben ist dann Schluss, die Vierte dreht lange nicht so frei wie sie müsste (trotz 118 Hauptdüse, eh klein für den SIP Road). Mein Verdacht richtet sich gegen den Auspuff – wenn der verlegt ist, ergibt es genau diese Symptome. Spielt aber keine Rolle, ich kann das jetzt eh nicht ändern. Vielleicht putzt er sich ja frei.

Über St. Aegyd am Neuwalde geht es nach Mariazell, wo der erste Tankstopp fällig wird. Bisher ist es eine völlig problemlose Fahrt über eine absolut empfehlenswerte Strecke. Die Vespa mit ihrer Gepäckrolle hinten drauf ruft fast überall freundliche Gesichter hervor, sogar ein paar schnelle Motorradfahrer haben mich gegrüßt.
Über Gußwerk geht es weiter nach Wildalpen. Das ist eine meiner alten Motorrad-Lieblingsstrecken, eine Kurvenorgie ohne Ende. Weniger spannend ist dann das Gesäuse und in Admont wird es Zeit für eine Mittagspause. Beim Nah&Frisch sind alle mit mir per Du und ich merke, dass ich schon echt weit weg bin von Wien.
Nach einer eher kurzen Pause treibt es mich weiter. Über eine tolle Bergstraße geht es nach Trieben. Auf der Passhöhe befindet sich ein kleines Skigebiet, das scheinbar gerade für eine Beschneiungsanlage umgebaut wird. Das ist ein unglaublicher Eingriff in die Naturlandschaft, nicht nur der riesige Wasserspeicher, das folgende Bild zeigt nur einen Ausschnitt der großflächigen Zerstörung:

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Schon in Mariazell hab ich das erste Mal meinen Nacken gespürt. Ich kenne das leider schon von der Romreise, dass sich durch die Sitzhaltung bei meiner Größe und der für Italiener gebauten Vespa die Nackenmuskeln verspannen und dann bis zum Ende des Tages schmerzen. Ich mache immer wieder kleine Entspannungsübungen, aber das hilft nur wenig. Eine zeitweise Veränderung der Sitzposition bringt auch ein wenig, aber eben nicht viel. In Trieben wird der nächste Tankstopp fällig, danach geht es auf die große Bundesstraße Richtung Hohentauern. Diese Strecke habe ich viel weniger steil und auch weniger kurvig in Erinnerung – aber ich bin sie das letzte Mal vor über zehn Jahren mit einer Aprilia Pegaso gefahren und der Vergleich ist nur bedingt sinnvoll.
Trotzdem: bisher eine großartige Strecke und der Motor hält, wenngleich er auch bergab nicht über 110 zu bringen ist, das ist eindeutig um 10 bis 15 km/h zu langsam für einen Standard-200er. Wie auch immer, ich kann es nicht ändern und will auch nicht anfangen, irgendwo herumzuschrauben.
Dann geht es auf der mir gut bekannten Strecke nach Scheifling und hinauf zum Perchauer Sattel. In Neumarkt zweige ich links ab und fahre nicht die normale Route nach Klagenfurt, weil die eher fad ist. Von Neumarkt geht es über Brückel eine sehr nette Strecke bis direkt nach Klagenfurt – absolut empfehlenswert. Besonders interessant: Gefühltermaßen geht es nur bergab, ich hatte den Eindruck, ich könnte selbst bei einem Motorschaden fast bis Klagenfurt rollen.
Bei der Ortseinfahrt hupt mich ein Autofahrer an. Als ich mich umdrehe, zeigt er mir den Daumen nach oben – das sind die kleinen Momente, wo die Schmerzen im Nacken nachlassen und auch der Hintern nicht mehr so weh tut.
Die Regenjacke habe ich bis nach Hohentauern getragen, jetzt ist es sehr warm und die Airflow-Jacke erledigt ihren Job bravourös. Nur bei der knielangen Hose bin ich mir nicht sicher, ob ich mir nicht das eine oder andere Insekt einfange, das wäre eher weniger angenehm, so ein Wespenstich in die Weichteile…
Egal, ich riskiere das einfach.

Ein bis zwei Mal hatte ich heute schon leichte Warmstartprobleme, aber die sind jetzt auch verschwunden, der Motor hat gut bis Klagenfurt gehalten und zeigt keine Veränderung, was ich als gutes Zeichen interpretiere.
Meine Gastgeber Norbert und Ute haben mich lange nicht gesehen und gemeinsam fahren wir noch mit dem Radl am Ländkanal bis zum Loretto-Strandbad, um ein kühles Bad im Wörthersee zu nehmen. Das entspannt auch den Nacken ein wenig und ich bin froh, den ersten Tag gut überstanden zu haben.
Im Gegensatz zu Wien kühlt es in Klagenfurt in der Nacht ein wenig ab und so schlafe ich gut und fest.

DONNERSTAG

Ich merke leichtes Reisefieber, das wirkt sich bei mir in absoluter Appetitlosigkeit aus. Glücklicherweise brauche ich bis zu Mittag kein Essen und breche gegen 8 Uhr auf. Die Luft ist kühl und erfrischend, diesmal habe ich die Regenjacke schon bei der Abfahrt angezogen. Jetzt wartet der Loibl-Pass auf mich, den ich das letzte Mal vor 19 Jahren gefahren bin. Damals sind wir von einer langen Tauchtour zurück gekommen und ausnahmsweise über Klagenfurt heimgefahren. Es war mitten in der Nacht und es gab keine Grenzposten – die hatten sich alle schlafen gelegt. Wir blieben stehen, warteten eine Weile und fuhren dann einfach weiter.
Der Loibl ist sehr steil und kurvig, aber schön zu fahren.

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Auf der slowenischen Seite gibt es ein Kriegsdenkmal, denn die Straße wurde seinerzeit mit Zwangsarbeitern errichtet.

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Auf dem Parkplatz davor steht ein uralter Opel Rekord Caravan (ein „C-Rekord“), mit einem Hänger, auf dem zwei Mopeds stehen. Das junge Pärchen versucht gerade die Kiste wieder flott zu bekommen und der holländische Fahrer erzählt mir, dass sich die Gänge nicht mehr schalten lassen. Außerdem würden sich ständig die Ventile verstellen, aber er bekäme das schon in den Griff. Schließlich müssten sie heute nur noch bis Holland und er meint, wenn er unter das Auto kriecht, kann er den dritten Gang manuell einlegen und dann damit durchfahren. Ich erkläre ihm, dass es bis zur Passhöhe nicht mehr weit ist und gebe ihm noch Info über die Straßenbeschaffenheit danach.
Dann geht es hinunter nach Kranj, die Straßen sind sehr gut und ich habe mir eine Route quer durch Slowenien ausgesucht. Auch diesmal werde ich nicht enttäuscht, es sieht ein wenig aus wie in der Steiermark, alles ist sehr sauber, gepflegt und die Landschaft ist durch kleinstrukturierte Landwirtschaft geprägt. In jedem größeren Ort gibt es einen Hofer, einen Lidl, einen Spar und eine OMV-Tankstelle. Oft auch eine Burg.

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Ich durchquere einige kleinere Orte (Skofia Loka, Gorenja vas und Ziri) und muss mit dem einzig schlechten Straßenstück überhaupt kämpfen (zwischen Ziri und Logatec). Mein Zwischenziel ist Postojna, wo ich auch den nächsten Tankstopp einlege. Ab da brauche ich die Regenjacke nicht mehr, es ist wieder sehr heiß und ich fahre ab jetzt direkt in südlicher Richtung. Bei Pivka gibt es eine kleine Abzweigung, die zu einer ziemlich bekannten Abkürzung führt, nämlich durch den slowenischen Karst rund um den Ort Knezak. Diese Abkürzung sind wir in den 1990ern immer gefahren, manchmal auch in der Dunkelheit, was irgendwie eine ganz eigene Atmosphäre hat. Etwa in der Mitte der Strecke fährt man auf einen einsamen Friedhof zu und kurz davor kommt eine scharfe Kurve – es ist wie in einem Videospiel. Die Abkürzung geht bis Ilirska Bistrica und ist 16 km lang. Irgendwo auf der Strecke mache ich Mittagspause und esse eine Wurstsemmel. Die Nackenschmerzen sind verlässlich und pünktlich zur Stelle und weigern sich wieder abzuhauen.

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Vor vier Jahren sind wir zur exakt gleichen Zeit nach Krk zum Tauchen gefahren, Mario, mein Bruder und ich. Damals dachten wir beim Stau in Ilirska Bistrica an eine Ampel, eine Baustelle oder einen Unfall, bis wir feststellen mussten, dass es der bis hierher zurück reichende Grenzstau war, satte zehn Kilometer im Schritttempo. Das werde ich nie vergessen.
Diesmal ist alles frei, wobei mich ein Stau mit der Vespa eh nicht interessiert hätte. Aber so denke ich mir, dass es nicht schwer sein wird in Baska (mein Zielort für heute) ein Quartier zu finden. Vor vier Jahren waren wir mitten im Ferragosto und hatten Problem unser reserviertes Quartier auch zu bekommen.
An der Grenze gibt es noch zwei echte Passkontrollen, dann bin ich in Kroatien. Weil ich nicht auf der Autobahn fahren will, wähle ich die schlecht beschilderte Abfahrt und hoffe, dass ich richtig liege.
Die Kroaten und auch die Slowenen wollen mit ihrer Beschilderung offensichtlich bewirken, dass man auf der mautpflichtigen Autobahn fährt bzw. bleibt. Ich lasse mich davon nicht beeindrucken und finde die richtige Bundesstraße (Nr. 8), die mich hinunter nach Rijeka führt. Aber auch dort gerate ich am südlichen Ende der Stadt in die Autobahnfalle und bin plötzlich in einem Zubringertunnel. Ich muss an dieser Stelle erwähnen, dass ich mit der alten Vespa äußerst ungern Autobahn fahre. Erstens kostet es sinnlose Maut und zweitens ist es bei einer Panne irgendwie noch unangenehmer als auf einer Landstraße. In diesem Fall ist es doppelt blöd, weil ich keine Vignette habe und im Falle einer Panne dadurch wahrscheinlich ein ernsthafteres Problem.
Ich komme jedoch ungeschoren bis zur nächsten Abfahrt und nehme diese, um wieder auf die Bundesstraße zu kommen. Ich kenne sie noch von vor vier Jahren und fahren hinunter nach Bakar, dem eigentlichen Heimatort von Albert Kudlicka. Dort ist es nicht sehr lauschig, weil es ein größeres Öllager gibt und die gesamte Bucht nach Mineralöl riecht. Genau dort unten befindet sich der kleine Ort Bakarac, in dem ich eine kleine Pause einlege.
Es ist inzwischen extrem heiß und ich gönne mir eine kalte Flasche Mineralwasser. Der nette Kellner grinst und bringt mir eine Römerquelle.

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Endlich am Meer! Ich weiß, dass es bis Krk nicht mehr weit ist und wähne mich schon am Ziel. Genau genommen ist dieses Ziel der „Saloon“, ein sensationelles kroatisches Lokal, dessen Essen reichlich, hervorragend und günstig ist. Dort haben wir vor vier Jahren vorzüglich gespeist und dort ist mein heutiges Etappenziel.
Also nichts wie hin. Die Vespa läuft sehr brav und ich komme zur Mautstelle an der Brücke, die über den Velebitkanal führt und Krk mit dem Festland verbindet. Der nette Kassier fragt mich, ob ich mit der Vespa aus Österreich bis hierher gefahren bin und schüttelt lächelnd den Kopf.
Die Straßen sind auf Krk hervorragend, was sich in den letzten vier Jahren deutlich verändert hat, ist die enorm gestiegene Anzahl an Shoppingcentern, die überall zu finden sind (es gibt dort einen KONZUM).
Die Strecke nach Baska zieht sich, vor allem weil ich hinter einigen Wohnwägen hertuckern muss. Doch irgendwann habe ich den schmalen Pass überwunden, hinter dem es nach Baska hinunter geht. Ich erreiche mein Ziel, parke die Vespa gegenüber des „Saloon“ und entdecke den Chefkellner, an den ich mich noch erinnere.
Ich frage ihn, ob es den Chef noch gibt und er deutet auf einen Tisch. Ich erkenne ihn erst auf den zweiten Blick, es ist ein witziger Typ, der einen unglaublich dicken Bauch hat. Er dirigiert dieses Lokal indem er davor steht und die Gäste empfängt. Er erkennt schon von weitem die Nationalität der Gäste und spricht sie in ihrer Sprache an. Die Hütte ist immer ausnahmslos zum Bersten voll und trotzdem bekommt man irgendwie einen Platz. Er fragt sofort „wie viele?“ und wenn man draußen ein wenig warten muss, dann bekommen die Kinder einen Schlecker und die Eltern einen Schnaps.
Als ich ihm erzähle, dass ich jetzt Quartier suchen werde, bricht der ganze Tisch in schallendes Gelächter aus, was mir ein wenig Flauheit im Magen verschafft. Andererseits: das muss zu schaffen sein, ein billiges Quartier für eine Person, ohne jeden Komfort, ich brauche nur ein Bett und eine Dusche.
Also mache ich mich auf die Suche nach einer Pension. Die ersten drei Agenturen winken freundlich ab und meinen, dass das hier genau am stärksten Wochenende sehr schwierig sein würde.
Aber ich solle am besten noch in anderen Agenturen fragen oder in ein Hotel gehen, davon gäbe es zwei hier in Baska (plus noch eines mit Zimmern ab 250,- pro Nacht, was doch über meinem Budget liegt).
Also frage ich bei anderen Agenturen und einigen privaten Häusern. Die erste Frage lautet immer „wie viele Personen“ und die zweite Frage „für wie lange“.
Alleine und für eine Nacht hat man die Arschkarte, so viel stellt sich heraus, als mir das Tischgelächter im Ohr nachklingt, meine Dehydrierung langsam zu- und mein Energielevel abnimmt.
Das darf doch nicht wahr sein! Ich beschließe zum kleineren der beiden Hotels zu fahren. Dort sitzt ein eher unfreundlicher Typ, der meint, er hätte noch ein Zimmer und das würde 75 Euro kosten, inklusive Halbpension. Auf meine Frage, ob ich es auch nur mit Frühstück haben könnte, meint er „das ist der Preis – wie auch immer.“
Ich beschließe noch in das andere Hotel zu schauen und vielleicht noch in 2-3 Agenturen. Aber auch dort habe ich kein Glück und bin inzwischen genervt und kaputt. Also dann doch das teure Hotelzimmer.
Als ich ankomme, merke ich schon am Blick des Unfreundlichen, dass was nicht stimmt. „Ich habe das Zimmer gerade einer jungen Familie gegeben, tut mir leid.“ meint er.
Dann erbarmt er sich insofern als er mir eine Broschüre mit Hotels und Pensionen auf ganz Krk gibt. Ich solle es im Ort Krk probieren, denn im Nachbarort Punat (wo wir vor 4 Jahren gewohnt haben) wäre auch alles voll, aber auf Krk gäbe es insgesamt mehr Betten.

Ich setze mich in ein Kaffeehaus und trinke einen halben Liter Wasser auf ex. Leichte Enttäuschung und Verzweiflung tauchen auf – muss ich wieder zurück fahren, und wenn ja, bis wohin? Ich sehe mich schon irgendwo hinter einem Busch im Staub übernachten und greife zum Telefon. Im kleinen Ort Silo gibt es leider auch kein Quartier mehr, ich telefoniere alle Agenturen durch, keine Chance. Nur einen Wohnwagen gäbe es, für 60 Euro.
Dann beschließe ich nach Krk zu fahren. Am Weg dorthin bleibe ich noch in zwei Ortschaften vor Baska stehen und klappere ein halbes Dutzend Agenturen und Privatquartiere ab. Einzig eine nette Dame meint, sie hätte noch ein Kellerapartment und wenn bis 9 Uhr Abends niemand käme, dann könnte ich es haben, für 60 Euro.
Das ist mir zu unsicher und ich starte die Vespa. Schade, aus dem Abendessen im Saloon wird nichts, das ist irgendwie ein persönlicher Rückschlag.
Dazu habe ich jetzt noch das Problem, dass mir der Sprit ausgeht. In Baska gibt es nämlich keine Tankstelle und damit habe ich nicht gerechnet. Jeden Moment erwarte ich, dass ich auf Reserve schalten muss – und ich habe noch den Pass vor mir und etliche Kilometer. Glücklicherweise habe ich einen Reservekanister mit 1,8 Litern Sprit dabei, doch das Einfüllen ist mühsam und ich bin eh schon fix und foxi.

Doch ich schaffe es bis zur Tankstelle und somit auch nach Krk. Im ersten Hotel, das ich finde, gibt es eine nette, junge Rezeptionistin namens Veronika, die aber leider auch kein Zimmer für mich hat. Als ich ihr erzähle, dass ich eigentlich keine Kraft mehr habe um alles abzusuchen, erbarmt sie sich meiner und ruft die anderen 3-4 Hotels an. Leider ohne Erfolg, sie meint, in Krk würde ich nichts mehr finden, vielleicht in Malinska, ca. 15 km von hier.
Ich bin kaputt und beschließe von der Hotellobby in Malinska anzurufen. Das erste ist das Hotel Adria, wo ein netter Herr abhebt und tatsächlich meint, er hätte noch ein Zimmer. Es würde 75 Euro kosten und ein Motorradparkplatz direkt vor dem Haus wäre auch dabei.
Ich beschließe, ihm sofort um den Hals zu fallen und starte schnellstens die Vespa, obwohl er meint, dass er mir das Zimmer gerne reservieren kann.

In Malinska angekommen fällt mir ein Stein vom Herzen. Endlich ein Zimmer, endlich ein Bett, eine Dusche – herrlich! Und das mit dem Parkplatz stimmt auch, sogar Free WLAN gibt es.

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Nach einer kurzen Ruhepause mache ich einen Spaziergang, kaufe eine Flasche Wasser und gehe am Strand schwimmen. Es gibt in Malinska eine kleine Marina, alles wirkt ausgesprochen sauber und die Strandpromenade ist sehr durchdacht angelegt. Es ist trotzdem kein Ort, an dem ich eine Woche Urlaub verbringen möchte – zu neckermännisch ist hier alles.

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Außer der Ausstellung direkt an der Promenade. Über 60 große Tafeln, auf denen historische Fotos von 1900 bis 1930 zu sehen sind, alle aus Kroatien und eine wirklich interessante Zeitdokumentation.
Die Promenade ist gut gefüllt, vor allem viele Familien sind zu sehen, die noch einen Abendspaziergang machen. Ich bin wirklich erleichtert und bekomme schön langsam Hunger. Ich habe mich schon seit Wien auf das gute kroatische Essen gefreut und daher wähle ich gleich das Hotel-Restaurant. Man sitzt im Freien und die Pleskjavica schmecken hervorragend.

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Ich lasse den Abend ruhig ausklingen, surfe noch ein wenig auf Facebook und lege mich dann schlafen.

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In der Nacht bekomme ich Durst und habe leider kein Wasser mehr. Aus dem Wasserhahn kommt sehr kaltes, klares Wasser und ich riskiere es, davon zu trinken. Wird schon gut gehen.

FREITAG

Ich weiß zwar nicht warum, aber ich bekomme kein Frühstück runter, nicht einmal ein Stück Marmeladebrot. Das Reisefieber müsste eigentlich schon weg sein, aber ich habe nicht sehr gut geschlafen. Es war drückend heiß und ich fühle mich nicht allzu toll. Auschecken, Vespa satteln und ab geht es nach Rijeka, wo ich das zweite Ziel meiner Reise erreichen möchte: das Grab von Albert Kudlicka.
Die Fahrt geht zügig voran, die Vespa läuft problemlos und die Rückfahrt über die Brücke ist erstaunlicherweise mautfrei.
Im Zentrum von Rijeka, das übrigens architektonisch durchaus reizvoll ist, im Gegensatz zum Hafen und den Betonsilos rundherum, aktiviere ich das erste Mal mein Navi, damit es mich zur Straße namens „Petra Kotalka“ führt, wo der Eingang zum Friedhof ist – im STadtteil Kozala, ziemlich weit oben am Berg und direkt unterhalb der Autobahn. Ein guter Hinweis (Danke an Rainer Derx) ist das T-Mobile-Hochhaus, weil sich direkt daneben der Friedhofseingang befindet.
Mit nur einmal falsch fahren finde ich den Eingang und stelle die Vespa ab. Es ist bereits enorm heiß und ich hoffe im dort befindlichen Blumengeschäft Hilfe zu bekommen. Die jüngere der beiden Verkäuferinnen spricht Englisch und erklärt sich sofort und sehr freundlich bereit meinen Helm und den Nierengurt für mich aufzubewahren und einen Blick auf die Vespa zu werfen.

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Ich kaufe eine große Kerze und bekomme von ihr noch Zündhölzer, dann mache ich mich auf den Weg Rainer war ca. drei Wochen vorher schon dort und hat eine genaue Fotodokumentation vom richtigen Weg zum Grab gemacht – das ist jetzt ausgesprochen hilfreich.
Nach wenigen Minuten stehe ich am Grab und habe mein zweites Reiseziel erreicht.

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Der Friedhof ist sehr schön und ruhig, man hört gar nichts von der benachbarten Autobahn. Alles ist sehr grün und gepflegt. Das Grab vom alten Kudlicka ist klassisch angelegt und passt zu den anderen Gräbern. Nur eine Sache stimmt halt überhaupt nicht. Ein Steinmetz hat in eine Platte einen Roller eingraviert. Was genau passiert ist, kann ich nicht sagen (und muss Sergio bei Gelegenheit danach fragen), aber statt einer Vespa ist eine Lambretta eingraviert. Irgendwie ist das so als würde man am Grabstein von Enzo Ferrari einen Maserati eingravieren.

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Eigentlich sollte man die Platte austauschen. Aber das wäre eine größer angelegte Aktion. Ich zünde noch die Kerze an und mache mich dann wieder auf den Weg. Heute habe ich glücklicherweise keinen so weiten Weg. Ich muss nur noch durch Rijeka durchfahren und dann an der kroatischen Riviera entlang durch die Orte Opatija, Lovran und Medveja nach Mosenicka Draga, meinem dritten Reiseziel.
An Hochhäusern vorbei fahre ich hinunter zur Hafenstraße und dann quäle ich mich durch den dichten Verkehr an der kleinen Küstenstraße. Mit der Vespa komme ich jedoch gut voran, weil ich überall überholen und mich vorbeischlängeln kann.
In Medveja bleibe ich kurz stehen und sehe mir die Villa Susmel an. Sie ist wunderschön hergerichtet und der neue Besitzer dürfte sie gut pflegen.
Hier ist das Geld daheim, das sieht man auf den ersten Blick. Nur 50 Meter weiter befindet sich die Villa vom Albert Kudlicka – das habe ich seinerzeit, als wir öfter in der Villa Susmel waren, natürlich nicht gewusst.
Ich starte die Vespa und fahre nach Mosenicka Draga. Dort versuche ich in einem dieser zahlreichen Touristenbüros, die es auch hier wie Sand am Meer gibt, ein Zimmer zu bekommen. Sergio meinte lakonisch, dass das überhaupt kein Problem wäre, es gäbe viele Pensionen und er würde auch alle Leute hier kennen.
Leider hat er nicht bedacht, dass ich alleine bin und maximal drei Tage bleibe. Der nette junge Mann im Tourismusbüro meint, dass ich doch um 17 Uhr noch einmal kommen solle, vielleicht könnte er mir dann ein Quartier beschaffen.
Mir ist das nach meinen Erlebnissen in Baska viel zu unsicher und so fahre ich in den Ortskern, wo es zwei Hotels gibt. Im ersten empfängt mich die hübsche Rezeptionistin zwar mit freundlichen Worten, meint aber nach einem Blick in den Computer, dass sie auch kein Zimmer für mich hätte.
Geht das jetzt wieder los? Das kann doch nicht wahr sein!
Nach Rücksprache mit dem Chef sieht sie eine gewisse Chance und bittet mich noch ein wenig zu warten. Man müsse nur ein wenig disponieren und dann könnte ich eventuell ein Zimmer bekommen.
Ich warte draußen und passe auf die Vespa auf, denn angeblich kommt nach spätestens 20 Minuten ein Polizist und dann muss man wegfahren.
Vorher kommt aber noch die Rezeptionistin und berichtet mir freudig, dass ich das Zimmer hätte, nur könnte ich es erst um 14 Uhr beziehen. Aber mein Gepäck könnte ich trotzdem da lassen.
Ich habe vorher schon mit Sergio telefoniert, der sich bereits am Strand von Medveja befindet (warum auch immer dort und nicht hier in seinem Ort) und meinte, ich solle doch gleich zum Strand fahren, sie hätten einen guten Schluck zu trinken dort.

Ich erfahre von der Rezeptionistin, dass sie noch einmal umdisponiert hätten und ich das Zimmer jetzt gleich haben könnte. Mir ist inzwischen alles recht, ich werde nie durchschauen, was da in Kroatien zimmermäßig wirklich abgeht. Jetzt fahre ich einmal hinüber nach Medveja, aber ohne das ganze Gepäck.
Am Strand angekommen finde ich Sergio nicht. Ein kurzes Telefonat klärt, dass er sich auf der anderen Seite der Bucht befindet, die glücklicherweise nicht sehr groß ist.
Dann habe ich ihn gefunden, und seine Kumpels gleich mit dazu und außerdem noch seine Sohn Sebastian mit dessen Freundin und Adriana, die Tochter vom alten Kudlicka und Frau von Sergio.
Sie sind hier alle entweder aufgewachsen oder seit Ewigkeiten Stammgäste. Adriana und Sergio beginnen sofort einen kleinen Streit darüber, ob ich gleich ein Bier trinken muss oder vorher noch einen gespritzen Apfelsaft trinken darf. Adriana gewinnt und ich bekomme meinen Saft.

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Danach gönne ich mir auch noch eine Erfrischung im Meer und fange dann langsam an mich zu entspannen, also zumindest bis zum Bier, das Sergio mir unter reger Anteilnahme seiner Kumpanis blitzschnell organisiert hat. Ich mag Bier, aber wenn ich an dem Tag noch nichts gegessen habe, es erst früher Nachmittag ist und die Sonne runterknallt, ist das nur eine mäßig gute Idee.
Das interessiert Sergio aber genau original gar nicht und so kippe ich mir das Bier hinein. Darminfektion, Stress, ein heißer Tag – das könnte sich noch zu einer Herausforderung auswachsen.

Generell ist die Lage jedoch sehr entspannt. Die Vespa hat ohne Probleme gehalten, ich habe ein teures, aber gutes Quartier und frage mich, ob ich die geplanten weiteren zwei Tage noch hier bleiben werde. Adriana meint, dass leider für den nächsten oder übernächsten Tag schwere Unwetter angesagt seien, die nach der wochenlangen Hitze und Trockenheit auch ein klein wenig heftig ausfallen könnten. Ich schiebe diese Probleme weg und trinke das nächste Bier.
Dann überkommt mich ein Anfall von Nostalgie und ich marschiere nach vorne zum Kap, das die Bucht auf der linken Seite begrenzt. Dort thront über allem die Villa Susmel. Herunten auf der Mole gibt es ein Lokal und ich finde den Einstieg wieder, von dem aus wir vor über zwanzig Jahren unseren Silvestertauchgang absolviert haben. Das hat sich nicht merklich verändert und doch wird mir langsam klar, wie lange das alles schon zurück liegt.

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Damals hatte niemand oder fast niemand meiner Freunde schon Kinder, das Leben war wirklich unbeschwert und wir verbrachten einige schöne Wochenenden hier in Istrien. Jetzt bin ich alleine hier und denke an die alten Zeiten.
Danach marschiere ich zurück zur lustigen Runde und verbringe noch eine Zeit mit ihnen, bevor ich nach Mosenicka Draga zurück fahre. Als es Abend wird, folge ich dem Tipp von Thomas aus der lustigen Runde und finde das von ihm angepriesene Lokal. Leider gilt auch hier das gleiche wie bei den Zimmern: wer alleine unterwegs ist, hat Pech gehabt.
Doch eine nette Kellnerin findet einen kleinen Tisch für mich und ich bestelle Calamari und ein gutes Bier. Ich freue mich auch schon sehr auf die Palatschinken und erinnere mich, wie gut die damals in den 1990ern waren – und wie billig. Damals war der Tourismus nach dem Balkankrieg gerade erst wieder im Aufschwung, alles war günstiger und irgendwie gemütlicher. Jetzt blinkt einem an jeder Ecke der Kommerzgötze entgegen, alles ist mit Schranken abgesperrt bzw. sonstwie gegen freie Benützung gesichert. Der Zauber des Ortes ist verschwunden oder zumindest zurück gegangen.
Auch bei mir verschwindet der Zauber und die Palatschinken schmecken irgendwie gar nicht mehr gut. Ich merke, wie sich Magen und Darm gar nicht wohl fühlen und marschiere schnell zum Hotel zurück, das glücklicherweise nicht weit weg ist. Da der Supermarkt bis 22 Uhr offen hat und am nächsten Tag ein Feiertag ist, kaufe ich noch eine große Wasserflasche.
Mein morgiger Plan besteht darin mit dem Bus nach Opatija zu fahren und dann den „Lungomare“ zu marschieren, die wunderschöne und berühmte Strandpromenade. Am Nachmittag würde ich dann wieder der lustigen Runde am Strand Gesellschaft leisten und wahrscheinlich am Tag darauf – also am Sonntag – nach Klagenfurt fahren, um meinen alten Freund Rudi zu besuchen.

Im Hotel zieht es mich zuerst auf´s WC und dann merke ich, dass es mir irgendwie gar nicht so gut geht. Die Belastungen der letzten Tage holen mich ein und mir wird auch klar, dass das Wasser im Hotel von Malinska gar nicht gut gewesen sein dürfte. Ich nenne es „Titos Rache“ (als Pendant zu Montezumas Rache) und befürchte, dass das bis zum nächsten Tag wohl nicht wieder verschwunden sein würde.

Dann gibt mir der Wetterbericht den Rest. Angesagt ist in Inferno oder noch schlimmer, und zwar für die nächsten vier Tage, von Slowenien über Kärnten bis Wien.
Das schmeißt all meine Pläne auf einen Sitz über den Haufen, denn eines ist klar: ich will und werde nicht im Regen quer durch Slowenien und Österreich fahren, ganz sicher nicht.
Der nächste Tag verspricht noch Sonnenschein und ich überlege, was ich tun soll: hier bleiben, auf die Gefahr hin, dass es mich mehrere Tage einregnet und ich alleine in einem kleinen Hotelzimmer sitze – oder eine Gewalttour von hier direkt nach Wien unternehmen. Ich habe die Wahl. Das würde allerdings bedeuten die Autobahn zu wählen, was ich echt nicht gerne mache. Als Vespafahrer bist du genau in der Geschwindigkeit der LKW und das für viele viele Stunden.
Ich beschließe den Sonnenaufgang abzuwarten, aber eigentlich habe ich den Entschluss schon gefasst. Die Nacht wird trotzdem nicht angenehm und kurz vor dem Morgengrauen graut nicht nur wieder einmal meinem Magen, sondern es fängt auch leicht zu regnen an.
Doch der Regen dauert nur wenige Minuten und wirkt etwas später, als hätte es ihn nie gegeben.

SAMSTAG

Als die Sonne aufgeht packe ich meine Sachen und marschiere zur Rezeption. Wenn sie mir jetzt zwei Nächte verrechnen, habe ich Pech gehabt. Mich beutelt leichter Schüttelfrost, die Knie sind weich und ich habe ganz sicher keine Kraft um zu streiten. Doch es geht alles gut, ich zahle eine Nacht und haue ab.
Als ich auf der Vespa sitze, fällt wieder etwas von dem Druck ab, den ich mir gemacht habe. Der Morgen ist wunderschön, die Wolken haben sich verzogen und es fängt sogar jetzt um 06.30 Uhr bereits an warm zu werden. Irgendwo in Lovran überholt mich dann ein Wiener PKW und irgendwie habe ich den Verdacht, der Fahrer will was von mir. Er blinkt auffällig links und biegt dann vor mir ab. Ich fahre einfach weiter, schließlich kenne ich hier niemanden und bin mir auch sicher, dass ich nichts verloren habe. Das Gepäck ist jedenfalls noch da. (Viel später erfahre ich, dass das Sergio war, der für mich völlig unerwartet schon so früh auf den Beinen war…)

Ich fahre hinauf in die Berge und wähle die Landstraße bis zur Grenze, die ich teilweise ja schon hinunter gefahren war. Dann bin ich wieder in Slowenien und nehme wie immer die Abkürzung über Knezak. Es ist interessant wie anders eine Strecke aussieht, wenn man sie in der Gegenrichtung fährt.
In Knezak geht der Sprit zur Neige und ich finde glücklicherweise eine Tankstelle im Ort. Und dazu auch das passende Örtchen, denn mein Darm meldet sich zur Stelle.
Danach geht es zügig nach Postojna, wo die Autobahn beginnt. Die slowenische Autobahnvignette kostet 7,50 Euro (die österr. übrigens 5 Euro) und ist an einer Tankstelle zu haben.
Das Wetter ist gut und ich hege berechtigte Hoffnung ohne Regen bis nach Wien zu kommen. Wie wird sich die Sprint auf der Autobahn machen? Ich bin noch nie so eine lange Strecke gefahren und bin schon gespannt.

Mein Glück: Heute ist Feiertag und es sind keine LKW unterwegs. Die wären tempomäßig nämlich genau in meiner Preisklasse und ihre Abwesenheit erleichtert mir die Sache ungemein. Ganz im Gegensatz zu meinem Genick, das eigentlich keine schmerzfreie Position mehr kennt. Ich mache alle paar Minuten die wildesten Verrenkungen, um die Muskeln irgendwie zu entspannen, aber das hilft immer nur für ein paar Momente.
Auch der Hintern fängt an weh zu tun, obwohl die Sitzbank ihr Bestes gibt. Ich wechsle die Sitzposition von ganz vorne bis ganz hinten – für die Autofahrer muss das ein lustiges Bild abgegeben haben, ich fand es weniger aufregend.
Doch die Zeit verging und ich erreichte Laibach, bekam von der Stadt aber maximal ihre Stadtautobahn mit. Es gibt in regelmäßigen Abständen Mautkontrollstationen, bei denen man aber nur die Geschwindigkeit ein wenig drosseln muss. Also die Autos müssen sie drosseln, ich bin schon langsam. Genau genommen bin ich der Langsamste überhaupt. Ich werde auf der gesamten Autobahnstrecke ununterbrochen überholt, und zwar von allem, was dort fährt. Besonders mühsam sind die Italiener mir Lieferwägen. Die schneiden vor mir so dicht hinein, dass es mich jedes Mal einen halben Meter versetzt. Warum sie sich da so verschätzen bleibt mir ein Rätsel.
Irgendwann überholt mich eine Gruppe tschechischer Motorradfahrer. jeder von ihnen streckt nach dem Überholen kurz den rechten Fuß nach rechts hinaus. Ich entwickle drei Theorien, was sie mir damit sagen wollen:

a.) Du miese Ratte, an der nächsten Tankstelle treten wir dich von deiner Dose.
b.) Sei gegrüßt!
c.) Lässiges Moped, gute Fahrt!

Ich entscheide mich für Variante c.) und fahre meinen Stiefel weiter, und zwar bis Celje, dort muss ich tanken. Die Straße ist hier nass, vor kurzem muss es ordentlich geregnet haben, obwohl keine wirklich bedrohlichen Wolken zu sehen sind und der Himmel schon wieder blau schimmert.
Ich beschließe einfach weiterzufahren und komme endlich wieder nach Österreich. Jetzt sind es noch ca. 230 km bis Wien, das ist schon noch ein ordentliches Stück. Aber es geht gut voran, bis auf die körperlichen Schmerzen bin ich guter Dinge und das Wetter dürfte auch halten.

Bei Graz wird es wieder Zeit auf den Sprit zu achten. Ich merke, dass ich noch immer nicht auf Reserve schalten musste und daher noch eine gute Zahl an Kilometern weit komme. Die Raststätte Gleisdorf ist gerade mal 15 km entfernt, das geht sich locker aus.
Allerdings sehe ich es nicht mehr ganz so locker als ich entdecke, dass ich nach dem letzten Tankvorgang den Hebel auf Reserve gelassen habe. Das könnte jetzt eng werden, niemals jedoch tragisch, da ich ja den Reservekanister dabei habe.
Als ich die Raststätte dann erreiche, sieht man im Tank schon die Befestigungsmutter des Benzinhahns frei liegen. Echt weit wäre ich nicht mehr gekommen.
Wirklich interessant ist für mich die Politik der Autobahnsteigungen. Sie dürfte einem internationalen Vereinbarung unterliegen und sie sind alle so flach, dass ich vom vierten Gang nicht zurück schalten muss. Das ist ausgesprochen angenehm und so überwinde ich auch die letzte große Steigung am Wechsel. Bergab gönne ich mir dann die letzte Pause, mit einem Apfel und einem guten Schluck Wasser. Die Chancen, pannenfrei bis nach Wien zu kommen, steigen beständig.
Am folgenden Bild mache ich gerade die letzte Rast vor Wien, im Hintergrund ist der Wechsel zu sehen.

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Ab Wr. Neustadt bin ich in „Rettungsreichweite“, d.h. es gibt diverse Vespa-Freunde, die mich von dort abholen können, wenn die Kiste eingeht. Es sieht aber nicht danach aus, der Motor schnurrt und – was sehr angenehm ist – saftelt auch nicht.
Auf der Triester Straße wird noch einmal getankt, dann geht es über den Gürtel nach Hause. Immerhin 8 Stunden Fahrzeit, denn die Pausen waren kurz und haben sich mehr oder weniger auf´s Tanken beschränkt.

FAZIT

Eine ausgesprochen anstrengende Tour, die ich so nicht mehr machen möchte, geprägt von Durchfall und Genickschmerzen. Trotzdem werden nach einiger Zeit die schönen Erinnerungen dominieren und ich habe letztlich auch mit dem Motor die richtige Entscheidung getroffen. Im Gegensatz zur Romreise bin ich ohne die kleinste Panne durchgekommen, wenngleich es auch nur halb so viele gefahrene Kilometer waren. Das bringt mich zur Statistik:

Gefahrene Kilometer: 1.328
Verfahrenes Benzin: 55 Liter (Schnitt 4,14 auf 100 km)
Gesamtkosten: 300 Euro

Kenia von Nord nach Süd – Tag 16: Hotel und Strand

Thomy überredet mich zu einem frühmorgendlichen Strandlauf, der mir durchaus gut tut. Neben dem Hotel ist ein Felsvorsprung und dahinter beginnt ein weiterer Strandabschnitt, schnurgerade und nicht nur für Hotels. Einige Jugendliche spielen Fußball, wir sind aber die einzigen Läufer.

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Bild 105: Strand

Zu dieser Zeit ist die Sonne noch nicht so heiß und wir laufen den ganzen Strand zwei Mal auf und ab. Das dauert ca. eine halbe Stunde und danach haben wir uns ein Bad im indischen Ozean verdient.
Am Strand gibt es ein gewisses Angebot an Aktivitäten. Kamelreiten gehört etwa dazu.

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Bild 106: Kamelreiten

Das anschließende Frühstück enthält wieder deutsche Elemente, aber es gibt die internationale Mischung aus Bacon & Eggs, Eiomlett, Früchten, Toastbrot, Käse und Wurst. Das Buffet hält auch Müsli bereit und Joghurt sowie noch einiges mehr. Die Qualität ist gut, einzig die salzige Butter passt nicht zur Marmelade, gar nicht.
Leider gibt es unter den Gästen nur wenig Kontakt. Die Ehepaare sitzen zu zweit an einem Tisch, es gibt eine Gruppe (wie wir später erfahren lauter Damen einer gemeinnützigen Organisation aus Nairobi) und einige kleine Gruppen wie zwei befreundete Pärchen etc.
Ich habe nicht herausfinden können, warum sich die Leute nicht zu anderen an einen Tisch setzen, aber da es scheinbar nicht üblich ist, tun wir es auch nicht.
Da auch Thomy nicht nur am Pool hocken will, beschließen wir einen kleinen Spaziergang in den Ort. Es ist schon ca. 11 Uhr und die Sonne knallt gnadenlos runter. Es ist hier nicht üblich das Hotel zu verlassen, schon gar nicht zu Fuß. Daher kommen sofort ein paar Tuk-Tuk-Fahrer und bieten an uns zu führen. Sie sind sehr erstaunt, dass wir ablehnen und lieber zu Fuß gehen wollen.
Das ist aber gar nicht leicht. Es gibt keinen Schatten und eigentlich auch keinen Gehsteig. Wir befinden uns in einem reinen Touristenort und da braucht man keine Gehsteige, da ohnehin niemand zu Fuß auf der Straße geht. Wir drehen trotzdem eine Runde, aber es ist eher deprimierend. Es gibt keinerlei Infrastruktur, zumindest nicht in dem Teil von Nyali, in dem wir uns befinden. Nur Hotels und Privathäuser bzw- -villen, die alle mit einer hohen Mauer und viel Gitterwerk umgeben sind. Auch auf der Hauptstraße ist es alles andere als gemütlich, es gibt hier auch nichts zu sehen. Wir kehren verschwitzt ins Hotel zurück und ich ruhe mich aus. Das soll sich den ganzen Tag nicht mehr ändern – so denke ich. Doch dann kommt ein Anruf von Frank, der mir mitteilt, dass es leider Probleme mit dem Toyota gibt. Der Zoll lässt ihn nicht auf´s Schiff, weil die Bestätigung für die bezahlte Roadlicence fehlt. Zuerst verstehe ich überhaupt nicht, was er meint, doch dann erklärt er es mir und ich erinnere mich dumpf an das Gespräch mit Chris vor zwei Wochen, wo er mir erklärt hat, dass es sein kann, dass sie die Roadlicence verlangen.
Da es eine solche nicht gibt, ist guter Rat teuer. Ich rufe Chris an und der meint, wir werden wohl den Zoll bestechen müssen. Dann rufe ich meinen Bruder an und erwische ihn gerade am Sessellift. Er ist etwas ungehalten über die Störung und wir fangen ein wenig zu streiten an. Er meint, er könne jetzt auch nicht helfen und ich solle mir was einfallen lassen.

Also überlege ich wie viel wir dem Zoll anbieten können. Mein Gefühl sagt zwischen 100 und 200 Dollar. Ich rufe Frank an und biete ihm das an. Er stimmt mir zu und ruft mich wenig später zurück. Es kostet 150 Dollar.
Jetzt stellt sich nur die Frage, wie ich ihm das Geld zukommen lassen kann. Er schlägt M-pesa vor, doch ich habe keinen Account.
Das muss ich ein wenig erklären: Da es in Kenia nur wenige Banken gibt und diese vor allem in Nairobi und Mombasa, mussten sich die Menschen hier etwas einfallen lassen, um Geld transferieren zu können. So wurde M-Pesa erfunden, das „M“ steht für „Mobil“ und „Pesa“ heißt Geld auf Swahili.
Die Kenianer besitzen ein sehr gut ausgebautes Mobilfunknetz und fast jeder hat ein Handy. Es gehört hier zum guten Ton und ist natürlich auch ein Statussymbol, die Leute hier sind noch verrückter auf das Zeug als wir in Europa.
Also hat man die Technik, und darauf baut M-Pesa auf. Man kann Geld einfach von einer M-Pesa-Station zur nächsten Schicken und es gibt in Kenia inzwischen ca. 40.000 solche Stationen: im Supermarkt, an der Tankstelle, im Hotel, an einer Bar – einfach überall gibt es sie. Man braucht nur angemeldet sein und kann mittels eines SMS-Codes Geld schicken. Das funktioniert hervorragend und ist scheinbar auch vor größeren Betrügereien gesichert. Es ist weit verbreitet und jeder kennt es. Den Nachteil haben die Banken, die jetzt erst recht niemand mehr braucht, und den Vorteil hat der Mobilnetzanbieter Safaricom.
Ich marschiere zur Rezeption und jetzt zeigt sich, dass wir in einem wirklich guten Hotel sind. Die Kassierin meint, dass sie jetzt gleich Feierabend hätte und ohnehin ins Dorf hineinfahren würde. Sie könnte über ihren M-Pesa-Account das Geld an Frank schicken – einfach als SMS an sein Handy. Er kann es dann sofort abheben und dem Zoll geben.
Also gebe ich ihr die Dollar und sie führt die Transaktion durch. Es geht sehr einfach und blitzschnell.
Ebenso schnell erhalte ich die SMS von Frank, dass die Transaktion geklappt hat. Bei uns in Österreich funktioniert so etwas nicht, nämlich nicht anders oder schlechter, sondern gar nicht. Die Kenianer sind uns in diesem Punkt weit voraus.
Ich bitte Frank noch, dass er mir Bescheid gibt, wenn der Toyota durch den Zoll ist. Auf diesen Anruf warte ich bis heute und Frank weiß nicht, dass meine Mordpläne auch bis heute aufrecht sind. Die angenehme Entspanntheit ist gewichen, aber ich denke mir, dass ich jetzt sowieso nichts mehr ändern kann und dass es zu erwarten war, dass wir irgendwo noch was zahlen müssen, das ist in Afrika einfach so.
Stunden später rufe ich selbst Frank an und erfahre, dass alles geklappt hat. Zufriedenheit stellt sich ein und ich marschiere zum Strand, um mir die dort befindliche Tauchbasis anzusehen. Ein netter Angestellter erklärt mir, wie es hier abläuft: Man würde, sofern mehr als 3 Leute angemeldet wären, mit einem Motorboot zu einem Tauchplatz fahren und dort zwei Tauchgänge machen, mit einer recht kurzen Oberflächenpause von ca. 45 Minuten. Die Länge der Tauchgänge wäre aber auch auf 45 Minuten begrenzt, was mir persönlich einfach zu wenig ist. Ich empfinde das als Abzockerei und da ich sowieso nicht vor hatte hier tauchen zu gehen, stört es mich auch nicht weiter.
Sie würden mich sogar ohne Breviet und ohne Logbuch tauchen lassen – hier merke ich wieder, dass ihnen einfach die Touristen fehlen. Das trifft ein Land wie Kenia schon sehr hart, denn hier ist sehr viel vom Tourismus abhängig.
Am Strand spricht mich eine nette Kenianerin an und fragt, ob ich nicht eine Massage möchte. Ich bin etwas unschlüssig, wobei 12 Euro für eine Stunde Massage ein echt fairer Preis ist.
Als ich zögere und meine, dass ich das Geld bei Thomy im Safe hätte, schlägt sie vor, dass ich jetzt gleich zur Massage mit gehe und ihr das Geld morgen gebe. Wir könnten jetzt gerade noch vor der Flut über den Strand gehen und sie würde mich dann später über die Straße zum Hotel bringen.
Ich bin einverstanden und wir marschieren über den Strand, der jetzt schon sehr belebt ist. Heute ist Samstag und die Jugend aus Mombasa vergnügt sich hier – man macht ein kleines Picknick, spielt Ball oder vergnügt sich im Wasser. Das ist eine Szenerie, die mir komplett neu ist. Bisher kannte ich Strände nur mit Weißen, allerdings war ich schon seit zwanzig Jahren in Kenia nicht mehr hier im Süden am Strand und weiß außerdem nicht, ob sich das in Diani Beach auch so geändert hat.
Es ist eine Art neue Mittelschicht entstanden und diese pflegt auch die Gewohnheiten der europäischen Mittelschicht. Dazu gehört ein Strandausflug am Wochenende.

Die Massage ist angenehm, wenn auch nichts Besonderes. Ich erfahre von der Masseuse ihre Lebensgeschichte (mehrere Kinder, den Mann hat sie rausgeschmissen, nachdem er mit der Putze was angefangen hat etc.) und marschiere dann wieder den inzwischen gut gefüllten Strand zurück zum Hotel. Die Flut ist inzwischen recht hoch und ich überlege, ob ich die heikle Stelle am Felsvorsprung riskieren kann, vor allem, weil ich das Handy in der Hand halte.
Ich riskiere es und es geht gut. Ich bin um die Erfahrung reicher, wie sich ein Europäer an einem Strand mit lauter Afrikanern fühlt. Irgendwie seltsam.
Ich treffe wenig später noch die Masseuse und gebe ihr das Geld, danach ist noch ein wenig Entspannung bis zum Abendessen angesagt, das sich vom Vortag nicht wesentlich unterscheidet.
Das Entertainment ist auch nicht sehr aufregend, diesmal interessieren sich noch weniger Gäste für das, was sich da in der Mitte abspielt. Wir trinken den bewährten Gin Tonic und posten Fotos auf Facebook.
Dann neigt sich auch dieser Tag dem Ende zu und wir gehen ein letztes Mal in Kenia schlafen, hoffentlich nicht für lange Zeit.