Die Phosphor-Krise

Wieder einmal eine spannende Arte-Doku, die an den meisten Menschen unbemerkt vorbei gesendet wird. Bei der Barbara-Karlich-Show muss man weniger aufpassen und ist nicht persönlich betroffen, dort tun Menschen so als würden sie über Probleme diskutieren, die sie selbst gar nicht haben.

Früher konnte ein Landwirt 4 Menschen ernähren. Heute ist der Faktor 1:150. Das ist nur durch den Einsatz von Kunstdünger möglich, und in diesem ist wiederum Phosophor einer der wichtigsten Bestandteile. Ohne Phosphor geht nichts und es darf durchaus die Frage gestellt werden, ob bei einer Knappheit die Menschheit ernährt werden kann.

Wenn die Verteilung weiter so ungerecht erfolgt.
Wenn wir einen Großteil der Anbaufläche ineffizient für die Fleischproduktion verwenden.
Wenn wir Treibstoff für ständig größer und schwerer werdende PKW auf Anbauflächen herstellen, die für den Nahrungsmittelanbau geeignet wären.
Wenn wir jeden Tag Fleisch essen.
Wenn Fleisch so extrem gefördert wird, dass es bereits billiger ist als Gemüse (derzeitiger Stand).

Es ist also wie immer, es geht um die richtige Größenordnung und so kommen wir immer wieder auf den unterschätzten Leopold Kohr zurück, dessen Lebenswerk gerne verkürzt mit „small is beautiful“ beschrieben wird. Er meinte jedoch, dass alles auf dieser Welt eine optimale Größe hat und bis zu dieser Größe ist das Wachstum auch natürlich. Wer also heute eine Wachstumsdiskussion führt, sollte diese Formen von Wachstum unterscheiden: gutes und schlechtes. Vielleicht leiden die meisten Zivilisationen nicht zufällig unter der Volkskrankheit Nr. 1, dem Krebs. Diese unnatürliche Form des Wachstums, gierig und unkontrolliert, führt meist zum Tod dessen, durch den sie sich ernährt. Der Krebs vernichtet sich letztlich selbst.

Sind wir intelligenter als der Krebs? Das wird die Zukunft zeigen.

Was ist mit der Autoindustrie los?

Gleich zu Beginn ein Zitat aus pressetext.com:

„Die weltweit 18 größten Autobauer haben im ersten Halbjahr 2013 in den USA mehr Wagen zurückrufen müssen als sie abgesetzt haben. Die durchschnittliche Quote ist in den vergangenen sechs Monaten bei 142 Prozent gelegen. Das heißt, dass die Fahrzeugriesen um 42 Prozent mehr Autos wegen Mängel zurück geholt haben als neu zugelassen wurden. Das ist das Ergebnis einer heute, Mittwoch, veröffentlichten Studie des Center of Automotive Management http://auto-institut.de an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach.“

Die Zahlen sind alarmierend oder wirken zumindest so oder sollten es zumindest sein. Wahrscheinlich werden sie kein Umdenken bewirken, weil ein solches Umdenken nicht erwünscht ist und so lange man sich sicher sein kann, dass man in jedem Fall mit Steuergeldern am Leben erhalten wird, ist es einfach nicht notwendig.

Bis gestern wunderte ich mich über die scheinbare Prosperität der wieder erwachten US-Autoindustrie: noch größere Kisten mit noch stärkeren Motoren und noch mehr Verbrauch. Und die Menschen kaufen die Dinger wie verrückt, Pick-ups und Vans, SUVs etc. – je größer, desto besser, je öfter, desto lieber. Ein Land in Endzeitgigantomanie.

Hier der Rest der Pressetextmeldung:
„Im Gespräch mit pressetext führt Automobil-Experte und Studienleiter Stefan Bratzel diesen „relativ hohen Wert“ in erster Linie auf strukturelle Gründe zurück.
„Die steigende technische Komplexität und der hohe Kostendruck bei einer gleichzeitigen Verkürzung der Produktlebenszyklen sind die Hauptfaktoren, die zu diesen 42 Prozent führen“, so Bratzel. Hinzu komme das sogenannte Baukastensystem. Immer mehr gleiche Teile werden aus Kostengründen in unterschiedliche Modelle eingebaut. Von Zulieferern begangene Fehler betreffen dadurch mehr Autos als noch vor einigen Jahren.
Insgesamt wurden zwischen Los Angeles und New York 11,3 Mio. Wagen zurück in die Werkstatt beordert. 2012 lag dieser Wert noch bei 4,8 Mio. Stück. Das ist ein Anstieg um 230 Prozent und zeigt, dass der Negativrekord von 18 Mio. zurückgerufenen Autos aus dem Gesamtjahr 2010 wohl überboten wird. Zu den häufigsten Mängeln zählen Probleme bei der Innenschutzeinrichtung, bei elektrischen Baugruppen und beim Motor.
Unter den besonders fleißigen „Rückrufern“ finden sich Toyota mit 208 Prozent, Honda mit 265 Prozent und Hyndai mit 294 Prozent. Sie werden nur noch von Chrysler mit 314 Prozent und BMW mit 334 Prozent übertrumpft. Am besten haben hingegen VW, Suzuki, Tata, Volvo, Madza und Mercedes abgeschnitten. Ihre Rückrufquote tendiert gegen null.
Auch in Deutschland gibt es zahlreiche Rückholaktionen. Im Jahr 2012 hat das Kraftfahrtbundesamt http://kba.de wegen erheblicher Mängel 824.000 Fahrzeughalter angeschrieben. „Aufgrund des hohen Verwundbarkeitsrisikos muss die Produktqualität über Wachstumsziele der Unternehmen gestellt werden“, fordert Bratzel. Neben sicherheitstechnischen Minimalanforderungen verlangt er die Definition und Implementierung von globalen Standards für die Marken.“

Das ist die Spitze des Eisbergs. Toyota galt noch vor ein paar Jahren als Firma, der die Qualität ihrer Produkte nicht völlig egal ist. Ich glaube übrigens, dass auch die Marken mit wenig Rückholaktionen das nicht lange halten werden, denn sie schwimmen letztlich auf der gleichen Welle wie die anderen. Das gilt auch für Mercedes, die früher ein Synonym für Langlebigkeit waren. Auch sie wollen heute möglichst schnell möglichst viele neue Autos verkaufen. Das geht in einem gesättigten oder sogar übersättigten Markt nur, wenn man die Haltbarkeit verkürzt. Die Militärindustrie braucht schließlich auch alle paar Jahre irgendwo einen Krieg, der die gelagerten Waffen vernichtet, damit sie neue verkaufen können.

Herr Bratzel ist leider ein Träumer, wenn auch mit netten Träumen. Die Wachstumsziele der Unternehmen können nicht hinterfragt werden, weil sie nicht hinterfragt werden dürfen. Das ist Frevel, Gotteslästerung, ein Tabu. Dass sie sowieso nicht erreicht werden und gar nicht erreicht werden können, spielt dabei keine Rolle, ganz im Gegenteil: Wenn so ein hoch gestecktes Ziel nicht erreicht wird, dann muss man das nächste noch höher stecken, vielleicht motiviert das ja die Beteiligten mehr Leistung zu bringen und sich mehr anzustrengen.
Das einzige, was unkontrolliert und maßlos wächst, ist übrigens der Krebs. Ein seltsames Vorbild, das die Konsumindustrie da hat.

Ich setze dem die Philosophie von Leopold Kohr entgegen: Optimales Wachstum – das heißt, alles wächst bis zu seiner optimalen Größe und nicht weiter. In der Wirtschaft streben die meisten jedoch nach maximalem Wachstum und das ist krank. Genauso krank wie der Gedanke, dass etwas ewig wachsen kann. Das schafft übrigens nicht einmal der Krebs, der sich letztlich selbst vernichtet. Übrigens umso schneller je schneller er wächst, indem er seinen Wirt umbringt. Und das ohne sich vermehrt zu haben, wie das andere Parasiten wenigstens schaffen.
In unserer Wirtschaft muss alles ewig wachsen. In Österreich etwa bekommt man keinen Gewerbeschein wenn man bei der Gründung der Firma nicht ewiges Wachstum schwört. Wer hineinschreibt, dass er nach X Jahren plant die Firma wieder zuzusperren, bekommt aus ethischen (!) Gründen eine Ablehnung. So etwas kann nicht ein, weil es nicht sein darf. Man muss zumindest den Willen zu ewigem Wachstum haben. De facto gehen die meisten Firmen ohnehin weit vor ihrem sinnvollen Ende zugrunde. Aber zumindest der Schein muss aufrecht erhalten werden.

Das gilt auch für die Autoindustrie: Sie muss scheinbar wachsen und es muss ihr immer blendend gehen. 60 % Neuwagenverkaufsrückgang in Italien und Spanien, 80 % in Griechenland? Das kann nur ein vorübergehendes Phänomen sein eine kleine Wolke vor den strahlenden Aussichten, die gleich wieder vorbeigezogen ist. Demnächst geht es wieder steil bergauf und man wird Neuwägen wie verrückt verkaufen!
Das ist überall zu lesen und zu hören und es schafft bei mir die Gewissheit, dass es nirgends so große Illusionen gibt wie in der Autoindustrie. Was tun, wenn das Wachstum in Europa nicht zurückkehrt? Dann wird man es irgendwo anders auf der Welt schaffen, ganz sicher. In Afrika oder China. Oder sonstwo. Hauptsache Wachstum. Und alle Kritiker sind Spinner, die nichts verstanden haben und nur maulen wollen.

Ich wünsche mir… eigentlich nichts, denn ich weiß auch nicht wie dieses Problem zu lösen ist. Die KonsumentInnen werden wohl nicht auf eine neue Qualitätslinie umschwenken, zu geil und gemütlich ist die derzeitige Situation („Ich will alles und das jetzt gleich“) und die Autoindustrie wird sich hüten, das zu tun, und sich auf den Druck der Konkurrenz ausreden. Die Politik wird auch keinen Finger rühren und die kaputten Autofirmen mit zig Milliarden Steuergeld „retten“, so wie sie es immer getan hat und auch jetzt verspricht und wie es in USA in großem Stil passiert ist.

Wohin das führt will selbst ich mir nicht ausmalen.

Was mich an den Grünen stört

„Die Grünen malen die Radwege grün an.“
so bloggen meine Freunde und so schreibt Reinhard Nowak in der Presse. Dieser Satz ist nicht aus dem Zusammenhang gerissen, weil man ihn nicht aus dem Zusammenhang reissen muss oder kann. Er steht für sich und er ist grammatikalisch richtig. Inhaltlich ist er falsch. Erstens malen die Grünen nicht die Radwege an, weil eine Partei (und das meint Nowak) keine Radwege anmalt, sondern maximal die beauftragte Abteilung des Rathauses. Und auch die lassen anmalen und tun es nicht selbst. Aber lassen wir die Spitzfindigkeiten.
Diese Abteilung wird von der Stadtregierung beauftragt, die so einen Budgetposten zuerst im Gemeinderat beschließen muss. Ist das passiert? Ich weiß es nicht. Was ich weiß, ist, dass die Radwege nicht grün angemalt werden.
Hat schon jemand einen grünen Radweg gesehen? Eben. Ich übrigens schon. Vor dem Westbahnhof befindet sich eine ca. 30 m lange Teststrecke. Dort prüft man, wie und ob das überhaupt funktioniert. Und eine zweite gibt es glaub ich auch noch.

Und damit sind wir beim Thema. Derzeit ist Grün-Bashing sehr angesagt. An jeder Ecke lese ich, dass man die „Vassilakuh“ (so wird das gerne geschrieben und man freut sich über diesen rhetorischen Originalitätsuntergriff) doch heim nach Griechenland schicken möge und dass in Wien rot-grün an allem schuld wäre, vor allem aber grün. Wegen dem Parkpickerl. Und wegen der Gebührenerhöhung. Und weil die Radfahrer bei rot über die Ampel fahren. Und wegen dem Parkpickerl. Und den Radfahrern. Erst gestern hat mir ein Bekannter erzählt, wie sehr ihm diese vielen Radfahrer auf die Nerven gehen, die ihn beim Motorradfahren behindern. „Die sollen am Wochenende einen Radausflug machen, wenn sie Radfahren wollen.“ Und nicht ihm im Weg stehen. Oder fahren, zu langsam übrigens.

Aber selbst wenn man das übliche Wiener Geraunze und die Polemik der ÖVP und der Wiener abzieht, bleibt etwas übrig. Und über das möchte ich schreiben.
Es sind mehrere Punkte:

1.) Die Grünen haben Wachstumsschmerzen.
Sie haben als kleine Protestbewegung begonnen, ein paar Umweltschützer, ein paar Kommunisten oder was man so landläufig darunter versteht, ein paar Weltverbesserer und einige -Innen. Das hatte Österreich auch bitter nötig, denn Umweltschutz war so was von kein Thema in den 1980ern. Weder in der Regierung noch in der Bevölkerung. Genau genommen war es sehr wohl ein Thema, sonst hätten es die „Grüne Alternative“ nicht blitzschnell ins Parlament geschafft, obwohl sie hier das aktiviert haben, was gestern die FPÖ aktiviert hat und heute das Team Stronach aktiviert, nämlich die Protestwähler (und -Innen, gerade noch geschafft).
Nun saßen sie im Parlament und redeten mit. Und sie schufen auch ein Parteiprogramm, denn das war damals nicht schwer: Umweltschutz und Sozialreformen. Beides berechtigt und trotzdem mit dem gewissen Maß an Konterdependenz (dagegen sein um des Dagegenseins Willen).
Dann wurden sie größer und schufen Strukturen. Aus Tradition heraus waren sie basisdemokratisch aufgestellt. Das ist toll und funktioniert auch sehr gut, zumindest in kleinen Einheiten (Gruppengröße, also bis zu max. 15 Personen).
Leider haben die Grünen keine Tradition in Gruppendynamik, das wird sogar abgelehnt und wohl auch, um irgendwie anders zu sein als das Establishment. Das war übrigens einer der Gründe, warum ich vor einigen Jahren aus der Grünen Bildungswerkstatt rausgeschmissen wurde: Ich hatte ihnen das vorgehalten und anstatt es zu diskutieren, haben sie mich rausgeworfen. Das war schneller und einfacher.
Selbst in Gruppen sind basisdemokratische Entscheidungen schwierig, zumindest wenn man sie im Konsens erreichen will. Die geheime Suche nach Verbündeten plus einem Sieg in der darauf folgenden Abstimmung, das können die Grünen inzwischen genauso wie alle anderen. Und das ist auch basisdemokratisch, denn die Basis hat ja entschieden. Nur fragt man nicht, warum und wieso und wie das zustande gekommen ist.

So sind sie also gewachsen, die Grünen, aber ihre Entscheidungsstrukturen sind nicht mit gewachsen. Das heißt, sie sind es schon, aber nicht bewusst, nicht diskutiert, nicht reflektiert. Sie versuchen ein System zu leben, das nicht funktioniert. Weil sie aber funktionieren müssen, gibt es dahinter ein anderes System, das sehr wohl funktioniert. Das ist nur nicht basisdemokratisch, eigentlich gar nicht demokratisch, sondern autoritär.
Wie gehen die Grünen mit internem Protest um? Eva Glawischnigg hat es übrigens neulich in der Pressestunde tunlichst vermieden auf diese Frage zu antworten. Und genau hier liegt ein Problem, denn es ist bei den Grünen ein Tabu darüber zu sprechen. Alle wissen, dass Basisdemokratie so nicht funktioniert, aber niemand redet darüber. Interner Protest? Kann nicht sein, denn wir sind ja die Guten, die das Richtige wollen. Gegen das Richtige kann man gar nicht protestieren. Also sind das entweder eine Handvoll verirrte Seelen oder es handelt sich gar nicht um Protest, sondern kreativ versteckte Zustimmung.
Das wurde in der Politik tw. erkannt und wird von der Wiener ÖVP-Opposition gegen die Grünen verwendet. Da sie als Opposition übertreiben muss um ihrer Rolle als Opposition entsprechen zu können, stimmen die Vorwürfe oft nicht. Aber ein ziemlich großes Körnchen Wahrheit ist meist dabei.

Das ist das erste, was mich an den Grünen stört: Sie tun so, sind aber nicht und darüber darf nicht gesprochen werden.

2.) Die Grünen betreiben Klientelpolitik.
Basisdemokratie heißt in vielen Fällen: Man sucht sich eine Hausmacht und setzt mit deren Hilfe Entscheidungen durch. Man intrigiert, mobbt, tuschelt und benützt alle Tricks, die es gibt. Sitzungen werden taktisch verschleppt bzw. verschoben, Abstimmungen für ungültig erklärt und unter besseren Bedingungen wiederholt.
Und trotzdem versucht man die Basisdemokratie aufrecht zu erhalten. Das führt zu seltsamen Auswüchsen. Ich frage mich oft: Wem fällt so eine blöde Idee ein? Damit hat man ja sogar die eigene Wählerschaft gegen sich! Ein Beispiel war der Vorschlag (mehr war es nicht) einer Tempo-30-Zone am Gürtel.
Ganz abgesehen davon, dass wohl nur wenige Leute sich den genauen Wortlaut dieses Vorschlags angesehen haben – wieso kam dieser überhaupt ins Gerede? Um das und ähnliche Ideen zu verstehen, muss man wissen, wie die Entscheidungsstrukturen bei den Grünen funktionieren.
Es gibt eine ganze Anzahl an bezahlten Funktionären und -innen. Diese leben davon, dass sie von der Landesversammlung gewählt werden, denn sie haben sonst keinen Beruf. Daher müssen sie dafür sorgen, dass sie in der Landesversammlung eine Mehrheit für sich bekommen. Und das erreichen sie am besten, wenn sie das laut sagen, was die tatsächlich Anwesenden bei dieser Landesversammlung hören wollen.
Wenn man sich nun ansieht, wer zu dieser Versammlung hin geht, so versteht man die seltsamen Ideen. Es ist der ideologisch harte Kern der Grünen. Und die sind sehr wohl gegen Autos ganz generell.
Nun ist gegen Klientelpolitik nichts einzuwenden, das darf ja ruhig sein und ist nichts Verwerfliches. Aber man sollte dazu stehen. Das bedeutet aber auch, dass man nicht in eine Regierung gehen darf. Zumindest nicht, wenn das eigene Klientel das Protestklientel ist, denn in einer Regierung muss man sich um Kompromisse bemühen und um die Vertretung (fast) aller Bürger.
Das hat natürlich zwei Seiten: Die eine Übertreibung ist die Protestschiene. Man ist gegen alles und macht das zum Programm. Das bringt Proteststimmen und funktioniert bei den Grünen nur mehr im einstelligen Prozentbereich. So kann man nicht mitreden oder wenn, dann nur aus der geduldeten Oppositionsrolle heraus. Und das ist ein bissi wenig.
Die andere Übertreibung sieht man am rechten Rand, bei ÖVP und FPÖ, wo man einer dumpfen Mehrheitsstimmung nachgibt und sich das Programm aus Stimmungen zusammensetzt, auf der einen Seite die der Modernisierungsverlierer und auf der anderen Seite die der Wohlhabenden, die Angst haben, dass man ihnen was wegnehmen könnte vom Körperfett – vom eigenen und vom substituierten (Geld).

Die Regierungsbeteiligungen sehen dann auch entsprechend aus. Was passiert mit Protestierern, wenn sie an die Macht kommen, noch dazu, wenn es eine kleine Macht ist? Derzeit berichten die Bezirke, dass ihnen der Rathausklub nicht wirklich zuhört.
Mir stellt sich die Frage, wie soll moderne Grünpolitik aussehen? Ich möchte nicht im Nörgeln bleiben, obwohl ich das als gelernter und echter Wiener gut kann. Daher eine kurze Skizze:

1.) Eine interne Parteireform nach dem Vorbild der Soziokratie.
2.) Mobilität ist in unserer Gesellschaft ein überproportional wichtiges Thema, emotional maximal besetzt. Daher ist hier für Sachlichkeit zu sorgen. Förderung des Autos dort, wo es derzeit keine sinnvollen Alternativen gibt. Parallel dazu ein überproportionaler Ausbau des öff. Verkehrs, aber mit Augenmaß inklusive einer Verbilligung desselben. Eine Bank weniger retten und wir haben mehr als genug Geld dafür.
3.) Wirtschaftspolitisch muss ganz klar gesagt werden: Ein weiteres Wachstum an Konsumprodukten ist weder möglich noch wünschenswert noch sinnvoll. Klarer Widerstand gegen den Wachstumswahn, statt dessen Förderung des Wachstums von Qualität und Langlebigkeit der Produkte sowie des Wachstums an sozialen Beziehungen und Netzwerken. Umgestaltung des öffentlichen Raums dahingehend. Wenn man nicht alles selbst erfinden will kann man auch den Ideen der Postwachstumsökonomie folgen.
Die meisten anderen Ideen dazu und noch weitere finden sich auf der Website der Grünen Wirtschaft (www.gruenewirtschaft.at)

Armut in Österreich

Unter folgendem Link gibt es eine zweiminütige Zusammenfassung – kurz, prägnant, mit allen wichtigen Fakten:

http://tvthek.orf.at/programs/5521881-ZIB-Magazin/episodes/6119743-ZIB-Magazin/6119763-Armutskonferenz-in-Wien

Wenn der Beitrag nicht mehr vorhanden ist, hier nochmal die Fakten:

Armut tritt bei uns eher im Verborgenen auf. Armut versteckt sich hinter dicken Leibern, weil sich die Menschen nur schlechte Nahrung leisten können. Sie versteckt sich auch hinter großen Fernsehern, weil die Menschen am sozialen Leben irgendwie teilhaben wollen und gewisse Statussymbole brauchen.
Armut heißt: Die Wohnung nicht oder nicht ausreichend heizen können, unerwartete Rechnungen nicht bezahlen können und eine Kinokarte ist auch nicht drin, vom Restaurantbesuch ganz zu schweigen.
Armut bedeutet irgendwann auch soziale Isolation.

1.066 netto Euro pro Monat – das braucht man in Österreich für einen 1-Personen-Haushalt um auszukommen. Darunter gilt man als armutsgefährdet. Das sind 60 % des durchschnittlichen Pro-Kopf-Haushaltseinkommens.

12,6 % der ÖstereicherInnen fallen in diese Gruppe. Darunter ist man „manifest arm“, also dauerhaft in Armut lebend. Das sind 5,2 % der ÖsterreicherInnen oder auch 431.000 Menschen, die sich ihr Leben nicht leisten können.

Die Schere geht ständig auseinander: Die reichsten 5 % besitzen 45 % des gesamten Bruttovermögens. Die ärmsten 50 % haben 4 % des Vermögens.

Dazu gilt noch: Armut verhindert Bildung. Österreich ist in dieser Statistik im europäischen Schlussfeld.

Lob, aber nicht gerade über den grünen Klee

Leicht windschief mit einer leicht überforderten Kellnerin, die den Ausflugsgästen vor allem Cordon bleu und Berner Würstl servierte – das war der Hanslteich. Ich war früher entweder im Zuge einer Mountainbike-Tour zu Gast oder an besonders heißen Tagen im Sommer, denn in der Senke samt Teich gab es stets angenehme Kühlung.

oma

Jetzt ist alles anders. Laut meiner Oma gehört das Wirtshaus jetzt der Nichte vom Herrn Wlaschek. „Da steckt viel Geld dahinter“ meint sie und daher hätte man nicht nur großzügig umgebaut, sondern auch noch jede Menge Werbung in der Kronen Zeitung und sonstwo investiert.
Gestern, am Pfingstsonntag, lud mich meine Oma zum Essen ein. Ich folgte einer Eingebung und rief um 11 Uhr an um zu reservieren (davor ging noch niemand zum Telefon). Ein motivierter Herr meinte, dass sie ausreserviert wären, vor allem am Wasser, aber ein paar Tische würden nicht vergeben und wenn wir rechtzeitig vor zwölf Uhr da wären, dann sollte sich das schon irgendwie ausgehen.

Die Website (www.kleeamhanslteich.at) ist smart, sieht sehr professionell aus und zeigt, dass die Hütte jetzt „Klee am Hanslteich“ heißt. Der Bus fährt einmal stündlich dort vorbei und spielt keine Rolle, denn das Publikum fährt mit Porsche Panamera und Bentley vor. Angeblich wären aber auch Gäste willkommen, die nur etwas trinken wollen, meinte meine Oma.

Es wäre nun übertrieben, wenn ich die „Location“ als „Schickimicki-Hütte“ bezeichne, aber es besteht natürlich die Gefahr, dass sie sich so entwickeln könnte. Es hat sich jedoch viel geändert. Der Betreiber ist eine anonyme Gesellschaft (MW Gastronomie Gmbh) in 1010 Wien, es gibt keinen Ruhetag und es herrscht das ganze Jahr über Betrieb. Die Investitionen waren sicherlich hoch und der Aufwand ist es auch. Man hat angeblich Platz für 400 Personen (drinnen und draußen), das Lokal wurde jedenfalls entsprechend vergrößert und ausgebaut. Eine neue Terrasse mit elektrischen Sonnenmarkisen, die Hälfte der Tische aber im Freien. Ein paar der alten Bäume wurden gefällt, viele jedoch blieben glücklicherweise stehen.

Terrasse

Das Ambiente ist jedenfalls exzellent und der Standort prinzipiell sehr gut, wenn man die fehlende Öffi-Anbindung berücksichtigt, was jedoch dem Publikum egal ist. Der Parkplatz wurde ebenfalls massiv vergrößert, ist aber derzeit noch eine Gatschwüste, zumindest der erweiterte Teil.
Von „Gefahr“ spreche ich deswegen, weil es das möglicherweise angepeilte Publikum immer nur eine Zeit wo aushält. Dann zieht der Tross weiter und mit ihm auch sein Geld. Durch das Image und die hohen Preise gehen diese Lokale dann sehr schnell Pleite, so ist es in Wien schon öfter passiert, etwa mit dem babu oder diversen Buddha-Bars.
Die Szene braucht ständig etwas Neues, um sich selbst in Szene setzen zu können. Ich hoffe, dass dem „neuen Klee“ dieses Schicksal erspart bleibt, denn die Grundvoraussetzungen für einen langfristigen Erfolg sind gegeben.

Wait to be seated
Bei der Ankunft sehen wir einen Tresen mit Computer und Telefon. Vor uns stehen zwei verdreckte Mountainbiker und fragen etwas unsicher, ob man noch einen Platz für sie hätte – sie würden eh nicht lange bleiben. Die 200.000 Euro-Autos am Parkplatz verschrecken die Menschen, die früher nie gezögert hätten. Da das Lokal derzeit exzellent ausgebucht ist, fällt das nicht auf. Zumindest derzeit.
Die Biker bekommen einen Tisch und auch wir werden von einer feschen jungen Dame zu „Tisch 16“ geleitet.
Alles sieht sehr modern aus, durchgestyled, professionell und eben auch teuer.
Wir haben Glück und bekommen einen Tisch im Schatten, was vor allem meine Großmutter erfreut, die ist mit ihren 91 Jahren schon ein wenig heikel in diesen Dingen. Es war eine gute Idee zu reservieren.

Die Karte
Es gibt nicht allzu viel Auswahl und das ist gut so. Kein Mensch braucht 100 Hauptspeisen und mir persönlich ist es lieber, sie haben wenig Auswahl und dafür sind die Speisen frisch gemacht.
Ansonsten zieht sich der moderne Stil auch durch die Karte. Das Cordon und die Berner von früher sind Geschichte, jetzt gibt es Mangalitza-Speck mit Morchelschaum und Saibling an Lemongras-Parfait-Sorbet plus natürlich irgendein Schäumchen. Das braucht man heute scheinbar.
Ich wähle bodenständig einen Tafelspitz und meine Oma das Kalbswiener.

Das Service
Sehr aufmerksam, fast schon extrem aufmerksam, jung, dynamisch, fesch und alle in schwarzer Uniform. Nett und sehr freundlich, ganz in einer Linie mit Aumann, Rochus und Blaustern. Es gibt jede Menge davon und wir werden sehr schnell bedient. Da gibt es nichts zu meckern, es fehlt lediglich jeglicher Wiener Charme, das Servierpersonal könnte auch in Barcelona oder Santa Monica servieren.

Das Essen
Der Tafelspitz war ein Tafelspitz. Die Rösti im separaten Gefäß, ebenso der Apfelkren und die Schnittlauchsauce, die eher nicht frisch gemacht wurde. Hier ist doch ein deutlicher Unterschied zu den Spezialisten wie dem Plachutta erkennbar. Aber es war gut und von der Portion her für den mittleren Hunger geeignet.
Beim Schnitzel meiner Oma hätte ich eine Wette eingehen können: Geschmack und Konsistenz 100% Schwein. Ich könnte es schwören, stünde da nicht auf der Karte, dass es vom Kalb ist. Ich werde es nie erfahren, ob ich diese Wette gewonnen hätte.
Das Dessert ließ auf sich warten, wobei hier unsere Auswahl auf den Schoko-Auflauf fiel. Das Vanilleeis aus der TK-Packung, der Rest gut, wenn man das mag. Klassische Mehlspeisen (Apfel- oder Topfenstrudel) gibt es nicht, auch hier dominieren Lemon-Tarte und andere Tartes.
Mit wirklich riesigem Hunger sollte man nicht hingehen, aber die Portionen sind auch nicht so winzig wie das in der Tütü-Küche oft der Fall ist. Der Erdäpfelsalat war ebenfalls international – gut, aber ohne den Touch, sprich den kleinen Schuss Zucker, den ich an der Wiener Küche so schätze.

Schoko

Das Publikum
Sehr gemischt, wie das bei einer Neueröffnung wohl immer so ist. Ältere Herrschaften, einige Familien, etliche ältere Herren mit weißer Hose und sockenlosen Mokassins plus Audi-Cabrio-Schlüssel am Tisch, einige kichernde junge Damen mit Sonnenbrillen größer als das Gesicht. Man wird sehen, wie sich das entwickelt.

Die Preise
Wir zahlten zu zweit 50 Euro, mit je einer Hauptspeise, einer gemeinsamen Nachspeise und je einem Apfelsaft gespritzt plus einem Kaffee für die Oma. Die Hauptspeisen bewegen sich zwischen 12 und 26 Euro, die Vorspeisen gibt es um 7 bis 12 Euro. Das fällt für mich in die Kategorie „schön essen gehen, aber nicht jede Woche“.

Hanslteich

Fazit
Durchaus empfehlenswert, immer noch mit tollem Ambiente, engagierter Bedienung und gutem Essen für die mitteldicke Börse. Das „neue Klee“ ist eine Bereicherung für die Lokalszene am Rande Wiens. Ob es sich mit diesem Konzept halten kann und die hohen Kosten hereinspielt, wird die Zukunft zeigen.