Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut

Es ist lange her, da wurde Kaiser Franz-Josef I. zu etwas eingeladen, was man heute mit „Event“ bezeichnen würde. Laut Wikipedia trug sich folgendes zu:

Der Suizid des Architekten Eduard van der Nüll, Miterbauer der Wiener Staatsoper, angeblich als Reaktion auf eine Kritik des Kaisers, veranlasste Franz Joseph, zu kulturellen Angelegenheiten nur noch sehr zurückhaltend Stellung zu nehmen. Der Kaiser äußerte sich, statt irgendein Urteil abzugeben, bei kulturellen Anlässen nur noch mit der stereotypen Phrase: „Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut!“ Er war sein Code für Unverbindlichkeit und Gleichgültigkeit.

Als ich neulich auf ebay ein Gebot für eine Schallplatte abgab, wurde mir mitgeteilt, dass ich der Höchstbieter bin. Dazu stand der Satz „Hope you win.“

Und Fürst Rainier von Monaco pflegte zu jedem Gewinner des Grand Prix beim Siegerempfang zu sagen „Ich bin froh, dass Sie es sind.“

Was hat das zu bedeuten? Wieso freuen uns Sätze, Nachrichten, Glückwünsche etc., die nicht von Herzen kommen, die nicht einmal von Menschen generiert sind? Bei ebay ist das eine simple Floskel, die von einem Computerprogramm hingeschrieben wird. Es gibt niemanden, der „hofft“, dass ich gewinne. Ein Programm kann nicht hoffen, und es ist auch kein Adressat da, denn „you“ ist jeder, der das liest.

Wieso hat sich der Architekt umgebracht, nur weil sein Werk dem Kaiser nicht so besonders gut gefallen hat? Wir finden die einzige Erklärung in der scheinbaren Erwünschtheit des Patriarchats. Es ist der gleiche Grund, aus dem Menschen sich die „Gala“ kaufen und begierig nachlesen, welcher Prinzessin irgendwo der Hut davon geflogen ist. Scheinbar haben viele Menschen den Wunsch, sich einer Obrigkeit unterzuordnen. Das kann ein König oder ein Chef sein. Das hat auch seinen Sinn, viele Errungenschaften unserer modernen Gesellschaft wären ohne Hierarchien und den damit verbundenen Ober- und Unterordnungen nicht denkbar. Es gibt jedoch einen Unterschied zwischen der Unterordnung zwecks Erreichen eines gemeinsamen Zieles und der völligen Unterwerfung der gesamten eigenen Person unter eine Autorität, die man nicht einmal kennt. Im extremsten Fall geht das bis zur Aufgabe des eigenen Lebens, gerne auch mal ohne sinnvollen Grund.

CO2 – der große Klimaschwindel?

Schon vor ein paar Jahren gab es zu dem wohl bekannten Film von Al Gore („An unconvenient truth“ – Eine unbequeme Wahrheit) einen Gegenfilm: „The Great Global Warming Swindle“ – leider nur auf Englisch und nur im Internet. Ich hab ihn mir damals auf DVD gebrannt und jetzt noch einmal angesehen.

Die zentrale Aussage: Ja, es gibt eine globale Erwärmung, und nein, sie ist nicht vom Menschen verursacht oder zumindest nicht durch die CO2-Zunahme. Das ist jedoch das Argument der Klimaapokalyptiker.

Wer hat nun Recht? Diese Frage ist sehr schwer zu beantworten. In einem sind sich alle Seiten einig: Es gab im Laufe der Erdgeschichte schon jede Menge Wärme- und Kältephasen. Schon nicht so einig sind sich die Experten in der Frage, wer oder was diese verursacht hat. Vulkane sind eine Theorie, mitsamt ihrer Verschmutzung der Atmosphäre.

Die herkömmlichen Argumente sind bekannt:

Der stark gestiegene CO2-Ausstoß der Industrialisierung verursacht ein wesentlich schnelleres Ansteigen der Erdtemperaturen als je zuvor. Daher ist der jetzige Anstieg „man-made“ und wird zu eine Folge von Katastrophen führen, weil sich Fauna und Flora inkl. Menschen nicht so schnell darauf einstellen können.

Die Gegentheorie behauptet:

1.) Der Anstieg der CO2-Konzentration hinkt der Erwärmung immer hinterher (um mehrere hundert Jahre) und ist somit eine Folge und kein Auslöser von Erderwärmung. Der Grund: Die Ozeane sind so groß und tief, dass sie diese Verzögerung bewirken.
2.) Wärmeperioden in der Vergangenheit haben weder die Menschheit noch die Tierwelt umgebracht und es war wesentlich wärmer als heute oder auch in der prognostizierten Zukunft.
3.) Vulkane und Meere stoßen CO2 in weitaus größeren Mengen aus als die gesamte Industrie – um mehrere Potenzen höher. Was wir dazu tun, spielt keine Rolle für das Klima.
4.) Die derzeitige Erwärmung ist somit eine Folge von etwas, das vor Jahrhunderten die Meerestemperaturen beeinflusst hat. Dafür spricht auch, dass zwischen 1940 und 1975 die Temperaturen weltweit gesunken sind, obwohl sich die Industrieausstöße massiv erhöht haben.
5.) Die wahren Auslöser für Wärme- und Kälteperioden sind die Sonnenflecken. Wenn sie abnehmen, sinkt die Erdtemperatur. (Etwas genauer: Wolken entstehen durch kosmische Strahlung. Wenn die Sonne hochaktiv ist, lenkt sie diese Strahlen von der Erde ab, es bilden sich weniger Wolken und es wird heißer.)

Nun stellt sich die Frage, wieso die halbe Welt wegen der Erderwärmung in Aufruhr gerät. Der Film behauptet:

1.) Dies wäre eine künstliche Aufregung, die von Kräften gesteuert wäre, die tausende Arbeitsplätze sicher will – nämlich diejenigen, die sich mit der Globalen Erwärmung, ihren Ursachen und Folgen beschäftigen. Außerdem könne man so die Entwicklung der Entwicklungsländer (speziell die der afrikanischen) bremsen.
2.) Die Gelder, die seitdem in die Klimaforschung bzw. in das Thema Globale Erwärmung fließen würden, wären gigantisch und würden auch auf wissenschaftlicher Ebene verhindern, dass Gegentheorien eine Verbreitungschance hätten.
3.) Über Katastrophen zu berichten wäre auch für die Medien interessanter als über periodische Vorgänge ohne besondere Bedeutung.
4.) Ausgangspunkt wären die Studien gewesen, die Margaret Thatcher in den 1980ern in Auftrag gegeben hätte, aus Angst vor Abhängigkeit von der arabischen Welt wollte sie Alternativen zum Öl finden (Atomkraft).
5.) Nach Zusammenbruch des Kommunismus wandten sich die linksgerichteten politischen Kräfte mittels Umweltthemen gegen den Kapitalismus.

Stimmt die Behauptung, dass Wolken durch kosmische Strahlung entstehen? Wikipedia sagt uns dazu folgendes:

„Eine Wolke ist eine Ansammlung von sehr feinen Wassertröpfchen (Nebel) oder Eiskristallen. Die Wassertröpfchen bilden sich um Kondensationskerne herum, wenn die relative Feuchtigkeit der Luft 100 % geringfügig, um höchstens 1 % übersteigt. Dies kann entweder durch Abkühlung der Luft beim Aufsteigen (Thermik, Aufgleiten an anderen Luftschichten oder am Berghang) oder durch Durchmischen zweier Luftmengen geschehen (Richard Mollier). Beim Kondensieren wird die Verdampfungswärme des Wassers frei, welche das Abkühlen bei weiterem Aufsteigen der Luft abschwächt. Dadurch kann die Luft in größere Höhen steigen. Bei ruhiger Luft und wenigen Kondensationskernen kann es zu einer Übersättigung der Luft mit Wasserdampf kommen. Obwohl der relative Wassergehalt dann deutlich mehr als 100 % beträgt, kommt es noch zu keiner Kondensation. Der Wassergehalt muss erst weiter zunehmen, bevor er kondensiert. Bei einer Lufttemperatur unter ?10 °C können sich an den Kondensationskernen Eiskristalle (Schneeflocken) durch Resublimation bilden. Kondensationskerne sind elektrisch geladen und haben eine Größe von 1 nm bis 1000 nm. Sie entstehen durch private Haushalte, Industrie, Landwirtschaft, die Natur und kosmische Strahlung (Beispiel Nebelkammer). Nach Beginn der Kondensation kondensiert immer mehr Wasserdampf an dieser Stelle, bis er zu einem sichtbaren Nebeltröpfchen wird.
Neben ihren optischen Eigenschaften und ihrer Schönheit, die schon immer die Phantasie der Menschen angeregt hat, sind Wolken bei zahlreichen Fragen in der Wissenschaft wichtig. Dies gilt insbesondere für den Strahlungshaushalt der Erde, die Niederschlagsverteilung und die Atmosphärenchemie.“

Was hier nicht herauskommt: Wie viel Anteil an der Wolkenbildung hat die kosmische Strahlung? Das ist für mich noch nicht nachvollziehbar.

Was sind die Konsequenzen?

Eigentlich ist es zwar nicht egal, aber zweitrangig, ob die globale Erwärmung man-made ist oder nicht. Selbst wenn das Abholzen der Wälder keine Klimaauswirkungen hat, gibt es viele gute Gründe, das nicht zu tun.
Auch die Überfischung der Meere und die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen sind nicht direkt an das Klima gebunden. Und die Zunahme der globalen Bevölkerung auch nicht, ebenso wenig die Verrücktheiten der Finanzindustrie.

Wir können somit den Widerspruch zwischen den beiden Theorien stehen lassen. Wir haben dringendere Probleme und wichtigere Aufgaben zu lösen.

Ein neuer Aufbruch

Was bringt Menschen dazu, über das Meer zu fahren?

Konkreter Anlass für diese Überlegungen war eine TV-Doku über die Besiedelung der Welt durch Homo Erectus und Homo Sapiens. Eine der wichtigsten Fragen entsteht durch die frühe Besiedelung Australiens. Aufgrund der Eiszeiten war der Meeresspiegel weltweit zeitweise bis zu 150 Meter tiefer als heute. Dadurch entstanden viele Landbrücken (Beringstraße etc.) über die Menschen in andere Kontinente wandern konnten.

Bei Australien ist das nicht der Fall, man musste mit Booten hinüber, da dazwischen Tiefseegräben liegen. Es ist heute erwiesen, dass die Menschen in der Steinzeit diese Überquerung des Meeres zustande brachten. Ganz abgesehen von der Frage WIE sie das machten, ist die Frage nach dem WARUM noch viel spannender.

1.) Die Notwendigkeit nachfolgenden Menschen auszuweichen oder neue Siedlungsgründe zu erschließen.
Das ist unwahrscheinlich, da es zu dieser Zeit sehr wenige Menschen und sehr viel Platz gab.

2.) Die Ressourcen sind zu Ende.
Auch unwahrscheinlich, weil es für die wenigen Menschen genug gab.

3.) Der Drang nach neuen Abenteuern.
Auch das erscheint mir unwahrscheinlich, da das Leben ohnehin ein einziges Abenteuer darstellte und das Überleben schon schwierig genug war. Außerdem war da ja das Problem, dass diese Menschen nichts von Australien wussten, also keine Ahnung haben konnten, ob da weit draußen auf dem Meer überhaupt Land war und wo es war und wie weit weg.

Das führt uns schon zur grundlegenden Problematik: Welches Denken ist notwendig, um so eine Überfahrt nicht nur zu wagen, sondern überhaupt in Betracht zu ziehen?

Menschen sind und waren neugierig, also gierig nach Neuem. Es gab seit immer schon (also seit Anbeginn der Menschheit) Individuen, die neugieriger waren als andere. Irgend einer stellte sich immer die Frage: Was ist hinter dem nächsten Hügel? Was ist hinter der Bergkette? Was ist auf der anderen Seite des Flusses?

Aber die Frage, was hinter dem Horizont des Meeres ist, erweist sich als eine qualitativ gänzlich andere. Zu dieser Zeit gab es keine Geografie und keine Kunst der Seefahrt, es gab noch keine Idee der „Erde“, also weder flach noch rund. Oder irren wir uns selbst gewaltig in dieser Annahme? Es gibt eine notwendige Grundvoraussetzung, um über eine Seefahrt über das Meer überhaupt nachdenken zu können: „Dort kann was sein.“
Wenn man diesen Gedanken nicht hat, fährt man nicht. Wenn man annimmt, dass sich das Meer ewig weit hinaus erstreckt oder ein tödlicher Abgrund lauert oder sonst irgend eine Art von Ende der Welt zu finden ist, dann fährt man nicht, auch nicht, wenn man muss.
Dieses Müssen ist sowieso in Frage zu stellen, aber die Frage nach dem „Dort kann was sein“ muss trotzdem positiv beantwortet werden können. Woher konnten die Menschen also das Wissen haben, dass hinter dem Meer etwas – nämlich ein vergleichbares Land – sein kann. Vielleicht war ja bereits die Möglichkeit ausreichend, um mit viel Mut diesen Schritt zu wagen. Und man darf nicht vergessen: Um ein Land zu besiedeln, muss man eine entsprechend große Anzahl an Menschen mitnehmen, zumindest Frauen, vielleicht sogar Kinder. Das setzt entsprechend große Schiffe voraus und die Fähigkeit, diese auch zu steuern und hochseetauglich zu machen.

„Dort kann was sein“ denkt man, wenn Information dieser Art vorhanden ist und transformiert werden kann. Wenn also der Großvater davon erzählt, dass die Vorfahren einen großen Bogen rund um ein Meer gewandert sind, dann könnte die Idee einer Abkürzung kommen – es entsteht zumindest die Idee eines „Gegenüber“. Abgesehen von der Frage, wie man diese Art von Information von den Vorfahren bekommen kann und diese eine solche Information überhaupt abstrahieren konnte, muss dieses Gegenüber entsprechend plastisch vorstellbar sein, und zwar inklusive so großer Vorteile, dass die doch deutlich erkennbaren Risiken einer Fahrt ins Unbekannte gering erschienen sein mussten.

Wir reden hier von der möglicherweise ersten Vorstellung vom Paradies überhaupt. Ein Land, in dem Milch und Honig fließen. So eine Vorstellung musste in den Köpfen entstehen, um ein derart großes Vorhaben überhaupt planen zu können. Von der Komplexität der Leistung würde ich das mindestens mit dem ersten Flug zum Mond gleichsetzen.

Das neue Land muss auf jeden Fall einen entsprechend großen Vorteil gegenüber dem alten, bekannten Land aufweisen. Eine Variante ist, dass dort die Götter wohnen und man ihnen näher kommen, vielleicht sogar bei oder mit ihnen wohnen kann. Diese Vorstellung gibt es ja auch heute noch, z. B. im Christentum. Allerdings darf man nicht vergessen, dass die Menschen damals Naturgötter hatten, also einen Gott des Windes und einen der Wellen. Ihre Gottesvorstellungen waren noch nicht so anthropomorph, und ob man beim „Wind“ wohnen wollte, das darf hinterfragt werden. Aber vielleicht waren auch ihre Götter schon in menschlicher Gestalt.

Fehlt uns das Denken, das diese Menschen hatten? Waren sie so furchtlos, dass sie auf wackeligen Flößen ins Nichts fuhren? Glaubten sie an Götter, die sie beschützen würden? Bis eine Besiedelung erfolgt, muss mehr als nur eine Fahrt gewagt worden sein. Kamen Menschen wieder zurück, um zu berichten, was in der Ferne war? Dann mussten sie eine gar nicht so primitive Form der Navigation gehabt haben, oder einfach enorm viel Glück. Verschwanden zehn Schiffe im Nirgendwo, bis eines das ferne Land erreichte? Schickte man dann immer wieder Schiffe los, ohne zu wissen, wie es denen davor ergangen war?

Wir haben heute keine Wissenschaft, die solche Fragen als Einzeldisziplin lösen kann. Hier wird Interdisziplinarität gefragt sein, um sich dem Phänomen stellen zu können.

Warum Stevia erst jetzt kommt

Stevia ist ein Süßmittel, das aus einer Pflanze gewonnen wird, die in subtropischen Regionen wächst, relativ genügsam ist und lange Zeit von großen Märkten ferngehalten wurde – seitens der Zuckerindustrie.

Nun wird mit Fanfaren verkündet, dass Stevia jetzt auch in der EU auf den Markt kommen wird. Hier ein Auszug aus einem medianet-Atrikel vom 21. November 2011:

„Seitens Rewe wurde die Zulassung von Stevia schon mal begrüßt: „Die ersten Marken-, aber auch Eigenmarkenprodukte werden raschestmöglich in unseren Märkten zu finden sein“, stellt Erich Riegler, Leiter des Zentraleinkaufs der Rewe International AG, in Aussicht. Wann das passiert und welche Produkte betroffen sind, gibt er aber nicht bekannt. Auch seitens Hofer heißt es, dass entsprechende Lieferanten-Gespräche laufen. Bei Lidl Austria zeigt man sich vorsichtiger und verweist darauf, dass zurzeit kein Stevia-Produkt geplant sei. Der Zuckerkonzern Agrana hat vor dem neuen Süßungsmittel angeblich keine Angst. „Stevia ist keine Konkurrenz zu Zucker, sondern eher zu anderen Süßungsmitteln“, mutmaßt Unternehmenssprecherin Christine Göller.“

Wenn man Stevia als echten Zuckerersatz einsetzt, so schmeckt man es heraus. Das ist übrigens auch bei Zucker der Fall, nur haben wir uns daran gewöhnt, ganz abgesehen davon, dass es sehr unterschiedliche Zuckervarianten gibt (Rüben- und Rohrzucker sind die wichtigsten zwei), die auch unterschiedlich süßen und schmecken.

Stevia kommt erst jetzt, weil sich die Zuckerindustrie den Markt sichern musste. Nun können sie nach Belieben Stevia so einordnen, dass es ihre Zuckerpläne nicht durchkreuzt. Stevia wurde quasi der Reisszahn gezogen, es kommt als neckische Variante, als Nischenprodukt auf den Markt, obwohl es medizinisch eigentlich so schnell wie möglich den Zucker ersetzen sollte, da es etwa den Cholesterinspiegel nicht erhöht. Daher wäre es volkswirtschaftlich gut. Betriebswirtschaftlich ist es für die wenigen mächtigen Zuckerkonzerne (in Österreich die Agrana, Rewe, Spar und Lebensmittelriesen wie Nestlé) natürlich nicht gut.

Hier wäre die Politik gefragt, die Gemeinwohl und Profitgier Einzelner auszugleichen hätte, etwa durch eine entsprechende Gesetzgebung.

Herr Faymann, ich fordere Sie hiermit auf, Stevia aus medizinischen Gründen steuerfrei zu stellen bzw. Zucker entsprechend höher zu besteuern, da es jetzt eine gesunde Alternative gibt. Nur so könnte die Allmacht der Zuckerkonzerne in Schranken gehalten werden. Eine demokratische Regierung hat nicht den Monopolisten blind zu folgen. Zusätzlich fordere ich noch eine breite öffentliche Diskussion, die etwa durch das Lebensministerium zu führen wäre und bei der die Bevölkerung mindestens so viel mit der Aufklärung über Stevia überschüttet werden sollte wie mit Zuckerwerbung.

Zucker ist nicht von heute auf morgen durch Stevia ersetzbar und der Zuckerrübenanbau in Österreich sollte den heimischen Zuckerbedarf aus regionalem Anbau decken. Der Rest sollte Stevia sein.

Das wünsche ich mir zu Weihnachen. Ich befürchte nur, dass das einzige, was der Faymann in dieser Angelegenheit tun wird, ein mildes Christkind-Lächeln sein wird.

Einst lehnte er im Stoll am Fassl…

…heut lehrt er an der Uni Kassel.

Dieser Spruch stammt von meinem lieben Freund Peter Bachmann und gehört leider seit gestern der Vergangenheit an (das „Stoll“ ist ein Lokal in Klosterneuburg und unser Stammplatz war rund um ein altes Holzfass zwischen Bar und DJ-Pult). Nach den ersten drei Semestern gab es letztes Sommersemester schon eine Pause, und dann jetzt noch ein letztes Aufflackern, bevor die Flamme meines Lehrauftrags endgültig erlischt.
Obwohl schlecht bezahlt und mit viel Mühe verbunden, hinterlässt es doch ein bisschen Wehmut, und ich frage mich, wieso.

Die Antwort liegt in den StudentInnen, ihre Freude an meinen Geschichten wird mir fehlen. Daher ist ein Blick zurück angebracht, jetzt, wo die Eindrücke noch frisch sind.

Die Uni Kassel ist eine Agglomeration von Backsteinbauten, Anfang der 1970er Jahre errichtet und der Architekt wurde nicht getötet, obwohl er es gleich mehrfach verdient hätte. Ich erwähne als besondere Schmankerln nur die unglaubliche Anordnung von Bauten, Hörsälen und Gängen. Wer sich dort nicht wirklich gut auskennt, gerät in einen Irrgarten, alles scheint gleich auszusehen, es gibt tausende Ecken und Winkel, selbst die zögerlichen Beschilderungen helfen nichts.
In den Gebäuden sieht es nicht viel anders aus. Man sollte an jedem Eingang Ariadne-Fäden verteilen, wobei man dann vor lauter Fäden auch nicht mehr durchkommen würde. Manche Stiegenaufgänge sind offen, andere hinter Türen versteckt, und es gibt keinerlei erkennbare Struktur in der Anordnung der unzähligen Räume und auch nicht in deren Nomenklatur. Ein Beispiel gefällig? Der Hörsaal 1215 befindet sich eine Ecke neben dem Hörsaal 1309. Warum? Das weiß niemand. Manchmal scheint eine Reihenfolge erkennbar zu sein, die ganz plötzlich wieder aufhört. Die Hinweisschilder in jedem Stockwerk teilen mit, dass es bestimmte Räume in genau diesem Stockwerk gibt. Wo man sie findet, sagen die Schilder nicht.

Die Hörsäle selbst sind wahnwitzige Gebilde mit teilweise unbrauchbaren Formen. So gibt es Fenster, die man nur mit akrobatischen Meisterleistungen öffnen kann oder mitten im Hörsaal wurde eine Säule hingebaut. Das ist nicht nur für einen Vortragenden verwirrend, denn bei voller Belegung gibt es eine Art toten Winkel, hinter dem sich dann eine Anzahl Studenten verbirgt. Vielleicht heißt es ja deswegen „Hörsaal“ und nicht „Sehsaal“, weil man von dort aus halt nichts sieht.

Manche Säle sind offen, andere versperrt, wieder andere haben ein Nummernschloss. Und man erlebt jedes Mal eine neue Überraschung, etwas wenn es darum geht, ob man Tische und Sessel vorfindet, und wie viele, und wie sie gerade angeordnet sind. Es gibt in den Hörsälen stets dreckige Tafeln, meist aber keine Kreide und niemals ein Waschbecken, um Wasser für das Säubern der Tafeln zu organisieren.
Der Willkommensgruß letzten Freitag sah so aus:

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Ich hatte wieder einmal ein hartes Wochenende vor mir: Freitag 5.30 Tagwache, dann mit dem ICE ca. 8 Stunden mit 1x Umsteigen bis Bahnhof Kassel Wilhelmshöhe, dann mit der Straßenbahn quer durch die Stadt bis zur Uni, Seminar bis 20.30 Uhr, Samstag den ganzen Tag, Sonntag früh bis Mittag, dann wieder zurück mit dem ICE und um ca. 22 Uhr in Wien. Wobei das eine sehr optimistische Schätzung ist, denn meist gibt es irgendwo eine Verspätung. Wir hatten diesmal eine Baustelle zu umfahren und bekamen nur eine halbe Stunde aufgebrummt.

Die erste nette Überraschung erfuhr ich gleich zu Beginn, als ich an der Uni ankam. Mein Hörsaal (der schon erwähnte 1215) war eine Art extended Besenkammer, klein, mit besonders fetter Säule, Fenster nur in Form von seltsamen Oberlichten, vor allem aber viel, viel zu klein, für etwa 20 Personen geeignet, notfalls 30. Ich wusste: ich habe 50. Das wäre nicht nur eng, sondern gänzlich unmöglich. Also neuen Hörsaal suchen. Mein lieber Freund Rudi verriet mir den Zahlencode für 1219, den ich vor zwei Jahren schon einmal hatte. Auch mit prachtvoller Säule, aber größer, knapp ausreichend. Also zog ich wie Moses mit der Karawane aus und brachte meine StudentInnen in das gelobte Land, äh, den gefundenen Hörsaal. Leider war klar, dass ich ihn Samstags und Sonntags nicht haben konnte, da Rudi dort selbst Lehrveranstaltung hatte.
Also zog die Karawane am Samstag weiter. Die Hörsäle 1102 und 1309 waren belegt, und zwar beide durch den mir persönlich unbekannten Kollegen Jurkovsky. Wie das genau funktionieren sollte, war mir nicht klar. Würde er sportlich zwischen beiden Räumen hin- und hersprinten, Gruppenarbeiten beaufsichtigen und kleine Vorträge halten? Meine Hochachtung vor solch famosen Leistungen schwand, als sich herausstellte, dass der Kollege weder den einen noch den anderen Hörsaal brauchte – schlicht und einfach, weil er nicht da war, weder Samstags noch Sonntags. Er hatte nur beide reserviert und somit für mich blockiert. Gab es ihn überhaupt, oder ist der das Phantom der Uni?

So schnappten wir uns die Räume, einen für das Plenum und den anderen für zwei Arbeitsgruppen. Mir ist unbekannt, ob der Kollege für Abwesenheit bzw. Mehrfachbelegung (oder eben Nicht-Belegung) von Hörsälen bezahlt wird. Wenn ja, so einen Job hätte ich auch gerne. Und ich koffere für ein Wochenende von Wien nach Kassel und zurück. Nun gut, es war eh das letzte Mal.

Das administrative System der Uni Kassel hat auch etwas Gutes: Man lernt Selbständigkeit, und zwar als Student wie auch als Dozent. Diese Selbständigkeit fördert die Tatsache, dass ab Freitag Mittag alle Sekretariate fest verschlossen sind, die Dozenten der geblockten Wochenendveranstaltungen dürfen daher improvisieren: Wo bekomme ich Kreide her? Wer sperrt Sonntags den plötzlich abgeschlossenen Hörsaal auf? Man fühlt sich unwillkürlich gewollt, unterstützt, gewertschätzt etc.

Ich will nicht meckern, die von mir bestellten Flipcharts waren samt Papier und Stiften vorhanden. Da man die Hörsäle jedoch nicht zusperren kann, musste ich sie jeden Tag zwei Mal in den Lift hineinquetschen und in den durch Code versperrbaren Postraum bringen, damit sie nicht gestohlen werden, so wie die vielen Beamer in den Hörsälen, von denen nur noch leere Boards und ins Nichts ragende Stecker zeugen. So bleiben alte Professoren jung und junge Dozenten sehen manchmal ein wenig alt aus. Die StudentInnen dürften es gewohnt sein, sie nehmen die Lage recht stoisch hin, ganz im Gegensatz zu der praktizierten Geschäftstüchtigkeit eines meiner (mir ebenfalls unbekannten) Kollegen, der von all seinen TeilnehmerInnen verlangt, dass sie sein Buch kaufen, um die Lehrveranstaltung absolvieren zu können. Zum Sonderpreis von 80 Euro. Deswegen waren sie bei mir so erstaunt, dass sie mein Buch erstens nicht kaufen mussten und wenn sie doch wollten, dann um 15 Euro. Ich gebe nämlich den Autorenrabatt weiter.

So geht eine anstrengende Zeit vorbei. Vielleicht lehne ich ja demnächst wieder einmal im Stoll am Fassl. Und denke an Kassel, an diese seltsame Stadt in Nordost-Hessen, die im Krieg dem Erdboden gleich gemacht wurde (Panzerproduktion) und der man das heute stimmungsmäßig noch immer anmerkt. Die als einzige kulinarische Errungenschaft „Aaale Woarst“ hat, eine Art Kantwurst in einem Weckerl. Wo die Menschen meinen Vornamen „Giiido“ aussprechen und wo ich letzen Samstag Abend eine Kirschplunder und eine Marzipantasche um zusammen nur einen Euro bekam, weil sie von gestern waren. So wie ich inzwischen, an der Uni Kassel.