Guido und Thomy am Ende der Welt – eine Reise in die Mondberge des Ruwenzori / Tag 6

Tag 6 – Fahrt von Kibale zum Ruwenzori

Das war ein großteils unspektakulärer Tag. Ein weiteres Mal gesalzene Butter zum Honig und dann eine Stunde nach Fort Portal. Das ist eine Kleinstadt mit einer Hauptstraße und zwei Nebenfahrbahnen, in denen eine nette Dame mit einer gelben Schürze Parktickets austeilt. Wofür die sind und ob und wie man da was zahlen muss, blieb mir verschlossen.
Im Westen Ugandas ist Internet noch Mangelware. Es gibt drei Internet-Shops in Fort Portal, einer davon hatte auch tatsächlich Internet. Leider waren die Computer so alt, dass sich meine Webmail-Seiten nicht aufrufen ließen. Lediglich ein paar Minuten Facebook waren drin.

Von Fort Portal erkennt man schon die „Portal Peaks“, zumindest bei gutem Wetter. Das sind die nördlichsten der höheren Gipfel, auch schon über 4.000 Meter hoch. Wir sahen sie erst am nächsten Tag.
Die Straße führt an der Ostflanke des Ruwenzori entlang, ist kurvig und bergig, aber sehr gut ausgebaut. Danach geht es über eine Schotterstraße etwa 15 km bergauf zu dem kleinen Ort, an dem alle Wanderungen und Touren beginnen. Nachdem wir im Office des Ruwenzori Mountaineering Service (das ist die Firma, die das Monopol hat die Touren zu organisieren) erfuhren, dass sie meine Anzahlung von vor drei Wochen noch immer nicht bekommen haben oder vielleicht schon, aber sie wissen es nicht und es würde bis zum nächsten Tag dauern, ehe sie das in Erfahrung bringen konnten bla bla bla… machten wir uns auf die Suche nach einem Quartier.

Das Anforderungsprofil war leicht: Wir wollten uns das letzte Mal für sechs Tage eine Dusche gönnen und ein Abendessen haben. Zwei Kilometer weiter hatten wir ein nettes Quartier gesehen und fuhren dorthin zurück. Ein Herr (europäisches Aussehen oder so ähnlich) in den besten Jahren mit großem Schnauzer empfing uns und ich wurde den Verdacht nicht los, dass er Deutsch sprechen könnte.
Nicht nur das, er heißt Otto und leitet gemeinsam mit seiner Frau Monika die Pension. Sie haben saubere schöne Zimmer mit großen Badezimmern und er hatte in seiner Jugend Koch gelernt. Perfekte Voraussetzungen für einen netten Abend.

Otto wuchs ein paar hundert Meter von uns entfernt in Hernals auf, war ein Busenfreund von Udo Proksch und ging 1973 als Ingenieur nach Südafrika. Wie viele Europäer hat er ein bewegtes Leben hinter sich und war vor einiger Zeit in Uganda gestrandet, als Manager in einer Kobalt-Mine. Die wurde geschlossen und jetzt betreibt er gemeinsam mit seiner Frau Monika hier am Ende der Welt eine Unterkunft. Er ist Geschäftsführer, der Landlord ist ungefähr das, was bei uns der Bürgermeister in Personalunion mit dem Bischof ist. Monika meinte, sie würde den Landlord anrufen und fragen, ob wir auf dem Grundstück (riesig) campen dürften. Plus einer bussifeinen Dusche natürlich und Otto würde uns ein Abendessen kochen, er wäre gelernter Koch (beim Demel…).
Später schaute der Landlord dann persönlich vorbei, in einem aufgemotzten Mitsubishi Pajero mit Chromleisten überall und dunklen Scheiben und blitzenden Alu-Felgen. Ganz so, wie sich reiche Afrikaner das vorstellen und manchmal auch verwirklichen. Ein netter Herr, Chef von etlichen Firmen (Kakao, Kaffee, Tee und noch einiges mehr) und auf dem Dach seines Pajero befand sich ein Skiträger. So einer, wie er auch bei uns im Winter auf den Autos ist, der mit den Gummiwürsten zum Einklemmen der Ski.
Auf meine Frage, warum er einen Skiträger auf dem Dach hätte, meinte er, das wüsste er bereits, dass das ein Skiträger wäre, aber der war schon oben, als er das Auto gekauft hätte und er würde ja nicht stören.
Monika meinte, er wäre ca. 200 Mio Dollar schwer, einer der reichsten Männer Ugandas. Für uns war wichtig, dass er uns auf seinem Grundstück campen ließ und das passte.

Otto ist das, was man einen Bullshit-Artist nennt. Der Wiener Ausdruck ist „G´schichtldrucker“, aber er ist einer von der feinen Sorte. So stellten wir uns am Abend gemeinsam einige Nile Special hinein und plauderten über alles, außer über Gott und die Welt. Es sollte für sechs Tage das letzte Bier sein.
So schliefen wir zwischen Schweinen, Rindern, Ziegen und Bananen dem nächsten Tag entgegen. Noch war ungewiss, ob wir den Ruwenzori würden machen können.

Was mich an Ostafrika fertig macht: Es gibt keine Haken. Ich weiß nicht warum, das wird mir ein ewiges Mirakel bleiben, aber es gibt keine Haken. Gar keine Haken. Egal in welchem Badezimmer oder Vorzimmer oder sonst wo man sich aufhält, es gibt keine Haken. Haben die nichts zum Aufhängen? Liegt bei den Ostafrikanern alles am Boden? Keine Haken! (Hab ich das schon erwähnt? Egal.) Es gibt auch fast keine Ablagen und Spiegel sind manchmal so montiert, dass sich ein Zwerg bücken muss, um sich zu sehen.
Was bringt ihnen das? Haken sind nicht teuer und auch nicht schwer zu montieren und im Gegensatz zum Häuslpapier werden sie normalerweise nicht gefladert. Egal, keine Haken, egal wo man ist. Vielleicht gibt es sie in 5-Sterne-Hotels, aber selbst das bezweifle ich.

Guido und Thomy am Ende der Welt – eine Reise in die Mondberge des Ruwenzori / Tag 5

Tag 5: Chimpanzee Habituation Experience

05.20 Tagwache, da ist es stockfinster am Äquator, die Scheinwerfer unseres Toyotas durchschneiden die Nacht, als wir zur Station der UWA (Uganda Wildlife Authority) fahren, von wo es zu den Schimpansen geht.
Das Lunchpaket ist geschnürt, genügend Wasser und Foto- sowie Filmausrüstung sind dabei. Das Toastbrot mit Peanut-Butter musste ich jedoch schnellstens herschenken, nicht alles führe ich ohne Not meinem Magen zu. Passender waren da schon die Bananen.

Die Spannung steigt – werden wir wilde Schimpansen sehen? Laut Führer beträgt die Erfolgsquote 85%, aber was heißt das schon und wer hat die überhaupt festgelegt? Es gibt nur eine einzige Garantie: unsere 220 Dollar, die wir pro Person im voraus gezahlt haben, bekommen wir nicht wieder.

Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten hier im Kibale-Nationalpark: 1.) Chimp-Tracking, das bedeutet man sucht die Schimpansen und hat dann eine Stunde Zeit, sie zu beobachten. Wenn man sie findet.
2.) Die Habituation Experience: man findet die Schimpansen und kann sie einen Tag lang beobachten, auf den Spuren von Jane Goodall, genau das, wovon Thomy schon seit längerer Zeit träumt und wofür er top-motiviert ist. Also ziehen wir im Morgengrauen los, gemeinsam mit einem griechischen Profi-Fotografen und seiner Freundin plus einem Führer und zwei „Trackern“, die uns die Schimpansen aufspüren sollen.

Im Gegensatz zu den Gorillas, bei denen man immer weiß, wo sie gerade sind und es daher die Garantie gibt, dass man sie zu Gesicht bekommt, ist das mit Schimpansen anders. Sie bewegen sich schnell und selbst wenn sie sich ganz langsam bewegen, ist das immer noch doppelt so schnell wie wir. Das sollten wir an dem Tag noch zu spüren bekommen.

Aber unser Führer ist einer der besten und die Griechen, die das schon den dritten Tag machen, versichern uns, dass es die beiden Tage davor sensationell war, am zweiten Tag hatten sie die Schimpansen schon nach fünf Minuten gefunden.
Wir sind zuversichtlich und starten ins Gebüsch. Nach einiger Zeit entdeckt der Führer bereits Schlafnester und wir ahnen es – gleich ist es soweit, gleich haben wir sie.

Seit der Erfindung des Handys für Ugandesen sind diese nicht nur ganz narrisch auf Mobiltelefone, sondern verwenden diese auch für sehr sinnvolle Dinge, wie etwa die Koordination der Schimpansen-Suche. Ständig fliegen SMS hin und her und wir wissen: gleich haben wir sie! Komisch nur, dass sie so leise sind. Schreien und streiten die nicht die ganze Zeit? Das hört man angeblich meilenweit und kann unsere nächsten Verwandten daher leicht aufspüren.

Wie spürt man sie jedoch auf, wenn sie nicht schreien, ja wenn sie sich mucksmäuschenstill verhalten, so wie heute? Die sorgenvollen Gesichter der Tracker verraten uns: das wird doch nicht so leicht.

Nach zwei Stunden geben sie auf und wir verlassen dieses Stück Wald und marschieren zur Station zurück. Dort käme bald ein Jeep und brächte uns in einen anderen Teil des Waldes, wo wir angeblich mehr Chancen hätten. Immerhin haben wir schon eine Menge Urwald durchstreift und dabei unzählige Ladungen Spinnweben abbekommen. Genauer gesagt: Ich habe sie abbekommen, denn Thomy hielt sich schlauerweise immer zufällig hinter mir auf und der Führer vor mir war einen Kopf kleiner. Ja, das macht viel aus, spinnwebentechnisch.

Neuer Wald, neues Glück. Wir starten wieder zuversichtlich und ich hole mir die restlichen Spinnweben ins Gesicht, wahrscheinlich alle, die dieser Wald zu bieten hat. Wäre ich auf Spinnensuche, ich wäre der glücklichste Mensch auf Erden.

So aber bin ich das nicht, weil es wird Mittag und wir haben noch keine Schimpansen gesehen. Doch plötzlich kommt Unruhe auf, es wird hektisch und wir krachen durchs Unterholz, um in eine kleine, sumpfige Senke zu gelangen. Und tatsächlich, da ist einer! Er sitzt auf einem umgestürzten Baum, oder besser gesagt, er saß dort, denn er zog es vor, gleich wieder im Unterholz zu verschwinden.

Schimpansen sind fast schwarz und hervorragend getarnt, in diesem dichten Wald, in dem es vor Schimpansen angeblich nur so wimmelt und 85 von 100 Touristen ein Erfolgserlebnis haben. Derzeit waren wir 4 von den restlichen 15. Wir hasteten in die Richtung, in die der Schimpanse verschwunden war und tatsächlich erhaschten wir noch ein paar Blicke auf einige dieser interessanten Tiere, aber immer nur von weit weg, zu wenig für gute Fotos.

Dann waren sie ganz verschwunden, was für Schimpansen eine einfache Sache ist. Sie sind etwa halb so hoch wie wir Menschen und können sich elegant und flink durchs Unterholz bewegen, ganz im Gegensatz zu uns. Wir krachen taumelnd durch den Wald, ungelenk, laut und langsam. Und fluchend, wegen den Spinnweben.
Also Mittagspause und dann weiter. Am Nachmittag sollte es klappen, die Führer und Tracker diskutieren eifrig, wo die verflixten Schimpansen sein könnten und warum wir sie noch nicht gesehen hätten. Das Ergebnis: Wahrscheinlich waren die Männchen der Gruppe an diesem Tag auf Reviergrenzenkontrolle. In so einem Fall verhalten sich die zurück gebliebenen Weibchen und Jungen ganz ganz leise, um nicht von einer fremden Gruppe entdeckt und attackiert zu werden.

Leider bedeutet das auch, dass wir sie nicht finden. Sie können 10 Meter neben dir im Wald sein, eine ganze Horde, und du bekommst keinen einzigen davon zu Gesicht – wer nicht laut ist, wird nicht gefunden. Gut für die Chimps, schlecht für uns.

Stunden vergehen, wir rennen quer durch den Wald, Hügel hinauf, durch Bäche durch, Hügel hinunter, immer getrieben von neuen SMS und Anrufen der Tracker. Nach einiger Zeit habe ich das Gefühl, dass wir schon jeden verdammten Baum in diesem Wald gesehen hätten. Immer wieder der Blick hinauf, in die Kronen der Urwaldriesen – irgendwo müssen sie doch stecken!
Wir sehen Unmengen an wunderschönen Schmetterlingen und bleiben von Zeit zu Zeit an einer Dornenranke hängen, die den passenden Namen „Wait a minute“ trägt. Der Wald ist toll, ein perfektes Habitat für Schimpansen und ein echter Urwald, so wie es ihn bis vor einiger Zeit in ganz Uganda gab. Jetzt sind nur mehr einige kärgliche Reste vorhanden, die aufgrund ihres Status als Nationalpark noch nicht abgeholzt wurden und daher noch Schimpansen beherbergen. Also theoretisch zumindest. Und wir hatten Wetterglück, es war an diesem Tag trocken und sonnig. Perfekt zum Schimpansen-Beobachten.

Dann wird es Abend. Wir kehren langsam zur Straße zurück, auf der unser Jeep wartet. Dort finden wir eine ganze Horde Touristen, die tatsächlich Schimpansen gefunden haben, in einem hohen Baum gleich neben der Straße. Und wir sind an diesem Tag elf Stunden lang insgesamt 17 km durch den Wald gekoffert, schwitzend und mit ersten Blasen auf den Füßen. Und die hängen da in den Bäumen genau neben der Straße. Es ist zum Heulen, aber andererseits: jetzt haben wir sie, die gesuchten Kerle!
Also zücken auch wir unsere Kameras und filmen drauf los. Oben im Baum spielen zwei Junge und drei ältere Schimpansen suchen nach Früchten und Blättern. Dann wird es Zeit zu gehen, die Dämmerung ist nicht mehr fern. Aber unser Führer raunt uns zu noch ein wenig zu bleiben, obwohl wir schon etwas geschlaucht sind. Die Schimpansen am Baum sind hoch oben und schwierig zu filmen und runterkommen tun sie auch nicht.

Also ziehen die Touristen ab und wir bleiben allein zurück. Doch auf einmal, wie durch ein Wunder kommen sie aus dem Wald heraus – erst einer, dann noch einer, und sie haben es nicht eilig und trotten über die Straße zu den anderen. Und einer bleibt da, er hockt sich neben die Straße und lässt uns nahe heran. Wir filmen und knipsen was das Zeug hält. Es handelt sich um ein 25 Jahre altes Männchen, um eines der friedlichsten Geschöpfe unter den habituierten (also an Menschen gewöhnten) Schimpansen in diesem Wald. Und er posiert freiwillig und ganz ohne Scheu, mindestens 15 Minuten lang. Ich freue mich, als ich seinen Namen erfahre, er heißt „Herr Schwarz“ und ist ein sehr sympathischer Bursche, dieser entfernte Vetter von mir. Und es is ein magischer Moment, diesen Geschöpfen in die Augen zu schauen. Hat was!

Dann trollt auch er sich zu den anderen auf einen hohen Baum. Im Überschwang verwandtschaftlicher Gefühle versuche ich auch auf den Baum zu klettern, scheitere aber kläglich an meiner mangelhaften Technik. Bei den schwarzen Kerlen schaut das so spielerisch einfach aus!

Es wird Zeit sich zu verabschieden. Ich wünsche all diesen freundlichen Wesen, dass sie ihren Urwald noch lange haben und sich nicht zu sehr von ihnen nachkletternden Touristen beeindrucken lassen. Leider stehen die Chancen denkbar schlecht, denn die ständig wachsende Bevölkerung übt enormen Druck auf die letzten noch verbliebenen Wälder aus. Man will das Holz, man will das Land, eine Bananenplantage oder eine Teepflanzung bringt Profit, ein Wald nicht, vor allem, weil die Bevölkerung trotz diesbezüglicher Pläne und Verordnungen nicht an den Einnahmen der Parks beteiligt wird. Korrupte Verwaltungsbeamte stecken das Geld lieber in die eigene Tasche und wenn die Schimpansen dann in die Felder der Bauern eindringen, werden sie erschossen, vergiftet oder verenden in Drahtschlingen.

Für uns war es noch schön. Die 220 Dollar haben sich letztendlich ausgezahlt, der Dank gilt auch unserem Führer, der den richtigen Riecher hatte und mit uns noch genau die richtige Zeit geblieben ist. Und Spinnweben sind angeblich gesund.

Guido und Thomy am Ende der Welt – eine Reise in die Mondberge des Ruwenzori / Tag 4

Tag 4: Jinja – Kibale National Park

Das Frühstück sehr afrikanisch: Die Butter gesalzen, was nur bedingt mit dem Honig harmoniert. Eigentlich war sie nur geeignet, um sie sich in die Haare zu schmieren, was in Afrika ja mancherorts durchaus gemacht wird. Da ich kein Massai bin, ließ ich diese Gelegenheit aus.
Ich mag es nicht, wenn beim Essen an der falschen Stelle gespart wird. Schon das Abendessen gestern war eher bescheiden, diesmal sollte es eher noch bergab gehen. Toastbrot ist so ein Fall. In Ostafrika bekommt man normalerweise nur sehr wenig Brot und das trägt seine englischen Wurzeln in sich: Vor allem Toastbrot, generell nur Weißbrot und sonst eher nichts. Das ist okay, Schwarzbrot bekomme ich zuhause ohnehin genug und wir hatten als Notvorrat für den Ruwenzori sechs Packungen Pumpernickel auch dabei.
Aber es war das billigste Toastbrot und einfach nicht gut. Also ein paar von den Bananen einstecken und ab auf die Straße. Vom Kingfisher war ich diesmal ein wenig enttäuscht, die Gesamtrechnung für eine Übernachtung zwei Personen plus Abendessen und Frühstück betrug 96 Dollar, das wäre vom Prinzip okay, wenn das Frühstück gepasst hätte. Bedingte Empfehlung für das Kingfisher, das war früher besser.

Noch ein Tag im Auto, als ob die gestrigen 13 Stunden nicht schon genug gewesen wären. Doch diesmal sollte es einfacher und schneller gehen. An der Rezeption des Kingfisher hatte ich erfahren, dass es eine Nordumfahrung („Northern Bypass“) für Kampala gibt. Ich hatte die Verkehrshölle noch gut in Erinnerung, als wir vor sechs Jahren aus Ruanda zurück kamen.

Es ging gut und schnell voran, obwohl wir nicht mehr den Sonntagsbonus wie am Vortag hatten – weniger LKW, ähnlich wie bei uns. Die Nordumfahrung war leicht zu finden (erstes Roundabout auf der Hauptstraße Jinja – Kampala, Mbarara und Fort Portal sind ausgeschildert, man fährt bei den diversen Roundabouts einfach immer gerade aus bis zum Ende des Northern Bypass und dann rechts) und dann muss man nur ca. 2 km unbefestigte Straße überwinden, um auf die sensationell gute Schnellstraße Richtung Fort Portal zu gelangen.

Ein paar Worte über die Straßen in Uganda: Sie waren schon vor sechs Jahren nicht schlecht, aber jetzt sind sie wirklich ein Traum. Keine oder fast keine Schlaglöcher, teilweise sogar Bodenmarkierungen, asphaltierte Bankette, auf denen die Motorradfahrer unterwegs sind – auch wenn es offiziell verboten ist. Zumindest alle Hauptstraßen sind hervorragend gepflegt, auftauchende Schlaglöcher werden ausgebessert. Interessanterweise sahen wir nur sehr wenig chinesische Präsenz, auf den Baustellen arbeiteten vor allem Ugandesen.
Wichtig ist es im Ortsgebiet die 50er Beschränkung einzuhalten, Überland sind 100 erlaubt, wenngleich wir eher mit 80-90 unterwegs waren, weil erstens der Toyota keine Rakete ist und zweitens jederzeit mit allem gerechnet werden muss – Kinder, Tiere, Traktoren etc.

Kurz nach Kampala gerieten wir in eine der äußerst zahlreichen Verkehrskontrollen. Es gibt verschiedene Arten von Polizei und sie sind an der Uniform gut zu erkennen. Die Verkehrspolizei ist in blau-grau gesprenkelt gekleidet und hat immer ein dunkelblaues Auto dabei, meist einen Pickup. Sie zeigen nur selten Interesse an Touristen und halten vor allem die zahlreichen LKW auf, um was auch immer zu kontrollieren. Sie sind gut ausgestattet und dürften anständig oder zumindest regelmäßig bezahlt werden, daher müssen sie sich ihr Gehalt nicht von den Touristen holen, wie wir das etwa sechs Jahre vorher noch schmerzlich zu spüren bekamen.

Dann gibt es die motorisierte Einheit mit Polizeimotorrädern, ganz in blütenweiß gekleidet und sehr auffällig. Sie interessierten sich überhaupt nicht für uns und meist kann man sie beobachten, wie sie am Straßenrand unter einem schattigen Baum eine ruhige Kugel schieben.

Nur einmal wurden wir aufgehalten und der Chef der Kontrolle meinte recht deutlich, er hätte gerne ein klein wenig von uns. Das meinte er übrigens wörtlich, denn mit 5 Dollar war er zufrieden und wünschte uns noch eine gute Fahrt inkl. ein paar Hinweisen, wie weit es noch bis Fort Portal wäre. (von Kampala übrigens ca. 300 km).
Zu einer weiteren Unterhaltung kam es nicht, denn plötzlich fuhr ein Motorradfahrer vorbei und achtete nicht auf die Stopsignale. Also die ganze Meute unter wildem Geschrei auf den Pickup und nichts wie hinterher. Wir trollten uns und als wir sie überholten, nachdem sie den Motorradfahrer erwischt hatten, winkte uns der Chef noch freundlich zu. Seitdem hatten wir immer 5 Dollar griffbereit.

Fast ganz Uganda brennt. So erscheint es zumindest. Bis auf wenige Waldreste brennen sie alles nieder. Zuerst werden die Bäume gefällt und zu Bauholz verarbeitet. Der Rest landet in Meilern und wird zu Holzkohle verarbeitet, die am Straßenrand in großen weißen Säcken auf die Abholung wartet. In ganz Ostafrika wird mit Holzkohle gekocht und der Bedarf ist nicht nur riesig, er steigt ständig.
Die Baumstümpfe werden abgebrannt, damit man sie aus dem Boden bekommt und dann entsteht dort eine Bananenplantage oder sonst eine landwirtschaftliche Nutzfläche.
Aus unserer Sicht ist das traurig, aber einem Ostafrikaner bedeutet der Wald nichts, von ihm kann man nicht leben, von einer Bananenplantage schon. Da die Bevölkerung ständig rasant am Zunehmen ist und der Ressourcenbedarf somit auch ständig steigt, wird diese Entwicklung auch nicht aufzuhalten sein. Wald gibt es bald (ich schätze in fünf Jahren) nur mehr in den Nationalparks und auch die werden dann unter Druck geraten – was zählen die Tiere und Bäume, wenn man nichts zu Essen hat?
Hin und wieder lassen sie einen Baum als Schattenspender stehen, aber prinzipiell sind sie gerade dabei, das Land gründlich abzuholzen. Und sie sind sehr schnell.
Das ergibt auch den für Afrika so typischen Geruch, den ich seit 28 Jahren mit Ostafrika verbinde: Rauch.

Es gibt unglaublich viele Menschen und fast alle sind jung oder sehr jung. Wir haben auch in Uganda immer wieder das Phantom-Phänomen beobachten können: Wann immer man irgendwo im freien Land stehen bleibt, etwa um pinkeln zu gehen, tauchen plötzlich wie aus dem Nichts Menschen auf. Sie sind freundlich und unendlich neugierig. Sie stehen da und schauen dir zu, was auch immer du gerade machst. Selbst wenn du genau darauf achtest irgendwo stehen zu bleiben, wo garantiert keine Menschen sind, vergehen nur ein paar Sekunden, bevor einer quasi aus dem Boden wächst. Sie kommen blitzschnell daher gerannt und dann sind sie da. Und schauen.
Generell halten sich enorm viele Menschen neben der Straße auf, vor allem in Dörfern. Das ist nicht ungefährlich, denn sie pflegen recht spontan die Straße zu überqueren. Im Ortsgebiet fährt man am besten sehr vorsichtig und langsam, denn es rennt dauernd wer drüber.
Das Leben spielt sich im Freien ab, in den meist sehr bescheidenen Hütten oder Häusern dürfte es nicht viel geben, weswegen man sich dort aufhalten soll. Man hat dort kein Internet und meist keinen Strom und kein Wasser, es sind eigentlich Schlafhütten und Unterstände wenn es regnet.
Also ist man im Freien und dort auf der Straße oder neben der Straße. Man steht oder sitzt herum, wartet auf ein Matatu, überquert von Zeit zu Zeit die Straße und lässt den Tag vergehen.

Und dann irgendwo doch noch die chinesische Fabrik. Riesig und mit hohem Zaun rundherum. Und protzigem Eingangsportal, auf dem geschrieben steht „We buy all scrap for cash“.
Das ist typisch, man schreibt keinen blumigen Firmennamen oben hin, sondern eine klare Botschaft: Wir kaufen allen Schrott und zahlen in bar! Geschäftstüchtig sind sie, die Chinesen und haben möglicherweise schon verstanden, dass Abfälle Rohstoffe sind. Zumindest dort in dieser Fabrik.

Die Afrikaner haben das noch nicht so heraus, zumindest was das Wasser betrifft. Ähnlich wie in Ruanda sieht man jede Menge gelbe Wasserkanister, die sie mit sich herum schleppen oder auf dem Fahrrad transportieren. Wasser in Zisternen zu sammeln ist ihnen unbekannt oder sie haben tatsächlich nicht die technischen oder finanziellen Möglichkeiten, um sich so das Leben leichter zu machen. Vielleicht haben sie auch Angst, dass sich in stehendem Wasser die Anophelesmücke vermehrt und sie noch mehr Probleme mit der Malaria bekommen.

Irgendwann sind wir dann im Kibale National Park, der ein aus einem großen Wald besteht, in dem es Schimpansen gibt. Wir fahren zur Verwaltung des Uganda Wildlife Authority und verhandeln mit dem Zuständigen um ein Permit für den nächsten Tag. Ich weiß bis heute nicht, warum er sich so lange geziert hat – es waren noch Plätze frei und wir haben auch brav die 220 Dollar pro Person hingelegt, um am nächsten Tag superzeitig (05.20 Uhr) aufzustehen: ein ganzer Tag lang „Habituation Experience“ – einer von Thomys Träumen und ich schloss mich da gerne an.

Danach ging es in unser Quartier, ins so genannte „Chimps Nest“. Obwohl wir schon gegen 15.30 dort waren, wollten wir nach der langen und anstrengenden Fahrt nicht campen und mieteten uns eine Banda: sauber, nett eingerichtet, mit gutem Moskitonetz und Dusche im Freien. Das ist auch so eine eigene Erfindung: In einer Art Kamin wird mittels Holzkohlefeuer Wasser heiß gemacht, das dann bis zu zwei Tage lang hält.
Der einzige Nachteil sind die hundsmiserablen Armaturen, die es in ganz Ostafrika zu kaufen gibt und die immer, absolut immer der letzte Mist sind. Das führte für uns zu einer unwürdigen Duschsituation, da sich die eigentliche Dusche punkto Temperatur nicht regeln ließ – entweder eiskalt oder brennend heiß.
Der Auslass, der eigentlich für die Füllung einer Badewanne gedacht wäre, diente uns als Ersatzbrause, denn dort ließ sich das Wasser temperaturmäßig einstellen. Also duschen in Hockstellung. Danach Spannung auf den nächsten Tag. Werden wir sie sehen, die nächsten Verwandten von Guido und Thomy?

Guido und Thomy am Ende der Welt – eine Reise in die Mondberge des Ruwenzori / Tag 3

Tag 3: Nairobi – Jinja

Thomy und Guido auf großer Fahrt. Es begann gut, in nur 2 Stunden erreichten wir Nakuru und spekulierten schon damit, am Abend bis Kampala zu fahren. Aber dann war es plötzlich mit dem Glück vorbei. 30 Min. warten bei einer Baustelle und nach der Abzweigung von der A 104 Richtung Kericho wird die Straße schlecht bis katastrophal. Das kostet Zeit, vor allem als wir zu einer Umleitung kamen und auf eine „D“-Straße ausweichen mussten. In Kenia sind die Straßen ähnlich wie bei uns mit Buchstaben gekennzeichnet: A = Autobahn, in der Praxis eher eine gute Bundesstraße. B ist eine asphaltierte Straße, C eine gute Schotterstraße, D ist eine miese Schotterstraße, de facto oft eine Art besserer Feldweg und E ist nur in der Trockenzeit überhaupt passierbar und braucht meist Allrad.
Wir mussten auf eine D-Straße und 25 km Umweg fahren, weil die eigentliche Straße nur mit „Permit“ passierbar war. Und wir hatten keins. Und keine Lust, irgend einen Typen zu schmieren.
In Kenia sind Umleitungen nicht ausgeschildert, d.h. wenn man zu einer Abzweigung kommt, hat man folgende Möglichkeiten:

a.) Losen
b.) Nach Himmelsrichtung fahren
c.) eine gute Karte besitzen
d.) Jemanden nach dem Weg fragen

Variante a. ist riskant, Variante b. auch, weil sich Straßen manchmal mittels Kurve in eine andere Richtung drehen und dann dorthin führen. Variante c. wäre fein, leider gibt es solche Karten nicht.
Variante d. ist auch nicht ganz sicher, denn wenn man jemand fragt „Is this the way to Kericho?“, dann bekommt man meist eine sehr freundliche Antwort („Ya, Ya, Kericho, haha!“). Wenn man das nächste Mal „Is this the way to Amarillo“ fragt, kommt die gleiche Antwort.
Am besten hat sich bewährt Matatu-Fahrer zu fragen. Die Matatus sind Sammelbusse, die einen ständig mit Riesenkaracho überholen, hinten in großen Lettern irgend einen Spruch drauf stehen haben („God bless us all“), aber immer den Weg gut kennen. Die Fahrer können meist Englisch und wir sind von keinem in die Irre geführt worden

Von Kericho bis Kisumu wurde es nicht besser und von Kisumu nach Busia leider auch nicht. Also kamen wir erst gegen 18 Uhr an der Grenze an und nahmen uns einen Agent, der den Vorgang ein wenig beschleunigen sollte.
Ich habe in meinem Urlaubsbudget immer den Posten „Deppensteuer“ inkludiert und dieses Budget wird auch immer wieder gebraucht. Diesmal für die Versicherung, die ca. 30 Dollar hätte kosten sollen, eventuell 40. Der lokale Versicherungsmann nahm uns 150 ab mit der Begründung, es gäbe nur mehr Jahresversicherungen und keine mehr für einen Monat.

Kurz vor Einbruch der Dunkelheit fuhren wir aus Busia hinaus und hatten noch sportliche 150 km bis Jinja vor uns. Dort wollten wir unbedingt hin, weil wir das Kingfisher-Ressort kennen und wissen, dass wir einigermaßen preiswert und gut übernachten können. Die Pläne auf den Campingplatz zu gehen und uns ca. 70 Dollar zu sparen verwarfen wir, als wir in die Gewitterfront hineinfuhren.

Dann begann das Abenteuer: Stockfinstere Nacht plus das, was man bei uns als „Starkregen“ bezeichnet. Dort ist es allerdings ganz normaler Regen. Dazu unbeleuchtete Fahrzeuge vor uns und entgegenkommend. In Ostafrika schalten sie oft auch in der Nacht kein Licht ein, um Benzin zu sparen. Was für Adrenalin-Momente!
Dazu kamen Mopedfahrer, Radfahrer und Fußgänger, die jeweils plötzlich vor einem am linken Straßenrand auftauchten, vor allem dann komplett unsichtbar, wenn gerade ein LKW mit schlecht eingestellten Scheinwerfern entgegen kam. Die haben übrigens alle schlecht eingestellte Scheinwerfer. So absolvierten wir ca. 1,5 Stunden Blindflug mit dem einzigen Vorteil, dass die Straße in Uganda hervorragend war, sogar mit Seitenmarkierung und gut angekündigten Bumps. Wenn man ungebremst über so einen drüber fährt, sollte man sich eine neue Achse auf Lager gelegt haben. In Uganda kommen immer drei kleine und dann erst der große, das erleichtert die Sache etwas.

Gegen 21 Uhr kamen wir fix und fertig in Jinja an und fanden das gut versteckte Ressort. Zimmer mit heißer Dusche und ein Abendessen – beides vorhanden und notwendig, nach 13 Stunden Fahrt ohne wirkliche Pause. Ach ja: Das Bier dort heißt „Nile Special“ und ist gut.

Guido und Thomy am Ende der Welt – eine Reise in die Mondberge des Ruwenzori / Tag 2

Tag 2

Ein Vorbereitungstag: Einkaufen, Packen, Putzen – Safari-Equipment übernehme ich seit Jahren prinzipiell ungeputzt. Das liegt an der knappen Zeitkalkulation der Vorgänger und lässt sich leider nicht ändern. Selbst die Ausreden bleiben die gleichen, hier ein paar Beispiele:
„Is eh sauber.“
„Also ich hab es sauber in den Store geräumt.“
„Bei mir hat es noch funktioniert.“
„Ich wollte es eh noch putzen, aber…“
Reparieren, ärgern, schwitzen, mit der Nachbarin einen Sundowner trinken, mit der Nachbarin einen zweiten Sundowner trinken – so lässt sich der Tag erledigen.
Beim Einkaufen lässt sich auch ein Phänomen beobachten: Egal wie gut und sorgfältig die Liste zusammen gestellt ist, es fehlt nachher immer was. Und entdeckt wird das immer zu spät. Diesmal war es der Insektenspray und das spezielle Brot.
Und Glück war auch dabei, an diesem Vorbereitungstag. Um von Kenia nach Uganda mit dem Privatauto fahren zu können, muss man den Fahrzeugbrief (ein bisschen so wie bei uns die Zulassung oder eher der Typenschein) an der Grenze hinterlegen. Man bekommt dafür eine Bestätigung und kann damit in das benachbarte Land reisen. Es ist übrigens kostenfrei, man darf sich hier keine Kosten aufschwatzen lassen.
Der Nachteil: Man kann in kein drittes Land reisen und auch nicht über eine andere Grenze wieder zurück fahren – das wird uns zwei Wochen später noch Kopfzerbrechen bereiten.
Wenn man zur Ausgangsgrenze zurück kommt, erhält man den Fahrzeugbrief wieder und kann des Weges ziehen.

Als alter Afrika-Reisender weiß ich, dass es sehr praktisch ist, eine Kopie dieses Briefs zu machen. Glücklicherweise haben wir im Haus einen Kopierer und nach Austausch der leeren Tintenpatrone und Finden des Stromschalters war auch der Kopiervorgang erfolgreich.

Mitten in der Nacht wache ich auf und denke: Wo hast Du das Original des Fahrzeugbriefs gelassen? Etwa im Kopierer? Aufstehen, nachschauen, Heureka!
Ich hätte in der Abreisehektik wenige Stunden später nicht daran gedacht und wäre wahrscheinlich erst an der Grenze drauf gekommen. Das hätte ein schnelles Ende der großen Fahrt bedeutet. Manchmal ist ein wenig Glück recht hilfreich.