„Climate challenge“

Darf ich vorstellen: Die „Climate challenge“ (auf Englisch, weil sie international funktionieren soll).

Was es ist:
Wir beginnen in Österreich, genauer gesagt in Wien. Bei der sinnvoll kleinsten Einheit, dem Grätzl. Ein beliebiges Grätzl beginnt mit einer Idee, die unserem Klima gut tut und fordert die anderen Grätzl dazu auf, es ihm nachzumachen. Diese gehen nun in einen Wettbewerb um die beste Klimaaktion. Eines gewinnt und gibt den Ball weiter an den Bezirk, also die nächst größere Struktur. Dieser geht nun mit den anderen 22 Bezirken in einen Wettbewerb, aus dem einer als Sieger hervorgeht.
Dieser übergibt an die nächst größere Struktur, also an das Bundesland, das wiederum mit den anderen 8 Bundesländern in die Challenge geht. Der Sieger übergibt an Österreich, das wiederum mit anderen europäischen Staaten in den Wettbewerb geht. Danach geht es an Europa, das gegen andere Kontinente antritt.

Parallel dazu gibt jeder Gewinner den Ball auch an seine eigene Struktur weiter, also das Grätzl an die anderen Grätzl, die eine Runde nach der anderen ausspielen, bis alle durch sind.

Was es bringt:
Eine Menge guter Klimaaktionen
Die Herausforderung, der Wettbewerb liegt den Menschen in der Natur, ist also motivierend
Es ist auch verbindend, also Kooperation
Das Spiel ist leicht verständlich und gut medial verwertbar
Es kostet nicht viel und ist administrierbar
Es ist politisch neutral, also parteiübergreifend
Wenn erfolgreich: leicht wiederholbar
Es gibt keine Verlierer

Hürden, die zu überwinden sind:
1.) Es gibt im Grätzl keine Struktur, also niemand, der dafür spricht. Lösung: über imGrätzl.at arbeiten
2.) Wer trägt die Aktion? Lösung: alle gemeinsam, mit einer basisdemokratischen Struktur. Jedes Grätzl entsendet eine beliebige Person, alle zusammen bilden das Komitee. Aus jedem Komitee wird im Konsens-Prinzip (ein Werkzeug aus der Soziokratie) eine Person gewählt, die auf der nächst höheren Ebene in das Komitee kommt.

Wie wir Afrika plündern – Teil 1: Die Geschichte mit der Holzkohle

„Reiss´ ma am Wochenende a Grillerei an?“

Wer freut sich da nicht? In den letzten Jahren ist das europaweit immer mehr in Mode gekommen. Schnell ein paar Koteletts und Käsekrainer gekauft und von der Tankstelle noch einen Sack Holzkohle – schon kann es losgehen.

Ganz ehrlich: Wer schaut da auf die Herkunft der Holzkohle? Fast niemand, und diejenigen, die es doch tun, scheitern kläglich, weil die Herkunft nicht ausgewiesen werden muss.
In Deutschland wurde daraufhin die Holzkohle untersucht und dabei ein Tropenholzanteil von 40% festgestellt. Das ist eine europaweit unvorstellbare Menge an Holz, das zu einem guten Teil überhaupt nicht geschlägert werden dürfte, weil es auf der Liste der gefährdeten Holzarten steht.

Dafür ist es billig und das ist auch das Kriterium, das die meisten von uns an der Tankstelle beim Holzkohlekauf haben. Und dabei ist es egal, wieso es so billig ist, denn wir haben auf den ersten Blick daraus ja nur Vorteile und keine Nachteile.

Um es kurz zu machen: die meiste Kohle stammt aus den Tropen Afrikas. Dort z.B. aus Nigeria, wo wild und illegal Wälder geschlägert werden. 10 Tonnen Holz braucht man um 1 Tonne Holzkohle zu erzeugen. Das Land ist danach zur Erosion freigegeben, die nicht mehr vorhandenen Bäume erzeugen keinen Sauerstoff mehr und die Verkohlung des Holzes lässt CO2 in die Atmosphäre. Die dadurch sich verstärkende Klimakrise treibt in den nächsten Jahren Millionen Menschen in die Flucht.

Das ist ungefähr das letzte, was wir an einem lauschigen Sommerabend mit einem Bier in der Hand wissen wollen. Auch nicht die Bedingungen, unter denen die Menschen arbeiten, die diese Kohle erzeugen. Wir wollen auch nicht wissen, wie viel sie verdienen oder nicht verdienen (Ein Sack Holzkohle bringt 3 Dollar) und die Umweltverschmutzung durch die mit Schweröl betriebenen Containerfrachter ist uns auch herzlich egal, wenn wir in unser Steak beissen.

Vielleicht noch ein gutes Schnapserl zur Verdauung? Das schmeckt besser als die Gewissheit, dass die Menschen in Nigeria mit dem abgeholzten, kaputten Land nichts mehr anfangen können und früher oder später gezwungen sind von dort wegzugehen. Der Weg führt sie in die Städte und von dort nach Europa. Und wir suhlen uns dann in der gespielten Verwunderung, wieso diese Menschen nicht dort bleiben, wo sie herkommen – Nigeria ist übrigens das afrikanische Land, aus dem die meisten Menschen zu uns kommen.

WIR haben daran auf keinen Fall Schuld. Wir kaufen ja nur Holzkohle, weil wir sie für unser Freizeitvergnügen brauchen – was kann daran schlecht sein?
Und wir wollen möglichst wenig für unser Freizeitvergnügen zahlen, damit wir uns mehr Freizeitvergnügen leisten können. Zwei Grillsommerabende sind schließlich besser als einer.

Daher wählen wir auch gerne Parteien, die den billigen Import von Tropenholzkohle fördern, indem sie entsprechende Gesetze beschließen. Die EU unterstützt hier fleißig und ermöglicht, dass Kohle über den Umweg z.B. nach Polen quasi „weißgewaschen“ wird. Sie kommt dann aus einem anderen EU-Land nach Deutschland oder Österreich und gilt als sauber.

Letztlich sind es also schon wir, die mit unseren Entscheidungen bestimmen, was in Afrika passiert. Auch wenn es sehr bequem ist das nicht zu sehen.

Es wäre übrigens ziemlich einfach damit aufzuhören. Wir bräuchten nur darauf bestehen heimische Holzkohle zu kaufen. Die gibt es und sie hat mehrere Vorteile:
1.) Dank moderner Fertigungsmethoden braucht man nur 2,5 Tonnen Holz für eine Tonne Holzkohle, kann also viermal so viel erzeugen.
2.) In Europa kann man nachhaltige Forstwirtschaft betreiben, Holz von dort ist also okay.
3.) Wir schaffen damit europäische Arbeitsplätze.
4.) Die Umweltschäden beim Transport sind niedriger.

Organisationen, die helfen gute Holzkohle zu etablieren, ist z.B. der Forest Trust: http://www.tft-earth.org/
Kaufen kann man die gute Kohle auch in Österreich: http://holzkohle.at/Koehlerei/Verkauf.html

Und die Menschen in Afrika?
Unser Herr Bundeskanzler hat neulich bekräftigt, dass man Afrika bitte nicht den Chinesen überlassen darf. („Das wollen wir gefälligst selbst ausplündern“ hat er nicht dazu gesagt. Muss er auch nicht. Es ist sowieso nicht anders interpretierbar, wenn wir uns ansehen, wie die Handelsabkommen aussehen, die in den letzten Jahren geschlossen wurden.)
Die Menschen in Afrika helfen sich übrigens selbst. Sie haben z.B. im Kongo mit Hilfe des WWF spezielle Öfen entwickelt, die den Verbrauch halbieren. Und sie pflanzen neue Bäume und erzeugen aus denen mehr und bessere Holzkohle. Das tun sie ganz von sich aus, wenn wir sie lassen.

Ich werde an dieser Stelle gegen die Bequemlichkeit ankämpfen und noch zahlreiche Beispiele schildern, wie wir Afrika plündern.

Die Sache mit dem Fahrradhelm

Sommer 2018 – ich erfahre, dass Rainer Neumüller gestorben ist. Zuerst denke ich an eine Krankheit – er hatte in letzter Zeit abgekämpft ausgesehen – doch dann muss ich erfahren, dass er mit dem Rad in eine Schiene gekommen und gestürzt ist. Die Gehirnblutung hat er nicht überlebt.
Ich habe Rainer nicht gut gekannt, aber hin und wieder bei einem Fest, einer Vernissage oder sonstwo ein Wort mit ihm gewechselt. Und er ist mir oft in der Edelhofgasse und Umgebung mit dem Fahrrad begegnet. Wir haben uns stets freundlich gegrüßt – ich als aktiver Grüner im Bezirk, er als Organisator von Art18 – dem wichtigsten Kunstfest in Währing.

Leider trug er keinen Helm.

Oktober 2018 – ich sehe zu meinem Schrecken auf Facebook das Bild eines zerbrochenen Helms. Er gehört Susi Schrettner, einer Schulkollegin, die seit vielen Jahren AHS-Lehrerin in der Steiermark ist und mit der ich auf Facebook in regem Austausch bin. Sie ist aktive Sportlerin und hat gerade auf einen alten Traum hintrainiert: „Einmal auf Sardinien beim Halbdistanztriathlon der Challengeserie starten zu können ist immer ein großer Wunsch von mir gewesen!“ (Zitat Susi)
Dieser Traum endete bei einer Trainingsfahrt, als sie auf einer Kreuzung mit dem Rad von einem jungen Mann im Auto abgeschossen wurde. Der wollte ihr nichts Böses, war einfach unaufmerksam. Glücklicherweise wurde sie nicht schwer verletzt, aber die zahlreichen Prellungen und andere Verletzungen machen einen Start beim Triathlon unmöglich.
Die Bilder brauchen keine weitere Erklärung:

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Bild 1: Susi trug einen Helm

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Bild 2: Autoscheibe und Rückspiegel – so entstehen Schmerzen

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Bild 1: Dem Rad riss das Auto die Gabel ab.

Ich möchte mir nicht vorstellen was passiert wäre, hätte Susi keinen Helm getragen. Und ich denke an die Witwe und an die Kinder von Rainer, wenn ich wieder einmal mit der Radlobby streite, ob Helm tragen sinnvoll ist oder nicht. Dort treffe ich nämlich auf die Meinung, dass Helme mehr schaden als nützen. Das wird folgendermaßen begründet: Natürlich kann im Falle des Unfalls ein Helm vor Schäden bewahren, aber wer einen Helm auf hat, von dem glauben die Autofahrer, dass er quasi unverwundbar ist und gefährden ihn stärker als jemand ohne Helm, etwa durch dichteres Auffahren etc.
Außerdem – so haben Studien ergeben – fahren RadfahrerInnen mit Helm riskanter, weil sie sich geschützt fühlen.

Ob diese Studien seriös sind oder nicht, kann ich nicht beurteilen, weil ich sie nicht kenne. Sie machen aber Rainer nicht wieder lebendig und hätte Susi der Radlobby geglaubt, wäre sie jetzt möglicherweise schwer verletzt oder tot.
Der junge Mann hat ja sicher nicht gedacht „Oh, eine Radfahrerin mit Helm. Na die kann ich ja ruhig übersehen!“ Er hat sie einfach übersehen, mit oder ohne Helm.

Ich fahre seit vielen Jahren konsequent mit Helm, auch wenn es heiß ist. Und ich habe auch mein bitteres Erlebnis mit einem Sturz, als ich vor vielen Jahren am Donaukanal zu einem Termin fuhr – mit dem Mountainbike. Da hatte ich damals schon einen Helm auf, leider aber nicht bei dieser Fahrt, denn ich hatte den vollkommen falschen Gedanken, dass ich ihn in der Stadt nicht brauche.
Seitdem weiß ich, dass das genaue Gegenteil stimmt – gerade in der Stadt ist es besonders gefährlich, weil es wesentlich mehr Gefahrenquellen gibt als irgendwo im Wald. Und der Boden ist fast immer sehr hart, weil asphaltiert.
Damals bin ich auf den Kopf gestürzt und ohnmächtig liegengeblieben, weil ich einem Hund ausweichen wollte, der plötzlich über den Radweg lief. Große Blutlacke, wieder aufgewacht, von der Rettung ins Spital geführt und genäht worden – so das Steno dieser Geschichte. Glücklicherweise ist nicht mehr passiert. Ein Helm hätte mir damals viel erspart, die Narbe auf der Stirn habe ich heute noch.

Zu meinem eigenen Wohl pfeife ich auf die Studien und trage einen Helm. Und ich halte es generell für sinnvoll beim Radfahren einen Helm zu tragen. Beim Skifahren trugen in meiner Jugend nur Verrückte auf der Piste einen Helm, heute hat sich das geändert. Damals gab es auch jede Menge Kopfverletzungen.
Beim Radfahren ist die Sache ähnlich, die Gefahr wird erst dann geringer, wenn die Gefahrenquellen weniger werden. Vor zwanzig Jahren trugen die Motorrollerfahrer in Phnom Penh auch keine Helme, aber dort war die allgemeine Höchstgeschwindigkeit aller Fahrzeuge in der gesamten Stadt nicht höher als 25 km/h und man fuhr ausgesprochen rücksichtsvoll, deswegen hielt sich die Unfallzahl in Grenzen.

In Wien ist das leider ganz anders. Radfahrer sind störende Hassobjekte, die das schnelle Vorwärtskommen der PKW behindern. Viele Autofahrer wünschen sich ein Radverbot in der gesamten Stadt und empfehlen mit zynischem Lächeln allen Radfahrern die Donauinsel, wo sie in Ruhe fahren können, so viel sie wollen. Sie sind sich ihrer Blechstärke durchaus bewusst, wie ich in zahlreichen Gesprächen erfahren durfte.

Von vielen Menschen höre ich, dass die Straße nun einmal ein sehr gefährlicher Ort ist, wo alle anderen Verkehrsteilnehmer außer PKW-Fahrern (also Radfahrer, Kinder, alte Menschen bzw. Fußgänger generell) nichts verloren hätten und wenn sie es doch tun, dann sollen sie gefälligst aufpassen und den Autos nicht in die Quere kommen.

Bei solchen Bedingungen aufgrund einer Studie bewusst keinen Helm aufzusetzen, halte ich für eher nicht so intelligent. Die Autofahrer durch das Nicht-Tragen eines Helms erziehen zu wollen, könnte schief gehen. Von der Radlobby wüsste ich gerne die Namen oder zumindest die Anzahl derjenigen Radfahrer, die in den nächsten Jahren für die Statistik geopfert werden sollen.

Einen Namen aus der jüngsten Vergangenheit kann ich ihr schon nennen: Rainer Neumüller. Ein Name wird in dieser Statistik „bedauernswerte Einzelfälle“ jedoch sicher nicht auftauchen: mein eigener.

Die Zero DSR – fast lautlos durch die Landschaft surren.

„Oh, eine Camouflage-Lackierung!“ – so meine erste Reaktion, als ich die neue ZERO in der Garage stehen sehe. Gefolgt von „oh, kein Hauptständer“.
Das verwirrt mich dann doch ernsthaft, denn das Motorrad wurde extra als Europa-Modell aufgebaut und ich frage mich, ob sie in Kalifornien wissen, dass es hier auch Untergründe gibt, auf denen ein Seitenständer blitzschnell einsinkt.
Ich führe diese Entscheidung auf die scheinbar dringende Notwendigkeit zur Gewichtsersparnis zurück, so wie den Verzicht auf eine zweite Bremsscheibe vorne.
Da die ZERO im Touringbereich auf alteingesessenen Mitbewerb stößt, muss hier ein kritischer Blick erlaubt sein, auch wenn man diesem tollen Bike gerne ein paar Vorschusslorbeeren geben möchte.

Im Fahrbetrieb erweist sich die vordere Bremse als fröhlich zupackend und sehr angenehm dosierbar. Dazu kommt noch ein lustiges Surren, wenn in der ECO-Einstellung die Rekuperation aktiviert wird.
Ob sie nennenswert Strom erzeugt, müsste getestet werden. Hier würden mich Leistungszahlen im Realbetrieb wirklich interessieren. In diversen Fahrzeugen gibt es dafür eine Anzeige im Display und das könnte auch für nicht so verspielte Fahrer interessant sein.

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Bild 1: Das Display – neben der Geschwindigkeit ist die Ladestandsanzeige das wichtigste Instrument.

Die Motorleistung kann dreifach verstellt werden. Im ECO-Modus zeigt der Tacho maximal 114 km/h an, die Beschleunigung ist vergleichbar mit einer sehr gut gehenden 250er und für entspanntes Cruisen absolut ausreichend. Man darf nicht vergessen, dass ordentlich Gewicht geschleppt werden muss und hier eine echte Schwachstelle von E-Bikes liegt. Bergauf ordentlich beschleunigen saugt an den Akkus so gewaltig, dass du die Prozente fast sekündlich schmelzen siehst wie Eis in der Sonne. Die Unterschiede zu einem benzingetriebenen Fahrzeug sind hier entweder deutlich größer oder erscheinen zumindest so.

Noch massiver zeigt sich das im SPORT-Modus. Du beginnst irgendwie instinktiv nach der nächsten Steckdose zu suchen und schaust noch einmal nach, ob du das Ladekabel eh nicht daheim vergessen hast. Dafür geht beim Beschleunigen so richtig die Post ab. Die Tachoanzeige kommt nicht mehr mit, vor allem zwischen 60 und 110 braucht die ZERO den Vergleich mit einer 750er-Klasse nicht scheuen, wenngleich genau der Vergleich eigentlich nicht angebracht ist, denn das Fahrerlebnis lässt sich nur beschränkt mit Drehmomenten oder PS-Zahlen ausdrücken.
Auch die oft gehörte und gelesene Aussage, dass bei einem Elektro-Bike das volle Drehmoment gleich von Null weg zur Verfügung steht, hat in der Praxis keinerlei Bedeutung, denn die Kraft wird vom Steuergerät geregelt und das lässt genau das eben nicht zu. Mit einem spontanen Wheelie absteigen will aber ohnehin niemand.

Der SPORT-Modus macht eindeutig süchtig und wird seinem Namen gerecht. Du kannst ordentlich und fast lautlos durch die Landschaft sägen, zumindest bis dir der Akku eine klare Grenze setzt.
Die beiden Modi ECO und SPORT sind meines Erachtens bereits ausreichend und machen aus der ZERO quasi zwei Motorräder.
Der dritte Modus namens CUSTOM lässt eine individuelle Programmierung zu und ist jetzt auch über eine App am Handy steuerbar. Das ist ein sehr nettes Feature und wird bei den hoffentlich zahlreichen Besitzern in Zukunft wohl Verwendung finden.

Die inzwischen elend strapazierte Frage der Reichweite kann bei der neuen ZERO auf zwei Arten beantwortet werden: Entweder nimmt man sich ein zusätzliches Power-Pack oder eine Schnell-Ladestation mit auf die Reise.
Ich würde mich für die Ladestation entscheiden, wenngleich die Herstellerangaben über Reichweite und Ladedauer einer realen Prüfung unterzogen werden müssten, bevor ich daran glaube. Angeblich kann man in einer Stunde 150 km Reichweite nachtanken. Das wäre absolut ausreichend für gute Tagestouren.

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Bild 2: Der Anschluss für das Schnellladekabel.

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Bild 3: Hier wird das normale Ladekabel angeschlossen – mit einem Kaltgerätestecker.

Auch die vollmundige Ansage, dass man das stärkste Akkupack am Markt hat, verlangt einen Realitätscheck. ZERO verbaut nämlich die gleichen Zellen (Rundzellen 18650) wie fast alle anderen Hersteller von Elektrofahrzeugen, BMW und Tesla inklusive. Derzeit ist der nächste Entwicklungsschub noch nicht am Horizont erkennbar und bis dorthin lässt sich punkto Reichweite nicht mehr allzu viel optimieren. Dem Problem, dass Akkuzellen Platz brauchen und schwer sind, kann sich kein Hersteller entziehen.

Der Lenker ist sehr breit, die Sitzposition aber angenehm, zumindest für meine 186 cm. Das Fahrverhalten möchte ich als ordentlich bezeichnen, sie geht recht gut in die Kurve und hat einen ordentlichen Geradeauslauf. Die Federung gefällt mir sogar sehr gut, nicht zu hart, trotzdem fühlt sie sich nicht unsicher an.

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Bild 4: Das zentrale hintere Federbein mit guter Leistung. Das Ding mit den Kühlrippen dahinter ist der Motor.

Das Outfit der „ZERO DSR Black Forest“ ist modern, die GIVI-Koffer sind wuchtig und passen gut zum ebenfalls nicht dezenten Sturzbügel.

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Bild 5: Die drei Koffer wirken nicht nur wuchtig, sie sind es auch.

Vielleicht ist das ja die Antwort auf den fehlenden Hauptständer: Wenn sie dir schon umfällt, dann ist wenigstens nichts kaputt.
Kaputt sollte auch sonst nichts werden – laut Hersteller müssen in den ersten 40.000 Kilometern gerade mal Bremsen und Reifen erneuert werden. Ich habe aber auch berichtet bekommen, dass es in der Vergangenheit mit der Wartung große Probleme gegeben hat, bedingt durch das dünne Servicenetz und mit der Elektronik überforderten Mechanikern. Hoffentlich hat man hier reagiert und die Probleme sind tatsächlich welche aus der Vergangenheit.
Wenn wir schon bei den Schwachstellen sind: drei Givi-Koffer, drei verschiedene Schlüssel. Die Logik dahinter bleibt mir verborgen. Ansonsten wirkt aber alles soweit praktisch und praxisgerecht.

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Bild 6: Sie ist eigentlich recht schlank, sicher weniger wuchtig als viele große Enduros. Die Sonderausstattung zeigt sich mit Zusatzscheinwerfern, einem Gitter vor dem Hauptscheinwerfern, wuchtigen Sturzbügeln, der Camouflage-Lackierung, den Koffern und einer Scheibe plus Handschutz.

Die erste ZERO (damals das Modell DS) habe ich 2012 getestet. Die Kraftentfaltung war damals schon ganz okay, die Reichweite lag bei echten 120 km im Realbetrieb. Die SR drei Jahre später hatte schon mehr Schmalz, aber auch hier war bei ca. 125 Schluss. Die DSR dreht auf der Geraden bis 155 aus, mehr brauche ich persönlich nicht, sie eignet sich sowieso nur bedingt für Autobahnrennen über mehrere hundert Kilometer.

Spaß macht es zwischen 60 und 130 – da ist sie ganz in ihrem Element und ich musste aufpassen, dass ich einige Kurven noch gut erwischen konnte. Durch die extrem geringe Lautstärke ist die Geschwindigkeit schwieriger einschätzbar und so konnte ich auch das ABS ausprobieren. Es bewirkt ein Stampfen und Versetzen des Vorderrads. Das fühlt sich zwar nicht gut an, dafür muss man die DSR aber schon an ihre Grenzen bringen.

Das Gummibandgefühl ist der süchtig machende Faktor, vor allem in Kombination mit der Bequemlichkeit nicht schalten zu müssen. Das erlaubt einerseits volle Konzentration auf die Straße, lässt aber andererseits generell bequem werden. Jederzeit die volle Kraft zu haben ist wie eine Dauererektion – irgendwann will man wieder runter von der Welle. Die Zero im Sportmodus ist das Viagra unter den Motorrädern. Und so schalte ich wieder in den Eco-Modus und genieße das flotte, aber normale Dahingleiten.
Beides zu haben ist toll, will aber bei der Zero auch bezahlt werden und da taucht die Frage des Wertverlusts auf, der eine schnelle Antwort fehlt. Der Markt ist klein und die Akkutechnik entwickelt sich schnell genug weiter um gebrauchte E-Motorräder skeptisch beäugen zu müssen. Vielleicht kann man sich aber die alte Porsche-Philosophie ausborgen: Wer einen günstigen Porsche will, soll einen gebrauchten kaufen.

Die Zero hat sich einen fixen Platz unter den Motorrädern verdient, so viel ist sicher. Möglicherweise bewirkt sie auch Entwicklungsschübe bei anderen Herstellern, die den Kaliforniern den Markt nicht einfach so überlassen wollen. Und irgendwann wird der Lärm in den Wäldern weniger werden und die meisten Benzinbrüder werden zu Strombrüdern. Sogar Harley Davidson arbeitet schon an einem Elektrochopper. Wer darauf nicht warten will, kann ja inzwischen mit der Zero durch die Landschaft surren.

Meine Eudora geb ich nicht her

Als ich vor inzwischen 27 Jahren in die Edelhofgasse gezogen bin hat mir meine Schwester eine Eudora-Waschmaschine empfohlen. Die Wahl fiel auf die „Sparmeister 701“ – eine kleine Waschmaschine, für eine Person aber völlig ausreichend. Robuste Mechanik, meine Schwester hatte die gleiche. Allerdings nicht so lange wie ich, das liegt auch daran, dass sie einen Haushalt mit vier Personen zu waschen hatte.

Im Laufe der Jahre musste ich einmal den Antriebsriemen erneuern und einmal die Trommeldichtung. Beides kann von einem einigermaßen technisch begabten Mensch selbst gemacht werden, die Kosten halten sich in Grenzen und man bekommt auch die meisten Ersatzteile noch, obwohl Eudora vor etlichen Jahren aufgeben musste und gekauft wurde. Seitdem existiert zwar noch der Name, die Maschinen sind aber Standardware aus Fernost.

Meine Eudora rennt noch und vielleicht ist das ja auch der Grund für die Pleite – die Maschinen halten zu lange und das wird in einem auf Wachstum ausgerichteten Wirtschaftssystem bestraft, und zwar mit der höchsten Strafe, der Vernichtung.
Wer „zu gute“ Produkte erzeugt, verkauft weniger und müsste daher teurer anbieten. In einer Geiz-ist-geil-Gesellschaft, die ständig nach neuen Produkten verlangt, lässt sich aber kein höherer Preis durchsetzen, denn es gibt zu wenige KonsumentInnen, denen Langlebigkeit auch einen höheren Preis wert ist.
Zudem bekommen wir alle seit Jahrzehnten eingeredet, dass wir alles besitzen müssen, was uns die bunte Konsumwelt anbietet. Da wir nicht uneingeschränkt Geld zur Verfügung haben, müssen die Dinge billig sein, damit wir sie uns kaufen können. Daher kann die Qualität nicht stimmen, was aber in diesem System nicht weiter schlimm ist, weil sie sowieso nicht lange halten müssen.
Der Kreislauf funktioniert deswegen, weil Umweltkosten nie mit einberechnet werden. Ansonsten gäbe es nicht nur Eudora noch, sondern viele andere Unternehmen, die auf Qualität gesetzt haben.
Weder die Ausbeutung der Natur noch die von Menschen wird einberechnet und somit werden sie zu Gewinnfaktoren. Das heißt, je umweltschädigender und sozial ausbeuterisch ich agiere, desto mehr Gewinn mache ich. Da Gewinn in einem Wirtschaftssystem wie dem unseren inzwischen der einzige Faktor ist, der wirklich zählt, haben wir hier einen Systemverstärker. Wer nicht mitspielt, wird letztlich vom Konsumenten abgestraft.

Als ich noch lange nicht grün oder gar politisch engagiert war, habe ich im Fernsehen eine Szene aus einer Wiener Vorstadtserie gesehen. Sie hieß „Mozart und Meisel“ und spielte in der „Wildsau“, einem Heurigen an der Mauer vom Lainzer Tiergarten, zu dem ich heute noch manchmal hinfahre. Ich kann mich an nicht mehr viel erinnern, aber die eine Szene ist extrem lebendig vor meinem geistigen Auge: Das Lokal wird renoviert und ein Yugo sieht die alten Sessel, die sich vor dem Lokal stapeln. Er nimmt sie und will sie wieder ins Lokal bringen, als der Wirt (gespielt von Andreas Vitasek) kommt und sagt, dass sie weggeschmissen werden. Der Yugo darauf: „Wieso wegschmeissen? Sind doch gut!“
Die Antwort des Lokalbesitzers: „Sind alt. Alt nix gut, nur neu gut.“

Das sagt eigentlich alles, die Serie lief übrigens 1987 und unser Wirtschaftssystem ist in den vergangenen vierzig Jahren immer mehr in diese Richtung gegangen, was im derzeitigen Trend zum „Fast Shopping“ sichtbar wird. Dabei gehen vor allem Jugendliche in Geschäfte und kaufen Dinge, die sie nach dem Kauf sofort entsorgen. Ohne sie ein einziges Mal verwendet zu haben. Die Sachen werden manchmal getauscht, manchmal verkauft, meist aber einfach weggeschmissen. Sie sind schon bei der Erzeugung genau genommen Müll, haben auch keinen Verwendungsanspruch und somit auch keine Qualität, dafür kosten sie wenig.
Was die Jugendlichen danach machen? Sie gehen wieder ins Geschäft um sich das nächste Kauferlebnis (Dauer des Adrenalinschubes angeblich sieben Sekunden) zu holen.
Die Dinge es Fast-Shoppings werden übrigens nicht mehr konsumiert, also ge- oder verbraucht, sondern nur mehr gekauft und dann entsorgt. Es sind eigentlich keine Konsumgegenstände mehr und somit kann man auch nicht mehr von einer Konsumgesellschaft sprechen, das Wort „Wegwerfgesellschaft“ dürfte es eher treffen. Ob wir letztlich damit uns selbst wegwerfen, sollte diskutiert werden.

Begonnen hat dies mit „alt nix gut, nur neu gut“.
Ich konnte schon damals nichts damit anfangen und erinnere mich noch an den Widerstand, den ich empfunden habe. Vielleicht war das die Geburtsstunde meines grünen Engagements.
Somit will ich auch keine neue Waschmaschine so lange die alte gut funktioniert. Die neuen können eigentlich nichts wirklich besser. Sie haben 100 Programme, ich komme seit Jahrzehnten mit 2-3 aus. Sie haben tolle Digitalanzeigen, dadurch wird die Wäsche aber nicht sauberer. Sie brauchen auch nicht weniger Strom, das ist so wie bei den Kühlschränken ein Marketingschmäh, der nach der Methode der Abgastests funktioniert: ein spezieller Testzyklus, der mit dem Realbetrieb genau gar nichts zu tun hat.

Seit ein paar Jahren hüpft meine Eudora beim Schleudern. Das hat langsam begonnen und ich habe mir damals eine spezielle Matte gekauft, die unter die Maschine gelegt wird. Das hat eine Zeit lang geholfen, in den letzten zwei bis drei Jahren musste ich mich aber beim Schleudervorgang immer öfter auf die Maschine setzen, was zwar einer Art Ganzkörpermassage gleich kommt, letztlich aber nicht Sinn der Sache ist und mir auch immer mehr auf die Nerven ging.

Glücklicherweise kenne ich den Sepp Eisenziegler vom RUSZ (Reparatur- und Servicezentrum in 1140, www.rusz.at), den ich für sein Engagement bewundere. Er hat mir schon vor längerer Zeit gesagt, dass ich den Rüttelsensor austauschen soll. Der hilft das Schütteln zu verringern.
Als er neulich bei einer Veranstaltung zu Gast war, habe ich ihn darauf angesprochen und die Telefonnummer eines Betriebes bekommen, der Ersatzteile für alte Eudora-Waschmaschinen hat.(Haushaltsgeräte Hildegard Maier, Hasenweg 2, A-8141 Premstätten, service_eudora@aon.at, 0664 1360849, 0316 252800)
Dort bekomme ich nicht nur den Rüttelsensor (heißt offiziell „Unwuchtregler), sondern auch noch eine gute Beratung. Herr Maier meint, dass ich nachschauen soll, ob auch die Rollen kaputt sind. Daran hätte ich gar nicht gedacht, aber sie sind tatsächlich vollkommen hinüber und das macht viel aus, meint Herr Maier. Also kaufe ich auch die Rollen und komme inkl. Versand auf Gesamtkosten von Euro 85,80-

Um 200 Euro bekommt man schon eine neue Waschmaschine, muss diese 200 Euro aber alle drei Jahre investieren, denn so lange hält so eine Waschmaschine – wenn man Glück hat. Reparieren kann man die nicht, nämlich gar nicht, das ist bei der Konstruktion nicht vorgesehen bzw. es ist vorgesehen, eventuelle Reparaturmöglichkeiten schon von vornherein zu unterbinden. Daher wird verklebt statt geschraubt, dann hat sich die Sache erledigt und ein Ersatzteillager braucht auch niemand. Wenn innerhalb der Garantiezeit etwas kaputt wird, tauscht man die Waschmaschine gegen eine neue und die alte wird weggeworfen, auch wenn nur ein Widerstand um 0,15- Euro kaputt ist.

Was ich noch vergessen habe: Die neuen Waschmaschinen machen die Wäsche nicht sauberer. Das ist ebenfalls ein Marketingschmäh, ähnlich wie der mit den Waschmitteln.

Nach ein paar Tagen bekomme ich die Teile und schiebe meine Waschmaschine ins Wohnzimmer, wo ich sie auf ein altes Tuch lege, um nichts zu beschädigen.
Für die gesamte Reparatur braucht man einen Kreuzschraubendreher, ein 5-Cent-Stück, einen Durchschlag und einen Hammer. Weil sich eine der Rollenachsen ein wenig verklemmt hat, dauert die Reparatur eine Stunde, ansonsten wäre es in 30 Minuten erledigt gewesen.

Spannend war der erste Waschvorgang. Glücklicherweise ist alles gut gegangen, die Maschine hüpft nicht mehr und ich bin gespannt, wie lange sie noch halten wird. Sepp hat mir geraten, sie möglichst lange zu behalten, weil die Mechanik ziemlich schwer kaputtzukriegen ist und er mit der modernen Elektronik fast aller Marken (Miele hat angeblich noch eine qualitativ hochwertige Produktlinie, alle anderen sind mehr oder weniger Schrott schon beim Kauf) sehr schlechte Erfahrungen gemacht hat.

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Bild 1: Die Rückseite der Waschmaschine lässt sich mit einem Schraubendreher und einem 5-Cent-Stück abschrauben. Dann kommt man überall gut dazu.

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Bild 5: Hier sieht man den Unwuchtregler und die alten Rollen, deren Gummis schon brüchig und eckig waren.