Mein Dutzend Gründe für politisches Engagement: 11 – Transparenz

Politik ist die Kunst der Gesellschaft. Menschen leben nur dann friedlich in Gemeinschaften, wenn ihre unterschiedlichen Interessen ausbalanciert werden. Diese Vermittlungstätigkeit nennt man meinem Verständnis nach „Politik“. Sie regelt das Zusammenleben der Menschen.
Ich habe ein Dutzend Gründe gefunden um mich politisch zu engagieren. Heute ist der elfte Grund an der Reihe, es geht um das Thema Transparenz bei der Hypo Alpe Adria.

Ich frage mich seit längerer Zeit, warum bei diesem Thema so herumlaviert wird. Es gibt keine oder unverständliche Entscheidungen, alles ist zäh und so taucht der Verdacht auf, dass hier jemand aus dem Hintergrund steuert. Erst gestern gab es eine ORF-Sendung („im Zentrum“), wo die Vertreter der SPÖ (Krainer) und ÖVP (Lopatka) sich aalgleich gewunden haben und der eigentlichen Frage immer wieder ausgewichen sind, obwohl sie ihnen gar nicht gestellt wurde (warum eigentlich nicht?):

„Wer profitiert von dem Desaster, wer wird hier geschützt?“

Man kann es auch anders formulieren: Wo sind die kolportierten Milliarden geblieben? Egal ob es jetzt 13 oder 19 sind.
Das Ganze wirkt wie ein dichter Dschungel und alle stehen draußen und meinen: der ist zu dicht, da kann man nicht hinein gehen, das braucht man nicht einmal versuchen.
Ich glaube das nicht. Die Verflechtungen hat sich jemand ausgedacht und daher gibt es auch jemand, der sie auflösen kann. All die Sub-Firmen, Stiftungen, Auslandskonten, Beteiligungen etc. – das sollte offen gelegt werden, zumindest wenn die Steuerzahler den größten Brocken zahlen müssen.

Ich habe versucht herauszufinden, wer da profitiert hat, also:
a.) Geld direkt bekommen hat (angeblich 300 Mio an Beraterhonoraren ausbezahlt, Jörg Haider sowieso),
b.) Anteile hat, für die der Staat haften muss, die also quasi risikolos angelegt sind und für die Gewinne eingestreift wurden,
c.) gute Gewinne durch Kauf und Verkauf im Osteuropageschäft gemacht hat, oder
d.) Sonstiges (ich bin kein Fachmann in diesen Dingen, aber es wird wohl noch andere Varianten des Profitmachens gegeben haben oder immer noch geben).

Eine Liste habe ich gefunden, und zwar in einem Online-Artikel der Kleinen Zeitung. Hier der Link: http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/wirtschaft/hypo/2267199/investorenliste.story

Sollte der nicht mehr funktionieren, hier ist der gesamte Artikel mit der Liste:

„Am Donnerstag veröffentlichte das Nachrichtenmagazin „profil“ auf seiner Internetseite die nach Magazinangaben vollständige Liste jener Investoren, die 2006 und 2007 über den Hamburger Vermögensverwalter Tilo Berlin zwei Kapitalerhöhungen der Hypo Alpe-Adria-Bank International im Gegenwert von 250 Mio. Euro zeichneten. Es handle sich um 46 private und institutionelle Investoren, vornehmlich aus Österreich, Deutschland und der Schweiz – teils im eigenen Namen, teils über Beteiligungsgesellschaften. Die Liste im Detail:

Aufrecht Hans-Werner, Deutschland
Constantia Privatbank AG, Österreich
Goess, S. H. Graf Clemens, Österreich
Gröller Michael, Österreich
Hardt Group Securities S. A., Luxemburg
Kiefer GmbH, Deutschland
Maxim’s Privatstiftung, Österreich
HW Equity Beta GmbH, Österreich
Orsini-Rosenberg, S. H. Graf Mathias, Österreich
Arndt Klippgen, Deutschland
Piech Vermögensverwaltung GbR, Deutschland
Schwarzkopf Oliver, Deutschland
SE Sports Entertainment Anstalt, Österreich
Sorger, Dr. Veit, Österreich
Spitzy, Mag. Miguel, Österreich
Stärker Alexander, Deutschland
Stärker Hubert jun., Deutschland
Dr. Weiss Beteiligungs GmbH, Österreich
Orsini-Rosenberg, S. H. Graf Ferdinand, Österreich
Friedrich Klausner, Österreich
Ferint AG, Österreich
Dr. Helmut Maucher, Deutschland
Inter Swiss Trust AG, Schweiz
Dr. Hauri Trust AG, Schweiz
Familie Max Stürzer GbR II, Deutschland
Ms. Heidegunde Senger-Weiss, Österreich
Dipl.-Ing. Paul Senger-Weiss, Österreich
Walter Steyer, Deutschland
Ingrid Flick, Deutschland
Südufer GmbH, Österreich
Alexander von Leeb, Österreich
Alexander Wardt, Österreich
Heinrich Gröller, Österreich
Elisabeth Gröller, Österreich
Johannes Wendt, Österreich
Dr. Wulf Dieter Klaus Frisee, Österreich
Christoph Tscholl, Österreich
Frapag, Österreich
Marie Maculan, Österreich
Anjuta Aigner-Dünnwald, Deutschland
Patrick Nathe, Deutschland
CMB Controlling und Management Beratung Deutschland
Natascha Nathe, Norwegen
Hr. Nörenberg, Deutschland
Heinz Dürr GmbH, Deutschland
Cheyne Special Situations Fund L.P., Großbritannien“

Das ist interessant und noch interessanter wäre es, die dahinter verborgenen Personen zu kennen. Dann wüssten wir, wo zumindest ein Teil des Geldes geblieben ist, für das die Österreicherinnen und Österreicher jetzt gerade stehen müssen. Und ja, das werden sie müssen. Wir werden das müssen, weil es nämlich eine Steuererhöhung geben wird, auch wenn die Regierung uns das anders verkaufen wird.
Greifen wir ein paar heraus:

Ms. Heidegunde Senger-Weiss: Die Seniorchefin der Frächterfamilie „Gebrüder Weiss“ – das sind die orangefarbenen LKW auf unseren Autobahnen.
Dr. Veit Sorger: Industriellenvereinigung
Südufer Gmbh: Hier wird es interessant und man kann sofort in dieses ekelige Netz an Verflechtungen eintauchen, so man das will. Auch da gibt es einen Artikel in der Kleinen Zeitung:

„Südufer GmbH. Eine besonders heikle Spur führt von der RRS über die Südufer GmbH nach Kärnten. Hinter deren Düsseldorfer Adresse steht niemand geringerer als Jörg-Andreas Lohr, der mit seiner Lohr & Company Wirtschaftsprüfungsgesellschaft seit Jahren das Vermögen der Familie Flick verwaltet. Lohr bildet gemeinsam mit dem Klagenfurter Rechtsanwalt Alexander Klaus und Wolfgang Kulterer den Vorstand der milliardenschweren Flick-Stiftung.“

Ah, der Herr Kulterer… und die Flick-Stifung… und eine Wirtschaftsprüfergesellschaft… und ein Rechtsanwalt… hinter all dem kann man sich exzellent verstecken und vor allem auch sein Geld.
Wieso gibt es in Österreich ein Stiftungsgesetz, das so etwas möglich macht? Wer profitiert davon? Die Gesellschaft oder nur ein ganz bestimmter Teil der Gesellschaft? Dient so etwas dem Allgemeinwohl oder ausschließlich dazu, um diejenigen zu schützen, die ohnehin schon zu den Superreichen gehören?
Darum geht es letztendlich, es handelt sich bei der gesamten Aktion schlicht und einfach um eine Besitzverteilung von unten nach oben. Einige Herrschaften werden noch reicher und die Masse der Steuerzahler muss dafür haften = bezahlen.
Das kann man gut erkennen, wenn man sich „vorher“ und „danach“ ansieht und vergleicht, wer hatte vorher was und wer hat es nachher. Das kann man sogar ideologiefrei betrachten: Nach dem Hypo-Deal hat eine bestimmte Anzahl Menschen mehr Euro auf ihren Konten, übrigens ohne einen Handgriff zu tun, wenn man von der durchaus schlauen Tätigkeit absieht, die aus Telefonanrufen und wohl eher nicht so öffentlichen Sitzungen besteht.
Die Interessensvertretungen dieser Menschen sind äußerst aktiv in unserer heimischen Politik. Ich kann mir nicht vorstellen wer unseren Politikern sonst so massiv Angst machen könnte. Gestern in der ORF-Sendung war das für mich fast körperlich spürbar wie sich die Herren winden und fast in die Hose machen, um nur ja nichts zu sagen, um nur ja zu beschwichtigen und auf gar keinen Fall über eine Lösung zu reden, die den Menschen, die hinter obiger Liste stecken, schaden = finanzielle Verluste zufügen könnte.
Herr Lopatka hat gar versucht den „Untergang der Republik Österreich“ an die Wand zu malen, sollte man das Geflecht aufdecken. Er meinte wohl eher seinen eigenen Untergang und hat sich und das Land ein wenig verwechselt. Kann ja vorkommen.
Die Sparte Banken in der Wirtschaftskammer, die Industriellenvereinigung – für mich steht die „Sozialpartnerschaft“ nicht mehr für Interessensausgleich, sondern für den Schutz einiger spezieller Interessen.

Ich bin daher der Ansicht, dass das Netz auseinander genommen werden sollte. Selbst wenn es rechtlich keine Handhabe gibt, ich will wissen, wer mit meinem Geld irgendwo lachend in der Sonne liegt. Und ich will auch wissen, woher der Druck auf die Politiker kommt. Das wird man zwar nicht beweisen können, aber die Logik würde uns durchaus helfen.
Bisher hat sich niemand getraut die Frage nach einem Untersuchungsausschuss zu stellen und auch konsequent bei dieser Frage bzw. Forderung zu bleiben. Der letzte Ausschuss wurde abgedreht bevor jemandem weh getan werden konnte. Diesmal wird wohl nicht einmal einer zustande kommen.
Daher meine politische Forderung: Wir brauchen einen unabhängigen Untersuchungsausschuss zur Hypo-Alpe-Adria.

Vielleicht habe ich kein Recht zu wissen wo mein Geld hin fließt. Aber ich habe zumindest den Wunsch.

Mein Dutzend Gründe für politisches Engagement: 10 – Moderne Sklaven

Politik ist die Kunst der Gesellschaft. Menschen leben nur dann friedlich in Gemeinschaften, wenn ihre unterschiedlichen Interessen ausbalanciert werden. Diese Vermittlungstätigkeit nennt man meinem Verständnis nach „Politik“. Sie regelt das Zusammenleben der Menschen.
Ich habe ein Dutzend Gründe gefunden um mich politisch zu engagieren. Heute ist der zehnte Grund an der Reihe, es geht diesmal um die Sklavenarbeit für die Rohstoffgewinnung.

Wieder einmal ist eine Arte-Doku Auslöser für meine Überlegungen. „Sklavenarbeit“ heißt der Film von Tillman Achtnich und beschreibt den Weg der Rohstoffe, die wir in unseren elektronischen Geräten haben. Ich übrigens auch.
Geschätzt 100 Millionen Menschen arbeiten weltweit in kleinen Minen, die meisten davon unter sehr schlechten Bedingungen. Sie sind als Tagelöhner beschäftigt, haben keinerlei soziale Absicherung und verdienen so wenig, dass sie gerade mal überleben können. Sie schuften dazu noch unter extrem gefährlichen Bedingungen, weil bei all diesen Minen am Thema Sicherheit gespart wird. Außerdem ist die Arbeit fast zur Gänze manuell und ohne Maschinen zu erledigen.

Okay, das ist jetzt nichts Neues und wenn man voller Vorfreude zwischen Android und iPhone gustiert, dann möchte man nicht wissen, woher die darin verbauten Rohstoffe kommen.
Und genau da gilt es anzusetzen. Wieso ist die Ausbeutung der Menschen in diesem Bereich weniger schlimm als in der Landwirtschaft? Sie arbeiten unter gleich schlechten oder noch schlechteren Bedingungen.

Ich wage mich an die Ursachen, die natürlich schwer beweisbar sind, aber die Indizien sprechen dafür:
1.) Die elektronischen Geräte wecken Begehrlichkeit. Sie sind schön, man kann sie verwenden und sie schaffen gesellschaftlichen Status. Wer das neueste Handy hat ist der tollste Hecht im Teich, das gilt vor allem bei den jeweiligen Zielgruppen.
2.) Die Sklaven sind weit weg, im Falle von Bolivien fast am anderen Ende der Welt. Man kennt sie nicht und wer sich nicht spätabends die Doku ansieht, erfährt auch nichts von ihnen.
3.) Es ist nichts zu essen, daher geht es uns körperlich nicht so „nahe“ wie Lebensmittel. Die Gifte oder Problemstoffe, die in elektronischen Geräten enthalten sind, gelangen nicht offensichtlich in mich hinein. Daher ist mir die Herstellung auch nicht so wichtig.
4.) Vielfach handelt es sich um Gebrauchsgegenstände, die wie selbstverständlich zu unserem Leben gehören. Niemand möchte auf seine Waschmaschine verzichten. Man achtet eventuell noch auf den Stromverbrauch oder – selten – auf die Haltbarkeit, eher schon auf das Design und die Marke, mit der man am Stammtisch punkten kann. Niemand interessiert sich für das Zehntelgramm Gold, das drinnen auf einer unsichtbaren Platine verbaut ist.

Der interessanteste Aspekt ist für mich die Verbindung vom Käufer zum Sklaven. Was steckt da dazwischen?
Die Antwort ist auch hier eigentlich gar nicht so schwer: der Markt bestimmt die Regeln. Ob ein Hersteller elektronischer Geräte das Wolfram aus einer modernen Industriemine in den USA bezieht oder aus der Kooperative in Bolsa Negra, Bolivien, ist ausschließlich eine Frage des Preises. Da den Kunden die Herstellungsbedingungen egal sind und der Hersteller ein ausschließlich profitgetriebenes Unternehmen ist, fallen die Entscheidungen nicht schwer. Die Konkurrenzsituation sowie die Gier der KonsumentInnen nach billigeren Geräten ist der Motor für die immer weiter drehende Spirale: Wer auf die sozialen Bedingungen achtet, kauft teurer, produziert teurer und hat somit einen höheren Preis. Das macht man maximal ein Mal, wenn man es überhaupt überlebt.
Die Arbeiter und Arbeiterinnen sind übrigens echte Lohnsklaven, Menschenmaterial, das man nach Gebrauch entsorgt. Sie halten die Arbeit nur aus indem sie Koka-Blätter kauen und Schnaps trinken. Sie werden oft und schnell krank oder sterben bei bzw. durch die Arbeit. Es gibt keine Krankenhäuser, keine warme Kleidung, keine Pension und keine Arbeitslose. Es gibt nur die tägliche Arbeit bis es nicht mehr geht. Daher versuchen diese Menschen so viel zu arbeiten, dass zumindest ihre Kinder diesem Schicksal entrinnen.
Und wir freuen uns, dass es das neue iPhone jetzt im Sonderangebot gibt. Und ja, die direkte Verbindung zu den leidenden und als Sklaven schuftenden Menschen ist gegeben, auch wenn uns das nicht gefällt.

Ein zweiter Antreiber ist die Suche nach Kostenminimierung: Wo bekomme ich etwas, das ich für meine Geschäfte brauche, billig oder gratis? Ein Großteil der Wirtschaft lebt von der Ausbeutung natürlicher Ressourcen. Das ist auch im Bergbau nicht anders. Meistens gehören diese Ressourcen eigentlich allen, aber einige wenige bekommen (wie auch immer und woher auch immer) das Recht sie auszubeuten, abzubauen oder zu ernten. Eigentlich würden die Gewinne auch allen gehören, aber die wenigen Menschen, die davon reich werden, verwenden diesen Reichtum, um dafür zu sorgen, dass die Allgemeinheit nichts davon bekommt.
In Süd-Kivu hat etwa die Kanadische Bergbaugesellschaft die Schürfrechte und streift somit alle Gewinne ein. Süd-Kivu liegt aber nicht in der Provinz Alberta und auch nicht in der Nähe von Ottawa, sondern im Kongo. Wem bringt es etwas, dass die Rohstoffe somit nicht den Kongolesen, sondern einer kanadischen Firma gehören? Die Antwort ist einfach: einigen korrupten Politikern sowie den Eigentümern der kanadischen Firma. Das war es auch schon, denn die Bevölkerung im Kongo profitiert nicht davon. Hier zählt auch nicht das Argument, dass die Kanadier Arbeitsplätze schaffen würden, denn die gäbe es ohne die Kanadier auch, da diese hier nichts investieren, sondern nur ausbeuten und abkassieren.

Warum wehren sich die Leute nicht, vertreiben die Kanadier samt Politikern und bauen selbst einen florierenden und sicheren Bergbau auf? Die Antwort besteht aus mehreren Faktoren, die zusammen kommen:
1.) Es fehlt den Menschen an Bildung um sich professionell zu organisieren.
2.) Sie sind in einer Schuldenspriale und können nicht einfach aufhören, weil sie sonst von korrupten Polizisten oder Militärs verprügelt oder umgebracht werden. Somit fehlt es ihnen auch an Geld um sich zu wehren. Wer nicht genug zu Essen hat, ist auch zu schwach um sich zu wehren.
3.) Es gibt in all diesen Ländern keine Demokratie und wenn, dann ist sie nicht echt. Die Menschen haben entweder kein Wahlrecht oder keine Wahl.

Das ist diesmal meine politische Forderung: Was allen gehört, soll auch allen was bringen. Wer Ressourcen abbaut oder erntet, hat ein Recht auf ordentliche Entlohnung.

Mein Dutzend Gründe für politisches Engagement: 9 – schon wieder Essen

Politik ist die Kunst der Gesellschaft. Menschen leben nur dann friedlich in Gemeinschaften, wenn ihre unterschiedlichen Interessen ausbalanciert werden. Diese Vermittlungstätigkeit nennt man meinem Verständnis nach „Politik“. Sie regelt das Zusammenleben der Menschen.
Ich habe ein Dutzend Gründe gefunden um mich politisch zu engagieren. Heute ist der achte Grund an der Reihe, es geht diesmal um Fisch.

53% der Fischbestände sind am Limit, 30% sind überfischt. Daher stammt ein immer größerer Teil aus Aquakulturen. Diese sind alles andere als umweltfreundlich. Hier ein paar Zahlen aus einer spannenden Doku auf arte („Auf der Suche nach dem glücklichen Fisch“).

25% des weltweiten Fischbestandes landet in der Fischmehlproduktion, am meisten in Peru und Chile. Dort sind auch die riesigen Aquakulturen, die dafür sorgen, dass wir in Europa im Supermarkt den Lachs kaufen, von dem wir glauben, dass er von feschen Fischern in glasklaren Flüssen mittels Fliegenfischen gefangen wurde.
Die Wahrheit sieht leider anders aus.

80% der Makrelenbestände weltweit sind kollabiert oder nahe dran. Die Aquakulturen lösen das Überfischungsproblem nicht, sie verstärken es. Fischmehlerzeugung ist ineffizient, aber sie unterliegt keinerlei Fangbeschränkungen, ganz im Gegenteil zum klassischen Fischfang. Um 1 Kilo Lachs zu bekommen, muss man 6 Kilo Fisch zufüttern.

Die Lachsfarmen bringen das Meer um. Es gibt zu viele und sie bauen so dicht, dass es keinen Wasseraustausch mehr gibt. Die Fische ersticken, das Meer wird zu einer stinkenden Kloake und die hochprofitable Industrie zieht eine Bucht weiter. Ihr geht es ausschließlich um Profitmaximierung, der Schaden an der Umwelt muss von ihr nicht bezahlt werden und erhöht somit den Profit.

Es geht übrigens auch anders. In Frankreich etwa gibt es bio-Fischzucht. Das ist zwar nicht so bio wie ich mir das vorstelle, aber ein deutlicher Unterschied zu Chile. Für 1 Kilo Wolfsbarsch oder Dorade braucht man 1,5 kg Futter, das zu ca. 50% aus Fischmehl besteht, der Rest ist Getreide. Somit entsteht mehr Fisch als Fisch zugefüttert wird. Immerhin, ein deutlicher Fortschritt.
Der eigentliche Trick besteht jedoch darin, dass die Umgebung mit einbezogen wird. Durch die wesentlich geringere Dichte sind die Fische in den Käfigen nicht gestresst. Das Futter, das sie nicht fressen, fällt nach unten und wird dort von wild lebenden Fischschwärmen verwertet. Diese kommen nur, weil das Wasser klar ist und weil sie dort nicht gefischt werden. Dafür sorgen die Züchter und so entsteht eine Win-Win-Situation.
Natürlich wollen die Bio-Züchter auch Geld verdienen, aber sie schauen eben nicht NUR auf den kurzfristigen Profit sondern auch darauf, dass sie an einem Ort lange bleiben können. Das geht nur, wenn man ihn nicht zerstört.

Noch klarer wird der Unterschied, wenn man sich das Marketing ansieht. Im Gegensatz zu Wildfang wissen die Käufer, wo der Fisch herkommt, wann er gefangen wurde und sie können mit gleich bleibender Qualität rechnen. Spitzenköche verändern ihre Vorlieben und kaufen diese Art von Fisch. Daher kann ein Kilo auch 25 Euro kosten. Hier ist endlich auch einmal ein klarer Qualitätsunterschied im Preis erkennbar – um 4 Euro das Kilo kann es einfach keinen Lachs aus nachhaltiger Zucht geben. Diese verwendet übrigens keine Antibiotika und andere Chemikalien, die in der industriellen Fischzucht nicht nur üblich, sondern Teil des Prozesses sind.

Eine weitere Alternative ist die Fischzucht an Land, in so genannten Kreislaufanlagen. Vorteile: Keine Meeresverschmutzung, keine Antibiotika, dafür aber Nachteile wie hohe Energiekosten und nach wie vor der Einsatz von Fischmehl, wenngleich durch Forschungen hier auch schon Bio-Abfälle zum Einsatz kommen, etwa aus der Rapsölproduktion.

Es wird nicht leicht sein, diese Dynamik zu beenden. Meine politische Forderung ist auch hier eine nach Transparenz und Aufklärung. Ich möchte, dass auf der Verpackung erkennbar ist, woher der Fisch kommt, womit er gefüttert wurde, welche und wie viele Medikamente zum Einsatz kamen, die zusätzlichen Chemikalien (Rosa Farbstoff beim Lachs etc.) sowie die Art und Weise des Transports. Dann könnte ich entscheiden, was ich kaufen will und was nicht.

Mein Dutzend Gründe für politisches Engagement: 8 – noch einmal Essen

Politik ist die Kunst der Gesellschaft. Menschen leben nur dann friedlich in Gemeinschaften, wenn ihre unterschiedlichen Interessen ausbalanciert werden. Diese Vermittlungstätigkeit nennt man meinem Verständnis nach „Politik“. Sie regelt das Zusammenleben der Menschen.
Ich habe ein Dutzend Gründe gefunden um mich politisch zu engagieren. Heute ist der achte Grund an der Reihe, es geht noch einmal um´s Essen.

58 Millionen Schweine werden jedes Jahr in Deutschland
Davon landet ca. ein Drittel auf dem Müll (Quelle: 3sat-Doku „Schweine für den Müllcontainer“, von Edgar Verheyen). Ich habe inzwischen verstanden, warum das so ist. Und ich bin damit nicht einverstanden.

Jeden Tag Fleisch am Tisch plus ein niedriges Einkommen – diese Kombination ist für die unfassbaren Schweinezuchtbedingungen verantwortlich. Ich weiß nicht genau, warum es sich in unserer Gesellschaft durchgesetzt hat, dass Menschen darauf bestehen jeden Tag Fleisch essen zu können, auch wenn sie es sich nicht leisten können. Aber vielleicht liegt hier ja die Ursache: Weil Fleisch Jahrhunderte lang Luxus war, den man maximal einmal pro Woche, meist aber noch seltener am Tisch hatte. Und jetzt kann man sich auch mit wenig Geld diesen Luxus leisten. Das riecht nach gesellschaftlichem Aufstieg und der ist in einer hierarchisch strukturierten Gesellschaft immer noch Motivator Nr. 1.

Daher muss das Fleisch billig erzeugt werden. Das führt dazu, dass die Schweinemäster als einziges Kriterium den Preis kennen. „Es geht ausschließlich darum, wie viele Schweine kann ich auf einem Quadratmeter erzeugen“, so ein Fachmann aus Deutschland. Der Quadratmeter muss billig sein, also möglichst maschinell und mit wenig Personalkosten.
Es geht darum die Kosten zu senken und den Profit zu erhöhen. Je billiger das Futter, desto höher der Profit. Je enger die Schweine zusammenstehen oder -liegen, desto höher der Profit. Je weniger Ausfälle, desto höher der Profit. Daher müssen entsprechend viele und starke Pharmazeutika und Chemikalien zum Einsatz kommen.

Das Endprodukt muss weder schadstofffrei sein noch gut schmecken. Der Geschmack wurde den KonsumentInnen inzwischen abtrainiert.

Ist das alles legal? Dürfen die Schweine auf Betonspaltboden in ihrem eigenen Dreck stehen, ohne Möglichkeit sich zu bewegen? Da sie sensible und reinliche Tiere sind, leben sie in offensichtlicher Qual. Wenn man ein solches Schwein auf eine Wiese lässt, fängt es sofort mit seinem natürlichen Verhalten an. Das zeigt, dass sich die Tiere an ihr Dasein in der Massentierhaltung nicht gewöhnen können. Sie haben also die Hölle von der Geburt bis zum Tod.

Ist das alles legal? Nur fünf Prozent aller Betriebe werden in Deutschland kontrolliert. Die Strafen, wenn man bei besonders übler Haltung erwischt wird, sind minimal. Es wird also vom System nicht nur akzeptiert, sondern sogar gefördert, denn ein Gesetz ist nur dann gültig, wenn es überwacht wird. Ansonsten gilt einzig und allein das Gesetz, das immer überwacht wird: das der Profitmaximierung. Hier ist der „freie Markt“ die Kontrollinstanz. Ihr gegenüber steht die Gesetzesinstanz. Wenn nun zweitere versagt, etwa weil sie durch politisches Lobbying seitens der Schweineindustrie kein Geld für Kontrollen hat, gilt nur mehr das Gesetz des Marktes, und der kennt keine Qualitätskriterien, wenn nicht der Konsument sie selbst hat.

Wer in den Supermarkt geht, sieht die Menschen auschließlich auf den Preis schauen. Ganz abgesehen davon, dass man die Qualität von Schweinefleisch in der heutigen Verpackungsform nicht erkennen kann, ist sie den meisten Menschen komplett egal. Das ist zumindest meine Erfahrung. Bier bitte ohne Biergeschmack, Fisch darf nicht nach Fisch riechen und schon gar nicht danach schmecken (daher Pangasius), Chili bitte mild, also ohne Chili – da wundert es mich nicht, dass auch beim Schweinefleisch der Geschmack vollkommen egal ist.

Es geht auch anders. Schweine können artgerecht gehalten werden. Dann ist aus meiner Sicht gegen Fleischkonsum nichts einzuwenden, denn wir alle würden – wieder – zu Großteilsvegetariern, denn ordentlich gehaltene Schweine leistet man sich dann eben nur als Sonntagsbraten. Der würde dann auch wieder ganz anders schmecken.

Was ich bis jetzt nicht herausfinden konnte: Was kostet solch ein Schweinefleisch tatsächlich und wie kann ich es erkennen? Ich kenne leider keinen Bauern, der seine Schweine artgerecht hält und von dem ich das kostbare und köstliche Fleisch bekommen könnte. Das liegt auch daran, dass Bauern heute mit speziellen Verordnungen daran gehindert werden selbst zu schlachten. Die Industrie hat mit eigenen Gesetzen dafür gesorgt, dass es kleine Bauern schwer haben oder es für sie sogar unmöglich ist, selbst Schweine in hoher Qualität zu züchten.
Das Problem wird noch dadurch verschärft, dass es keine glaubhaften Gütesiegel gibt. „Bio“ kann jeder drauf schreiben. Selbst wenn er nicht bio macht, bei fehlenden Kontrollen und geringen Strafen ist das Risiko vernachlässigbar.

Dazu ein paar Fakten: In Deutschland (und in Ö wird das nicht viel anders sein) gibt es seit 2006 eine Überproduktion (derzeit etwa 115%). Dadurch sank der Preis, die Futtermittel wurden aber teurer. Das zwingt in die Rationalisierung, um bei schlechteren Verkaufspreisen den gleichen oder überhaupt einen Profit machen zu können. Das bedeutet:
– noch mehr Schweine auf weniger Platz
– schlechtere Bedingungen weil keine Investitionen
– sinkende Qualität
– Drang zu expandieren

44 % der Viehzüchter mussten in den letzten zehn Jahren zusperren, denn eine Schweinemast dauert ca. 120 Tage und bringt dem Bauern pro Schwein zwischen 5 und 10 Euro Gewinn. Wer kann sich da einen neuen Stall bauen oder teures und besseres Futtermittel kaufen?
Übrigens kann ein Schweinemäster auch sonst von 5 bis 10 Euro nicht leben. Das geht nur mittels Förderungen, Subventionen und Ausgleichszahlungen. Diese zahlen wir KonsumentInnen über den Umweg der Steuern.
Das bringt die perverse Situation, dass wir ständig mehr zahlen um immer schlechtere Qualität zu bekommen. Gut, dafür sinken wenigstens die Fleischpreise.
Und die Bauern und Viehzüchter werden von diesen Zahlungen abhängig und damit Spielball der Interessen starker Industrielobbys.

Was passiert mit dem Überangebot? Erstens gibt es großzügige Exportförderungen und zweitens wird es entsorgt. Das passiert normalerweise nicht beim Schweinezüchter, sondern
1.) im Handel
2.) in Kantinen und Restaurants, besonders durch Buffets
3.) in privaten Haushalten

In letzter Zeit werden auch mehr Schweine direkt beim Züchter entsorgt, weil die schlechten Bedingungen zu erhöhten Ausfällen führen. In Deutschland werden jedes Jahr 20 Millionen Schweine gezüchtet, die nicht gegessen werden.
Wir zahlen also dafür, dass industrielle Schweinezüchter Produkte erzeugen, die wir zu einem Drittel wegwerfen.

Was wäre die Lösung des Problems?
Eine Idee besteht darin, die Art der Schweinezucht zu kennzeichnen. Dann könnten die KonsumentInnen sich beim Kauf entscheiden, was derzeit nicht möglich ist. Davor hat die Industrie Angst, denn sie weiß nicht, wie sich das auswirken würde. Und da die Industrie der Politik sagt, was Sache ist, wird es so eine Kennzeichnung nicht geben.

Ich bin daher für eine Aufhebung der Agrarsubventionen und somit für einen freien, transparenten Markt, in dem die KonsumentInnen das Recht haben Informationen über die von ihnen gekauften Produkte zu bekommen.

Mein Dutzend Gründe für politisches Engagement: 7 – TTIP

Politik ist die Kunst der Gesellschaft. Menschen leben nur dann friedlich in Gemeinschaften, wenn ihre unterschiedlichen Interessen ausbalanciert werden. Diese Vermittlungstätigkeit nennt man meinem Verständnis nach „Politik“. Sie regelt das Zusammenleben der Menschen.
Ich habe ein Dutzend Gründe gefunden um mich politisch zu engagieren. Heute ist der siebente Grund an der Reihe, es geht um Transatlantische Freihandelsabkommen.

Bisher haben alle Freihandelsabkommen, von denen ich gehört oder gelesen oder deren Auswirkungen ich gespürt habe, dem Vorteil einiger weniger und dem Nachteil vieler gedient. Sie kamen aufgrund bestimmter Interessen meist gieriger Konzerne zustande und wurden durch gezielten Lobbyismus eingefädelt und abgesegnet.

Aber vielleicht ist es diesmal anders.
Könnte ja sein. Warum nicht? Ich halte Menschen für lernfähig und vielleicht dient das TTIP ja wirklich dem Gemeinwohl.

Also sehe ich mir an, was da drin steckt.
Es geht erstens darum, dass internationale Konzerne die Nachteile, die ihnen durch eine Gesetzesänderung auf nationaler Ebene entstehen, einklagen können. Es könnte also etwa passieren, dass ein Staat einen Grenzwert in einem Umweltgesetz festlegt und dann nach einiger Zeit ändert, z.B. weil Studien belegen, dass der ursprüngliche Grenzwert gefährliche Krankheiten auslöst.
Dann könnte ein Konzern ein bestimmtes Produkt in diesem Land nicht länger verkaufen und den dadurch entstandenen Gewinnentgang einklagen. Da die Konzerne ausschließlich auf den eigenen Profit schauen, müssen ihnen die Krankheitsrisiken komplett egal sein, denn diese dienen ja niemals der Steigerung ihres Profits.
Diese Klage soll bei einem internationalen Schiedsgericht eingebracht werden, denn nationale Gerichte könnten sich nach nationalem Recht (basierend auf nationalen Interessen der Staatsbürger) richten und genau das soll nicht passieren.
Hier tauchen die ersten spannenden Fragen auf: Wer sitzt in diesen Gerichten? Und wie wird sicher gestellt, dass die dort dienenden Richter nicht nur zum Wohl internationaler Konzerne bzw. zur Steigerung ihrer Profite arbeiten?
Auf welcher Rechtsbasis können sie auch gegen die Konzerne entscheiden? Da die Konzerne ausschließlich auf den eigenen Profit schauen (das ist der Zweck ihrer Tätigkeit), müssen ihnen die Krankheitsrisiken komplett egal sein, denn diese dienen ja niemals der Steigerung ihres Profits.

Details darüber lassen sich in Robert Misiks Ausführungen lesen:
http://www.misik.at/sonstige/warum-freihandel-gut-das-ttip-abkommen-aber-dennoch-fragwurdig-ist.php

Das Ziel ist „nicht handelspolitische Handelshindernisse“ zu beseitigen. Was bitte soll das sein? Ich habe den dringenden Verdacht, dass damit die „Interessen der Bürger“ gemeint sind. Wenn etwa ein Konzern gentechnisch verändertes Soja in Europa verkaufen will, dann sind die Interessen der Menschen, die davor Angst haben, ein solches „nicht handelspolitisches Handelshindernis“ und können mittels eines Schiedsgerichts für irrelevant erklärt werden. Da das gentechnisch veränderte Soja laut unserem Lebensmittelgesetz auch nicht als solches deklariert werden muss, sind die Menschen gezwungen es zu kaufen und zu essen. Außer sie verzichten in Zukunft generell auf Nahrung, denn das gilt dann natürlich auch für Palmöl (wo ist das genau überall drin?) und für Mais und für Weizen und für Milch und Fleisch und Reis und auch sonst alles.

Somit bekommt „Freihandelsabkommen“ eine neue Bedeutung, es ist ein „Abkommen zur Entmündigung der Bürger“, da diese mit ihren Interessen die Profitgarantie der internationalen Konzerne verhindern könnten.
Es ist somit ein Abkommen gegen den freien Markt, denn in einem solchen haben alle Teilnehmer die Freiheit mitzubestimmen, auch die KonsumentInnen. Sie können sich aussuchen, was sie kaufen und was nicht.
Wenn das unterbunden wird, so empfinde zumindest ich das als Gegenteil eines freien Marktes. Und das gefällt mir nicht. Ich fordere daher die Balance der Interessen aller MarktteilnehmerInnen.
Nur wenn diese im TTIP als oberstes Prinzip festgeschrieben sind, bin ich für ein solches Abkommen.