Schwingungen oder was?

Als Philosoph und rationaler Denker tue ich mir mit Spiritismus in all seinen Formen schwer und kann auch mit esoterischen Modellen wenig anfangen. Es ist aber immer wieder spannend, sich Phänomene genauer anzusehen. Das Ergebnis ist stets die Erkenntnis der Wahrnehmungsgrenzen und ich stehe staunend vor dem Unerklärlichen. Ein Physiker hat das einmal so geschildert: Stellen wir uns vor, wir wären zweidimensionale Wesen, also nur aus Länge mal Breite bestehend. Wir säßen auf einer riesigen Kugel, etwa wie die Erde. Nun bewegen wir uns fort und weil die Kugel so groß ist, können wir ihre Krümmung nicht wahrnehmen, sie erscheint uns wie eine Ebene.
Wenn wir nun geradeaus gehen, kommen wir irgendwann wieder an unseren Ausgangspunkt und können uns diese Tatsache unmöglich erklären.

So ähnlich sehe ich das mit den Phänomenen, die mir von Zeit zu Zeit begegnen. Dazu drei Beispiele:

1.) Ich war im Sommer 1987 mit meinem Vater und meiner Schwester in Tunesien zwecks Urlaub. Genau zu dieser Zeit starb mein Großvater. Als wir nach Wien zurück kamen, erzählte mir meine Mutter, sie hätte vor ein paar Nächten von ihm geträumt. Sie wusste aber noch nichts von seinem Tod. Und sie hatte seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr zu ihm und sich auch nicht mehr mit ihm beschäftigt.

2.) Vor ein paar Tagen kam mir ein Lied in Erinnerung, das ich schon länger nicht gehört hatte und das mir auch nicht in besonderer Erinnerung war: „On Silent Wings“ von Tina Turner gesungen.
Es wurde immer stärker und ich summte den Refrain mehr oder weniger ein paar mal am Tag und wunderte mich, warum mir genau dieses Lied ständig im Kopf herum geisterte.
Am nächsten Tag erfuhr ich in der Früh, dass meine Nachbarin (91) gestorben war. Jetzt wusste ich, warum mir das Lied eingefallen war und widmete es der freundlichen alten Dame.

3.) Vorgestern kam mir Norbert Walter in Erinnerung und ich erzählte einem Freund von ihm. Ich hatte ihn bei einem Kongress in München als inspirierenden Hauptredner gehört und er war mir als kritischer Geist in Erinnerung. Das ist deswegen bemerkenswert, weil er Chefökonom der Deutschen Bank war – da ist die Luft an kritischen Geistern sehr sehr dünn.
Sein wichtigster Tipp des Vortrags (2008) war: Wer zu wenig Zeit für wichtige Dinge hat, soll einfach seinen Fernseher in den Keller stellen. Das würde helfen, auch wenn es am Anfang schwer sei sich umzugewöhnen.
Er war einer, der die Finanzkrise voraussagte und in einer ruhigen Art präzise Analysen machte.
Gestern ist er gestorben.

Der Tod löst irgend welche Schwingungen aus – oder sonst etwas, für das mir die richtigen Worte fehlen. Er ist vielleicht über Entfernung wahrnehmbar, auch wenn wir für diese Wahrnehmung kein Organ besitzen, zumindest kein bekanntes.

Das mögen Zufälle sein und jede Analyse dieser Phänomene gelangt sehr schnell an die Grenzen des Unerklärlichen und des Spekulativen. Die Theorie der morphologischen Felder wurde widerlegt oder ist zumindest aus der wissenschaftlichen Perspektive verschwunden. Die Sterne als Erklärung ist mir auch zu dünn. Am ehesten lohnt es sich meiner Ansicht nach, wenn man in den neuen Theorien über Netzwerke nachsieht und dort weiter denkt. Vorbild sind hier die neuronalen Netze des menschlichen Gehirns, wo man ebenfalls ständig neue Phänomene entdeckt. Vielleicht gibt es ja größere Netzwerke, die ähnlich funktionieren und wir sind zweidimensionale Wesen, die sich über die Dreidimensionalität wundern.
Immerhin haben wir das Wundern als Wahrnehmungshilfe und wir können uns Gedanken und Theorien machen. Das ist dem einfachen zweidimensionalen Wesen nicht möglich.

So sieht perfekte Täuschung aus: El Gouna soll umweltfreundlich sein

Ich weiß schon, dass medianet von niemandem außer mir gelesen wird, aber die dort veröffentlichten Artikel erscheinen auch anderorts. Heute gibt es einen online-Artikel mit dem Titel „Umweltfreundlichste Stadt in Ägypten“. Ich bin bass erstaunt, als sich herausstellt, dass es sich um El Gouna handelt.

Zur Info: El Gouna ist eine künstlich aus der Wüste herausgestampfte Stadt, so echt und authentisch wie ein Potjemkinsches Dorf. Einer der reichsten Ägypter hat einige Kilometer Küste gekauft und dort eine Stadt angelegt, wo früher ein kleiner alter Fischerhafen war.
Jetzt gibt es dort mehrere Hotels, eine riesige Marina und Privatwohnungen sowie eine gewisse Infrastruktur. Dazu noch einen Golfplatz etc.

Umwelttechnisch eine absolute Katastrophe, weil es gibt dort weder Strom noch Wasser. Letzteres muss mittels riesiger Meerwasser-Entsalzungsanlagen gewonnen werden. Besonderes Low-Light ist hier der Golfplatz, der überhaupt nur funktioniert, weil er mit gentechnisch verändertem Rasen angelegt wurde. Der verträgt salzigeres Wasser als normaler Rasen.
Es sieht pervers aus, mitten in der trockensten Wüste bilden sich die Leute ein, dass sie genau hier Golf spielen müssen.

Aber es sind die vielen verschiedenen Punkte, die in Summe eine unglaubliche Bilanz ergeben. Es werden Unmengen Erdöl verbrannt, um das Wasser sowie den notwendigen Strom aus riesigen Generatoren zu gewinnen.
Nur wenige Kilometer weit haben die G8-Staaten Ägypten einen Windpark geschenkt. Als ich damals vorbei gefahren bin, war dieser halb verfallen. Auf meine Nachfrage fand ich heraus, dass die Ägypter aus Stolz auf ihr Erdöl den Windpark ganz bewusst nicht in Betrieb nehmen. Billig ist sowas übrigens nicht, da waren Dutzende Windräder aufgestellt, bei einigen fehlten schon Rotorblätter…

El Gouna ist generell ein Alptraum. Man hat dort versucht – so wie in anderen ägyptischen künstlich angelegten Küstenstädten – moderne europäisch-amerikanische Verhältnisse zu schaffen. Die Häuser sind aus Stahlbeton in einem pseudo-arabischen Stil, alles wirkt wie aus Plastik, selbst die Palmen, die nur sehr schlecht wachsen.
Alles muss ununterbrochen gegossen werden, die Pflanzen gehören dort überhaupt nicht hin, die Stadt wird sozusagen ständig künstlich beatmet, mit enormem Aufwand. All das gehört dort nicht hin, es ist wie am Mond, wo man alles, was man dort braucht, erst mit großer Anstrengung hinschaffen muss. Die Häuser haben alle Klimaanlagen, weil sie in der völlig falschen Technik gebaut wurden und somit sich nicht selbst regulieren können, wie das die alten Bauwerke in der Gegend sehr wohl konnten und können, wo es sie noch gibt.

Die Marina hat nur einen Vorteil: Segler, die dort vor Anker gehen, um auf Südwind zu warten, damit sie den Golf von Suez hinauf segeln können, dürfen ein paar Tage gratis dort liegen (sofern das nicht geändert wurde) und ersparen sich die horrenden Marina-Gebühren.

Für mich ist das ein Endzeit-Szenario, wenn man gegen die Umwelt kämpft, die völlig falsche Art, sich die Erde untertan zu machen. All das wird ausschließlich durch billiges Erdöl möglich, das in Ägypten massiv staatlich gesponsert ist – quasi im Gegensatz zu unserem Modell.

Diese Städte hängen ständig am Tropf, sie sind allein nicht lebensfähig und zu 100 % auf das Öl angewiesen. Mein Tipp: verwendet das wertvolle Öl für was anderes und lasst diese Städte in Frieden sterben. Sie sollten dort nie sein und werden in Zukunft dort auch nicht mehr sein. In der Wirtschaftskrise haben sie ohnehin das erste Mal gekracht, weil sich die Mieter und Eigentümer ihre teuren Ferienhäuser und Appartements nicht mehr leisten konnten.

El Gouna ist die umweltfeindlichste Stadt Ägyptens, also das genaue Gegenteil von dem, was medianet schreibt.

Rom mit einer 39 Jahre alten Vespa – Tag 11

Dunkle Wolken hängen über den Bergen in der Richtung, die ich nehmen werde. Ich hatte zehn Tage Wetterglück, aber heute könnte sich das Blatt wenden. Davor hatte ich ein wenig Angst, weil hinten der Reservereifen oben ist, ein sechs Jahre alter Michelin S1, der sich auf der Fahrt überhaupt nicht abgenützt hat, also hart wie Holz ist. Damit wäre jede Regenfahrbahn eine Rutschpartie.
Ich nahm mir vor, bei beginnendem Regen sofort einen Unterschlupf zu suchen. Im schlimmsten Fall würde ich einen Tag zusätzlich brauchen, das wäre okay. Und es wäre fein, wenn es mich nicht gerade mitten auf der Pack erwischt.

Aber noch bin ich nicht so weit und noch regnet es nicht. Klagenfurt habe ich schnell hinter mich gelassen und steuere auf der Bundesstraße Richtung Völkermarkt. Ich kenne diese Straße gut, auch wenn ich sie lange nicht mehr gefahren bin. Zu meinen Studienzeiten an der Uni Klagenfurt gab es in den ersten Jahren noch keine Autobahn und man musste ab Wolfsberg über den Griffen und dann über Völkermarkt nach Klagenfurt fahren.
Das ist über zwanzig Jahre her und für mich so eine Art Nostalgieroute. Auch über die Pack bin ich vor knapp zehn Jahren das letzte Mal gefahren, mit der Aprilia Pegaso, einer Straßenenduro.

Ein paar Kilometer vor Völkermarkt ist es dann soweit. Der Motor fängt wieder an zu stottern und nimmt kein Gas mehr an. Also fahre ich rechts ran und beginne in bewährter Manier zu zerlegen. Jetzt weiß ich immerhin schon, wo ich suchen soll und ziehe die Schrauben des Schwimmerkammerdeckels noch einmal nach. Das hilft zwar nur mehr bedingt, weil die eine Schraube komplett ins Leere fährt, aber die andere lässt sich noch etwas fester ziehen. Sie geht nachher noch eine Zeit lang schlecht, dann aber bessert sich die Gasannahme und ich hoffe, dass der Motor bis Wien durchhält.

Die Pack ist von der Südseite noch steiler als auf der Nordseite und ich fahre recht gemächlich hinauf, schließlich habe ich es nicht sehr eilig, da ich schon um 07:55 aus Klagenfurt abfahren konnte. Es ist auch nicht mehr heiß und ich habe wieder die Windjacke übergezogen.
Dann ist es geschafft, die letzte ernstzunehmende Steigung ist erledigt, ich mache auf der Abfahrt in Edelschrott eine Pause. Dort ist ein Supermarkt und ich decke mich mit einem Vorrat Wurstsemmeln ein plus Wasser.
Ich merke, dass es hier empfindlich kühler ist und außerdem leicht zu nieseln beginnt. Unten im Tal scheint die Sonne und ich beeile mich mit der Weiterfahrt.

Das nächste Problem wird die Umfahrung von Graz. Ich möchte mich nicht quer durch die Stadt quälen müssen und eine echte Umfahrung gibt es nicht, außer auf der Autobahn.
Abgehärtet von Italien beschließe ich bei Unterpremstätten auf die Autobahn zu fahren und bis Gleisdorf durchzuziehen. Kontrollen sind erfahrungsgemäß selten und ich bin es gewohnt zu riskieren. Blöd wäre es nur dann, wenn mir die Kiste auf der Autobahn eingeht. Dann wäre ich in Erklärungsnot, aber ich hoffte, dass das nicht passiert.
Nacken und Hintern schmerzen unvermindert und lassen das Ziel Wien ausgesprochen erstrebenswert erscheinen.

Alles geht gut und ich fahre in Gleisdorf unerwischt von der Autobahn ab. Die 25 Kilometer haben mir mindestens eine halbe Stunde gebracht und die Sprint hat die Lassnitzhöhe locker und mit viel Durchzug in der Vierten genommen.

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Bild: Noch 141 Kilometer, Endspurt quasi

Jetzt geht es über die mir schon bekannte Bundesstraße durch die hügelige Steiermark weiter. Eine Mittagsrast lege ich noch ein und dann ziehe ich bis zum Wechsel durch. Das ist quasi die letzte Steigung, der letzte Berg, den es zu überwinden gilt.
Auch hier zeigt sich: Hinweg ist nicht gleich Rückweg. Der Anstieg bis Mönichkirchen erscheint mir ewig, aber schließlich ist auch das geschafft.

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Bild: Wechsel, die letzte Steigung ist geschafft

Allerdings nicht ohne eine weitere Panne, die Scheinwerferlampe ist ausgefallen. Mir ist das jetzt komplett egal, das Standlicht brennt noch und ich werde nicht in die Dunkelheit kommen.
Noch eine Tankfüllung in Grimmenstein und dann geht es schon Richtung Wr. Neustadt, wo ich mich auch nicht lange aufhalte. Dann rückt Wien immer näher und somit das Ziel der Reise, zumindest der Rückreise. Wenn ich jetzt noch eine Panne habe, dann ist das nicht so schlimm, dann holen mich Freunde mit einem Lieferwagen samt der Vespa ab.

Doch es passiert nichts und ich fahre über die Altmannsdorfer Straße auf die Westroute in den 18. Bezirk. Am Lidlberg weiß ich, dass ich es geschafft habe, denn von hier könnte ich fast bis nach Hause rollen.

Es ist ein schöner Moment, als ich die Sprint vor meinem Haus abstelle und das letzte Foto von dieser Tour schieße.

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Bild: Sprint zuhause

Zeit für ein Fazit:

Es war ausgesprochen anstrengend, aber erfolgreich.
Ich werde so eine Gewalttour sicher nicht mehr unternehmen.
Auf der Habenseite stehen gutes Wetter, kein Sturz, kein Diebstahl und ein Motor, der im Kern gehalten hat.
Auf der Sollseite stehen 11 Pannen, die mir teilweise enorm viel Kraft geraubt haben, die falsche Sitzwahl und der stark schmerzende Nacken.
die Abkürzung der Tour beruht auf den körperlichen Schmerzen, aber auch auf der psychischen Belastung des allein Reisens sowie der zermürbenden Sucherei nach den richtigen Straßen.
Von den gesteckten Zielen habe ich fast alle erreicht, nur das Piaggio-Museum in Pontedera und die Toskana müssen ein andermal mit mir vorlieb nehmen. Das ist verschmerzbar.

So sieht die Statistik aus:
Gesamte Fahrzeit inkl. Pannen und Mittagspausen: 62,5 Stunden
Gefahrene Kilometer: knapp 2.800
Verbrauch: 103 Liter Benzin und 2 Liter Zweitaktöl
Durchschnittsverbrauch: 3,81 Liter
Durchschnittsgeschwindigkeit inkl. Pausen und Pannen: ca. 50 Kilometer pro Stunde
Fahrtage: 9
Gesamtdauer der Reise: 11 Tage
Pannen: 11, davon 8 auf der Hinfahrt
Kosten: Für Sprit und Öl habe ich etwa gleich viel ausgegeben wie für meine eigene Nahrung: je 200 Euro. Die Übernachtungskosten lagen bei ca. 275 Euro. Die restlichen Kosten betrugen etwa 200 Euro (Ersatzteile, Fähren etc.) Gesamtkosten somit ca. 850 Euro.

Deutlich auf der Habenseite stehen die vielen netten Begegnungen mit wertvollen Menschen, denen ich teilweise viel zu verdanken habe. Und es gibt reichlich Material für das Buch, das schon halb fertig ist und auf die vielen Geschichten und Bilder wartet.

Ich habe mir meinen Traum erfüllt und war mit der Vespa in Rom. Und ich war auf der Via Appia Antica und habe dort meine Panini gegessen und meine Wasserflasche getrunken.
Möge mir nie was Schlechteres passieren.

Damit ist der Reisebericht zu Ende.

Rom mit einer 39 Jahre alten Vespa – Tag 10

Ich habe herrlich geschlafen und bin motiviert für den vorletzten Tag (zumindest wenn alles klappt wie geplant). Das erste Mal schmeckt mir das Frühstück, Helga hat köstliche selbstgemachte Marmeladen und frische Zwetschken aus dem eigenen Garten.
Es ist wieder etwas kühler und sehr angenehm zu fahren. Ich habe zwei pannenfreie Tage hinter mir, vielleicht kann ich ja einen dritten anhängen.
Motiviert rollere ich durch die langen Alleen zwischen Cavallino und Jesolo – allerdings nicht allzu schnell, ein paar holländische Wohnmobile haben es nicht sehr eilig und der Verkehr ist auch um 08 Uhr schon beachtlich.
Dann bin ich wieder auf der S 14 Richtung Triest. Diesmal werde ich Monfalcone auslassen und direkt nach Gorizia fahren, das erspart mir ca. 30 Minuten und einige Kilometer. Allerdings kann ich noch keine Entscheidung treffen, ob ich mich traue über Slowenien zu fahren und der Vespa den Predil-Pass anzutun. Andererseits läuft sie gut und das Soca-Tal ist wunderschön.
Die Fahrt verläuft ruhig und ich komme sehr gut voran.
An der entscheidenden Kreuzung entscheide ich mich für die schönere Strecke. Allerdings scheitere ich an der Umfahrung von Gorizia, da schon wieder nur die Autobahn nach Triest angeschrieben steht. So muss ich mich durch den Ort durchquälen, aber mit zwei Mal Fragen ist es dann geschafft.
Ich ziehe vorbei an dem Stausee, als die Kupplung plötzlich seltsame Geräusche macht. Sie trennt gut und greift auch gut, aber beim Einkuppeln gibt es ein hässliches Schnarren und ich entdecke, dass der Hebelweg auf einmal sehr lang ist.

An einem schattigen Rastplatz bleibe ich stehen, auch um einen der köstlichen Äpfel von Helga zu essen und um meinen Nacken ein wenig zu entspannen. Ich rufe Ronny an, um ihn um seine technische Meinung zu fragen, erreiche aber das Tonband. Christian ist erreichbar und gemeinsam rätseln wir, was da sein könnte. Abgefahrene Beläge? Vielleicht hätte ich das Getriebeöl in Rom wechseln sollen. Oder habe ich gar zu wenig drin? Das lässt sich jetzt nicht feststellen und Reserve-Getriebeöl habe ich keines dabei. Ich habe zudem keinerlei Lust jetzt zu schrauben und da wir auf keine wirklich eindeutige Lösung kommen, beschließe ich einfach weiterzufahren. Was soll schon passieren? Okay, ein kapitaler Kupplungsschaden mit anschließendem Motorschaden. Nicht sehr wahrscheinlich, aber ich habe auf dieser Reise schon so viele Pannen erlebt, die alle nicht sehr wahrscheinlich waren, dass sich daraus nichts ableiten lässt. Es wäre sehr fein, wenn es die Kupplung bis Österreich schafft, denn dann wäre der Pannendienst wesentlich leichter zu organisieren.

**** ERGÄNZUNG 13. SEPTEMBER 2013 ****

Mehr als ein Jahr nach der Romreise war es Zeit den Motor auszubauen und einer Revision zu unterziehen. Dabei musste ich entdecken, dass das Entlüftungs-Schwammerl des Kupplungsdeckels fehlt. Hier ein Bild des 2011 frisch zusammen gebauten Motors, bei dem das Schwammerl gut zu erkennen ist – ich habe also nicht vergessen es zu montieren:

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Und hier ein Bild ohne Schwammerl (das ist nicht leicht zu erkennen – mitten im Dreck ist ein kleines Loch):

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Beim Einschrauben eines neuen Schwammerls entdeckte ich, dass es nur ganz locker im Gewinde sitzt – warum auch immer. Das alte dürfte sich irgendwann auf der Fahrt nach Rom oder vielleicht auch erst bei der Rückfahrt verflüchtigt haben. Durch das nun offene Loch kam wahrscheinlich Dreck oder auch ein kleines Steinchen in die Kupplung. Bis es zerrieben war, trat die beobachtete Störung auf. Normalerweise saut es auch Öl aus dem Loch und verdreckt Motor und Reifen. Das dürfte bei mir glücklicherweise nicht passiert sein, warum auch immer. Oder das ausgetretene Öl fiel lange Zeit gar nicht auf, weil der Motor durch die Vergaserprobleme sowieso fürchterlich dreckig war.

**** ENDE DER ERGÄNZUNG ****

Glücklicherweise ist mein Sprit-Management inzwischen sehr ausgereift und wird noch dazu unterstützt durch die Kenntnis der Tankstellen. Es gibt eine in Bovec und eine in Kobarid, beide sind groß und geöffnet. Wenn ich in Bovec tanke, müsste ich sogar bis Klagenfurt und weiter kommen.

Ich fahre mit etwas mulmigem Gefühl weiter und erinnere mich an die Alaska-Methode, die mir schon einige Male weitergeholfen hat. Und an das mulmige Gefühl, dass mit dem Motor was nicht in Ordnung ist, habe ich mich schon gewöhnt. Auf den langen Geraden, wenn man nichts zu tun hat, kommen die seltsamsten Gedanken, wahrscheinlich ausgelöst durch die doch massiven Vibrationen. Oder sie werden durch diese so durcheinander gerüttelt, dass so was dabei herauskommt:

Das biomorphe Verbindungsmodell von Fahrer und Maschine
Aus der qualitativen Motivforschung wissen wir, dass der Mensch technische Gegenstände gerne nach einem biomorphen Modell entwirft. Ich habe im ersten Vespa-Buch schon darüber geschrieben. Das biomorphe Modell bedeutet: nach menschlichem Vorbild. Deswegen haben Autos zwei Scheinwerfer und nicht drei, weil der Mensch zwei Augen hat.
Wenn ich mir jetzt die Geschichte meiner Pannen und die meines Körpers ansehe, dann ergeben sich interessante Verbindungen. Am Tag vor meinem Reifenplatzer hatte ich starke Schmerzen im linken Fuß. Sie kamen unerwartet und hatten keinen ersichtlichen Auslöser, so wie das plötzliche Ende des Reifens absolut unerwartet kam. Der linke Fuß entspricht also dem Hinterrad, denn laut biomorphem Modell sind die Füße die Räder.
Aber wie ist das dann mit dem kaputten Vergaser? Im Nachhinein betrachtet weiß ich, dass die Probleme schon früh während der Fahrt begannen, eigentlich parallel zu meinem fehlenden Hunger in der Früh. Es ist also der Magen, der das Äquivalent zum Vergaser ist. Im Magen werden die verschiedenen Nahrungsmittel zur Verbrennung gemischt und dann weitergeleitet und genau so passiert es im Vergaser.
Ob es möglich ist, herannahende Pannen bei der Vespa am eigenen Körper quasi vorauszusehen? So weit würde ich in meiner Analyse nicht gehen, wenngleich der Gedanke natürlich seinen Reiz hat. Und entstanden ist er, wie schon gesagt, aus zahllosen Vibrationen.

Die Vespa zieht trotz des Kreischens beim Einkuppeln gut und ich ziehe durch das Soca-Tal.

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Bild: Die Soca, die in Italien dann Isonzo heißt

Dann geht es hinauf zum Predil-Pass, auf dieser Seite ist er noch steiler und die Straße ist sehr eng.

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Bild: Auffahrt zum Predil-Pass

Ich schone die Vespa und fahre teilweise im zweiten Gang recht gemütlich hinauf. Jetzt so kurz vor der Heimat möchte ich nichts risikieren.
Dann ist die Passhöhe erreicht, aber auf einmal funktioniert der Tachometer nicht mehr. Die Nadel rührt sich nicht und jetzt wird mir klar, dass das Vibrieren der Nadel den Schaden schon seit einiger Zeit angekündigt hat. Ich kann leider nicht feststellen, ob die Welle kaputt ist oder der Tacho, tippe aber auf den Tacho und weiß, dass ich das sowieso jetzt nicht reparieren kann.

Es ärgert mich aber, denn ich führe ein genaues Fahrtenbuch und das wird jetzt bis Wien eine große Lücke aufweisen. Bei der Weiterfahrt fällt mir auf, wie oft ich sonst auf den Tacho schaue, auch um die Geschwindigkeit zu kontrollieren. Und natürlich muss ich mein Spritmanagement komplett umstellen. Ich kann jetzt mehr oder weniger nur mehr warten, bis der Benzinhahn auf Reserve springt (Bei der Vespa stirbt einfach der Motor ab. Dann greift man hinunter und stellt den Benzinhahn auf Reserve. Wenn man noch viel Schwung hat, geht sich das während der Fahrt aus. Sonst heißt es stehenbleiben, die Vespa auf den Ständer heben und neu starten.).
Da ich ja meinen Reservekanister mit habe, kann nichts passieren.

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Bild: der Predil-Pass mit Kriegsdenkmälern aus der Monarchie

Ich fahre weiter, vorbei an geschichtsträchtigen Monumenten und später an dem Haus mit der netten Dame und den kläffenden Hunden und erreiche Tarvis.
Zwei Mal habe ich die Karte studiert und bin dann erst recht falsch gefahren. Das blöde italienische Straßenhinweissystem sollte mich noch ein letztes Mal erwischen. Auf einmal war ich auf der Autobahn und ärgerte mich fürchterlich, denn ich hatte keine Ahnung, in welche Richtung ich aufgefahren war. Vielleicht war ich ja Richtung Udine unterwegs, das wäre besonders blöd, denn dann gäbe es für viele Kilometer keine Abfahrt und somit keine Möglichkeit umzudrehen.
Nach einigen mulmigen Kilometern voller Ärger kam ich an die österr. Grenze und wusste, dass ich wenigstens in die richtige Richtung fuhr. Also Gas geben und durchziehen in der Hoffnung, keine Kontrolle zu haben. Dann die erlösende Ausfahrt in Arnoldstein. Auf einmal ändert sich alles. Die Bundesstraßen sind wieder breit und angenehm ruhig zu fahren, die Heimat hat mich wieder.

Ich fahre wieder ins schöne Rosental und bleibe in Finkenstein bei einem Supermarkt stehen, um mir ein paar Wurstsemmeln zu kaufen.

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Bild: die erste Wurstsemmel seit längerem

Das ist quasi das Symbol für meinen Magen: Du bist wieder daheim! Oder zumindest in Kärnten, wo der ÖAMTC flink zur Stelle ist und ich jede Menge Leute kenne, bei denen ich übernachten kann, wenn es notwendig ist.

Es passiert aber nichts und ich erreiche um 14:55 Klagenfurt, wo mich Rudi schon erwartet. Ich habe es mit nur zwei Pannen geschafft, wobei beide die Weiterfahrt nicht behindert haben. Man könnte nun spitzfindig sein und sagen, eine Panne ist nur eine Panne, wenn man mit dem Fahrzeug nicht weiterfahren kann, aber ich sehe das anders. Mit einem kaputten Tacho oder einem ausgefallenen Licht kann ich auch noch weiterfahren, aber das Fahrzeug ist nicht mehr wirklich verkehrstauglich. Ein Pickerl (bundesdeutsch: TÜV-Prüfplakette) würde ich so nicht mehr bekommen. Ich bezeichne es auch als Panne, wenn die Weiterfahrt entsprechend eingeschränkt ist, etwa weil sich ein Schaden ankündigt und es eher Zufall ist, wie viele Kilometer man noch kommt. Was aber am Schluss zählt, ist die Frage, ob man es auf eigenen Rädern bis nach Hause schafft oder nicht.

Ich bin auf jeden Fall froh, es bis Klagenfurt geschafft zu haben. Jetzt fehlt nur mehr ein Tag bis Wien, das müsste zu schaffen sein.

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Bild: Die Sprint hat durchgehalten und das Handtuch hat meinem Hintern die lange Fahrt erst möglich gemacht

Rom mit einer 39 Jahre alten Vespa – Tag 9

Ein traumhafter Morgen in Urbino, es ist warm, aber nicht mehr drückend heiß. Das Frühstück kann mich nach wie vor nicht locken, aber eine Kleinigkeit geht schon. Außerdem habe ich immer noch zwei Äpfel von gestern, das würde bis heute Abend reichen.
Ich hole die Vespa aus der Garage und packe fertig. 07:55 ist eine perfekte Zeit um aufzubrechen. Es geht ständig bergab und die Sprint zieht wunderbar. Nur Pesaro fängt mich ein. Die Kerle haben in die andere Richtung die Abzweigung zur Umfahrungsstraße nicht ausgeschildert und so muss ich mich durch den Ortskern quälen.
Dann aber geht es gut dahin und ich beschließe, auch heute auf die Polizei zu pfeifen. Meine Fahrweise hat sich ohnehin der italienischen schon ein wenig angenähert und so ziehe ich in gerader Linie die S 16 und dann die S 309 durch. Die Verbotsschilder kümmern mich einen Dreck, ich fahre einfach. Wenn sie mich aufhalten, habe ich Pech gehabt.
Es passiert aber nichts und ich komme ziemlich gut voran. Das bedeutet nicht, dass die Fahrt ein Genuss wird, dafür sorgt schon mein Nacken, der sich brav eine halbe Stunde nach Fahrtantritt mit heftigen Schmerzen meldet. Sie verlangen Aufmerksamkeit, gehen nicht weg und die Dehnungs- und Entspannungsübungen während der Fahrt und bei den kurzen Pausen helfen nicht mehr. Sie haben eigentlich nie wirklich geholfen, aber irgendwas muss ich ja tun.

Wenigstens läuft die Vespa und ich hoffe natürlich, dass sich das bis Wien nicht ändert. Ich hätte statistisch gesehen ja schon mehr als genug Pannen gehabt, eigentlich könnte die Rückfahrt ja pannenfrei sein. Auch wenn mir das leider sehr unwahrscheinlich erscheint, aber vielleicht sind ja alle Schwachstellen schon zutage getreten und nur mehr der stabile Rest übrig, und der müsste durchhalten.
Ich muss ja auch durchhalten, wenngleich das nicht immer leicht ist. Vor und nach Ravenna kommen die elendslangen Geraden und heute habe ich sehr viele LKW vor und hinter mir. Irgendwie sind aber die Autofahrer heute entspannter als bei der Hinfahrt und ich habe wenig unangenehme Szenen zu verbuchen.

Mein Tagesziel Cavallino rückt näher und ich freue mich schon auf Helga und Sigi und diesen so freundlichen Ort mit den kläffenden Hunden und der angenehmen Ruhe. Bis auf ein paar Pausen zum Tanken und Wasser trinken fahre ich durch bis Venedig. Dort funktioniert die Orientierung wieder einmal überhaupt nicht. Ständig versuchen alle Schilder mich auf die Autobahn zu leiten. Ich verfahre mich und bin plötzlich auf der Verbindung von Mestre nach Venedig. Ich möchte mir gerne Venedig ansehen, das hätte ich schon bei der Hinfahrt gerne gemacht, aber nicht so. Ich kann die Vespa dort nicht stehen lassen und muss daher wieder umdrehen. Außerdem bin ich sauer und mein Nacken tut so weh, dass diese Kilometer Umweg keinen Spaß machen, vor allem nicht auf dieser komischen Straße, die gerade umgebaut wird und auf der es keinen Pannenstreifen gibt. Gleich daneben ist die Lagune und die stinkt ziemlich bestialisch.

Mir reicht es und ich nütze eine Lücke in der Betonwand, um sagenhaft unerlaubt umzudrehen. Dann ziehe ich durch bis Cavallino und schaffe es bis 13:55 Uhr. Ich bin zwar fix und foxi, aber nach einer Stunde kann ich mich aufraffen und beschließe Venedig zu besuchen.

Ich war noch nie in Venedig und Helga meint, ich solle auf jeden Fall etwa zwei Stunden einplanen. Mit dem Bus käme ich nach Punta Sabione und von dort mit der Fähre direkt in die Altstadt von Venedig.
Das ist ein guter Plan und ich fühle mich fit genug für eine heiße Tour in die Lagunenstadt.
Die Fähre kostet sportliche 14 Euro hin und zurück und es gibt ein ziemliches Chaos am Ticketschalter. Die Dame dahinter ist ein wenig überfordert, weil sie hinter einer dicken Panzerglasscheibe sitzt und über einen Lautsprecher mit den Kunden quäkt. Das sind meist Menschen, die nicht Italienisch sprechen, wobei selbst Italiener mit der verzerrten und leisen Elektronikstimme so ihre Probleme hatten. Daher versuchten die Venedigaspiranten am Lautsprecher vorbei zu kommunizieren, was jedoch auch entsprechend schwierig und nutzlos war.
So versäumte ich die erste Fähre, aber schließlich geht ja alle dreißig Minuten eine und ich kaufte mir ein Sandwich plus eine Flasche Wasser.

Die Fähre selbst ist voll und fährt pünktlich ab. Nach zwei Zwischenstopps erreichen wir Venedig und ich bin schon gespannt, wie es denn so ist in dieser legendären Stadt, die ich bisher nur einmal für wenige Minuten betreten konnte. Auf einer Romreise vor mehr als zwanzig Jahren lief ich schnell zu einer Brücke und wieder zurück zum Zug, der damals noch bis nach Venedig hinein fuhr und dort Station hatte.
Das war alles, aber diesmal wollte ich mehr sehen.
Dazu musste ich mich erst durch Touristenhorden schlängeln. Nicht dass ich selbst keiner wäre, sogar mit Sandalen und Fotoapparat, fast schon klassisch. Ich schlage mich gleich rechts in die Büsche (also eher in die Gassen) und lasse mich ein wenig treiben. Ich hatte mir Venedig nicht so groß vorgestellt. Ansonsten ist es ein riesiges Freilichtmuseum mit Realbetrieb und im Prinzip so wie ich es erwartet habe. Nur ein Motorbootrennen mit einer Schießerei und in der Mitte durchgefahrenen Gondeln fehlte. Wäre Venedig in USA, so hätten die das als Attraktion schon eingebaut, jeden Tag um 10 und noch einmal um 17 Uhr.
So machte die Stadt einen eher ruhigen Eindruck, wenn auch gefüllt mit tausenden Touristen. Das Erstaunlichste für mich waren die ständig neuen Perspektiven, die hinter jeder Ecke auftauchten.

Selbstverständlich musste ich einen Cappuccino trinken, das gehört einfach dazu. Und ich wollte wissen, ob das wirklich so unglaublich teuer wäre. Also suchte ich mir ein Plätzchen vor einem Café und bestellte. In der Auslagenscheibe gab es typisch venezianische Süssigkeiten zu kaufen, Mandelplätzchen und auch Apfelstrudel, angeblich auf venezianische Art und „typico“. Sie waren wohlfeil mit 2,50 Euro, genauso wie der Kaffee, der auf 3,70 kam, Sitzplatz und WC-Besuch inklusive.

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Bild: Cappuccino in Venedig

Das Ganze fand ein paar Gassen hinter dem Markusplatz statt und ich war durchaus nicht erschüttert. So viel kann man in Wien in der Innenstadt auch an jeder Ecke zahlen.

Ich marschierte weiter und beschloss, den Markusplatz großräumig zu umrunden und mich bis zur Rialto-Brücke durchzuschlagen. Ganz leicht ist das nicht, denn es gibt jede Menge Sackgassen. Venedig ist wie ein riesiger Irrgarten, aber ich hatte eine genaue Karte und außerdem gab es immer wieder Schilder, die den Weg zur Rialto-Brücke und zum Markusplatz anzeigten.

Ich schoss jede Menge Fotos, möchte hier aber nur eine Handvoll bringen, denn Bilder von Venedig haben die meisten schon selbst gemacht und sie unterscheiden sich nicht so stark voneinander.
Auf jeden Fall gibt es diese klassischen Gondoliere und sie haben tatsächlich meist so einen Strohhut auf und ein blau-weiß gestreiftes Shirt. Stau gibt es selbstverständlich auch.

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Bild: Gondoliere mit zahlungskräftigen Gästen aus aller Welt

Dann war ich an der Rialto-Brücke. Von unten sieht man Tourismus pur:

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Bild: Standeln und dahinter die Brücke

Alle Menschen, die auf diese Brücke gehen, fotografieren. Wirklich alle. Da durfte ich keine Ausnahme machen und ließ mich von anderen Touristen auch fotografieren. Also hier bitte, der Schmähführer auf der Rialto-Brücke:

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Bild: Guido in Venedig, klassisch

Geschäfte mit dem berühmten venezianischen Glas, Andenkenläden, jede Menge Ristorante und Kaffeehäuser – Venedig ist durchkommerzialisiert, aber das ist bekannt. Die kleinen Gässchen daneben, in denen Menschen wohnen und die teilweise ein wenig verfallen wirken und es angeblich auch sind, das ist Venedig, diese unglaublich bunte Mischung aus Museum und sterbender Realstadt übt durchaus ihren Reiz aus.

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Bild: Der Nachwuchs, der sich einmal um das sinkende Erbe der Väter wird kümmern müssen

Ich hatte meine eigene kleine Rallye, ich wollte die schmalste Gasse finden. Das ist in Venedig im Prinzip nicht so schwer, es gibt schmale Gassen zuhauf und auch sehr schmale Gassen. Ich fand einpaar richtig schmale, aber immer wenn ich dachte, das wäre es jetzt, fand ich noch eine schmälere. Im folgenden Bild die Siegergasse, die sicher punkto Breite noch unterboten werden kann. Hier konnten sich jedenfalls die Nachbarn von Haus gegenüber problemlos die Hand geben:

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Bild: die schmalste Gasse

So folgte ich den Touristenströmen und ging über die Ponte Academia abermals über den Canale Grande und schließlich zum Markusplatz. Der ist wirklich riesig, vor allem für die sonstige Platznot in Venedig. Es gibt auch die berühmten Cafés, und zwar drei große. Zwei davon sind direkte Nachbarn und jedes hat eine Kapelle. Damit sie sich nicht kannibalisieren spielen sie je ein Stück und dann kommt die andere dran.

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Bild: die beiden Kapellen

Und der Kaffee ist auch (nicht mehr) so teuer wie alle gesagt haben. In Italien gilt ja fast überall die Unterscheidung, ob man den Kaffee im Stehen trinkt oder sich niedersetzt. Im Stehen bekommt man ihn manchmal schon um 80 Cent, plus Sitzplatz kostet er in so einem Fall dann 1,60 oder zwei Euro.
Im August 2012 kostete der Espresso inklusive Niedersetzen 4 Euro. Das ist das Vierfache von irgendwo anders irgendwo in Italien. Aber es ist der Preis vom Markusplatz und wer einmal im Leben dort ist, kann sich das schon gönnen.

Ich hatte meinen schon woanders getrunken und es war langsam an der Zeit, zur Mole zurück zu kehren und Venedig zu verlassen. Ich war auch schon müde und sehr hungrig.
Die Rückfahrt verlief unspektakulär und ich ging Abends wieder in die „La Lanterna“, um erneut eine Pizza zu verdrücken.
Diesmal hatten sie nicht auf Anhieb einen Platz für mich und ich kam auf eine Art Warteliste, die konsequent abgearbeitet wurde. Nach ca. 25 Minuten hatte ich meinen Platz und bestellte meine Standard-Pizza (Cardinale bei uns, Prosciutto in Italien), mit der ich die Qualität sozusagen weltweit vergleichen und einstufen kann.
Kurz und gut, es war die beste Pizza seit sicher zehn Jahren. Daher beschloss ich, mich zu belohnen und bestellte ein Tiramisu. Ich liebe Tiramisu und hatte schon in Rom in der Trattoria und am Vortag in Urbino eines gegessen. Die waren beide okay bis gut, und vor allem individuell gestaltet.
Aber diesmal war es anders. Das Tiramisu war schlichtweg der Hammer. Ich hatte schon ewig kein besseres mehr bekommen, selbst wenn man den Romantikfaktor abzieht.

Sehr zufrieden und mit vollem Bauch marschierte ich durch die warme Nacht nach Hause. Morgen würde ich Österreich wieder sehen, zumindest wenn bis dorthin mit der Vespa alles klappt. Immerhin hatte ich den zweiten pannenfreien Tag hinter mir.