Wieder in Afrika – Tag 12

Ich bin auch ohne Wecker wach, bereits um vier Uhr, genauso wie Philipp und Thomy. Wir haben bereits alles gepackt und ich marschiere ein paar Meter nach vor zum Schranken, wo der Taxifahrer bereits auf uns warten müsste.
Tut er aber nicht – okay, er hat noch fünf Minuten Zeit. Wobei, so genau darf man das mit der Zeit bei den Afrikanern nicht halten, wie ich ohnehin schon öfter berichtet habe. Andererseits halten sie es am Flughafen sehr genau mit der Zeit und weil es ein „International Flight“ ist, müssen wir zwei Stunden vorher dort sein. Da ich über die „Precision Air“ nicht allzu viel Gutes gehört und gelesen habe, möchte ich lieber kein Risiko eingehen, so à la „der Flug ist überbucht und Sie sind leider zu spät hier“.
Es wäre also sehr fein, wenn der Taxifahrer pünktlich wäre, vor allem, weil er es inzwischen ohnehin nicht mehr ist, denn es ist schon 04:40 Uhr und er ist immer noch nicht da.
Die Securities am Schranken bieten mir einen Platz auf ihrer Bank an, was sehr nett ist, mir aber auch nicht weiter hilft. Also rufe ich den Typen an. Es läutet, dann hebt jemand ab und gähnt in den Hörer. Jemand, der offensichtlich gerade tief geschlafen hat.
Mir schwant Übles und ich frage ihn, wo er bleibt. Nach ein wenig Herumgestottere meint er, dass wir doch erst für morgen ausgemacht hätten.
Meine Stimme wird etwas lauter und ich frage ihn, ob er ein klein wenig deppert ist, denn es war sicher nie von morgen die Rede.
All das hilft uns aber jetzt nicht weiter. „Wann kannst du da sein?“ ist die entscheidende Frage, denn das hängt davon ab, von wo er wegfährt.
Er meint, dass er in zwanzig Minuten hier wäre.
Ich weiß nicht, ob ich ihm das glauben kann und bestehe noch darauf, dass er blitzschnell ist und tatsächlich nur zwanzig Minuten braucht.
Die Securities grinsen und meinen, 20 Minuten können auch eine Stunde sein, oder so. Und sie fragen mich, ob ich nicht ein Uber rufen könnte. Da ich nicht einmal wusste, dass es in Nairobi Uber gibt, fällt diese Möglichkeit flach und ich überlege fieberhaft, welche Alternativen wir noch hätten, während Minute um Minute vergeht.
Unser Torwächter in den Lake View Studios meint, er hätte auch noch 2-3 Nummern von Taxlern, aber die würden ebenfalls 20 bis 30 Minuten brauchen um herzukommen. Das hilft mir auch nicht weiter, genauso wenig wie die beruhigenden Worte des Torwächters, dass sich das alles schon noch irgendwie ausgehen würde.
Entspannt ist anders, und das alles zur wohl denkbar schlechtesten Gelegenheit. Ich beschließe mich einfach in das Schicksal zu fügen und zu hoffen, dass der Fahrer tatsächlich bald auftaucht.
Ein Auto biegt unten von der Hauptstraße ab und kommt zu uns herauf. Ich will schon jubeln, da meinen die Securities, dass das leider nicht mein Taxi wäre.
Also weiter warten. Minuten verrinnen. Es ist 05:10 und um 05:30 müssen wir am Flughafen sein. Das geht sich nicht mehr aus.
Plötzlich noch ein Auto – und tatsächlich, das ist unser Fahrer. Ich überlege, wie heftig ich ihn schimpfen soll, damit er einerseits genügend Gas gibt und andererseits nicht zu waghalsig fährt.
Scheinbar treffe ich die richtige Mischung und wir starten los. Glücklicherweise sind die Straßen um diese Zeit komplett frei und wir sind in wenigen Minuten unten am Uhuru Highway, den der Taxler mit 120 nimmt – mitten in der Stadt, wohlgemerkt.
Auch die Schnellstraße zum Flughafen ist relativ unbefahren und der Taxler schlängelt sich zwischen LKW und dem einen oder anderen unbeleuchteten Ochsenkarren durch, alles mit einem gepflegten Hunderter.
Dann kommen wir zum Flughafen und ich sehe eine Art Mautstelle mit 5-7 Schaltern, an denen je eine Kolonne steht. Der Fahrer erklärt uns, dass wir hier aussteigen und durch eine spezielle Kontrolle gehen müssten. Nur der Fahrer darf im Auto bleiben.
Das ist neu und damit habe ich nicht gerechnet, andererseits haben wir bei der Fahrt gut Zeit aufgeholt.
Wir hirschen durch die Kontrolle, steigen wieder ein und fahren zum Check-in. Dann funktioniert glücklicherweise alles weitgehend reibungslos, zumindest für kenianische Verhältnisse. Gezählte sechs Passkontrollen später haben wir es geschafft und sind im Abflugbereich.
Wir haben noch fast zwei Stunden Zeit und investieren die letzten Kenia-Shillinge in ziemlich trinkbaren Kaffee der inzwischen sehr weit verbreiteten Kaffeehauskette „Java“, vergleichbar mit unserem Starbucks, nur afrikanischer. Immer wieder spannend ist die unglaubliche Vielfalt an schrägen Typen, die hier herumsitzen. Vom Käptn Iglo in voller Safarimontur über dicke Mammies mit noch dickeren Kindern bis zu einer großen Menge an Chinesen, die wohl in diesen sterilen Fabriken arbeiten, die wir des öfteren gesehen haben. Man hat das Gefühl alle schrillen Vögel dieser Welt sind am Jomo Kenyatta Airport in Nairobi, und zwar immer dann, wenn wir gerade fliegen.

Tatsächlich fliegen wir mit Kenyan Airways, weil es sich hier um einen Codeshare-Flug handelt, der leider nicht direkt nach Sansibar geht, sondern eine Zwischenlandung am Kilimanjaro-Airport einlegt.
Das stört uns aber nicht, denn jetzt sollte nichts mehr schief gehen und ob wir ein wenig länger brauchen oder nicht, ist egal.

Der Flug verläuft angenehm, Kenyan Airways erweist sich als eine durchaus brauchbare Fluglinie, zumindest bei diesem Linienflug.
Nicht ganz so angenehm ist der Blick auf den Kilimanjaro, denn was ich befürchtet habe, ist Fakt geworden: Kein Eis mehr auf einem der schönsten Berge der Welt.

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Bild: Der Kili ist nahezu eisfrei

Schon vor elf Jahren, als ich das letzte Mal oben war, war die verbliebene Eismenge der wenigen Gletscher bereits enorm geschrumpft, aber jetzt sind nur mehr winzige Reste zu erblicken.
Angesichts dieser Entwicklung der Klimawandel zu leugnen kann wirklich nur mehr Fanatikern einfallen. Nun könnte man ja sagen: wurscht, wozu braucht man einen Gletscher? Leider hat die Entwicklung verheerende Folgen für das Umland des Kili, das von seinen Wasservorräten am Leben gehalten wird: Land- und Forstwirtschaft, genau genommen die wirtschaftliche Existenz von sehr vielen Menschen. Ohne Gletscher wird sich hier alles verändern und zwar ziemlich schnell.
Mir ist klar, dass auch mein CO2-kompensierter Flug zu dieser Entwicklung beiträgt, diskutieren kann man maximal über das „wie viel“. Vielleicht sollte man die CO2-Kompensation einfach auf alle Flugpreise drauf schlagen, bei den Witzpreisen, zu denen man heute überall hin fliegen kann, wäre das absolut angemessen. Ob das wirklich was hilft, kann ich auch nicht sagen, es würde aber zumindest ein Bewusstsein wecken und vielleicht fragen sich dann manche, ob man wirklich für den Einkauf eines Kleides nach New York fliegen muss.

Der Aufenthalt am Kilimanjaro-Airport ist kurz und trotzdem versäume ich die Gelegenheit auf´s WC zu gehen. Als wir zur Startbahn rollen, drückt es schon ordentlich (jaja, der Cappuccino…) und ich rechne mir aus wie lange es dauern wird, bis die Reiseflughöhe erreicht wird und ich mich erleichtern kann.
In der Kenyan Airways sehen sie die Vorschriften allerdings eher locker und das Anschnallzeichen erlischt noch während wir im vollen Steigflug sind. Ich pinkle zwar etwas schief, aber das ist mir egal.

Dann das Meer und kurz danach Sansibar. Wir fliegen mitten über die Stadt und es ist gut zu erkennen, wie unglaublich verhüttelt Sansibar Town ist, von oben sieht man eine wahre Wellblechdach-Orgie.
Der Flughafen ist winzig und wir marschieren vom Flugzeug zur Ankunftshalle, die tatsächlich aus genau einer Halle besteht, mit drei Gepäckbändern und ein paar gelangweilten Securities.
Einer ist sogar so gelangweilt, dass er vergisst von Thomy die 50 Dollar Visumgebühr zu kassieren und so sparen wir gleich zu Beginn wieder etwas Geld. Eigentlich ein netter Empfang, denn man braucht zur Einreise eine gelbe Impfkarte, die ich nicht habe. Aber auch das sehen die hier locker, die Impfkarte von Thomy reicht für uns beide.
Trotz der Nähe zum Meer ist es hier unfassbar heiß, ich schätze so um die 40 Grad. Draußen vor der Halle wartet schon Pandu, unser Fahrer. Vorher marschiere ich aber noch zum Office von Precision Air, um zu fragen, ob wir nicht doch die doppelt gebuchten Flüge zurückerstattet bekommen könnten.
Das Büro ist gut klimatisiert und mir wächst eine Kältefaust ins Gesicht. Die Dame von Precision Air ist sehr nett, kann mir aber auch nicht weiter helfen. Aber sie gibt mir die Telefonnummer eines Kollegen, den ich anrufen soll. Ihm könnte ich meinen Fall schildern und er wäre genau der Richtige.
Wir ziehen von Dannen, ducken uns erfolglos vor der Hitzefaust im Freien und noch einmal vor der Kältefaust der Air Condition in unserem Bus.

Pandu ist ein witziger Typ und wird die nächsten Tage unser Fahrer sein. Sein Automatik-Minibus ist top gepflegt und ich bin mir nur nicht sicher, ob ich die Klimaanlage mag. Einerseits ist es unglaublich heiß, andererseits weiß ich, dass ich Klimaanlagen nicht vertrage. Manchmal hol ich mir eine Verkühlung schon nach wenigen Minuten. Ich kann es Thomy und Philipp aber nicht antun das Abschalten der Klimaanlage zu verlangen.
Wir fahren durch Sansibar Town und bleiben beim Gemüsemarkt stehen, um für die nächsten Tage Obst und Gemüse für unser Frühstück einzukaufen. Pandu fragt uns, was wir gerne essen und kauft das dann frisch ein.

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Bild: Bunte Farben an einem der Gemüse- und Obststände

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Bild: Frischer Thunfisch

Danach fahren wir Richtung Süden und halten nur noch kurz um Geld zu wechseln. Das spielt sich genau so ab, wie man es sich vorstellt. Pandu schleppt uns in eine dunkle Gasse in ein noch dünkleres Geschäft, in dem ein wirklich dunkler Typ sitzt, eine Art Padrone. Bei ihm kann man nicht nur alle möglichen Waren einkaufen, sondern auch Geld wechseln, mehr oder weniger offiziell. Rechnung gibt es keine, aber wir bekommen einen ganz guten Kurs und Pandu wird schon irgendwie mitschneiden.
Es geht weiter und Philipp bekommt das erste Mal feuchte Augen. Egal wohin er schaut – hier fahren überall Unmengen an LML-Rollern herum. Dazu muss man wissen, dass Philipp selbst LML-Händler ist (ihm gehört das Rollerkabinett in der Kreuzgasse in Währing). Sansibar stellt sich als der Traum aller LML-Händler heraus, auf dieser kleinen Insel wurden wahrscheinlich mehr Roller verkauft als in ganz Europa zusammen. Pandu gibt uns später die Info, dass so eine LML hier als Neufahrzeug 1.000 Dollar kostet. Bei uns ist man mit 2.500 Euro dabei, bekommt dafür allerdings Getrenntschmierung und vorne eine Scheibenbremse.

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Bild: Ein paar von einer gefühlten Million LML-Roller

Sansibar ist komplett flach, die größte Erhebung wird ca. 30 Meter hoch sein. Die Insel ist ausgesprochen fruchtbar und wir fahren auf einer sehr gut ausgebauten Straße in den Süden nach Jambiani, einem Küstenort im Südosten, der uns von mehreren Freunden wärmstens empfohlen wurde. Die Fahrt dauert ca. eine Stunde und kostet uns 50 Dollar.
Dafür bekommen wir von Pandu auch jede Menge wertvolle Informationen und haben eine recht entspannte Fahrt, unterbrochen nur durch eine kurze Pause.

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Bild: Wir halten um ein klein wenig Stoffwechsel zu betreiben: Pinkeln im Wald, eine King-Coconut bei einer netten Verkäuferin am Straßenrand.

Schon im Verkehr zeigt sich, dass die Menschen in Sansibar ziemlich relaxed sind, man fährt nicht aggressiv und rast auch nicht wie bei uns. Bis auf einen kleinen Stau im Zentrum der Hauptstadt hält sich der Verkehr auch sehr in Grenzen. Viele grüßen einander und Pandu dürfte mit allen Polizisten der Insel gut befreundet sein.
Jambiani selbst ist ein interessanter Ort, der aus zwei Teilen besteht – die Häuser in der ersten Reihe am Meer gehören Weißen und sind meist sehr schön mit den berühmten Makuti-Dächern (Palmblätter auf Holzdachstuhl, alles sehr luftig), dahinter sieht es nicht sehr schön aus.
Unser Haus ist ein Traum und wir befinden uns schlagartig im Tropenparadies. Davon werde ich morgen noch mehr berichten.

Am Abend stehen wir noch vor dem Problem, wohin wir essen gehen sollen bzw. können. Wir befinden uns bereits in der Nachsaison und viele Restaurants haben geschlossen oder sehr eingeschränkten Betrieb. Wir entscheiden uns für ein Hotel, dessen Restaurant im 1. Stock liegt. Sie haben kaltes Bier und eine reichhaltige Speisekarte. Ich wähle Lobster Thermidor, den ich seit vielen Jahren nicht gegessen habe. Das kostet 22.000 Tansania-Shilling, was umgerechnet 10 Euro sind, das Bier kostet dafür 2 Euro – was für ein Verhältnis!

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Bild: Lobster Thermidor – die Portion ist nicht sehr groß, der Preis auch nicht.

Als wir gegen 22 Uhr nach Hause gehen, ist am Strand bereits Ebbe und wir können gemütlich bis zu unserem Haus wandern. Der erste Eindruck von Sansibar und Jambiani ist ein sehr guter und als Tagesabschluss weht auch noch ein kräftiger Wind, der böse Gedanken und die größte Hitze plus die Moskitos vertreibt (auf Sansibar gibt es sowieso keine Malaria), quasi als Gute-Nacht-Geschenk, das wir gerne annehmen.

Wieder in Afrika – Tag 11

Heute ist ein fotofreier Tag, über den es generell nicht allzu viel zu berichten gibt.

Putzen ist angesagt. Also fahren wir nach dem Frühstück zu Louis, denn der hat einen Kärcher um den Toyota vom Schlamm zu befreien. Innen befindet sich zwar kein Schlamm, dafür ist alles mit einer dicken Staubschicht überzogen. Wir müssen das nass eingepackte Zelt aufstellen, putzen, trocknen und wieder zusammenpacken. Das Gleiche gilt für die gesamte Campingausrüstung und das ist eine Menge Arbeit. Wir wollen das Zeug für die nächsten Safarigäste in ordentlichem Zustand zurück lassen.
Es ist wieder sehr heiß und wir kommen ordentlich ins Schwitzen. Thomy und Philipp kümmern sich um das Zelt und das Geschirr, während ich mit dem Gärtner von Louis zur nächsten Tankstelle fahre um den Toyota voll zu tanken. Dort gibt es blöderweise gerade keinen Diesel, also fahren wir an den Stadtrand zur nächsten, wo wir auch fündig werden. Zusätzlich holen wir Benzin für den Generator, den wir brauchen um den Kärcher betreiben zu können.
Eigentlich ist das alles nicht so kompliziert, dauert in Summe aber doch einen ganzen Tag, denn der Kärcher ist aufgrund des schwachen Wasserdrucks brustschwach und Marion wäscht zuerst die dünnen Sachen und erst später die dicke Safarihose, die viel länger zum Trocknen braucht. Dazwischen gibt es einen Power-Cut und die Waschmaschine tut drei Stunden lang gar nichts.
Das ist insofern nicht tragisch, weil die afrikanische Äquatorsonne auf 1.700 Metern Seehöhe ordentlich anreisst und außerdem noch etwas Wind weht. Der Wäsche kannst du da beim Trocknen zuschauen.
Am Nachmittag kocht uns Marion noch ein fantastisches afrikanisches Essen und enthebt uns somit der Frage, ob wir am Abend noch groß essen gehen müssen. Wir müssen den Toyota noch an Helge abliefern, unserem ehemaligen Mieter in Lake View, der zwar unser Haus nicht mehr gemietet hat, dafür aber noch den Toyota. Er hat die letzten drei Tage einen alten Pajero von Louis bekommen, möchte jetzt aber noch für die restlichen Wochen, bis er nach Deutschland zurück geht, den Toyota haben.
Wir treffen uns mit ihm auf einen netten Drink und tauschen die Autos. Mit dem Toyota sind wir insgesamt 1.300 Kilometer gefahren, ohne eine einzige Panne.
Dann fahren wir mit dem Pajero ins Sarit Center, um im daneben gelegenen Blue Market Philipp die Möglichkeit zu geben Souvenirs einzukaufen.
Außerdem brauchen wir noch Kenia-Shilling um die höhere Quartiermiete bezahlen zu können, denn die nehmen keine Dollar.
Der Blue Market ist eine spannende Sache. Es gab ihn bis ca. 1996 im Stadtzentrum und dort habe ich 1992 meine erste Makonde (ostafrikanische Ebenholz-Schnitzerei) gekauft. Später wurde er dann warm abgetragen, weil Spekulanten den wertvollen Platz mitten in der City haben wollten und auch bekamen. Der Markt ist nach Westlands übersiedelt und befindet sich immer noch dort. Er besteht aus lauter keinen Buden, in denen mehr oder weniger das Gleiche verkauft wird: Seifenstein-Schnitzereien, Drahtspielzeug, mehr oder weniger antike Masken, jede Menge Holztiere, T-Shirts, Stoffe und jede Art von Touristenklumpert, die man sich vorstellen kann.
Ich habe dort viele Jahre lang Makonde eingekauft, heute gibt es aber keine echten Schnitzereien mehr, sondern nur billige Kopien. Lustigerweise hat sich eine der Verkäuferinnen an mich erinnert, was ich nicht erwartet hätte, meine letzte schöne Makonde habe ich vor über zehn Jahren dort gekauft.

Ich schaffe es gerade noch rechtzeitig meine Gepäckkiste fertig zu packen, denn der amerikanische Mieter bei uns im Haus möchte um 17 Uhr wegfahren. Das ist für mich sehr wichtig, denn ich habe mein gesamtes Safarigepäck in einer Kiste und da jedes Mal neue Sachen dazu kommen und andere weg, muss ich eine genaue Liste führen. Wenn ich in ein oder zwei Jahren wieder komme, soll alles sauber und trocken überdauert haben.
Ich freue mich, dass wir ab jetzt nur mehr leichtes Gepäck haben, denn in Sansibar brauchen wir nicht viel mehr als eine Badehose und ein T-Shirt.

Dann ist der Tag auch schon wieder vergangen und wir gehen noch auf ein Gin Tonic oder zwei ins Zen Garden. Das ist ein Luxusrestaurant gleich um´s Eck, wo sich die NGO-High-Society und sonst noch Business-Leute aus aller Welt treffen.
Ich habe mit dem Taxifahrer, der uns vom Flughafen nach Lake View gefahren hat, ausgemacht, dass er uns morgen um 04:30 abholt, weil wir rechtzeitig am Flughafen sein müssen. Die Nacht wird also eher kurz.

Wieder in Afrika – Tag 10

Was, wir müssen schon wieder fahren? Hier könnte ich noch ewig bleiben. Leider geht das nicht und nach einem ordentlichen Frühstück packen wir zusammen, um nach Nairobi zurück zu fahren.
Wir haben uns jetzt mehrere Tage ohne Fleisch ernährt, aber heute gibt es (die letzten) Eier mit Speck. Schließlich haben wir eine lange Fahrt vor uns.
Wir achten penibel darauf nichts und schon gar keinen Müll am Zeltplatz zurück zu lassen.

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Bild: Das letzte Frühstück im Busch – mit allem, was man braucht.

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Bild: Thomy und Philipp nach dem Frühstück. Zeit für den Aufbruch.

Um 08:35 starten wir das letzte Mal aus unserem Galeriewald hinauf auf die Plains, und biegen auf die „Ashnil Road“ ein, die uns zur Keekorok Lodge bringt und dann zum Parkeingang.

Doch dann beschließt die Mara uns noch ein Abschiedsgeschenk zu machen. Ganz plötzlich stehen neben der Straße ein paar Fahrzeuge und wir sehen ein Löwenrudel, das einen Büffel gerissen hat. Das ist ein wirklich schönes Abschiedsgeschenk und es macht sich wieder einmal bezahlt früh genug aufgebrochen zu sein, denn jetzt haben wir noch ein wenig Zeit um die Löwen – darunter zwei prachtvolle Männchen – beobachten zu können.

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Bild: Der Riss ist schon ziemlich abgenagt, aber ein wenig herumkauen können die Löwinnen noch.

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Bild: Das Männchen darf zuerst fressen, nachdem die Löwinnen die anstrengende Arbeit der Jagd erledigt haben.

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Bild: Ein Marabu und ein Geier warten darauf auch einen Rest abzubekommen. Im Hintergrund einer der Baum-Kämpfer und auf der dunklen Anhöhe links im Hintergrund befindet sich die Mara Serena Lodge, eine der drei alten Lodges, die uns immer als gute Orientierungsmarke dient, um bei den vielen Wegen die richtige Richtung einschlagen zu können.

Dann geht es weiter Richtung Parkgrenze. Die Fahrt verläuft problemlos, wir bezahlen die Tage, die wir länger geblieben sind und machen uns wieder auf die Staubduschen gefasst, die wir bekommen werden.
In Narok wird getankt und wir kaufen ein paar Somosas als kleines Mittagessen. Die Fahrt zum Rift Valley verläuft ebenfalls ohne Zwischenfälle, ab Narok ist die Straße wirklich exzellent ausgebaut, nur einmal müssen wir ausweichen, weil ein Tanklastwagen umgestürzt ist und die gesamte Straße blockiert. Anders als in Europa bauen sie hier nur selten Serpentinen, bei den meisten Steigungen geht die Straße einfach gerade den Berg hinauf. In Verbindung mit den technisch oft nicht gerade sicheren Fahrzeugen bedeutet das viele schwere Unfälle, weil Federn oder Stoßdämpfer brechen oder Bremsen verglühen. Es hat sich zwar etwas gebessert, dafür sind viel mehr Autos unterwegs als früher.

Auch das Rift Valley hat sich verändert. Früher gab es hier Gazellen, Zebras und Giraffen, heute stehen chinesische Fabriken herum. Man versucht auch Ackerbau, aber die Dornstrauchsavanne ist dafür nicht geeignet und so fließt zwar enorm viel Entwicklungshilfegeld in verschiedene Projekte, es kommt aber nichts dabei heraus, außer dass die Landschaft kaputt gemacht wird.

Wir fahren die steile und kurvige Straße hinauf in die Uplands, wie immer ist hier enorm viel Verkehr, vor allem die schweren LKW bilden lange Kolonnen, die schwierig zu überholen sind.

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Bild: Die gefährliche Straße hinauf in die Uplands

Irgendwann sind wir oben angekommen und brauchen nur noch den Waiyaki-Way bis nach Lake View fahren. Um 15 Uhr sind wir da und freuen uns, dass die letzte lange Autofahrt zu Ende gegangen ist.
Wir checken wieder in den Lake View Studios ein und müssen erfahren, dass wir nur zwei Zimmer bekommen haben. Das war das letzte Mal auch so, nur standen in einem der zwei Zimmer zwei Betten. Jetzt haben wir in jedem Zimmer ein Doppelbett mit einer Decke. Das geht gar nicht und nach einigem Herumwurschteln bekommen wir dann doch wieder das Zimmer, das wir vor einer Woche hatten. Nur ist es jetzt deutlich teurer, was ich aber erst am nächsten Tag erfahre. Auch das ist Afrika.
Wir hauen uns noch ein üppiges und gar nicht schlechtes Essen bei einem Inder rein, sind dann aber zu müde um noch nach Westlands in eine Bar zu fahren. Morgen ist auch noch ein Tag.

Wieder in Afrika – Tag 9

Auch in dieser Nacht gab es wieder extrem starken Tau, der jedoch durch die ersten Sonnenstrahlen sofort auftrocknet. Als ich gähnend die Fahrertüre vom Toyota öffne, entdecke ich Kacke auf der Motorhaube. Da in der Nacht keine Paviane unterwegs sind, die Kacke aber sehr nach Affenscheiße aussieht, bleibt es ein Rätsel, welches Tier in der Nacht unser Fäkalgast war.
Thomy kocht uns ein ordentliches Power-Frühstück mit geschätzten 100 Eiern, ich koste ihn dafür seinen letzten Nerv mit meiner Toastbrotbraterei. Noch bevor wir fahren taucht plötzlich Salomon auf. Er hat eine alte klapprige Geländewagenkiste, deren Motor er nie abstellt, weil der Starter kaputt ist. Ich bilde mir ein, dass das vor zwei Jahren auch schon war, bin aber nicht allzu erstaunt. So ist Afrika.
Salomon kassiert Länge mal Breite, er ist sicher der bestverdienende Maasai in der Mara, Dank der verrückten Schwarz-Familie. Trotzdem ist uns dieser unglaublich schöne Platz in der Wildnis das Geld wert.

Heute geht es wieder über die Plains zum Talek, wo wir unser Glück bei einer Furt versuchen wollen, die wir gestern schon besichtigt haben. Das mit den Furten ist so eine Sache, denn es bleibt immer ein gewisses Restrisiko, weil der Fluss kein statisches Flussbett hat. Es kann passieren, dass er eine Vertiefung auswäscht, in die man mit dem Auto einfach hineinfällt, weil das Wasser ist braun und somit undurchsichtig. Deswegen sind die meisten Furten auch dort angelegt, wo es felsigen Untergrund gibt und die Gefahr des Ausschwemmens geringer ist. Wir schauen auch meistens darauf, dass bereits Spuren von anderen Fahrzeugen vorhanden sind. Das ist auch keine Garantie, macht die Sache aber einen Deut sicherer.

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Bild: Eine der Furten durch den Talek

Wo es viel Wild zu sehen gibt lässt sich nicht vorhersagen. An diesem Tag sehen wir enorm viele Tiere schon auf unserer Seite des Talek. Wir bleiben einfach stehen, schalten den Motor ab und genießen eine Viertelstunde lang die Szenerie. Rund um uns sind friedlich grasende Tiere, hin und wieder blökt eine Antilope, ansonsten hört man nur den Wind, der durch das Gras pfeift. Das sind genau die Momente, die mich und andere dazu bringen immer wieder hierher zu kommen. Vergleichbares habe ich noch nie woanders erlebt.

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Bild: Eine Maasai-Giraffe. Sie hat handförmige Flecken und sieht anders aus als die Netzgiraffe, die es im Nakuru-Park gibt.

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Bild: Sie gehören zwar nicht zu den „Big Five“, sind aber trotzdem sehr beeindruckende Tiere.

Der Talek ist noch ein wenig gesunken und wir befinden, dass eine gefahrlose Überquerung möglich ist. Auf der anderen Seite verändert sich die Landschaft, die Hügel sehen anders aus und wir sind enttäuscht, dass sich hier wesentlich weniger Wild befindet. Salomon hat uns erzählt, dass es herüben jede Menge Löwen gäbe und natürlich wollen wir welche sehen, vor allem wegen Philipp, der noch nie in seinem Leben einen Löwen gesehen hat.
Wir fahren auf einen langgezogenen Hügel hinauf, auf dem ich selbst auch noch nie war. Auf der anderen Seite kann man die Parkgrenze erblicken und dahinter quasi die Zivilisation. Glasscheiben und Wellblechdächer blinken im Sonnenlicht und der Unterschied zum Park ist auf den ersten Blick klar zu erkennen. Gäbe es die Nationalparks nicht, wären bereits alle Wildtiere aus Afrika verschwunden.
Auf einem Ast eines großen Baumes sehen wir die Reste einer Antilope – eine typische Leopardenbeute. Den Leopard selbst bekommen wir nicht zu Gesicht, dieses Glück hat man leider extrem selten.
Dann kommen sie uns entgegen – Mr. und Mrs. Großwildjäger. Sie sitzen in einem umgebauten Landrover und lassen sich von einem Fahrer durch die Gegend kutschieren. Sie sitzen jeder in einer Art Sofa, das in Summe den gesamten Fahrgastraum einnimmt, ein Art Landaulet, mit einem Baldachin darüber, während der Fahrer im Freien sitzt.
Wir sind so baff, dass wir vergessen sie zu fotografieren. Ich habe so etwas in 33 Jahren Gamedrive hier in der Mara noch nie gesehen. Leider konnte ich auch den Namen der Lodge nicht lesen, von der sie kamen. Wir fragen den Fahrer nach Löwen, aber er hat auch noch keine gesehen.
Also fahren wir weiter durch die Savanne Richtung Governors Camp. Alles ist wie ausgestorben, aber wir haben ja auch schon wieder Mittag und es ist sehr heiß.
Wir rasten unter einem der riesigen Solo-Bäume, die hier herumstehen. Sie faszinieren mich schon seit Anbeginn, denn Bäume sind genau genommen soziale Wesen, denen es alleine nicht gut geht. Trotzdem gibt es hier einige Kämpfer, die sich gegen alle Unbilden zur Wehr setzen: Elefanten, Giraffen, Wind und Wetter und noch einiges mehr.

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Bild: Einer der Kämpfer

Exkurs: Die Solo-Bäume, Kämpfer in der Savanne
Hin und wieder gibt einer dieser Kämpfer auf und beendet sein Leben. Dann steht er meist noch eine Zeit als kahles Gerippe herum, bevor er umfällt. Danach liegt er noch etliche Jahre als alter Baumstamm herum bis er vermodert. Diese Bäume sind immer aus hartem Holz geschnitzt und haben meine vollste Bewunderung.
Unter so einem Riesen machen wir jetzt eine kleine Pause. Ein Teil von ihm wurde vom Blitz getroffen und ist abgestorben, er ist aber immer noch sehr beeindruckend und bietet einer Vielzahl von Lebewesen eine Behausung: Bienen, diverse Vögel und eine Unzahl an Insekten. Dazu spendet er Schatten und unter seinem Dach wachsen noch ein paar andere Pflanzen.
Seit ich die Mara besuche nimmt die Anzahl dieser Solo-Bäume nicht mehr zu und ich frage mich, wie es sein wird, wenn der letzte dieser Kämpfer gestorben ist. Es gibt keinen Nachwuchs. Sind die Solo-Bäume die Reste eines Waldes? Die Savanne ist hier seit Jahrtausenden so wie sie jetzt ist, da gab es keine dichten Wälder. Wie also funktioniert das mit den Kämpfern? Vielleicht werde ich es einmal herausfinden.

Wir treffen zwei Landrover und fragen nach Löwen. Diesmal haben wir Glück, denn sie haben zwei Gruppen gesehen: eine kleine mitten in der Savanne ein paar hundert Meter entfernt und ein paar andere Löwen, die einen Büffel gerissen haben. Wir lassen uns den Weg dorthin beschreiben und geben Gas.
Die erste Gruppe finden wir tatsächlich und sind verwundert, wie die Fahrer sie finden konnten. Löwen liegen meist zu Mittag im Schatten eines Baumes oder unter Büschen. Diese Gruppe von Löwinnen liegt jedoch völlig frei in der Savanne, es sind fünf Stück, zwei davon in einer kleinen Kuhle mit niedrigen Büschen.

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Bild: Mitten im Grasland – die erste Löwin

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Bild: Sie lassen sich von uns sicher nicht stören.

Wie üblich lassen sie sich von uns nicht stören und wir sind hoch zufrieden, weil wir endlich Löwen für Philipp gefunden haben. Und ich finde es immer noch erstaunlich, dass uns die Fahrer den Tipp gegeben haben. Sie haben nichts davon – ganz im Gegenteil, wir sind auf eigene Faust unterwegs und sie verdienen dadurch nichts an uns. Trotzdem waren alle Fahrer in diesen vier Tagen Mara äußerst hilfsbereit.

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Bild: Eine friedliche Szene mit einem gefährlichen Raubtier – oder einem Schmusekätzchen, ganz wie man will.

Nach einiger Zeit fahren wir weiter um das Löwenrudel mit dem gerissenenen Büffel zu finden. Die Beschreibung war gut und schien präzise zu sein, trotzdem scheitern wir grandios. Wir drehen mehrere Schleifen über die Plains hinunter bis zum Fluss, finden aber keine Löwen. Das ist ärgerlich, denn sie können nicht weit weg sein. Wir suchen weiter, aber irgendwann wird es fad und wir geben auf. Nach einem kurzen Besuch bei der Mara und einem der Hippo-Pools fahren wir zurück zur Furt, um wieder auf unsere Seite des Talek zu kommen.

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Bild: Philipp an der Mara mit Hippos.

Die Bilanz ist trotzdem gut, denn wir haben die ersehnten Löwen gefunden. Am Weg zurück bleibt noch ein Fahrer stehen und erzählt uns, dass ein wenig weiter ein Gepard mit einem Riss zu sehen wäre. Wir starten durch und tatsächlich sehen wir bald zwei Landrover stehen, was ein eindeutiges Zeichen ist, dass es hier etwas zu sehen gibt.
So kommt Philipp an einem Tag nicht nur zu seinem Löwen, sondern darf auch noch sehen, wie ein Gepard mit seiner frisch gerissenenen Thompson-Gazelle (Wer sich daran erinnert: das Foto am ersten Tag…) umgeht.

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Bild: Gepard mit gerissener Thompsongazelle beim Fressen. Im Hintergrund die ersten Geier.

Geparde haben ein Problem: Sie sind extrem schnelle und gute Jäger, aber sie sind nicht sehr schwer und nicht sehr stark. Das wissen auch andere Fleischfresser und versuchen daher jedem Gepard seine Beute möglichst schnell abzujagen. Auch der Gepard weiß das und hat gelernt möglichst viel Fleisch in möglichst kurzer Zeit hinunterzuschlingen. Das ist deswegen schwierig, weil er nach der anstrengenden Sprint-Jagd völlig fix und fertig ist. Er hat aber nie viel Zeit, weil hoch oben in der Luft gibt es immer einen Geier, der die Jagd beobachtet hat. Er beginnt sofort mit dem Sinkflug, was andere Geier aufmerksam macht. Wenn die dann angeflogen kommen und über der Beute kreisen, sehen das andere Jäger wie Hyänen oder Schakale und machen sich sofort auf den Weg.
Genauso ist es auch jetzt und wir können die gesamte Abfolge erste Reihe fußfrei beobachten. Die Fahrer der Minibusse und Geländeautos haben die strikte Anweisung nicht so nahe an einen Gepard heran zu fahren, dass sie ihn stören könnten. Die Touristen wollen aber möglichst nahe heran und winken mit fetten Trinkgeldern. Also sind die Fahrer im Stress, weil sie sich entscheiden müssen.
Die Fahrer der beiden Fahrzeuge fahren nicht zu nahe heran, auch weitere, sehr schnell eintreffende Autos halten Abstand. Dafür zückt einer ein großes Teleobjektiv. Der nächste ein noch größeres und wieder ein anderer holt ein wahres Monster an Tele heraus. Wir halten mit unseren Kompaktkameras dagegen und punkten mit wesentlich coolerem Gehabe.
Die Japaner sind die ärgsten. Manchmal ist das Teleobjektiv größer als sein Besitzer, das sieht sehr lustig aus.

Als die ersten beiden Hyänen eintreffen, räumt der Gepard freiwillig das Feld. Sofort streiten sich die zwei Hyänen um die Gazelle und reißen sie in zwei Teile. Eine Hyäne ist der anderen ihren Teil neidig und versucht ihn ihr abzujagen. Dabei vergisst sie auf die andere Hälfte, die in der Sekunde von den Geiern zerlegt wird. Es ist faszinierend wie schnell das geht, nach geschätzten zwei Minuten (maximal!) sind nur mehr ein paar ärmliche Knochenreste übrig, die von zwei Schakalen beansprucht werden, die sich mutig der Schar der Geier entgegenstellen.

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Bild: Mehr Geier sind da und breiten ihre Flügel aus – ich habe aber keine Ahnung warum.

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Bild: Der Gepard räumt das Feld.

Dann ist es ganz plötzlich vorbei. Der Gepard ist schon ein ganzes Stück weggetrottet und sucht sich jetzt einen schattigen Platz um zu verdauen. Die Geier streiten sich um die letzen Fleischfetzen und die Hyänen um ihr Beutestück.

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Bild: Die Hyäne hat einen Großteil der Gazelle erwischt und versucht nun abzuhauen und ihre Beute in Sicherheit zu bringen.

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Bild: Ein Schakal versucht einer Hyäne etwas abzuluchsen.

Wir fahren zurück zu unserem Camp, glücklich über dieses seltene Ereignis. Ich fabriziere wieder einen Fruchtsalat und auch ein gut gekühltes Bier darf durch unsere Kehlen wandern.
Dabei entdecke ich, dass eine unserer Bananen aufgegessen wurde. Fein säuberlich wurde ein Stück herausgenagt und wir rätseln, wer das getan haben könnte. Eine Maus, die sich im Toyota eingenistet hat? Diese Erkenntnis habe ich allerdings erst am dritten Tag, denn bei der ersten Banane dachte ich noch, dass ich eine kaputte gekauft hätte. Am nächsten Tag war dann klar, dass wir einen uneingeladenen Gast haben. (Wir haben nie herausgefunden wer oder was das war, auch bei der gründlichen Innenreinigung des Toyota fanden wir keine Spuren.)

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Bild: Die ausgenagte Banane

Der Rest des Nachmittags besteht aus Ausruhen und Nichtstun. Am Abend gibt es Bohnen und Salat und wir erwarten eine nächtliche Blähungsorgie (die dann nicht stattfindet).
Am folgenden Bild sieht man unseren (bzw. meinen) Waschplatz. Ein paar Meter vom Zeltplatz entfernt gibt es einen kleinen Teich unter einem umgestürzten Baumstamm. Man nimmt einen Kübel und holt sich frisches, klares Wasser aus dem Teich und leert es sich über den Kopf. Danach einseifen, noch ein paar Kübel und schon ist man erfrischt und sauber. Kein Mensch braucht hier ein Haus mit Dusche, oder besser gesagt: Ich brauche das nicht. Thomy und Philipp bevorzugen die Dusche vom Toyota, dessen Wassertank genügend Vorrat hat und zwar bis zum letzten Tag.

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Bild: Unser Waschplatz

Heute ist Vollmond und es gibt nur ganz wenige Wolken, die sich auch langsam auflösen. Dies wird eine ganz spezielle Nacht und als die anderen schon schlafen gegangen sind, nehme ich mir einen Sessel und marschiere hundert Meter in die Savanne. Dort setze ich mich einfach hin und genieße die afrikanische Nacht im Busch. Es gibt eine Unzahl an Geräuschen, viele kenne ich, andere sind mir vollkommen rätselhaft. Die Szene ist in helles silbernes Mondlicht getaucht – so hell, dass man problemlos ein Buch lesen könnte. Hin und wieder zieht ein kleiner Wolkenfetzen vor dem Mond vorbei, aber sonst ist es fast schon magisch. Ich sitze einfach da und genieße diese Augenblicke, die ich in dieser Intensität auch in den vergangenen dreißig Jahren nicht oder zumindest nicht oft hatte. Das ist jetzt Afrika pur, genau hier entstand die Menschheit und hat vor hunderttausenden von Jahren den gleichen Vollmond beobachtet. Die Landschaft sah auch damals genau gleich aus und auch die Geräusche waren die gleichen, wenngleich es seinerzeit sicher noch mehr Wildtiere gab.
Diese Momente sind alle Strapazen wert und mit Geld nicht bezahlbar. Ich bin dankbar, dass ich das erleben darf und gehe zufrieden zum Zelt, wo der friedlich schnarchende Philipp die afrikanische Nacht um ein weiteres Geräusch bereichert.

Wieder in Afrika – Tag 8

Da es um 06:30 hell wird stehe ich ca. um 7 Uhr auf. Länger schlafen geht irgendwie nicht, weil wir ja schon gegen 22 Uhr schlafen gehen. Die Nacht war okay, nur gab es bereits am Abend sehr viel Tau, was in der Früh auch ohne Regen zu einem waschelnassen Zelt führt, glücklicherweise nur außen.

Nach einem guten Frühstück beschließen wir eine Tour über die Plains zu machen, mit einem Besuch an der Mara. Zuvor müssen wir uns noch beim Verlassen unseres Zeltplatzes unsichtbar machen. Das geht so:
Wir fahren durch die Büsche bis zum Rand des Galeriewaldes und checken, ob irgendwo ein Auto zu sehen ist. Da wir antizyklisch fahren, ist das meist nicht der Fall. (Die Minibusse und Landrover der diversen Camps und Logdes sind schon zeitig in der Früh beim Early Morning Game Drive. Der findet tatsächlich kurz nach Sonnenaufgang statt und dauert ca. bis 9 Uhr. Dann fahren die alle zurück und bekommen ein gutes Frühstück. Wir starten etwa um 9 nach einem guten Frühstück. Der Nachteil besteht darin, dass wir weniger Tiere sehen, wobei sich die meisten zwischen 9 und 10 Uhr noch nicht vor der Sonne in die Wäldchen zurück gezogen haben.)

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Bild: Zu den schönsten Antilopen gehören die Ellipsen-Wasserböcke

Wir fahren zur Mara, die immer wieder beeindruckend ist. Dort gibt es fast überall Hippo-Pools und man kann diese urzeitlichen Tiere dabei beobachten, wie sie im Wasser herumdösen. Hin und wieder tauchen sie ab und wieder auf, schnaufen und grunzen und verschwinden wieder unter Wasser. Dazu muss man wissen, dass Hippos nicht schwimmen können. Bei Hochwasser müssen sie aus dem Fluss um nicht zu ersaufen. Dann sind sie sehr unentspannt, weil sie das Wasser zur Kühlung ihrer empfindlichen Haut brauchen und außerdem Raubtierangriffen ausgeliefert sind. So einem unentspannten Hippo begegnet man besser nicht zu Fuß.

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Bild: Die Mara, das ist der Fluss, durch den die großen Herden der Migration zwei Mal im Jahr durch müssen. Viele tausend Gnus und Zebras gehen dabei zugrunde und es ist ein Fest für die Krokodile

Diese Gnus und Zebras ziehen eine Achterschleife durch die Savanne. Ihre Zahl beträgt bis zu einer Million Tiere und wer einmal im Leben die Migration gesehen hat, vergisst das nicht. Hier in der Mara sind sie übrigens im August und September. Jetzt gibt es nur relativ wenige Gnus und Zebras, immer aber genügend für ein gutes Foto.

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Bild: Gnus und Zebras

In der Nacht war übrigens ein Hippo bei unserem Zeltplatz. Ich bin aufgewacht und habe gehört, wie es Gras abrupft. Es war so nahe, dass der Trittschall gut zu spüren war. Ich habe das schon oft erlebt, aber es ist immer wieder spannend, denn ich weiß nicht, was geschieht, wenn es z.B. über die Zeltschnüre stolpert. Das ist aber noch nie passiert und ich glaube, dass sie sehr genau wissen, dass wir da im Zelt sind und einfach das Territorium respektieren. Elefanten tun das übrigens auch.
Nach einiger Zeit hat es sich wieder getrollt und ich bin eingeschlafen.

Ich bin immer wieder neu von unserem Toyota begeistert. Er hat diesmal die Mud-Terrain Reifen drauf und die sind so gut, dass wir sogar bei Schlammlöchern und kleinen Furten nicht einmal den Allrad zuschalten müssen. Es ist höchst angenehm sich über das Auto keine Gedanken machen zu müssen.

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Bild: Der Toyota ist ein verlässlicher Begleiter

Danach fahren wir auf den Lookout-Hill, von dem man tatsächlich einen sehr guten Blick über einen großen Teil der Mara hat. Diese unglaubliche Weite fasziniert mich jedes Mal wieder, dazu die landschaftliche Struktur – es ist für mich der schönste Nationalpark Afrikas, ohne Zweifel. Und es ist jedes Mal wie ein Geschenk wenn ich hier sein kann.

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Bild: Der Blick vom Lookout-Hill über die Plains

Weiter geht es über die Meta-Plains, auf denen wir nicht mehr viele Tiere sehen, da es gegen Mittag zu heiß ist. Wir fahren die große Runde weiter und kommen an den Talek. Das ist der zweitgrößte Fluss der Mara und dort hatten wir einige Jahre lang den schönsten Campingplatz im Park. Leider wussten das auch andere und so steht dort seit vielen Jahren – ein Camp! Und nicht weit davon haben sie noch ein neues errichtet. Es ist unglaublich.
An einer Furt bleiben wir stehen und machen eine Mittagsrast. Wir steigen aus und setzen uns unter einen großen, schattigen Baum und riskieren, dass wir dabei entdeckt werden.
Plötzlich tauchen am anderen Ufer drei Buben auf, geschätzte 14 Jahre alt, wahrscheinlich Hirten aus einem der Dörfer, die hier nicht weit weg sind, da die Parkgrenze ein paar Kilometer weiter verläuft.
Für mich ist das eine Szenerie, die mich nachdenklich stimmt. Hier drei reiche weiße Männer, dort drei arme schwarze Buben. Wir schauen einander über den Fluss an, dann macht sich jeder wieder auf den Weg. Ein kurzes Aufeinandertreffen, ohne echten Kontakt, vielleicht ohne Bedeutung, für mich aber von großer Symbolik.

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Bild: Thomy und Philipp am Talek-Fluss. Wir sind mit unserem Outfit die Karrikatur des dortigen Standard-Safaripublikums, das fast immer mit khakifarbenen Safarihosen, khakifarbenen Safarihemden und khakifarbenen Safarischuhen ausgerüstet ist, wahlweise mit Tropenhelm und khakifarbenen Lederhandschuhen.

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Bild: Drei Maasai

Weniger romantisch ist der Dreck, den wir am Rande des Talek-Flusses finden. Es ist glücklicherweise nicht sehr viel, immer aber zu viel. Mir ist es unbegreiflich, wie Menschen ihren Mist einfach in die Natur werfen können, vor allem wenn sie von so atemberaubender Schönheit ist wie hier in der Maasai Mara.

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Bild: Ein weggeworfenes und vom Fluss angespültes Plastiksackerl

Bei der Rückfahrt treffen wir auf eine Herde Büffel. Einer davon mag uns irgendwie nicht und beschließt einen Angriff zu starten. Glücklicherweise habe ich den Motor laufen lassen und kann das Weite suchen, da die Straße gerade eben und ohne Löcher ist. Die Kerle sind sehr kräftig und würden uns zumindest eine fette Delle ins Auto machen. Da wir abhauen, lässt er nach einiger Zeit die Verfolgung sein und kehrt wieder zu seiner Herde zurück.
Spannend ist so etwas deswegen, weil es immer wieder Erdlöcher gibt, die sich mitten am Weg befinden. Nach einem Regen sind sie mit Wasser gefüllt und wer in so eines hinein fährt, riskiert eine kaputte Achse. Meist befindet sich auch irgendwas im Erdloch, sehr beliebt sind diese Löcher bei Warzenschweinen (die kleineren), Hyänen und Büffeln (die größeren).

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Bild: Warzenschweine

Wir kommen auch am Elefantenplatz vorbei. Das war eigentlich derjenige Zeltplatz, an dem wir die längste Zeit waren, bevor sich auch dort ein Camp gebaut haben, nämlich das „Little Naibor Camp“, das Thomy und ich vor zwei Jahren besucht haben. Wenn man über die Plains fährt, dann schauen die Savannenbuchten, die in die Galleriewälder hinein ragen, oft ziemlich gleich aus. Um die richtige zu finden, braucht man eine auffällige Landmarke. Das war in unserem Fall der „Bienenbaum“, den es heute noch gibt. Den konnte man von weiter oben von der Straße aus sehen und wusste: hier geht es hinunter“

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Bild: Der Bienenbaum

Gegen 15 Uhr sind wir wieder am Zeltplatz und ruhen uns aus. Ach ja – bei der Rückkehr zum Platz ist das Spiel mit dem Verstecken etwas komplizierter. Wir bleiben oben auf den Plains stehen und suchen mit einem Feldstecher die Hügel rundherum nach Autos ab. Wenn eines zu sehen ist, bleiben wir einfach stehen und tun so, als würden wir irgend welche Tiere beobachten. Sobald die Luft rein ist, fahren wir flott über die offene Savanne hinunter zu unserer Einfahrt in den Galleriewald und hoffen, dass uns niemand gesehen hat. Das ist fast wie ein altes, liebevoll gepflegtes Ritual.

Ich mache wieder eine große Portion Fruchtsalat, quasi unser verspätetes Mittagessen. Dann setzen wir uns einfach hin und tun das, was die Tiere in der Nachmittagshitze auch tun: ausrasten. Einfach nix tun, vielleicht ein Buch lesen oder in die Gegend starren.

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Bild: Der Blick von unserem Zeltplatz auf den Fluss. Unter dem umgestürzten Baumstamm links im Bild befindet sich unsere Quelle mit klarem, frischem Wasser.

Irgendwann wird es Abend und wir kochen – Süßkartoffeln, Zucchinigemüse und einen Salat. Nicht nur das Obst ist hier besonders schmackhaft, auch das Gemüse ist hervorragend und wir vermissen das Fleisch eigentlich überhaupt nicht.

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Bild: Gekocht wird mit einem zweiflammigen Gaskocher auf einem Klapptisch innen in der Hecktüre des Toyota. Links hängt das Mistsackerl, das wir bis Nairobi mitgenommen haben – also eines von mehreren.

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Bild: Der Salat wird zubereitet – Zwiebel, Paprika, Paradeiser, Avocado, Käsewürfel. Dazu ein gut gekühltes Bier und wir wissen: mehr Komfort braucht echt kein Mensch.