Wieder in Afrika – Tag 7

In der Nacht gab es ein heftiges Gewitter mit starkem Regen – drei bis vier Stunden lang. Da wir in einem der großen Zelte im Camp sind, war das nicht störend. Sollte dies der Beginn der Regenzeit sein, so würde unser Besuch in der Maasai Mara buchstäblich ins Wasser fallen.
Der Morgen ist jedoch sonnig und James meint, dass dies zwar der längste Regen seit langem war, er jedoch nicht mit größeren Regenfällen in den nächsten Tagen rechnet.
Trotzdem beschäftigt uns die Frage weiter, denn von unserer Abschätzung hängt ab, ob wir auf unserem Zeltplatz in der Mara das große Hauszelt aufstellen. Wir beschließen das am Abend spontan zu entscheiden.

Heute haben wir viel Zeit, denn zum Parkeingang sind es nur zehn Minuten Fahrt und wir wollen erst gegen 10:30 dort sein, damit wir am Abreisetag uns nicht hetzen müssen. Der Parkeintritt ist teuer und wenn wir auch nur wenige Minuten zu spät am Gate sind, müssen wir einen ganzen Tag mehr zahlen.
Ich habe daher viel Zeit für eine ausführliche Plauderei mit James und bin sehr neugierig, wie es den Maasai geht.
Er bestätigt meinen Verdacht, dass es viel zu wenige Touristen und viel zu viele Camps gibt. Selbst in der Hochsaison (Juli und August bzw. Dezember und Jänner) sind die wenigsten Lodges und Camps ausgebucht. Man hat einfach viel zu viele gebaut und leider dafür auch die Genehmigungen bekommen. Jetzt gibt es einen Baustopp, aber das nützt nicht viel, weil es ohnehin hinter jedem zweiten Busch schon ein Camp gibt.
Ein Problem sind auch die außerhalb des Parks gebauten Camps. Sie unterliegen nicht der Kontrolle der Parkverwaltung und können daher in großer Zahl und letztlich einfach irgendwo hin gestellt werden. Gegenüber vom Semadep-Camp gibt es sein ein paar Jahren eine riesige chinesische Lodge. Auch hier stellt sich die Frage, ob die gut gebucht ist und ob es das überhaupt braucht.
Dazu kommt noch der generelle Einbruch, den es vor ein paar Jahren aufgrund der Terroranschläge in Nairobi gab. Seitdem reisen mehr Touristen nach Tanzania, das zwar nicht sicherer ist, aber Fakten zählen hier nicht viel. Erschwerend kommt hinzu, dass heuer im Sommer Wahlen sind und die Vorwahlzeit nahezu immer von mehr oder weniger starken Unruhen begleitet wird.

Exkurs: Der Widerspruch der Ökologie
Ich möchte mir allerdings auch nicht vorstellen was passiert, wenn alle Camps ausgelastet wären, denn die Mara ist ein ökologisch höchst sensibles Gebiet und auch nicht groß genug um den Wildtieren ein Ausweichen zu ermöglichen. Schon jetzt sind einige Tierarten stark gefährdet, an erster Stelle der Gepard, der im Gegensatz zu Löwen sehr sensibel auf Störungen reagiert. Zehn Minibusse, die ihn umlagern, sind eine massive Störung.
Von meinem Vater habe ich gehört, dass die Straße in die Mara absichtlich nicht erneuert wird, damit weniger Touristen mit Bussen und generell mit dem Auto anreisen. Die bringen nämlich weniger Geld als die reichen Säcke, die sich mit dem Flugzeug einfliegen lassen. Das Argument ist aus ökologischer Sicht zugleich verständlich und bedenklich, denn Flugzeuge sind auch nicht gerade sehr grün. Kann man „wenige Flugzeuge“ gegen „viele Autos“ aufrechnen? Die einfliegenden Touristen brauchen in der Mara dann auch wieder Fahrzeuge, um auf Game Drive zu fahren.
James erzählt mir, dass das Vertrauen der Maasai in die lokale Regierung und Verwaltung in Narok ziemlich enttäuscht wurde. Vor der Wahl wurde ihnen alles mögliche versprochen und rein gar nichts ist bisher umgesetzt worden.
Wir haben am Vortag eine Handvoll Typen gesehen, die an der Straße etwas vermessen haben. James bestätigt, dass es sich hier um die Vorarbeiten für die neue Straße handelt.
Dazu muss man wissen, dass Straßen bzw. ihr Zustand enorm viel bedeuten. Auf den ersten Blick scheint es den Afrikanern (und Afrikanerinnen) hier in Kenia und auch in den Nachbarländern vollkommen egal zu sein auf welcher Straße sie dahin rumpeln. Sie hocken oft zusammengepfercht in oder auf LKWs, fahren mit klapprigen Rädern oder gehen weite Strecken zu Fuß. Mobilität ist sowieso nicht mit Komfort verbunden und es wird erst dann schwierig, wenn in der Regenzeit eine Straße unbefahrbar wird und die Versorgungsstränge abreissen.
Das stimmt jedoch so nicht, sie lieben genauso wie wir die „Tamark Road“ und sind auch stolz, wenn sie eine solche haben. Für den Tourismus ist es ohnehin entscheidend, ob eine Gegend erschlossen werden kann oder nicht. Das wirft jedoch einen ökologischen Widerspruch auf:
– Nur mit viel Tourismus gibt es genügend Geld um die Umwelt zu erhalten.
– Viel Tourismus zerstört die Umwelt.
Beides stimmt leider, den Ausschlag gibt die Art und Weise, wie mit dem Geld und den Ressourcen generell umgegangen wird. Wenn sich korrupte Politiker alles einstecken, bringt der Tourismus nur Zerstörung und wenn Projekte genehmigt werden, die einigen wenigen Menschen auf Kosten der Umwelt hohen Profit bringen, dann funktioniert es auch nicht. Vor ein paar Jahren war im Gespräch, dass der Fluss Mara gestaut und in riesige Plantagen geleitet werden soll. Das hätte das schnelle und radikale Ende der Maasai Mara bedeutet, weil ihr die Lebensader abgeschnitten worden wäre. Glücklicherweise durfte das Projekt bis jetzt noch nicht umgesetzt werden.

Angeblich soll jetzt bald die Straße kommen. Es gab ja schon einmal ein längeres Stück Asphalt, das ca. 1990 gebaut wurde. Einzelne winzige Reste sind bis heute sichtbar.
James hofft, dass sein Semadep-Camp (das steht für Sekenani Maasai Development) bald im Lonely Planet erwähnt wird, das dazu gehörige Maasai-Dorf steht schon drin. Dort kann man ein paar Nächte in einem mehr oder weniger authentischen Maasai-Dorf leben, wahrscheinlich inklusive der Milliarden Fliegen, die es traditionell immer gibt, wenn irgendwo Maasai leben. Er zeigt mir ein paar Fotos von den Unterkünften, die einigermaßen an den westlichen Standard angepasst wurden.

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Bild: Das Team vom Wajee-Camp, James ist der freundliche, aber unfreundlich drein schauende Herr mit der Kanga (dem Maasai-Tuch)

Wer sich das geben will, hier der Link zum Camp und zum Dorf:
http://semadepmaracamp.com/index.html
http://maasaimaravillage.com/

Das Camp ist derzeit geschlossen, soll aber renoviert im Juli wieder aufsperren. Ich kann es rundherum empfehlen, genauso wie das Camp, in dem wir jetzt sind.
Hier sind die Infos drauf:

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Bild: Das Wajee-Camp

Wir brechen auf und fahren in die Mara. Der Eintritt funktioniert problemlos, da heute das Computersystem mal wieder funktioniert und wir moderne Rechnungen ausgedruckt bekommen.
Gespannt fahren wir los und finden eine sehr grüne Mara vor. Das ist erstaunlich, weil es dieses Jahr eine extrem lange und harte Trockenzeit gab, die auch vielen Rinderherden zum Verhängnis wurde, wie James erzählt hat.
Die Bilder, die mein Bruder im Jänner geschickt hat, zeigten eine vollkommen ausgedörrte Savanne. Jetzt sehen wir aber die grünen Hügel Afrikas, wie sie Hemmingway beschrieben hat. In der Mara sind sie besonders malerisch und wir biegen bald von der Hauptstraße nach links ab, hinauf zur alten und jetzt verlassenen Research-Station und dann weiter hinein in einen Abschnitt, der wenig befahren wird. Es gibt dort auch wenig zu sehen, einerseits weil es zu Mittag generell wenige Tiere zu beobachten gibt, andererseits weil in den Seitentälern Maasai-Cattles grasen. Diese dürfen bei langer Trockenheit in den Park, meist jedoch nur in die Randgebiete. Das ist ein notwendiger Kompromiss, den es schon seit Jahrzehnten gibt und der einigermaßen funktionieren dürfte.

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Bild: Groß, schwarz, stark: Kaffernbüffel

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Bild: Topi-Antilopen, sie sind in der Mara recht zahlreich

Unser Game Drive führt uns quer durch die Mara in den Süden an den Sand River, der auch die Grenze zu Tanzania und der dortigen Serengeti darstellt. Gerne würden wir den Fluß durchqueren und uns drüben die „Kopjes“ ansehen, bizarre Granitblöcke, die frei in der Savanne stehen. Leider führt der Sand River so viel Wasser, dass die Durchquerung nicht möglich ist.

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Bild: Sand River mit Furt

Wir kommen an einem unserer schönsten ehemaligen Zeltplätze vorbei, wo jetzt ein Luxuscamp steht. Dann geht es zur Keekorok-Lodge, die exakt in der Mitte des Parks liegt. Sie ist die älteste Lodge und immer noch sehr beliebt, da man innerhalb des Geländes auf einem Fußweg Wildtiere (v.a. Büffel und Elefanten) beobachten kann. Zu Fuß gehen ist in der Mara generell verboten.

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Bild: Der Blick von der Terrasse der Lodge

Da wir uns am Ende der Saison befinden, ist die Lodge nur mäßig gebucht. Die Preise schwanken je nach Saison von 300 bis 590 Dollar für das Doppelzimmer – Vollpension, aber ohne Game Drives, die mit je 60 Dollar pro Person zu Buche schlagen. Wer also in der Hauptsaison zu zweit hier ist, zahlt 710 Dollar pro Nacht, zwei Game Drives pro Tag sind nämlich ein sinnvolles Minimum. Thomy meint zu Recht, dass die Lodge sicher deutlich billiger ist, wenn man sie in einer Pauschalreise bucht.
Wir setzen uns auf die Terrasse, genehmigen uns einen kalten Drink und legen eine wahre WiFi-Orgie hin, von der ich Philipp und Thomy nur schwer wieder losreissen kann.

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Bild: Die Jungs beim Internet checken

Für mich hat die Lodge eine besondere Bedeutung, weil wir vor allem in den 1980er-Jahren auf ihre Tankstelle, ihre Werkstatt und ihren kleinen Shop angewiesen waren. Damals hatten wir noch keine Camping-Fahrzeuge und mussten das mäßig saubere Wasser von der Lodge holen. Es gab in Narok nur eine Tankstelle und bei der gab es nicht immer Benzin. Wenn wir mehrere Tage in der Mara waren und entsprechend viele Kilometer bei Game Drives abspulten, war die Keekorok oft die letzte Rettung, auch wenn man gut verhandeln musste, um etwas zu bekommen.
Hin und wieder quartierten wir uns dort auch eine Nacht lang ein, wenn uns starker Regen vom Zeltplatz vertrieb. Billig war das schon damals nicht.

Nach dieser späten Mittagspause geht es über die Plains zu unserem Zeltplatz. Dieser liegt gut versteckt in einem Galeriewald an der Biegung eines kleinen Nebenflusses zur Mara. Noch vor einer Woche war mein Vater da, bis auf eine alte Feuerstelle ist davon jedoch nichts zu bemerken und das ist kein Zufall. Wir dürfen hier nur sein unter der Bedingung, dass wir den Platz exakt so hinterlassen wie wir ihn vorgefunden haben. Es darf nicht das kleinste Futzerl Plastik oder sonstiger Müll bleiben, darauf achten wir auch penibel.
Am Weg dorthin, mitten auf den Plains, sehen wir eine Hyäne, die bei unserer Annäherung beschließt ein Bad zu nehmen. Als wir drei Tage später wieder an dieser Stelle vorbei kommen, sitzt sie schon wieder drin.

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Bild: Eine Tüpfelhyäne

Der Fluss führt Hochwasser, weil es in der Nacht stark geregnet hat. Er kommt von den Plains und ist nicht sehr lang, ich schätze 3 Kilometer. Trotzdem sieht er gerade wie ein reißender Fluss aus, obwohl die tatsächliche Steigerung zu dem kleinen Rinnsal, das er normalerweise ist, vielleicht einen Meter beträgt.
Alle Flüsse und Bäche sind hier tief in die Landschaft gegraben, es gibt also jeweils eine Uferböschung mit Einschnitten, die vor allem von Nilpferden als Trampelpfade für ihre nächtlichen Ausflüge verwendet werden.
Ich teile Thomy und Philipp mit, dass ich dann zum Fluss gehe um mir eine kleine Dusche zu verpassen. Davor setzen wir uns aber erst einmal in aller Ruhe hin und beobachten den Fluss und genießen unser Ankommen an diesem paradiesischen Platz.
Ein großer Baumstamm treibt vorbei, das Wasser gurgelt und die zahlreichen Vögel ergänzen das Szenario. Ich habe das Gefühl, dass ich erst jetzt wirklich wieder in Afrika angekommen bin.
Plötzlich bleibt der Baumstamm stehen, dreht um und treibt stromaufwärts.
Hm, seltsam. Das machen Baumstämme nicht. Bei uns nicht und auch nicht in Afrika.
Jetzt gilt es blitzschnell den Fotoapparat zu zücken, denn der Baumstamm ist ein ca. 3,5 Meter langes Krokodil, das uns entdeckt hat und jetzt stromaufwärts flüchtet. Nicht, dass es dafür einen Grund hätte, aber Vorsicht ist Vorsicht.

Wir beobachten, wie sich das riesige Tier (es geht schon noch größer, sie werden bis zu acht Meter lang) ein Stück weiter oben anhält und sich auf die Lauer legt. Man sieht gut die Nüstern und Augen, die beim Krokodil erhöht liegen, damit es genau das tun kann, was es jetzt tut. 100 Millionen Jahre gibt es diese Echsen schon in weitgehend unveränderter Form, eindeutig ein Erfolgsmodell der Evolution.

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Bild: Ein Nilkrokodil, echt nicht weit weg

Ich beschließe doch nicht zum Fluss duschen zu gehen. Wieso gibt es hier Krokodile? Ich habe bei unserem Zeltplatz noch nie eines gesehen. Okay, meist ist der Fluss nur ein Rinnsal und die wirklich großen Krokodile gibt es einen Kilometer flußabwärts in der Mara, aber ich hätte das wissen müssen. Warum hat mir mein Vater das nie gesagt? Wenn mich so ein Krokodil beim Duschen erwischt, bin ich geliefert. (In der Fachsprache heißt das glaube ich „Afrikanische Enterbung“)
Das Krokodil blieb dann ein paar Meter weiter einfach liegen bis in die Nacht hinein. Beim Hinleuchten mit der Taschenlampe konnten wir das Auge in der Dunkelheit leuchten sehen.

Wir bauen das kleine Zelt auf und hoffen, dass es keine größeren Regenfälle gibt. Dann genießen wir den Rest des Tages ohne Eile am Zeltplatz, kochen uns ein gutes Abendessen (es gibt eine Riesenportion Nudelsalat), gekrönt mit einem Sundowner (Kenya Cane mit Fruchtsaft) und freuen uns, es problemlos bis hierher geschafft zu haben.
Die Maasai Mara ist immer noch Spitzenreiter was den Wildbestand betrifft. Hier ein Auszug aus der Liste der Tiere, die wir nur heute schon gesehen haben:
Hippo, Sekretär, Mungos, Impala-Gazellen, Topi-Antilopen, Giraffen, Meerkatzen, Paviane, Thompson-Gazellen, Kongoni-Antilopen, Gnus, Elefanten, Warzenschweine, Büffel, eine Hyäne, ein Krokodil, Strauße, Kronenkraniche und Elen-Antilopen sowie unzählige bunte Vögel.

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Bild: Hippos

Wieder in Afrika – Tag 6

Außer uns hat nur ein Pärchen auf der Makalia Falls Campsite übernachtet. Die dürften gut eingespielt sein, denn bei Sonnenaufgang hatten sie schon gefrühstückt, das Zelt und alles andere eingepackt und sind weggefahren.

Wir gehen es gemütlicher an, die Nacht war sehr laut – schreiende Paviane und jede Menge andere Viecher – kurz vor dem Schlafengehen habe ich noch eine Ginsterkatze gesehen, die nicht weit von uns die Nacht erkundet hat. Ein sehr seltenes Erlebnis.

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Bild: Unser Zeltplatz mit Philipp, der gerade aus dem Duschhaus kommt. Der Game-Ranger Felix holt Wasser.

Wir fahren durch den Park nach Norden, der Gamedrive ist aber sehr unspektakulär und wir sehen mehr oder weniger nichts. In Nakuru decken wir uns mit frischen Lebensmitteln ein, vor allem Bier und Kenya Cane, da es das in Narok (als letzter Ort, wo man etwas einkaufen kann) angeblich nicht gibt.
Die Strecke führt uns jetzt in nördwestlicher Richtung aus Nakuru hinaus und hinauf auf das Mau-Escarpment. Die Straße ist gut und wir ersparen uns so die etwas mühsame Rough-Road, auf der wir vor zwei Jahren die Berge erklommen haben.
Um von der großen Hauptstraße, die von Nakuru weiter nach Uganda führt, nicht falsch abzubiegen, wende ich meine altbewährte Fragetechnik an. Thomy ist davon zwar jedes Mal genervt, muss aber anerkennen, dass es hin und wieder richtig viel Zeit und Kilometer spart. Ich frage immer zwei bis drei Mal, möglichst unterschiedliche Menschen. Wenn sie alle das gleiche sagen, vertraue ich darauf und fahre in die angegebene Richtung. Das ist notwendig, weil es in Kenia fast keine Wegweiser gibt.
Am Weg hinauf überholen wir einen Motorradfahrer mit wagemutiger Beladung. (Den haben wir nicht nach dem Weg gefragt.)

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Bild: Alles lässt sich mit etwas gutem Willen mit einem Motorrad transportieren. Wirklich alles, zumindest in Afrika

Vor zwei Jahren noch nicht da – ganz plötzlich steht oben am Escarpment eine Plantage mit Gewächshäusern, nicht gerade klein. Das kann man – je nach Sichtweise – als Fortschritt betrachten, oder aber als Fehlentwicklung. Meist wird das Land den kleinen Farmern abgenommen, die produzierte Ware kann billig nach Europa oder sonstwohin exportiert werden und ein paar Leute werden reich. Eventuelle Umweltzerstörung muss als Kostenfaktor nicht eingepreist werden.

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Bild: Plantage

Exkurs: China ist überall
Auch wenn es in Kenia nicht zu so immensen Landgrabbing-Aktionen kommt wie in Äthiopien und die Inder schon seit Ewigkeiten die Handelswelt im gesamten Land beherrschen, die Chinesen sind inzwischen auch hier überall. Sie bauen Lodges und Fabriken und alle sehen gleich aus und sind auf den ersten Blick als chinesisch identifizierbar. Mitten im Rift Valley, gegenüber der alten amerikanischen Satellitenstation haben sie eine solche Fabrik aus dem Boden gestampft. Hohe Mauern, viele Gitter, bunt bemalt und mit chinesischen Schriftzeichen, aber alles sehr steril. Wenn ich daran denke, was sie dort alles bereits machen, kommt mir das Frösteln.
In Kenia gibt es in den Städten relativ wenige motorisierte Zweiräder, ganz im Gegenteil zu Asien. Das mag daran liegen, dass es auch innerstädtisch viele tiefe Schlaglöcher gibt, die vor allem in der Nacht eine immense Gefahr darstellen. Es wird jedoch mehr, vor allem in ländlichen Gegenden fahren Unmengen an chinesischen Motorrädern herum – alles 125er bis 250er, sicher sehr robust und mit einfacher, reparierbarer Technik. Ich habe zwar nicht erfahren, was die Dinger kosten, wir dürfen von einem ausgesprochen günstigen Preis ausgehen, der für kenianische Verhältnisse aber immer noch eine große Summe bedeutet.
Dazu gibt es jetzt arabische Tankstellen. Das erscheint mir zwar logisch, ist aber auch eine Entwicklung der letzten Jahre. Davor gab es „Kobil“ (die kenianische Mobil) und viele namenlose Tankstellen, dazu noch Shell und Texaco.

Oben im Ort Mau Narok fängt ein Stück Rough Road an, das uns schon vor zwei Jahren als äußerst beschwerlich aufgefallen ist. Davor ist die Straße gut, danach ist sie bis Narok sensationell, dazwischen eine Katastrophe. Staubig, steinig, zerfurcht und zum Glück nur 31 Kilometer lang. Diesmal wussten wir das schon, vor zwei Jahren hatten wir noch die Befürchtung, dass es so bis Narok weitergeht.

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Bild: In den Säcken wird meist Holzkohle transportiert, die zum Kochen verwendet wird. Gas können sich hier die wenigsten leisten.

Das Escarpment ist eine fruchtbare Gegend, in der es viele kleine Streusiedlungen und einige kleine Dörfer gibt. Eine Gegend, in die nur sehr selten Touristen kommen.

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Bild: Wir fahren durch ein Dorf kurz bevor die Asphaltstraße wieder beginnt. Das ist ein typisches Bild für Afrika: eine staubige Hauptstraße, an deren Rand sich das Leben abspielt – hier mit einer Art Dauermarkt.

Wir kommen am frühen Nachmittag in Narok an und wissen, dass wir es in absehbarer Zeit bis in die Maasai Mara schaffen werden. Mein Bruder hat mir allerdings berichtet, dass wir von Narok bis zur Parkgrenze die doppelte Zeit als üblich rechnen sollten, da sie Straße komplett kaputt sei.
Wir stellen uns auf das Schlimmste ein, sind dann aber sehr positiv überrascht, denn die Straße hat sich in den letzten zwei Jahren nicht verändert und ist in akzeptablem Zustand.

Kurz nach Narok fährt man durch Ewaso Ngiro, ein kleiner Ort, der sich nicht zu seinem Vorteil weiterentwickelt hat. Links und rechts der Straße ist alles voll mit Plastikmüll. Dieser passt in die Gegend wie die Faust auf´s Aug, und genau in dem Auge tut es auch weh das zu sehen.

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Bild: Plastikmüll

Ich bin immer wieder erstaunt warum die Menschen das nicht wegräumen. Eine konzertierte Aktion und binnen eines Tages wäre alles sauber. Es scheint aber so als würde das absolut niemand interessieren. Ich habe den Verdacht, dass es sich hier um das gleiche Phänomen handelt wie bei den Löwen. Wenn man mit dem Auto an ein Löwenrudel heranfährt, das gerade gemächlich unter einem Baum Siesta hält, so interessieren sich die Löwen genau überhaupt nicht für das Auto und die Insassen. Sie nehmen den Menschengeruch nicht wahr, weil er von den verschiedenen Gerüchen des Autos überdeckt wird. Das Auto wiederum ist ihnen egal, es ist evolutionsgeschichtlich für die Löwen gerade eben erst aufgetaucht und sie können damit nichts anfangen. Sie nehmen es gar nicht wirklich wahr.
Vielleicht ist es mit dem Plastik so ähnlich – die Menschen nehmen es möglicherweise nicht wahr, es passt nicht in ihr Schema, denn sie haben in den letzten Jahrtausenden gelernt, dass man Abfälle einfach in die Gegend werfen kann, weil sie sowieso schnell verrotten.

Nach Ewaso Ngiro gibt es noch ein paar Kilometer Asphalt, dann beginnt eine staubige Wellblechpiste. Entgegenkommende Fahrzeuge kann man anhand ihrer Staubfahne schon kilometerweit erkennen, wenn sie näher kommen empfiehlt es sich das Fenster zu schließen. Genau genommen macht das nicht sehr viel Unterschied, denn am Abend ist sowieso alles staubig. Oder schlammig – das kommt ganz auf die Jahreszeit an. Nichts gibt es nicht, man hat die Auswahl zwischen Staub und Schlamm.
Diesmal haben wir Staub am Programm, dafür geht es zügig dahin, denn 65 ist die richtige Geschwindigkeit für den Toyota auf Wellblech.
Die berühmten Wellblechpisten in Kombination mit dem Staub sind auch der Grund warum man mit einem modernen SUV, aber auch mit modernen Geländewägen hier keine Chance hätte. Klimaanlage, Elektronik – sie geben nach kurzer Zeit den Geist auf, der Rest des Autos folgt mit geringem Abstand. Deswegen fährt hier auch kein Mensch mit solchen Fahrzeugen.
Trotzdem sieht man hin und wieder eine Überraschung

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Bild: Ein VW-Bus (Typ 2) als Rechtslenker. Keine Ahnung wie der hierher kommt, aber früher gab es mehrere von den alten Bussen. Dieser hat sogar eine alte Camping-Ausstattung, wie man an dem Ausstelldach sieht. Gleiche Felgen sind übrigens überbewertet.

Nach nur einer Stunde und vierzig Minuten erreichen wir den Ort, an dem wir James treffen. Ich habe von Narok aus mit ihm telefoniert und er erwartet uns an der Straße, um uns in ein neues Maasai-Camp zu geleiten, weil das Semadep-Camp gerade renoviert wird.
Die Gesamtfahrzeit heute beträgt 6,5 Stunden und wir sind froh endlich an einem der schönsten und interessantesten Plätze der Welt angekommen zu sein. Wir folgen James in den Busch, das Camp liegt am Rande eines Hügels mitten in einem kleinen Wäldchen. Es ist zwar nicht so schön angelegt wie das Semadep-Camp, dafür aber besser ausgestattet. Es gibt die schon bekannten großen grünen Hauszelte mit gemauertem Badezimmer.

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Bild: Zwei der großen Zelte, mit gepflastertem Weg, alles sehr gepflegt

Alles ist sauber und sehr ordentlich, mehr Komfort braucht man hier wirklich nicht. Es gibt eine heiße Dusche und jede Menge Wasser, weil sie eine Quelle nützen können, die am Hügel entspringt. Das ist in dieser Gegend keine Selbstverständlichkeit, aber sehr erfreulich.

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Bild: Unser Bad

Mittels Solarstrom und Batterien haben sie eine Handyladestation gebaut und es gibt eine Art überdachten Aufenthaltsraum, der sich auch als Küche verwenden lässt.
Ich mache wieder einen Fruchtsalat und bin nach kurzer Zeit von drei Hunden umringt, die zwar sehr sympathisch sind, jedoch den Verdacht schüren, dass sich der eine oder andere Floh an ihnen finden lässt.
Sie leben offensichtlich in guter Kooperation mit ein paar Pavianen, die scheinbar unbeteiligt durch das Camp spazieren. Man ignoriert einander.

Exkurs: Die Afrikaner
Genau genommen ist es nicht sehr sinnvoll von „den Afrikanern“ zu sprechen, da sie so verschieden sind wie „die Europäer“ oder „die Amerikaner“. Ich schreibe von den Ostafrikanern, was auch schon eine Verkürzung darstellt.
Sie sind Menschen genau wie wir und doch so anders. Ich möchte das anhand einer sehr unvollständigen Liste an Phänomenen erklären, die nur für uns Phänomene sind, für die Ostafrikaner sind sie ganz normal. Die Liste ist der Einfachheit halber pauschalisiert, selbstverständlich gibt es immer Ausnahmen.
1.) Keine Haken
Egal wohin wir fahren, es gibt keine Haken. Du kannst nichts aufhängen, in keinem Hotelzimmer, in keinem Privatzimmer, in keinem Camp findest du auch nur einen einzigen Haken, an dem du dein Gewand aufhängen kannst. Ich habe noch nicht herausfinden können, warum das so ist. Sie haben dort auch Sachen, die wohin gehängt werden müssen, daran liegt es nicht. Es kann auch keine Frage der Finanzierung sein oder des Platzes und bleibt für mich rätselhaft.
2.) Der Händedruck
Ich bilde mir ein, dass ich noch nie von einem Afrikaner einen festen Händedruck bekommen habe. Bisher kenne ich nur die Varianten „sanftweich“ und „supersanftweich-flapp“.
3.) Die Kleidungskombinationen
Teurer dunkler Business-Anzug und dazu neonfarbene Schuhe. Solche und so ähnliche Kombinationen sind für die Afrikaner irgendwie ganz normal und fallen ihnen scheinbar gar nicht auf. Das Phänomen entdecke ich übrigens fast nur bei Männern.
4.) Modern und traditionell
Auch bei uns gibt es Menschen, die in der Lederhose das Smartphone tragen. Aber hier sieht man den Maasai mit Kanga (das sind die bunten, meist rot-gemusterten Tücher, die so typisch für das Bild der Maasai sind und eine Art traditionelle Tracht darstellen), Speer und Smartphone.
5.) Die fröhlichen Kinder
In diesem Reisebericht gibt es einige Bilder von fröhlichen Kindern. Die gibt es bei uns natürlich auch, aber in Ostafrika erscheinen sie mir noch ein wenig fröhlicher und stellen unser Konsumglück massiv in Frage. Meist besitzen sie wenig Spielzeug und auch das ist improvisiert – ein Stück eines alten Autoreifens, eine ausrangierte Fahrradfelge, ein kleines, aus Draht gebogenes Auto. Oftmals haben sie gar kein Spielzeug und nehmen einen Ast oder spielen mit ihren Zehen. Sie laufen irgendwo im Dorf herum oder am Strand, sind neugierig und lachen fast immer.
Sie sind ein unglaublicher Kontrast zu den „overprotected kids“, die ich bei uns immer häufiger antreffe, die nicht mehr ins Freie dürfen, außer vielleicht im eigenen Garten, gegen alles und jedes drei Mal geimpft sind und täglich zwei Mal geduscht oder gebadet werden. Dass ihnen trotz Bergen an Spielzeug das Lachen vergeht, wundert mich nicht wirklich.
6.) Die technischen Lösungen
Den Umgang könnte man als „locker“, jederzeit aber auch als „fahrlässig“ bezeichnen. Das betrifft die Fahrtüchtigkeit der Autos, aber auch die Elektrik und andere Dinge.

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Bild: Wenn die professionellen Ressourcen fehlen, dann muss es ohne funktionieren. Dass man aber nicht einmal Blockklemmen hat, sondern die Elektrokabeln einfach zusammenzwirbelt, das ist dann schon etwas schräg.

Die Art und Weise wie sie Probleme lösen lässt mich manchmal sprachlos zurück, oder es kommen Begriffe wie „naiv“ oder „kindlich“, die aber einer herrschaftlich-arrogant-überheblichen Sichtweise entstammen, über deren Unangemessenheit ich mir bewusst bin. Sie enthalten oft eine subtile Form von Humor, die unsere eigene Lebensweise karikiert und ganz und gar nicht als kindlich zu bezeichnen ist. Das folgende Beispiel lässt dies erahnen:

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Bild: Das ist die Raucherzone des Camps. Sie ist hervorragend ausgestattet und verfügt über einen Plastiksessel (Standardware) und eine Art Tischchen, das auch als Sitzbank verwendet werden kann. Aschenbecher gibt es keinen, schließlich kann man nicht an alles denken.

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Bild: Als das Schild angefertigt werden sollte, gab es einen, der schreiben konnte und einen, der malen konnte. Deswegen hat der, der schreiben konnte, dem, der malen konnte, eine Vorlage rechts unten auf das Schild gemalt. So konnte sicher gestellt werden, dass kein Fehler passiert.

Das Camp ist eines von mehreren, die alle in Sichtweite des Parkeingangs angelegt sind. Unseres existiert seit 1990 und gehört einem Kikuyu, betrieben wird es aber ausschließlich von Maasai. Wie auch die anderen Camps wird es ständig umgebaut und erweitert, die notwendige Anzahl an Gästen fehlt jedoch. Ich habe James schon vor zwei Jahren eine Handvoll Tipps gegeben, wie er das Camp noch attraktiver machen kann und auch diesmal sitzen wir länger zusammen und erzählen uns was es Neues gibt.
Ich habe vor zwei Jahren begonnen einem jungen, sehr aufgeweckten Maasai-Buben das Schulgeld zu bezahlen. Seit einigen Jahren ist die Primary-School in Kenia gratis, was jedoch nicht ganz stimmt, denn die Eltern müssen zwar kein Schulgeld mehr bezahlen, trotzdem kommen einige Kosten auf sie zu, wenn sie ein Kind in die Schule schicken. Mit 13 kann man dann in die Secondary-School gehen und Emmanuel befindet sich jetzt im dritten Jahr. Ich lasse mir regelmäßig seine Zeugnisse schicken, die leider nicht allzu tolle Noten aufweisen. James weiß auch nicht warum, betont aber, dass Emmanuel die Schule auf jeden Fall abschließen kann und wird und dass es sich um eine sehr gute Schule handelt, die jede Menge zukünftige Studenten produziert.
Ich bin mir zwar nicht ganz sicher, ob ich nicht einem Riesenschwindel aufliege, aber das gehört zum Risiko dazu. Ich werde (einige sehr liebe Freunde von mir helfen übrigens mit, vielen Dank dafür) Emmanuel auch noch das vierte Jahr bezahlen. Wenn schon, denn schon.
Ich muss und will einfach darauf vertrauen, dass alles mit rechten Dingen zu geht.

Wir kochen uns eine Riesenportion Nudeln mit Sauce, für die wir eine Basissauce gekauft haben, die jetzt mit Zwiebeln, Knoblauch, Paradeiser und Paprika verfeinert wird. Das macht ordentlich satt und für einen der Nachtwächter, die in der Mitte vom Camp ein ordentliches Feuer errichtet haben, ist auch noch genug übrig.

Es wirkt immer als wäre es schon lang nach Mitternacht als wir schlafen gehen. Dieser Eindruck täuscht, es ist gerade mal halb elf, was unter anderem damit zusammen hängt, dass die Sonne schon um 18:30 untergeht.
In der Nacht jaulen weit weg die Hyänen und plötzlich lässt sich auch Donnergrollen vernehmen. Es kommt langsam näher und dann beginnt ein ordentliches Gewitter, das ca. drei Stunden andauert. Wir sind sehr froh, dass wir in einer komplett geschützten Unterkunft sind und nicht im Freien von diesem Regen erwischt werden.
Ab morgen sieht das anders aus, da werden wir uns sehr gut überlegen müssen, ob wir das große Hauszelt aufstellen, in dem wir zur Not auch kochen und vor allem während eines längeren Regengusses auch sitzen können.
Heute Nacht ist auf jeden Fall alles okay und wir freuen uns für die Natur und die Menschen, dass jetzt endlich etwas Regen kommt. James hat uns erzählt dass durch die lange Trockenheit schon einige Kühe der Maasai gestorben sind.

Wieder geht ein langer Tag dem Ende zu und wir freuen uns schon sehr auf die Maasai Mara.

Wieder in Afrika – Tag 5

Wir sind nicht sehr kreativ bei der Frühstückszubereitung (so wie gestern…), aber dafür beschließen wir nach einer weiteren sehr heißen Nacht heute unsere Zelte abzubrechen und in den Nakuru-Nationalpark zu fahren. Der Lake Bogoria ist fein, hat derzeit aber nicht mehr wirklich viel Neues zu bieten.
Unser Weg führt uns am westseitigen Seeufer entlang nach Norden, zum eigentlichen Haupteingang des Parks.
Gegründet wurde das Lake Bogoria National Reserve 1970, damals noch von der Kenianischen Regierung und dem Kenya Wildlife Service. Der See umfasst 32 Quadratkilometer und wird an der Ostseite durch das 600 Meter hohe Ngendelel Escarpment begrenzt, wo auch die beiden Wildbäche entspringen. Er liegt auf knapp 1000 Meter Seehöhe mitten im Rift Valley und ist ein alkalischer Soda-See, in dem es kein Leben gibt außer die speziellen Algen, die von den Flamingos gefressen werden.
Vor einigen Jahren ging die Verwaltung dann an das Baringo County. Seitdem tut sich das Management scheinbar recht schwer, die Infrastruktur aufrecht zu erhalten. Kenia ist ein Land mit enormer Korruption und die macht vor den Verwaltungen der Landkreise wahrscheinlich nicht halt.
Die Einnahmen sollten der Bevölkerung zugute kommen, aber in welchem Ausmaß das tatsächlich geschieht, lässt sich wohl nur schwer eruieren.
Da die alte Straße am Seeufer überflutet wurde, baute man eine neue weiter oben. Die ist nicht schlecht befahrbar und wir kommen gut voran.

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Bild: Geysire – und im Hintergrund das Escarpment

Vom eigentlichen Highlight des Sees, den Geysiren, ist nicht viel übrig, denn auch sie wurden zur Gänze überflutet. Man kann noch ein kleines Stück mit kleinen Geysiren besuchen und in der Nähe sehen wir auch einen kleinen Schwarm Flamingos. Das ist aber auch schon alles, die Attraktivität des Nationalparks hat tatsächlich stark gelitten.

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Bild: Flamingos

So erreichen wir den Parkausgang und ich drücke dem dortigen Game Ranger und seiner Kollegin die Papiere in die Hand. Ein kleiner Smalltalk und dann frage ich, ob das eh passt.
Sie meinen ja und wünschen uns eine gute Reise. Also steigen wir in den Toyota und machen uns aus dem Staub. Die Nachzahlung für den zweiten Tag bleibt uns erspart, was uns einerseits natürlich freut, andererseits nicht gerade für die Professionalität des Managements spricht. Wir sehen es als Ausgleich für anderswo bezahlte Deppensteuer.

Ob ich jemals wieder an diesen Ort zurückkehren werde? Ich weiß es nicht, denn ich habe einerseits so unglaublich schöne Erinnerungen und andererseits ist so viel kaputt. Falls der Wasserstand wieder auf sein ursprüngliches Niveau sinkt und das alte Figtree-Camp wieder erreichbar wird, kann ich es mir durchaus vorstellen.

Exkurs: Ökonomie vs. Ökologie
Eine der schwierigsten Fragen ist die nach der Entwicklung der Nationalparks. Völlig sich selbst überlassen mit keinerlei Komfort bedeutet zwar wenig Eingriffe in die Ökologie, zugleich gibt es dann aber nur wenige Touristen, die sich die Strapazen antun. Das bedeutet auch wenige Einnahmen und in Folge kann so ein Park dann auch schlecht bewacht und beschützt werden. Dringend notwendige Forschungsprojekte sind nicht finanzierbar, die Wilderei nimmt zu und irgendwann krallt sich ein Spekulant einen Teil.
Die vollständige Ökonomisierung hat auch ihre Tücken. Sie kann derzeit in der Maasai Mara beobachtet werden. Vor dreißig Jahren gab es gerade mal drei Lodges und eine Handvoll kleiner Camps. Heute befindet sich fast hinter jedem Busch ein Camp und noch mehr wurden an der Parkgrenze gebaut. Ob die daraus entstehenden Einnahmen dem Park bzw. den Menschen zugute kommen, die rundherum leben und ohne die der Schutz des Parks undenkbar ist, lässt sich extrem schwer feststellen. Korrupte Provinzpolitiker zweigen ab was geht, vor allem, wenn man es ihnen so leicht macht. In den 1990ern wurde Richard Leakey der erste weiße Minister in einer kenianischen Regierung, zuständig für die Nationalparks. Unter seiner Führung wurde das Management straffer und er hat einige wichtige Entwicklungen eingeleitet. Nach ein paar Jahren wurde er jedoch abmontiert und ich kann nicht sagen, wie es sich seither wirklich entwickelt hat.
Dazu kommt noch das Problem, dass die Tourismuszahlen in den letzten Jahren massiv zurück gegangen sind und damit auch die Einnahmen. Die Gründe sind sicher in der einen oder anderen Finanzkrise zu suchen, aber auch in der Angst vieler Leute vor Terroranschlägen und der Sicherheit im Land generell. Die ist aus meiner Wahrnehmung durchaus okay und es gibt keinen Grund für die Angst. Da Menschen aber für ihre Ängste keinen Grund brauchen bzw. jeden nehmen, der sich anbietet, wenn sie gern Angst haben wollen, haben die Kenianischen Nationalparks ein Problem.

Die Straße zurück nach Nakuru ist in erstklassigem Zustand und wir überqueren den Äquator. Wenig später sind wir wieder in der Stadt und gehen in den Nakumatt einkaufen. Dann fahren wir zum Nakuru-Nationalpark. Er hat ein ähnliches Schicksal erlitten wie der Lake Bogoria, eigentlich noch schlimmer. Das merkt man sofort, wenn man in den Park hinein fährt, denn man wird auf einen kleinen Hügel umgeleitet, auf dem sich das Headquarter der Verwaltung und der eigentliche Parkeingang befinden.
Der alte Eingang ist eine überschwemmte Ruine, der dahinter liegende große und wunderschöne Wald ist verrottet, einzelne bleiche Baumstämme ragen wie Mahnmale in den Himmel.

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Bild: Am Bild sieht man gut die jetzige Ausdehnung des Sees – vom Baboon-Cliff hinunter fotografiert. In der Bucht links die abgestorbenen Bäume.

Da wir vor zwei Jahren schon einmal da waren und den Unterschied zu früher kennen, wissen wir schon was uns erwartet.
Neu ist das Problem, dass sie beim Parkeingang keine US-Dollar nehmen. Das Computersystem sei gerade kaputt und wir könnten nur entweder mit M-Pesa oder Kreditkarte zahlen.

Exkurs: M-Pesa
Es handelt sich hierbei genau genommen bereits um ein alternatives Währungssystem. M-Pesa heißt „mobiles Geld“ und bedeutet, dass man mittels einer SMS Geld von einem Handy auf ein anderes überweisen kann. Einzahlen und abholen tut man das Geld bei über 50.000 M-Pesa-Stationen im ganzen Land, es gibt eigentlich an jeder Ecke eine.
Dieses System ist binnen kurzer Zeit extrem gewachsen, hat sich weiterentwickelt und wird inzwischen in andere afrikanische Länder exportiert. In einer Gesamtbetrachtung sind uns die Ostafrikaner hier einen deutlichen Schritt voraus, denn bei uns geht so etwas schlicht und einfach nicht. Und dort ist es so populär und funktioniert so gut, dass M-Pesa inzwischen das wichtigste Kriterium einer Währung erfüllt: Vertrauen.
Und das ist genau der Grund weshalb sie hier im Nationalpark statt Dollar lieber M-Pesa nehmen.

Billig ist der Park nicht, die eine Nacht kommt uns auf 273,- Dollar und wir hoffen, dass Philipp wenigstens ein Nashorn zu Gesicht bekommt. Die kann man nämlich fast nirgends mehr beobachten, gerade hier am Nakuru-See gibt es noch eine Handvoll.

Über das Baboon-Cliff fahren wir zu unserem Campingplatz Makalia Falls. Dort gibt es einen Wasserfall. Also theoretisch, weil immer wenn ich dort bin ist er ausgetrocknet. Trotzdem ist das ein sehr schöner Platz, an dem man auch Wildtiere beobachten kann. Direkt hinter einer Anhöhe ist der Park zu Ende und die Zivilisation beginnt. Das ist überhaupt eine Besonderheit des Nakuru-Parks, dass direkt an seinen Grenzen hohe Häuser stehen und eine sehr lebendige Stadt liegt. Irgendwie funktioniert das aber, die kleinen Hügel rund um den Park begrenzen ihn auf eine Art und Weise, mit der auch die Wildtiere leben können. Trotzdem ist die Kulisse unheimlich.

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Bild: Die Stadt und ihr Nationalpark. Die Grenze ist hier gut zu erkennen.

Hinter unserem Zeltplatz hört man in der Nacht Hundegebell und hin und wieder ein Auto. Und keine hundert Meter entfernt hat der Game Ranger am nächsten Tag in der Früh einen Löwen gesehen. Angeblich gibt es in dem kleinen Wäldchen sogar Leoparden, aber das glaube ich erst, wenn ich einen gesehen habe.
Bei unserem Zeltplatz gibt es zwei neue Gebäude mit Dusche und WC. Sie sind gegen die Paviane mit Gittern gesichert, die Dusche in einem der Häuser funktioniert nicht, im anderen schon, zwar nur kalt, aber das ist bei der großen Hitze eh super.

Exkurs: Moderne Technik
Seit ein paar Jahren gibt es eine spezielle Form der Heißwasserdusche. Das ist ein Duschkopf, in dem sich eine elektrische Heizspirale befindet, die im Prinzip wie ein Durchlauferhitzer funktioniert. Wenn sie funktioniert, was ich noch nie wirklich erlebt habe. Das Zeug kommt wahrscheinlich aus China oder Indien und ist irgendwie Mist, dafür aber sehr beliebt, weil billig und einfach zu installieren.
Ähnlich schräg ist das moderne Personenerfassungssystem am Flughafen. Jeder Passagier muss seine Fingerabdrücke scannen lassen und manchmal wird auch ein Foto mit einer kleinen Kugelkamera gemacht. Die Obama-Blitze gehören auch in diese Kategorie.
Es gibt aber auch sehr positive Beispiele, das Mobilfunknetz gehört dazu. Da die Kenianerinnen und Kenianer ganz verrückt sind auf ihr Handy und es nie ein wirklich ausgebautes Festnetz gab, hat man viel Geld und Energie in den Ausbau gelegt. Dafür funktioniert eines der drei Netze jetzt fast überall in diesem doch sehr großen Land. Vor allem bei medizinischen und sonstigen Notfällen ist das wirklich hilfreich, das noch vor ein paar Jahren unersetzliche Satellitentelefon ist nicht mehr oder fast nicht mehr notwendig.

Wir fahren noch auf einen Abend-Gamedrive und Philipp bekommt tatsächlich sein Nashorn zu sehen.

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Bild: Ein einsames Nashorn

Der Park hat eigentlich einen großen Wildtierbestand – vor allem verschiedene Arten von Antilopen, viele Vögel, Büffel und vor allem Giraffen sind hier heimisch.

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Bild: Impala-Gazellen

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Bild: Netzgiraffe (Sie sieht ganz anders aus als die Maasai-Giraffe, die wir später noch sehen werden.)

Danach gibt es noch ein gutes Abendessen (Süßkartoffel, gebratene Zucchini und Salat), gestört nur durch die ziemlich aggressiven Paviane, die es mit viel Hartnäckigkeit und Dank ihrer großen Zahl schaffen uns ein paar Lebensmittel zu klauen. Das passiert auf allen Zeltplätzen, bei denen es Paviane gibt, da diese sehr schnell lernen wie sie sich mühelos Nahrung besorgen können. Glücklicherweise gehen sie bei Sonnenuntergang schlafen und daher hat man danach seine Ruhe.

Wieder in Afrika – Tag 4

Philipp behauptet, dass ich schnarchen würde. Ich wiederum behaupte, dass er schnarcht. Wahrscheinlich schnarchen wir um die Wette, zumindest manchmal. Er jedenfalls hat seine erste Nacht im Busch gut überstanden, es war so heiß, dass die dünnen Innenschlafsäcke fast zu viel waren. Ich darf anmerken, dass wir uns zwar in der Wildnis befinden, die wahre Herausforderung jedoch erst in der Maasai Mara auf Philipp wartet, da dort neben den üblichen Nachtgeräuschen (Frösche, Grillen, Affen und jede Menge Geräusche, die sich bei bestem Willen nicht zuordnen lassen) noch viele Wildtiere (Löwen, Hyänen, Nilpferde etc.) dazu kommen. Wir werden sehen, wie es ihm dann geht.

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Bild: Philipp taucht aus dem Zelt auf

Thomy zaubert ein üppiges Frühstück mit gefühlten zehn Eiern pro Person plus reichlich Paradeiser, Zwiebel und Paprika. Ich esse zusätzlich in guter alter Tradition und der längst vergangenen britischen Kolonialherrschaft geschuldet Toast mit Orangenmarmelade, dazu Tee.
Das ist jetzt nicht rasend originell, taugt mir aber sehr. Thomy macht das hingegen wahnsinnig, weil ich in Ermangelung eines Toasters die Toastscheiben in der Pfanne röste. Das funktioniert nur mittelprächtig gut und es bleibt stets ein wenig Angebranntes, das ich dann mühsam aus der Pfanne kratzen muss. Aber für einen englischen Toast tu ich fast alles.

Wir hängen noch ein wenig im Camp herum und warten auf den Game Ranger, der uns das Retourgeld bringen soll. In Afrika darf man „in der Früh“ jetzt nicht so genau nehmen, hier geht man mit Zeit und Terminen recht entspannt um.
Irgendwann taucht er dann auf und wir können ein wenig mit ihm plaudern. Ich erzähle ihm von unserem Plan eine kleine Wanderung zum alten FigTree Camp zu machen. Er meint, dass die alte Straße recht bald verschwinden würde und wir in den Busch ausweichen müssten. Dort wäre ein Pfad, der uns hin bringt. Auf die Frage, ob wir einen Führer bräuchten, lehne ich dankend ab – schließlich kenne ich den Weg gut und es gibt auch keine mir bekannte Möglichkeit sich da zu verirren. Einfach oberhalb des ehemaligen Ufers so lange dahin spazieren, bis man bei dem kleinen Wäldchen angelangt ist. Nichts leichter als das.

Also packen wir ein wenig Wasser in meinen Rucksack und machen uns auf den Weg. Ich habe vor, den Bach vom alten Camp aus hinauf bis zu seiner Quelle zu folgen – das war schon bei meinem letzten Besuch ein sehr lohnendes Abenteuer.
Es ist schon ziemlich heiß, aber die geschätzte Gehdauer von einer halben Stunde, vielleicht 45 Minuten, ist locker zu bewältigen und es wartet ja ein kühles Bad als Belohnung auf uns. Am frühen Nachmittag sind wir wieder zurück.
Der Weg führt die alte Straße entlang und wir kommen zum See, der das erwartete ziemlich schreckliche Bild abgibt: Tote Bäume, der See selbst eine stinkende Kloake, ein totes Alkali-Gewässer. Flamingos gibt es hier allerdings keine, auch keine toten.

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Bild: Abgestorbene Bäume im See

Nach einiger Zeit kommen wir an die Stelle, an der die Straße im See versinkt. An ein Weitergehen ist hier unten nicht zu denken und ich befürchte, dass auch wenn der Wasserspiegel wieder sinkt, die Straße noch eine Zeit lang nicht befahrbar sein wird. Somit ist unklar, ob wir jemals wieder an diesem unglaublich schönen Platz campen werden und das bestätigt mich in meinem Wunsch das Camp noch einmal zu sehen.

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Bild: Ende der Ausbaustrecke

Ein kleiner Pfad führt steil nach oben in den Busch. Wir marschieren munter drauf los und freuen uns schon auf das kühle Bad im Bach. Thomy war ja auch schon vor vielen Jahren im alten FigTree-Camp, ist allerdings nicht ganz so scharf darauf in der Mittagshitze zu wandern. Für Philipp ist sowieso alles komplett neu und er folgt uns einfach.
Nach einiger Zeit stellt sich der Weg als doch nicht so bequem heraus. Es gibt ständig kleine Abzweigungen, die nach oben und nach unten führen und meist ist nicht klar, welches der Hauptpfad sein soll. Wir müssen immer wieder umkehren, weil uns mehr oder weniger dichte Dornenbüsche den Weg versperren. Dazu befinden wir uns auf einem Berghang und der Untergrund besteht aus Felsen, losem Geröll und Sand. Man muss sich ziemlich konzentrieren um nicht zu verknöcheln.
Weil manchmal kein echter Weg sichtbar ist, müssen wir auf die Knie oder ein Stück am Hosenboden hinunter rutschen, uns immer wieder durch Dornenbüsche quälen und uns vor allem alle paar Meter bücken, weil die Pfade sonst scheinbar nur von niedrigen Tieren (Ziegen wahrscheinlich, vielleicht auch Antilopen) benützt werden.
Es wird langsam beschwerlich und zunehmend immer heißer. Ein Liter Wasser pro Person stellt sich als nicht allzu üppig dimensioniert heraus, aber wir marschieren tapfer weiter, ständig auf der Suche nach einem etwas besseren Pfad.

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Bild: Noch ist der Weg gut

Nach einiger Zeit kommen wir zu einem kleinen Tal und versuchen hinunter zum See zu gelangen. Das funktioniert auch und wir können ein paar Meter auf der alten Straße gehen, die dort gerade wieder etwas höher liegt und somit nicht überflutet ist. Dann müssen wir wieder in die Büsche, die immer dichter werden.
Die Zeit vergeht, von einer halben oder einer dreiviertel Stunde kann keine Rede mehr sein, wir sind inzwischen 1,5 Stunden unterwegs und es nervt schon ein wenig, dass das Ziel immer noch nicht in Sicht ist.
Dann kommen wir zu einem weiteren Tal und müssen steil absteigen. Es gibt genau genommen keinen echten Pfad mehr, wir kämpfen uns durch die Wildnis, ziemlich zerkratzt von den Dornbüschen und durstig. Thomy wünscht sich eine Machete.

Dann endlich sieht es so aus, als würde der Weg leichter, es ist wieder so etwas wie ein Pfad zu erkennen und in einiger Entfernung hört man schon den Bach rauschen. Eine Horde Paviane verzupft sich kreischend in einen hohen Baum und wir hoffen, dass der Kampf gegen die Büsche langsam zu Ende geht. Thomy ist schon etwas mürrisch und meint, dass das eine Schnapsidee gewesen wäre dieser Wanderung zu machen.

Egal – wir sind jetzt hier und müssen weiter. Dummerweise meldet sich genau jetzt mein Kreislauf zu Wort. Zuerst spüre ich nur einen leichten Zuckersturz, dann gehe ich jedoch ziemlich ein. Genau jetzt ist aber kein großer schattiger Baum in Sicht und ich muss mit dem Halbschatten eines Busches Vorlieb nehmen.
Irgendwie geht es mir nicht wirklich gut, ich bin durstig und frustriert, weil der Bach schon ziemlich nahe rauscht, ein Weg dorthin aber nicht in Sicht ist, der scheinbare Pfad endet einfach hier und jetzt.
Ich habe keine Vorstellung, wie wir das schaffen sollen und esse erst mal einen Apfel, den ich im Rucksack habe. Dann entdecke ich plötzlich, dass sich meine Schuhe auflösen. Es sind alte Laufschuhe, die vor der Wanderung ganz in Ordnung waren. Jetzt löst sich bei beiden die Sohle, und zwar fast zur Gänze. Mir ist das aufgrund des Stresses nicht aufgefallen, den unsicheren Tritt der letzten halben Stunde habe ich auf das Terrain und die leichte Schwäche zurück geführt.

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Bild: Schuh, in Auflösung begriffen

Das ist jetzt gar nicht gut, denn ohne Sohlen kann ich den steinigen, teilweise sehr steilen und rutschigen Weg nicht zurück gehen. Ich überlege Alternativen, aber es gibt keine. Wir sind zwei Stunden oder mehr von jeder Hilfe entfernt, Mobilfunknetz gibt es keines und selbst wenn man beim Gate den Ranger findet – was soll er tun? Außerdem würde das Stunden dauern. Wenn mein Kreislauf jetzt zusammenbricht habe ich ein echtes Problem. Ich habe zwar einen Hut auf, aber die Gefahr eines Sonnenstichs ist nicht zu unterschätzen. Es hat an die 40 Grad und die Äquatorsonne kann vor allem hier im Rift Valley echt lästig sein.

Durch den Apfel und den letzten Schluck Wasser aus meiner Flasche plus der Ruhepause erhole ich mich ein wenig, aber noch ist kein Weg zum Bach in Sicht. Wir müssen ihn aber erreichen, denn wir sind auf das Wasser angewiesen, das es dort gibt.
Thomy geht weiter und versucht am Seeufer einen Weg über riesige umgestürzte Bäume zu finden. Es kann ja nicht weit sein, aber ich weiß, dass ich nicht mehr allzu viel Kraft habe, wenngleich die Krise eher eine psychische ist, sich aber nicht so anfühlt.

Dann mache ich mich auf den Weg und folge Thomy und Philipp einfach in die Richtung, in die sie gegangen sind. Glücklicherweise dauert es nicht lange und ich erreiche das offene Gelände unter den Feigenbäumen. Geschafft! Das Gefühl der Erleichterung ist unbeschreiblich und ich ziehe mich sofort aus und lege mich in den Bach. Thomy und Philipp sitzen schon drin.

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Bild: Bad im Bach

Nach einiger Zeit kühlt der überhitzte Körper ab und ich beginne mich deutlich besser zu fühlen. Dazu kommt noch die Magie dieses Ortes, die trotz der Verwüstungen noch vorhanden ist. Der glasklare Wildbach unter den riesigen Feigenbäumen ist immer wieder faszinierend, trotz der immer noch eher bescheidenen Lage, in der wir uns befinden.

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Bild: Der Wildbach vom alten FigTree-Camp

Thomy schimpft, warum ich nicht andere Schuhe genommen hätte. Das bringt mich aber jetzt auch nicht weiter, denn ich muss eine Lösung finden, wie ich die Sohlen wieder an die Schuhe bringe, sonst ist an einen Rückmarsch nicht zu denken.
Glücklicherweise habe ich eine lange Schnur im Rucksack und binde mit ihr die Sohle einfach an den Schuh. Der andere Schuh ist nicht ganz so aufgelöst und ich verwende die langen Schuhbänder um auch hier die Sohle einigermaßen gut anzubinden. Irgendwie wird das schon halten und mangels Alternative muss es einfach halten. Dass der Rückweg kein Zuckerschlecken wird ist jedoch spätestens jetzt klar.

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Bild: notdürftig reparierter Schuh

Als wir bereit sind für den Rückweg schlägt Thomy vor das Glück weiter oben zu versuchen. Uns allen ist die Vorstellung ein Graus den gleichen Weg noch einmal gehen zu müssen.
Vielleicht sind die Büsche weiter oben am Hang nicht so dicht und dornig. Das ist einen Versuch wert. Ich weiß, dass ich mir die Kräfte sehr gut einteilen und außerdem wegen meiner kaputten Schuhe höllisch aufpassen muss. Ein kaputter Knöchel wäre hier und jetzt echt nicht lustig.
Also steigen wir am Rand des Waldes den Hang hinauf und tatsächlich befindet sich oben eine Art Pfad – ebenfalls nicht eindeutig, aber einigermaßen begehbar. Wir müssen uns trotzdem ständig hinauf- und hinabsteigend bewegen und das alles in der größten Mittagshitze. Aus der lockeren Wanderung wurde ein ziemlicher Alptraum.
Ich muss zusätzlich noch darauf aufpassen jeden Schritt sehr vorsichtig zu setzen, da meine Schuhe mehr oder weniger keinen Halt bieten und von der Performance etwa mit Flip-Flops vergleichbar sind.
Nur ein Irrer würde diesen Weg mit Flip-Flops gehen. Wenn es überhaupt einen Weg gäbe.

Ich habe mir im Bach die Wasserflasche randvoll angefüllt und gehe ganz bewusst das Risiko ein verdorbenes Wasser zu trinken. Ich glaube allerdings, dass es absolute Trinkwasserqualität hat, da ich die Quelle kenne, der es entspringt. Es fließt von dort einfach ein paar hundert Meter den Berghang hinab, ist glasklar und geruchsfrei. Menschen gibt es sowieso keine, die das Wasser verschmutzen könnten.
Thomy und Philipp verzichten auf diese Option, was ich nicht verstehe, weil man könnte sich das Wasser ja auch einfach über den Kopf leeren, zwecks Abkühlung etwa.

Wir kommen einigermaßen gut voran, trotzdem dauert der Rückweg eine gefühlte Ewigkeit. Am schwierigsten ist das kleine Tal, denn der Abhang ist wirklich steil und wir rutschen etwas würdelos und teilweise am Hosenboden hinunter.
Irgendwann ist es dann geschafft und wir haben die Straße wieder erreicht. Thomy und Philipp sind auch nicht mehr ganz erntefrisch und haben irgendwann dankbar meine Wasserflasche angenommen. (Das Wasser war wirklich absolut unbedenklich, niemand von uns bekam die Scheißerei.)

Als wir wieder im Camp ankommen sind mehr als vier Stunden vergangen. Wir lassen uns erschöpft in unseren Bach fallen (es macht drei Mal „Zisch!“) und haben vor dort heute auch nicht mehr rauszukriechen.
Nach einer ausführlichen Erholungspause gönnen wir uns ein isotonisches Getränk und ich mache eine große Portion Fruchtsalat. Langsam kehren die Kräfte zurück und als es Abend wird, geht es uns allen wieder gut.
Wir (also Thomy und ich) braten uns ein Filet und es gibt eine riesige Menge Salat, wir haben alle einen Bärenhunger. Dann bricht die Nacht herein und wir gehen nach einem sehr anstrengenden Tag recht früh schlafen.

Eine Frage bleibt allerdings noch offen: Wie knapp war es wirklich? Scheinbar habe ich einige Aspekte dieses Ausflugs ziemlich unterschätzt, trotz 33 Jahren Afrikaerfahrung. Es macht einen riesigen Unterschied in welchem Terrain man sich bewegt. Wie viel Wasser braucht der Körper tatsächlich? Ich war an diesem Tag kein einziges mal pinkeln – außer am Abend. Was wäre geschehen, wenn wir den rettenden Bach nicht hätten erreichen können? Ich glaube nicht, dass ich es ohne Wasser und Abkühlung zurück geschafft hätte. Eventuell hätten wir bis zur Abenddämmerung warten können, um der großen Hitze zu entgehen. Ein paar Müsliriegel hatten wir auch noch mit, die für dringend notwendige Stärkung gesorgt hätten.

Die zerkratzten Arme sorgten an den Tagen danach jedenfalls für reichlich Amusement bei den Einheimischen:

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Bild: mein zerkratzter Unterarm

Wieder in Afrika – Tag 3

Die zweite Nacht war deutlich angenehmer, vor allem weil wir jetzt beginnen uns an das Klima anzupassen. Dafür steht uns wieder ein heißer Tag mit einer mittelmäßig langen Fahrt bevor.
Nach einem kleinen Frühstück packen wir das Auto fertig und starten. Da Lake View am Westrand von Nairobi liegt und wir in den Westen fahren, sind wir sehr schnell draußen aus der Stadt und am Wayaki-Way, einer Art Autobahn, die zu Beginn noch zwei Fahrspuren in jede Richtung hat. Die Straße ist Teil der Überlandroute von Mombasa nach Kampala in Uganda und entsprechend viel befahren. Sie führt hinauf in die Uplands, einem sehr fruchtbaren Gebiet, das auch dicht besiedelt ist. Da Nairobi auf 1.700 Metern Seehöhe liegt, geht die Straße bis auf fast 3.000 Meter hinauf. Dort fahren wir durch eine Gegend, die an die Alpen erinnert, mit Nadelwäldern (oder was davon noch übrig ist) und Wiesen. Nur die Erde ist rot und zeigt, dass wir in Afrika sind.

Mit unserem linksgesteuerten Toyota sind Überholmanöver immer eine spannenden Angelegenheit. Der Beifahrer hat die Oberhoheit für den Überholvorgang und steuert („fahr einmal vorsichtig raus… okay… nein, geht noch nicht,… jetzt noch drei Autos, dann raus mit dir – JETZT!“) Fehler sind nicht erlaubt, aber Thomy und ich sind ein eingespieltes Team wenn es darum geht, eine LKW-Kolonne nach der anderen zu schnupfen.
Nicht sehr beliebt ist das Ansuchen um Pinkelpause, dann ziehen nämlich die mühsam überholten Kolonnen wieder an einem vorbei. Wir lernen daher schnell zu pinkeln.
Im Rift-Valley sehen wir dann plötzlich die ersten Zebras und Warzenschweine, frech neben der Autobahn grasend interessieren sie sich nicht für uns. Ich bin etwas erstaunt, dass es das noch gibt, inmitten der Zivilisation.
Nach genau drei Stunden sind wir in Nakuru, einer großen Stadt, in der wir noch einen Supermarkt besuchen um einige fehlende Dinge einzukaufen.

Exkurs: Einkaufen in Kenia
Bei uns gibt es den Merkur und den Interspar, in Kenia den Uchumi und den Nakumatt. Dort bekommt man wirklich fast alles, von Campinggas über französisches Baguette bis zu Handywertkarten und Sonnencreme. Es gibt diese Märkte schon seit den 1980er-Jahren, aber erst seit ca. zehn Jahren sind sie riesig und vielerorts anzutreffen. Die Preise sind ähnlich wie bei uns, was bedeutet, dass nur die obere Mittelschicht und die Oberschicht dort einkaufen kann. Es gibt somit zwei voneinander komplett getrennte Marktsysteme, wobei wir als Weiße nur eines davon kennen lernen. Vor einigen Jahren wurde ich von unserem damaligen Koch einmal in die andere Welt mitgenommen, wo alles anders läuft – in kleineren Mengen, ohne klimatisierten Markt und zu vollkommen anderen Preisen.
Die internationalen Konzerne haben sich an die hiesigen Bedürfnisse angepasst und erzeugen von lebensnotwendigen Artikeln ganz kleine Verpackungseinheiten. Man kann etwa einen einzelnen Suppenwürfel kaufen oder ein paar Gramm Waschmittel – das alles in tausenden winzigen Läden überall in Kenia. Zudem gibt es auch für die armen Leute frische Ware, die jedoch nicht im LKW angeliefert wird, sondern mit Eselskarren oder auf dem Rücken über weite Strecken getragen wird.
Als Muzungu („weißer Mann“) hast du keinen Zugang zu dieser Welt, man kennt sie maximal vom Hörensagen.

Wir haben das schon vor zwei Jahren erlebt und waren damals sehr erstaunt, aber auch diesmal kommen wir in keine einzige Polizeikontrolle. Es gibt sie zwar überall, aber wir werden immer durchgewunken. Anscheinend haben die Polizisten vor längerer Zeit aufgrund der Tourismuskrise die Anweisung erhalten, uns nicht mehr zu kontrollieren. Damit fällt ein Stressfaktor weg, wenngleich auch einige Anekdoten dadurch nicht mehr zustande kommen.
Ab Nakuru geht es in Richtung Norden hinauf zum Bogoriasee. Die Straße wurde ca. 1990 einmal ordentlich gebaut und ich erinnere mich noch, dass sie 1992 gut in Schuss war. Danach verfiel sie und bei meinen Recherchen über den Lake Bogoria musste ich im Internet einige sehr negative Berichte über eine komplett zerstörte Straße lesen, auf der man für wenige Kilometer viele Stunden brauchen würde.
Umso erstaunter bin ich, als sich die Straße als brandneu und exzellent herausstellt. Das ist in Kenia immer wieder eine Überraschung und kann sich auch ständig ändern. Die Bezeichnung des Straßentyps (A = Autobahn, B = Bundesstraße, C = Landstraße, D = Schotterpiste und E = Rough Road) hilft nur bedingt, denn selbst eine A-Straße kann in miserablem Zustand sein und eine E-Piste flott und gut befahrbar.

Somit kommen wir sehr gut voran und nach 25 Kilometern erreichen wir den Ort Mogotio, wo die E 461 abzweigt, die uns zur Südseite des Lake Bogoria bringen soll. Ich bin sie vor 13 Jahren einmal in die Gegenrichtung gefahren und habe von damals noch Aufzeichnungen (Km-Stände bei Abzweigungen). Ich kann das jedoch nur zum Teil rekonstruieren und habe mir daher Ausdrucke aus Google Earth gemacht, um den Weg zu finden. Die Straße (eher Piste) führt durch riesige Sisal-Plantagen und theoretisch muss man nur der jeweils größeren Straße folgen und darf zwei wichtige Abzweigungen nicht versäumen.
Wir testen aus, wie gut die Google Earth-Ausdrucke funktionieren. Zur Sicherheit hab ich mir noch GPS-Koordinaten notiert.
Wir sind glücklich dass es trocken ist, eine E-Straße ist in der Regenzeit manchmal unpassierbar und auch jetzt kommen wir vorerst nur sehr langsam voran. Es sind insgesamt 33 Kilometer bis zum Emso-Gate, dem Eingang zum Lake Bogoria National Reserve.

Es läuft erstaunlich gut und an den wichtigen Abzweigungen stehen sogar Hinweisschilder, die Richtung Park führen. Die Piste ist okay und wir kommen gut voran. Ich kann diese Straße nur sehr empfehlen, sie ist ein echter Abkürzer zum Südzipfel des Lake Bogoria.
Am Emso Gate warten wir zuerst ein paar Minuten, bis von irgendwo ein Typ daher kommt. Es ist unglaublich heiß und ich bin gespannt, wie die Lage am See ist. Vor ca. zehn Jahren sind die Seen im Rift Valley alle angestiegen, teilweise um mehrere Meter. Das hat vor allem im Lake Nakuru und im Lake Bogoria zu enormen Verwüstungen geführt, da die teils üppigen Wälder rundherum komplett überflutet wurden und abstarben. Bei beiden Parks kann man davon sprechen, dass sie teilweise zerstört wurden.
Am Lake Bogoria hat dies auch dazu geführt, dass die Hauptattraktion, die Geysire, nicht mehr vorhanden ist. Aber auch die Straße rund um den See wurde teilweise zerstört. Ich hatte mich im Internet ausführlich erkundigt und auf der Facebook-Seite des Lake Bogoria einige Besucher angeschrieben, ob sie mir etwas über den derzeitigen Wasserstand sagen können. Ich bekam leider keine hilfreichen Antworten, die Kommentare sind sehr widersprüchlich. Einige meinen, dass es sich überhaupt nicht mehr auszahlt den See zu besuchen, andere finden ihn nach wie vor sehenswert. Es war also notwendig sich selbst zu überzeugen.

Nun war die Stunde der Wahrheit gekommen. Der witzige Game Ranger war ganz alleine am Gate, was aber durchaus Sinn ergibt, denn wir waren die Besucher Nummer 7, 8 und 9 – in diesem Jahr. Mehr Leute sind heuer noch nicht durch dieses Gate hinein oder hinaus gefahren. Das ist erstaunlich, denn unweit von dort befindet sich einer der schönsten Plätze Ostafrikas – zumindest meiner Meinung nach.
Ich spreche vom Fig Tree Camp, unter uralten Feigenbäumen direkt am See und mitten durch fließt ein klarer Wildbach, der direkt bei 2/3 Höhe des Escarpments entspringt.

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Bild: Fig Tree Camp vor der Flut

Ich war dort vor über 25 Jahren das erste Mal und der Platz hat in mir immer eine starke Sehnsucht ausgelöst. 2004 war ich das letzte Mal dort, damals war gerade mal ein einziger Baum direkt am See abgestorben, was ich sehr bedauert habe.
Dann stieg der Wasserstand um geschätzte 2-3 Meter und ein Teil des Waldes wurde überflutet. Die mindestens hundert Jahre (angeblich gab es einen ähnlichen Wasseranstieg Anfang des 20. Jahrhunderts) alten Feigenbäume starben ab und es war nicht klar, wie viel von dem idyllischen Platz heute noch übrig ist. 2015 war ich mit Thomy im Nakuru-Nationalpark und dort sahen wir die unbeschreibliche Verwüstung, die der hohe Wasserstand ausgelöst hat.
Auf dem folgenden Bild von Google Earth sieht man gut die unter Wasser gesetzte ehemalige Straße zum Camp und in der Bucht auch die Reste des ehemaligen Waldes.

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Bild: Google Earth Aufnahme vom Südufer des Sees. Links unten sieht man den kleinen Wald, in dem unser Camp liegt. Weiter rechts ist das alte FigTree Camp, die Distanz beträgt ca. 2 Kilometer

Nun stehen wir also beim Gate und der Game Ranger kämpft mit dem Papierkram für unseren Parkeintritt. Wie in Kenia üblich legt er die Dollarscheine (der Parkeintritt kann nur bar in Dollar bezahlt werden) vor sich hin und starrt sie minutenlang an. Ich weiß bis heute nicht, was diese Prozedur soll und finde sie sehr skurril. Das machen sie auch in jeder Bank so: hinlegen und anstarren, als ob sie sich dadurch verändern würden, oder vermehren oder sonst irgendwas. Vielleicht gibt es ein altes schamanistisches Ritual oder sonst etwas – ich weiß es nicht.
Nach einiger Zeit kommt er aus seinem Häuschen und versucht eine Anleitung zu lesen, die außen auf einem vergilbten Papier angeschlagen ist und bei der es um die Echtheit von Dollarscheinen geht.
Die Gebühr für das Auto darf er wiederum nur in Kenia-Shilling kassieren, was ihn vor das Problem stellt, dass er kein Wechselgeld hat. Also verspricht er uns das Geld am nächsten Tag in der Früh in unserem Camp vorbei zu bringen, das sich übrigens gleich unten am See rechts in einem kleinen Wäldchen befindet.
Ich habe im Internet schon recherchiert und das „Little Fig Tree Camp“ ist sozusagen der Ersatz für das nicht mehr erreichbare Fig Tree Camp.

Wir fahren dorthin und finden einen durchaus ansprechenden Platz mit viel Raum für Auto und Zelte, das alles direkt an einem klaren Bach, der gar nicht so viel schlechter ist als der im alten Camp. All das ebenfalls unter alten Feigenbäumen.

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Bild: ein riesiger alter Feigenbaum

Was leider auch sofort auffällt ist der penetrante Gestank – wir tippen zuerst auf ein verwesendes Tier irgendwo im Wald, entdecken aber dann recht bald, dass der Gestank vom See kommt, der sich ca. 150 Meter weiter befindet. Wir hoffen, dass wir uns daran gewöhnen können und vermuten, dass er von toten Flamingos stammt.
Eine der Attraktionen des Lake Bogoria sind nämlich die tausenden rosa Zwergflamingos, die sich dort von Zeit zu Zeit aufhalten. Schon vor Jahren gab es den Gestank, jedoch nicht so intensiv.
Später entdecken wir, dass es stark von der Windrichtung abhängt ob es Gestank gibt oder nicht. Es schmälert zwar den Aufenthaltsgenuss, ist aber aushaltbar.
Wir hasardieren und beschließen, dass es mindestens zwei Tage nicht regnen wird und wir mit dem kleineren Kuppelzelt genug haben werden. Dazu ist es wirklich heiß, nahe an die 40 Grad, und wir wissen, dass wir auch in der Nacht sicher nicht frieren werden.
Ein erfrischendes Bad im Bach ist sicher eine der Attraktionen dieses Zeltplatzes, auf dem man mit ziemlicher Sicherheit immer allein sein wird, da sich der Besucherstrom auch in den kommenden Jahren in Grenzen halten wird, vor allem hier am Südufer des Sees. Maximal andere Kurzzeitbesucher aus Nairobi wären möglich.

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Bild: Es ist zum Baden angerichtet

Der Toyota hat für diese Tour nur drei Einzelsitze, der Rest steht für Gepäck zur Verfügung, das zum Großteil in stabile Alu- bzw. Kunststoffkisten verpackt ist. Die guten alten Zarges-Boxen sind staubdicht und sehr stabil. Sie bewähren sich jetzt seit knapp fünfzehn Jahren und zeigen noch keine Schwächen.
In der Hecktüre befindet sich ein abklappbarer Tisch, den wir zum Kochen verwenden, da er einigermaßen windgeschützt arrangiert werden kann. Hinter einer Klappe an der linken Außenseite kann man einen Duschschlauch anstecken und das Wasser (über 200 Liter) reicht bei sparsamer Verwendung eine knappe Woche. So lernt man mit wenig Wasser auszukommen. An diesem Platz haben wir unser Tankwasser jedoch nicht gebraucht, denn für Dusche und Abwasch steht der Bach zur Verfügung, was sehr komfortabel ist.

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Bild: Thomy g´schaftelt gerade am Toyota herum

Nach einem erstklassigen Abendessen sitzen wir noch mit einem guten Drink (Kenya Cane plus Fruchtsaft, gut gekühlt) und lassen Philipps erste Nacht im afrikanischen Busch hereinbrechen.